Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522035/18/Zo/Jo

Linz, 15.01.2009

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H E, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K, Mag. H, G vom 22.07.2008, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 08.07.2008, Zl. Fe 167/2008, wegen Befristung der Lenkberechtigung und Vorschreibung einer Kontrolluntersuchung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben

und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm § 24 Abs.1 Z2 FSG sowie § 6 Abs.1 und 14 Abs.4 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die BPD Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid die dem Berufungswerber am 10.09.1997 zu Zl. VerkR20-1327-1997 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wie folgt eingeschränkt:

1.     Befristung bis 24.04.2009 mit einer Nachuntersuchung durch den Amtsarzt.

2.     Kontrolluntersuchung auf chronisches Schmerzsyndrom hinsichtlich des rechten Handgelenks durch einen Facharzt für Neurologie bis zum Ablauf der Befristung.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides der Bescheidadressat nicht angeführt sei und der Bescheid nicht ausreichend begründet sei. Auch die Erwägungen der Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung seien nicht nachvollziehbar.

 

Dem amtsärztlichen Gutachten sei zu entnehmen, dass er grob neurologisch und kognitiv unauffällig sei und sich aus der Stellungnahme der interdisziplinären Schmerzambulanz wegen der ihm verordneten Medikamente weder eine Einschränkung der Vigilanz noch der Reaktionsfähigkeit ableite. Entsprechend dieser Stellungnahme bestehe lediglich die Verdachtsdiagnose einer CRPS1, er sei jedoch nicht tatsächlich daran erkrankt. Auch der Polizeiarzt habe ausgeführt, dass sich die Schmerzsituation nach einer Therapie gebessert habe, dennoch seien nach seiner Ansicht weitere Kontrolluntersuchungen unabdingbar.

 

Die Behörde habe weder den Polizeibeamten, welcher die das Verfahren auslösende Meldung erstattet hatte, noch ihn selbst einvernommen und damit kein vollständiges Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits mehrfach ausgesprochen, dass Führerscheine nicht "vorsichtshalber" befristet werden dürfen, sondern nur dann, wenn eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Auch die Nachuntersuchung sei nur zulässig, wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer Verschlechterung gerechnet werden müsste. Diese Situation liege aber bei ihm nicht vor, sondern aus dem Behandlungsbericht der Schmerzambulanz des AKH Linz ergebe sich, dass bei ihm keine Einschränkung der Reaktionsbereitschaft oder der Reaktionsfähigkeit gegeben sei und sich sein Gesundheitszustand auch nicht verschlechtert sondern ganz im Gegenteil gebessert habe.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung eines Gutachtens einer Amtsärztin der Direktion Soziales und Gesundheit. Diesem Gutachten liegt eine Beobachtungsfahrt durch einen Sachverständigen für Verkehrstechnik und eine fachärztlich-neurologische Stellungnahme zu Grunde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist seit 1997 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klassen A und B. Am 14.12.2007 kam es in einem Lokal zu einem Vorfall, bei welchem der Berufungswerber auf die einschreitenden Polizeibeamten beeinträchtigt wirkte. Er hatte verschiedene Tabletten bei sich und gab unter anderem an, dass er im rechten Armbereich nur eingeschränkt bewegungsfähig sei, weshalb er zu 40 % als Invalide gelte. Wegen dieser Behinderung habe er ständige Schmerzen und müsse täglich mehrere Arzneimittel einnehmen.

 

Aufgrund dieses Vorfalles wurde von der BPD Linz ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen eingeleitet. Das amtsärztliche Gutachten vom 24.04.2008 kommt unter Berücksichtigung eines Berichtes der interdisziplinären Schmerzambulanz des AKH Linz zusammengefasst zu dem Schluss, dass ein sensorisches Defizit im Bereich des 4. und 5. rechten Fingers, aber keine wesentlichen motorischen Problematiken feststellbar seien. Aufgrund der Medikamenteneinnahme bei starken Schmerzen komme es aber zu Vigilanzeinschränkungen, weshalb der weitere Krankheitsverlauf dringend zu beobachten sei. Es sei daher von einer bedingten Eignung für 12 Monate auszugehen, wobei nach Ablauf dieser Frist ein neuerliches neurologisches Gutachten und eine amtsärztliche Untersuchung erforderlich seien.

