Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163519/9/Zo/Jo

Linz, 09.01.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J F, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P S, L, W vom 04.09.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 20.08.2008, Zl. VerkR96-10126-2008, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 02.12.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e sowie § 45 Abs.1 Z2 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 25.05.2008 um ca. 14.00 Uhr ein näher bezeichnetes Sattelkraftfahrzeug auf der A9 bei km 12,700 später als zwei Stunden nach Beginn des Wochenendfahrverbotes gelenkt habe, obwohl in dieser Zeit das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist und das verwendete Fahrzeuge bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 216 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 21,80 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er keine Tiefkühlprodukte, sondern Paprika und Fruchtzubereitungen befördert habe. Die Temperatur im Fahrzeug habe lediglich – 7 ° C betragen, weshalb es sich nicht um Gefrierware sondern um leicht verderbliche Lebensmittel gehandelt habe, die nur kurzfristig genießbar seien. Paprika sei ein Gemüse, das leicht verderblich sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. An dieser hat der Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen und es wurde der Meldungsleger, RI F als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit das Sattelkraftfahrzeug mit den Kennzeichen  bzw.  mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t. Bei einer Verkehrskontrolle auf der A9 bei km 12,700 wurde festgestellt, dass er ca. 5.000 kg Tiefkühlpaprika und ca. 16.000 kg Fruchtzubereitung geladen hatte. Die Temperatur im Kühlwagen betrug nach den Angaben des Berufungswerbers ca. – 7 °, die Fruchtzubereitungen waren in Containern gelagert, wobei eine entsprechende Produktbeschreibung des Herstellers, der G F GmbH angebracht war. Entsprechend dieser Produktbeschreibung sollte die Lagertemperatur zwischen 0 und 4 ° betragen, wobei die Haltbarkeit während des Transportes in ungeöffnetem Zustand mindestens vier Wochen beträgt. Die Produkte sollten zu einem Unternehmen nach D geliefert werden, wo sie unverzüglich weiter verarbeitet worden sind.

 

In der Verhandlung brachte der Vertreter des Berufungswerbers vor, dass bezüglich der Fruchtzubereitung bereits einmal ein ähnliches Verfahren vor dem UVS Oberösterreich anhängig gewesen sei und damals ausgesprochen worden sei, dass diese Fruchtzubereitungen jedenfalls nicht unter das Wochenendfahrverbot fallen würden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 42 Abs.1 StVO 1960 ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt; ausgenommen sind die Beförderung von Milch sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres mit Anhänger.

 

Gemäß § 42 Abs.2 StVO ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.

 

Gemäß § 42 Abs.3 StVO sind von dem in Abs.2 angeführten Verbot Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Müllabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres und mit selbstfahrenden landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24. Dezember. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Beförderung von Großvieh auf Autobahnen.

 

5.2. Die gegenständliche Fahrt fand an einem Sonntag Nachmittag, und damit in der Geltungsdauer des Wochenendfahrverbotes statt. Der Berufungswerber beruft sich darauf, dass er leicht verderbliche Lebensmittel transportiert habe. Dazu ist auszuführen, dass diese Ausnahme vom Wochenendfahrverbot nur dann gilt, wenn ausschließlich leicht verderbliche Lebensmittel transportiert werden. Bezüglich der Fruchtzubereitungen hat der Hersteller selbst angegeben, dass die Haltbarkeit dieser Produkte während des Transportes bei den vorgegebenen Temperaturen mindestens einen Monat beträgt. Ein Lebensmittel, welches bei Temperaturen zwischen 0 und 4 ° Celsius über einen derart langen Zeitraum haltbar ist, ist keinesfalls mehr als leicht verderblich anzusehen. Als leicht verderblich iSd § 42 StVO können nur solche Lebensmittel gelten, welche innerhalb relativ kurzer Zeit ungenießbar werden. Dies gilt jedenfalls für die Fruchtzubereitungen nicht, weshalb sich der Berufungswerber nicht mit Erfolg auf die gegenständliche Ausnahmebestimmung stützen kann. Der Transport fällt damit unter das Wochenendfahrverbot.

