Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162577/13/Kei/Ps

Linz, 31.12.2008

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Michael Keinberger, Dr.                                                                                      2B07, Tel. Kl. 15597

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des A A W, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. T T, H, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 18. September 2007, Zl. VerkR96-530-2007, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2008, zu Recht:

 

 

I.                 Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt. Statt "und Ihr Fahrzeug" wird gesetzt "und Sie haben Ihr Fahrzeug".

 

II.             Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 74 Euro (= 44 Euro + 30 Euro), zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie sind am 22.02.2007 um 11.20 Uhr in der Gemeinde Hofkirchen im Mühlkreis, auf der Falkenstein Straße L584 bei Str.km 16.300

1. als Lenker des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten;

2. mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, noch haben Sie dem anderen Beteiligten bzw. Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachgewiesen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 4 Abs 1 lit a Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960

2. § 4 Abs 5 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von               falls diese uneinbringlich ist,       Gemäß

                                     Ersatzfreiheitsstrafe von

1.) 220.00 Euro             96 Stunden                             § 99 Abs 2 lit. a StVO

2.) 150.00 Euro             69 Stunden                              § 99 Abs 3 lit. b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

37,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 407,00 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. Oktober 2007, Zl. VerkR96-530-2007, Einsicht genommen und am 14. Juli 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurden der Berufungswerber (Bw) befragt und die Zeugen M D, C H und GI R W einvernommen und der technische Sachverständige Ing. R H äußerte sich gutachterlich.

 

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bw lenkte am 22. Februar 2007 um 11.20 Uhr das KFZ (F) mit dem Kennzeichen auf der Falkenstein Straße L584 beim Strkm. 16.300 Richtung Hofkirchen. Zu dieser Zeit lenkte auch M D ein Kfz (VW-Passat) in diesem Bereich Richtung Hofkirchen – und zwar das Kfz mit dem Kennzeichen. M D war im Begriff, mit dem durch ihn gelenkten Kfz das durch den Bw gelenkte Kfz zu überholen. Im Zuge dieses Überholvorganges kam der Bw mit dem durch ihn gelenkten Kfz zum Teil auf den linken Fahrstreifen. Dadurch bedingt wich M D mit dem durch ihn gelenkten Kfz nach links aus und dieses Kfz befuhr dabei auch das Straßenbankett am linken Straßenrand. Im Zuge dieses Vorganges streiften beide Kfz aneinander und es entstand an dem durch M D gelenkten Kfz ein Sachschaden. Das durch M D gelenkte Kfz führte den Überholvorgang nicht zur Gänze durch. Es fuhr dann weiter hinter dem durch den Bw gelenkten Kfz Richtung Hofkirchen. M D wollte das durch ihn gelenkte Kfz nach dem abgebrochenen Überholvorgang anhalten. Aber das durch den Bw gelenkte Kfz hielt nicht an. Ein Nachweis der Namen und der Anschriften ist nicht erfolgt. Durch M D wurde am 22. Februar 2007 nach dem gegenständlichen Vorfall eine Anzeige bei der Polizeidienststelle gemacht.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der oben angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der in der Verhandlung gemachten Aussagen des Bw und der Zeugen M D, C H und GI R W und auf Grund der durch den technischen Sachverständigen Ing. R H in der Verhandlung gemachten gutachterlichen Ausführungen. Den in der Verhandlung gemachten Aussagen der Zeugen M D, C H und GI R W wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese Aussagen unter Wahrheitspflicht gemacht wurden (siehe die §§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG). Das in der Verhandlung gemachte Gutachten des technischen Sachverständigen Ing. R H ist schlüssig.

 

Dem Bw hätten im gegenständlichen Zusammenhang objektive Umstände – wie z.B. die Tatsache, dass sich die beiden Kfz berührt haben – zu Bewusstsein kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit wenigstens einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Dies ergibt sich aus den in der Verhandlung gemachten schlüssigen Ausführungen des technischen Sachverständigen.

 

Es wird auf die im Folgenden niedergegebenen Ausführungen aus Pürstl-Somereder, "Straßenverkehrsordnung", 11. Auflage, Manz-Verlag, S. 69 und S. 70, hingewiesen:

"Der Lenker eines Fahrzeuges hat den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und in bestimmten Verkehrssituationen (z.B. beim Fahrstreifenwechsel) einen Blick in den Rückspiegel zu werfen oder durch einen Blick über die Schulter das hinter ihm liegende Verkehrsgeschehen zu beobachten. VwGH 17.4.1991, 90/02/0209, ZVR 1992/86."

 

"Voraussetzung für die Anhaltepflicht nach lit.a und der Meldepflicht nach Abs.5 ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände (Anstoßgeräusch, ruckartige Anstoßerschütterung) zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit wenigstens einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. VwGH 6.7.1984, 82/02 A/0072 (s. auch VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417)."

 

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretungen wurde jeweils – im Hinblick auf beide Spruchpunkte des angefochtenen Straferkenntnisses – verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird jeweils – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt jeweils nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist jeweils nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

 

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Der Bw hat ein Einkommen in der Höhe von ca. 1000 Euro netto pro Monat, er ist Hälfte-Eigentümer eines Hauses, er hat Schulden in der Höhe von ca. 50.000 Euro und er hat Sorgepflichten für zwei Kinder.

 

Das sofortige Anhalten hat den Zweck, dass der Lenker, nachdem er sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles überzeugt hat, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen, so insbesondere die nach § 4 Abs.1 lit.b, lit.c, Abs.2 und Abs.5 trifft (VwGH vom 20. April 2001, Zl. 99/02/0176).

 

Auf den Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird jeweils Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird jeweils berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird jeweils nicht berücksichtigt.

Die Höhen der durch die belangte Behörde verhängten Strafen sind insgesamt angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Der Ausspruch im Hinblick auf die Verfahrenkostenbeiträge (siehe den Spruchpunkt II.) hat seine Grundlage in den im Spruchpunkt II. angeführten Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Keinberger