Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163658/2/Zo/Jo

Linz, 08.01.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn W K, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M vom 07.11.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 21.10.2008, Zl. VerkR96-7539-2007, wegen einer Übertretung der Verordnung (EWG) 3821/85 zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass dem Berufungswerber vorgeworfen wird, die Schaublätter vom 06.08.2007 bis einschließlich 23.08.2007 den Kontrollorgan auf Verlangen nicht vorgelegt zu haben.

          Die verletzte Rechtsvorschrift des Artikel 15 Abs.7 lit.a sublit.i der Verordnung (EWG) 3821/85 wird in der vor dem 01.01.2008 geltenden Fassung der Verordnung (EG) 561/2006 angewendet.

 

II.                 Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 900 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 180 Stunden herabgesetzt.

 

III.              Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 90 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG;

zu III.: §§ 64ff VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen , welcher zur Güterbeförderung im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt war und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, die Schaublätter für die laufende Woche und die von ihm in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter dem Kontrollorgan auf Verlangen nicht vorgelegt habe. Im Einzelnen hätten die Schaublätter der Kalenderwoche 32 (04.07. bis 12.08.2007) der Kalenderwoche 33 (13.08. bis 19.08.2007) und vom 20.08. bis 24.08.2007 gefehlt. Die Übertretung sei am 24.08.2007 um 21.30 Uhr in Ternberg auf der Eisenstraße L115 bei Strkm 33,700 festgestellt worden.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Artikel 15 Abs.7 lit.a Abschnitt i der Verordnung (EWG) 3821/85 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 1.900 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 383 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 190 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber vorerst geltend, dass er für den 24.08.2007 ein Schaublatt verwendet und vorgezeigt habe; für diesen Tag sei er auch nicht angezeigt worden und auch in der Strafverfügung sei dieser Tag nicht enthalten. Der Vorwurf betreffend die 32. Kalenderwoche sei insofern falsch, als der Zeitraum richtigerweise vom 06. bis 12.08.2007 gedauert habe.

 

Im Übrigen richtet sich die Berufung gegen die Höhe der Geldstrafe, welche der Berufungswerber als existenzbedrohend bezeichnet. Er habe ein monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro und könne maximal 200 Euro pro Monat sparen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände würde er rund ein Jahr brauchen um die Geldstrafe zu bezahlen.

 

Seit Zustellung der Strafverfügung der BH Steyr-Land seien bereits 14 Monate vergangen, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bilde.

 

Weiters machte der Berufungswerber geltend, dass die besonders lange Verfahrensdauer ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 Abs.1 EMRK verletze, weshalb auch aus diesem Grund die Strafe angemessen und spürbar reduziert werden müsse. Er habe weiters betreffend der Verfahrensverzögerung durch die Behörde keine Möglichkeit auf eine wirksame Beschwerde nach Artikel 13 EMRK, weil im Verwaltungsstrafverfahren ein Devolutionsantrag nicht zulässig sei. Auch ein sonstiger Rechtsbehelf zur Verfahrensbeschleunigung stehe ihm nicht zur Verfügung. Aus diesen Gründen sei die Bestimmung des § 52b VStG verfassungswidrig. Das im VStG angewendete Prinzip der Strafbemessung verletze ihn in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Im gerichtlichen Strafverfahren werde für die Bemessung der Geldstrafe das Tagsatzsystem angewendet, welches wesentlich gerechter sei. Aufgrund seiner ungünstigen Einkommensverhältnisse treffe ihn die Geldstrafe wesentlich stärker als einen Spitzenverdiener, diese "Opferungleichheit" sei ungerecht und eines modernen Rechtsstaates unwürdig.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht notwendig war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten LKW. Bei der Kontrolle auf der L115 bei km 33,700 konnte er dem Polizeibeamten trotz dessen Verlangen die Schaublätter für die Kalenderwoche 32, die Kalenderwoche 33 sowie für die Tage vom 20. bis 23.08.2007 nicht vorlegen. Von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land wurden deshalb vorerst sechs einzelne Strafverfügungen mit einer Strafe von jeweils 365 Euro erlassen.

 

Nach seinem Einspruch wurde das Verfahren an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abgetreten und er wurde mit Schreiben vom 09.10.2007 zur Rechtfertigung aufgefordert. Nachdem er sich dazu nicht äußerte erging am 21.10.2008 das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Artikel 15 Abs.7 lit.a sublit.i der Verordnung (EWG) 3821/85 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautete wie folgt:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter vorlegen können.

 

5.2. Der Berufungswerber hat bei der Kontrolle die Schaublätter vom 06.08. bis einschließlich 23.08.2007 nicht vorgelegt. Er hat damit die ihm im Spruch vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Die Korrektur im Spruch des Straferkenntnisses war notwendig, um den Tatzeitraum entsprechend der tatsächlich nicht vorgelegten Schaublätter zu konkretisieren. Es handelt sich dabei um eine Einschränkung des erstinstanzlichen Strafvorwurfes und dieser ist bereits von den Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land zur Gänze erfasst, sodass diese Spruchkorrektur auch nach Ablauf der Frist für die Verfolgungsverjährung zulässig ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Er hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass das erstinstanzliche Verfahren übermäßig lange gedauert hat, insbesondere ist zwischen der Aufforderung zur Rechtfertigung und dem Straferkenntnis ein Zeitraum von mehr als einem Jahr vergangen, ohne dass der Berufungswerber diese Verzögerung verursacht hätte. Dieser Umstand stellt ebenfalls einen wesentlichen Strafmilderungsgrund dar. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Die Verpflichtung zur Vorlage der Schaublätter an die Exekutivbeamten dient dazu, um die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten wirkungsvoll überwachen zu können. Dieser Verpflichtung ist daher im Interesser der Verkehrssicherheit unbedingt notwendig und der Berufungswerber hat diese Überwachung durch sein Verhalten verhindert.

 

Aus zahlreichen Verfahren ist bekannt, dass Schaublätter immer wieder deshalb nicht vorgelegt werden, um eben Überschreitungen der Lenkzeit bzw. Unterschreitungen der Ruhezeit zu verheimlichen und so einer Bestrafung wegen dieser Übertretungen zu entgehen. Es ist zwar im konkreten Verfahren nicht bekannt, ob dies auch der Grund für das Verhalten des Berufungswerbers war, aus generalpräventiven Überlegungen ist jedoch für das Nichtvorlegen von Schaublättern jedenfalls eine spürbare Strafe zu verhängen. Wenn man zu Gunsten des Berufungswerbers davon ausgeht, dass er an dem Wochenenden sowie am Feiertag den LKW nicht gelenkt hat, hatte er zumindest 13 Schaublätter nicht vorgelegt. Diese große Zahl an fehlenden Schaublättern wirkt sich bei der Strafbemessung zu seinem Nachteil aus. Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe entspricht einem Betrag von ca. 70 Euro pro nicht vorgelegtem Schaublatt, wobei eine noch weitere Herabsetzung auch bei Berücksichtigung der angeführten wesentlichen Strafmilderungsgründe nicht mehr in Frage kommt.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 5.000 Euro. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro bei keinem Vermögen und Sorgepflichten – diesbezüglich hat der Berufungswerber der erstinstanzlichen Einschätzung nicht widersprochen) erscheint die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe angemessen und ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

Beschlagwortung:
Lange Verfahrensdauer als Milderungsgrund; Strafbemessung bei fehlenden Schaublättern;


 

 

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