Unabhängiger Verwaltungssenat
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VwSen-100130/13/Weg/Ka

Linz, 04.12.1991

VwSen - 100130/13/Weg/Ka Linz, am 4.Dezember 1991 DVR.0690392 H E, S; Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des H E vom 10. September 1991 gegen das mündlich verkündete Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 10. September 1991, VerkR 96/764/1991, aufgrund des Ergebnisses der am 13. November 1991 stattgefundenen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochetene Straferkenntnis behoben.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG).

zu II.: §§ 64 und 65 VStG. Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel genannten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden verhängt, weil er am 7. März 1991 um 6.10 Uhr als Lenker des PKW's auf der R Bundesstraße Nr.127 bei Straßenkilometer 12,775 im Gemeindegebiet O ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, links überholt hat. Außerdem wurde er zum Ersatz des Strafkostenbeitrages von 50 S verpflichtet.

I.2. Dagegen wendet der Berufungswerber in seiner Berufungsschrift sinngemäß ein, daß er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Er habe das Überholmanöver noch vor Beginn der Überholverbotsstrecke beendet. Bezeugen könnten dies die Mitfahrer H Z und R H.

I.3. Da von den Parteien des Verfahrens auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verzichtet wurde, war eine solche anzuberaumen. Sie fand am 13. November 1991 statt. Daran teilgenommen haben der Vertreter der belangten Behörde, der Beschuldigte, sowie die Zeugen Bez.Insp. G A und die Mitfahrer H Z und R H. I.4. Die mündliche Verhandlung erbrachte nachstehenden als erwiesen geltenden Sachverhalt:

Die Position des Meldungslegers und nunmehrigen Zeugen am Morgen des 7. März 1991 (es war noch finster) war eine solche, daß er die herannahenden Fahrzeuge aus Richtung R kommend erst aus ca. 30 m von seinem Standort entfernt beobachten konnte, obwohl sich zuvor eine relativ lange gerade Straßenstrecke befindet. Der Meldungsleger stand nämlich nicht am Fahrbahnrand, sondern auf einem Parkplatz bzw. der Einfahrt eines Parkplatzes für die ankommenden Fahrer verdeckt. Es wird davon ausgegangen, daß das Überholmanöver (darunter ist lediglich das seitliche Vorbeibewegen des überholenden Fahrzeuges am überholten Fahrzeug zu verstehen) etwa beim Standort des Meldungslegers begann. Die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem überholten LKW und dem überholenden PKW betrug ca. 30 km/h, was sich daraus ergibt, daß der LKW ca. 70 km/h fuhr und der Beschuldigte 100 km/h. Geht man von einer angenommenen Länge eines Kleinlasters von 6 bis 7 m aus, so benötigt man bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h für das seitliche Vorbeibewegen an einem 70 km/h fahrenden 6 bis 7 m langen LKW jedenfalls keine Strecke von 102 m (dort beginnt vom Standpunkt des Meldungslegers aus gesehen die Überholverbotsstrecke). Dies hat auch der stattgefundene Lokalaugenschein und das Ergebnis des simulierten Überholmanövers ergeben. Der Meldungsleger hat nach Ansicht der erkennenden Behörde dieses Überholmanöver, speziell das Ende des Überholmanövers, nicht mit jener Sicherheit so beobachtet, wie dies in der Anzeige festgehalten ist, was einerseits auf die Dunkelheit, andererseits auf die Konzentration betreffend das Ablesen des Kennzeichens und letztlich auf den vielleicht verdeckenden LKW zurückzuführen sein mag.

Dem Berufungswerber kann nicht mit jener Sicherheit nachgewiesen werden, wie dies für ein Strafverfahren nötig ist, daß das seitliche Vorbeibewegen an dem überholten LKW sich noch in die Überholverbotszone erstreckt hat. Sollte sich, was anzunehmen ist, der Einordnungsvorgang in die Überholverbotszone hineinerstreckt haben, so würde dies nicht vom Tatvorwurf des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 erfaßt sein.

Im übrigen haben anläßlich der Verhandlung auch die beiden Mitfahrer, die sich an die Verkehrssituation deshalb genau erinnern konnten, weil sie kurz danach angehalten wurden, zeugenschaftlich und unter Hinweis auf die Folgen einer falschen Beweisaussage angeführt, daß das Überholmanöver jedenfalls vor Beginn der Überholverbotsstrecke beendet war.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Der unter Punkt I.4. dargestelle Sachverhalt, insbesondere, das simulierte Überholmanöver, hat ergeben, daß das seitliche Vorbeibewegen des überholenden Fahrzeuges am überholten Fahrzeug, beginnend vom Standort des Meldungslegers, nicht 102 m gedauert hat und sich damit das Überholmanöver nicht in die Überholverbotszone erstreckt hat. Dies beruht auf der Annahme, daß der überholende PKW 100 km/h und der überholte LKW 70 km/h gefahren ist.

II. Der Kostenausspruch ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6