 

Nach Vorlage weiterer ärztlicher Stellungnahmen und Ergänzungen des amtsärztlichen Gutachtens erließ die BPD Linz den oben angeführten Bescheid.

 

Im Berufungsverfahren wurde eine Beobachtungsfahrt mit einem Sachverständigen für Verkehrstechnik durchgeführt, um festzustellen, in wie weit die Bewegungseinschränkung bzw. Sensibilitätsstörung die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A oder B beeinträchtigt. Entsprechend dieser Beobachtungsfahrt ist der Berufungswerber aus Sicht des technischen Sachverständigen zum Lenken der angeführten Kraftfahrzeuge ohne Auflagen und Einschränkungen geeignet. Weiters wurde eine fachärztliche-neurologische Stellungnahme vom 10.12.2008 eingeholt, wonach ein chronisches regionales Schmerzsymptom im Handgelenksbereich rechts besteht, welches zu wiederholten Schmerzepisoden führen kann. Die bereits eingeleitete Schienenbehandlung führt zu einer Stabilisierung des Handgelenkes und somit zu einer Besserung der Beschwerdesymptomatik. Dies somato-sensorischen und motorischen Symptome sind so gering ausgeprägt, dass von keiner Behinderung beim Lenken eines KFZ auszugehen ist. Nach Durchführung einer medikamentösen und physiotherapeutischen Therapie ist bezüglich der Schmerzen eine Besserung eingetreten und Herr E benötigt derzeit keine medikamentöse Dauertherapie, sondern lediglich eine Bedarfsmedikation bei Schmerzspitzen. Derzeit sei das Krankheitsbild stabil und bei einer legeartis durchgeführten Dauertherapie in einer für dieses Krankheitsbild üblichen Dosierung der Medikamente sei unter Beachtung der Nebenwirkung der Medikation kein Grund für eine Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben.

 

Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen kam die Amtsärztin zu dem Schluss, dass der Berufungswerber ohne Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B geeignet ist. Die Parteien wurden vom Ergebnis dieses Gutachtens im kurzen Weg informiert und haben dazu keine Stellungnahme mehr abgegeben.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 6 Abs.1 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausreichend frei von Behinderungen, bei der keine der folgenden Behinderungen vorliegt:

1.     grobe Störungen des Raum- und Muskelsinnes, des Tastgefühls oder der Koordination der Muskelbewegungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges beeinträchtigen können,

2.     organische Veränderungen, die eine respiratorische Insuffizienz oder eine Vitalkapazität unter 1,5 l Atemluft verursachen,

3.     defekte an Gliedmaßen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges beeinträchtigen können,

4.     eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke, Muskulatur und Gliedmaßen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges beeinträchtigen kann,

....

 

Gemäß § 14 Abs.4 FSG-GV darf Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere das amtsärztliche Gutachten der Direktion Soziales und Gesundheit vom 18.12.2008 haben ergeben, dass der Berufungswerber ohne Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B geeignet ist. Dieses Gutachten stützt sich auf eine ausführlich begründete fachärztliche neurologische Stellungnahme sowie das Ergebnis einer Beobachtungsfahrt und ist objektiv nachvollziehbar. Es kann daher der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass der vom Meldungsleger beschriebene Zustand des Berufungswerbers anlässlich der Amtshandlung durchaus einen nachvollziehbaren Anlass für die Überprüfung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben hat. Die für diese Beurteilung erforderlichen fachärztlichen Stellungnahmen und sonstigen Hilfsbefunde hat der Betroffene nach der ständigen Rechtsprechung auf eigene Kosten beizubringen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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