 

Die vom Berufungswerber angeführte Entscheidung des UVS Oberösterreich, Zl. VwSen-420374 vom 17.03.2004 ging davon aus, dass tief gefrorene Lebensmittel als leicht verderbliche Lebensmittel anzusehen seien. Dies unter Berufung auf den Staatsvertrag "Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen zu verwenden sind (ATP)" samt Anlagen.

 

Richtig ist, dass entsprechend diesem Vertrag und dem dazu erlassenen "ATP-Gesetz" tief gefrorene Lebensmittel als leicht verderblich anzusehen sind. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der angeführte Vertrag den Zweck hat, die Rahmenbedingungen bei der Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel im internationalen Warenverkehr zu verbessern. Zur Erreichung dieses Vertragszweckes werden im Vertrag technische Regelungen für die Beschaffenheit der Beförderungsmittel sowie Bedingungen festgesetzt, die bei der Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln einzuhalten sind. Dementsprechend verlangt das "ATP-Gesetz" für die grenzüberschreitende Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel eine bestimmte Bescheinigung und legt fest, wer und unter welchen Voraussetzungen diese Bescheinigung ausgestellt wird.

 

Unter dem Blickwinkel dieses Vertragszweckes ist es nachvollziehbar, dass tief gefrorene Lebensmittel als leicht verderbliche Lebensmittel angesehen werden, sollen doch gerade technische Mindeststandards für Kühlfahrzeuge festgelegt werden. Der angeführte Vertrag sowie das "ATP-Gesetz" erwähnen jedoch mit keinem Wort allfällige zeitliche Einschränkungen, die bei der Beförderung derartigere Lebensmittel in den einzelnen Vertragsstaaten zu beachten sind. Eine derartige Einschränkung stellt eben das Wochenendfahrverbot des § 42 StVO dar, weshalb der Begriff "leicht verderbliches Lebensmittel" in diesem Zusammenhang eine völlig andere Bedeutung hat. Unter Berücksichtigung des zeitlichen Fahrverbotes von Samstag, 15.00 Uhr bis Sonntag, 22.00 Uhr sind solche Lebensmittel als leicht verderblich anzusehen, welche in ihrer Genießbarkeit wesentlich beeinträchtigt würden, wenn sie nicht innerhalb des angeführten Zeitraumes befördert werden könnten. Da tief gefrorene Lebensmittel – solange sie nicht aufgetaut werden – in aller Regel wesentlich länger haltbar sind, fallen sie nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 42 Abs.3 StVO, sondern sind von Wochenendfahrverbot umfasst. Das gilt jedenfalls für die im konkreten Fall beförderten Fruchtsaftkonzentrate, welche eine Mindesthaltbarkeit von vier Wochen aufweisen.

 

Der Berufungswerber hat damit in objektiver Hinsicht gegen das Wochenendfahrverbot verstoßen.

 

Bezüglich seines Verschuldens ist aber zu berücksichtigen, dass er den Auftrag zu dieser Fahrt von seinem Arbeitgeber erhalten hat, wobei sich sein Arbeitgeber auf die angeführte Entscheidung des UVS vom 17.03.2004 verlassen hatte. Es handelte sich dabei um die Entscheidung einer zuständigen Stelle, weshalb der Arbeitgeber des Berufungswerbers zu Recht auf diese vertrauen konnte. Es ist damit das Verschulden des Berufungswerbers, welcher in Kenntnis dieser Entscheidung seine Fahrt durchgeführt hat, im konkreten Fall ausgeschlossen. Für die Zukunft kann sich der Berufungswerber und auch sein Arbeitgeber aber nicht mehr auf die Entscheidung aus dem Jahr 2004 berufen.

 

Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben, weil den Berufungswerber an der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Wochenendfahrverbot; leicht verderbliche Lebensmittel; tiefgefrorene Lebensmittel;


 

 

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