Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163634/7/Zo/Sta

Linz, 27.01.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau M G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M, vom 10.10.2008,  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 25.9.2008, Zl. VerkR96-23062-2007, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Jänner 2009, zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 4.11.2007 um 9.55 Uhr in M auf der L154  beim km 17,464 in Fahrtrichtung Straßwalchen als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen , die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 41 km/h überschritten habe. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte die Berufungswerberin geltend, dass sie zwar am 4.11.2007 die gegenständliche Straßenstelle befahren habe, jedoch deutlich früher, nämlich spätestens um ca. 9.35 Uhr. Sie vermute, dass eine Verwechslung beim Ablesen des Kennzeichens vorliege, weil sie in der damaligen Zeit mehrmals ein bauartgleiches Fahrzeug mit derselben Farbe in M gesehen hat, welches ein ganz ähnliches Kennzeichen aufgewiesen habe. Im Übrigen machte der Rechtsvertreter der Berufungswerberin verfahrensrechtliche Mängel und Verstöße gegen die EMRK geltend.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Jänner 2009. Bei dieser wurden die Berufungswerberin sowie ihr Vater und die Polizeibeamten RI W und AI W als Zeugen gehört.

 

4.1. Draus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte ihren Pkw, VW-Polo, grün lackiert, mit dem Kennzeichen  am 4.11.2007 in M auf der L154 in Fahrtrichtung Straßwalchen. Bei ihrem Fahrzeug handelt es sich um ein älteres Modell, Baujahr 1996. Fraglich ist bereits, ob – so wie die Berufungswerberin behauptet – sie bereits um ca. 9.35 Uhr gefahren ist oder erst – wie sich aus der Anzeige ergibt, um 9.55 Uhr.

 

Die gegenständliche Straßenstelle befindet sich im Ortsgebiet und ist der Berufungswerberin gut vertraut. In ihrer Fahrtrichtung gesehen befindet sich auf der rechten Seite eine Tankstelle und gegenüber die Waschanlage. Der Berufungswerberin ist bekannt, dass bei diesem Standort häufig Geschwindigkeitsmessungen durch die Polizei durchgeführt werden.

 

Fraglich ist, ob die konkrete Lasermessung das Fahrzeug der Berufungswerberin oder ein sehr ähnliches Fahrzeug betroffen hat. Dazu führte eben die Berufungswerberin aus, dass sie die gegenständliche Straßenstelle bereits früher befahren habe, dass sie im Ortsgebiet keinesfalls so schnell fahre und ihr die Messstelle der Polizei durchaus bekannt sei. Sie habe in dieser Zeit in M einen anderen grünen VW-Polo gesehen, welcher ihrem Fahrzeug optisch völlig geglichen habe. Auch dieses Fahrzeug habe als Kennzeichen  gehabt, wobei der erste Buchstabe vermutlich ein C war, der zweite Buchstabe ist ihr aber nicht mehr bekannt. Diese Angaben wurden auch von ihrem Vater als Zeugen bestätigt.

 

Die Polizeibeamten führten dazu aus, dass sie Lasermessungen vom Standort gegenüber der Tankstelle durchgeführt haben, wobei sie die in ihre Richtung fahrenden Fahrzeuge angehalten und beim abfließenden Verkehr bei entsprechenden Überschreitungen Anzeigen erstattet haben. Beim konkret angezeigten Fahrzeug habe es sich um einen grünen VW-Polo gehandelt, wobei beide Polizeibeamten unabhängig voneinander angaben, dass Kennzeichen mit "" abgelesen zu haben. Beim Ablesen des Kennzeichens handle es sich um einen automatisierten Vorgang, wenn ein Fahrzeug augenscheinlich schnell ist, lese der Zeuge zuerst das Kennzeichen und führe dann die Messung durch. Nach der Messung werde dann das Messerergebnis und das Kennzeichen notiert. Insoweit stimmen die Aussagen der beiden Polizeibeamten im Wesentlichen überein. Der Zeuge AI W führte auf ausdrückliches Befragen an, dass es sich seiner Meinung nach eher um ein neueres Modell und nicht um ein altes Fahrzeug gehandelt habe. Der Zeuge RI W hatte daran keine Erinnerung.

 

4.2. Dazu hat der UVS des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Einem erfahrenen Polizeibeamten ist durchaus zuzumuten, dass er bei einem an seinem Standort vorbeifahrenden Fahrzeug das Kennzeichen richtig abliest. Dies gilt umso mehr, wenn er Lasermessungen durchführt und ihm das Fahrzeug wegen einer relativ hohen Geschwindigkeit bereits aufgefallen ist. Im konkreten Fall haben beide Polizeibeamten unabhängig voneinander das Kennzeichen
  abgelesen. Auch die Fahrzeugmarke, Type und Farbe wurde richtig erkannt. Es spricht daher sehr vieles dafür, dass den Polizeibeamten kein Ablesefehler unterlaufen ist. Dennoch sind solche Fehler nicht völlig ausgeschlossen und es könnte – unabhängig von einem möglichen Fehler beim Ablesen des Kennzeichens – auch ein Schreibfehler beim Notieren unterlaufen sein. In aller Regel können derartige Fehler durch eine Überprüfung des Kennzeichens sowie der Fahrzeugtype und Farbe mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

 

Im konkreten Fall dürfen aber die Aussagen sowohl der Berufungswerberin als auch ihres Vaters nicht völlig außer Acht gelassen werden. Beide machten bei der Berufungsverhandlung einen durchaus offenen und glaubwürdigen Eindruck. Ihre Behauptung, dass zur Vorfallszeit im Raum M häufig ein anderer VW-Polo mit einem ganz ähnlich lautenden Kennzeichen gefahren ist, ist durchaus glaubwürdig. Die von der Erstinstanz durchgeführten Zulassungsanfragen ergaben zwar für mehrere ähnliche Kennzeichen andere Fahrzeugtypen, allerdings wurde dabei auch festgestellt, dass das Kennzeichen  relativ kurz vor dem gegenständlichen Vorfall als gestohlen gemeldet worden war.

 

Im konkreten Fall ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass sich einer der Polizeibeamten daran zu erinnern glaubte, dass es sich um ein neueres Fahrzeugmodell gehandelt habe, während das von der Berufungswerberin verwendete Fahrzeug tatsächlich bereits 11 Jahre alt war. Dieser Umstand alleine macht natürlich die Aussage des Polizeibeamten nicht unglaubwürdig, kann jedoch auch nicht zur Gänze unberücksichtigt bleiben. Unter Abwägung aller Beweisergebnisse ist es zwar durchaus möglich, dass die konkrete Lasermessung das Fahrzeug der Berufungswerberin betroffen hat und diese tatsächlich die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, allerdings ist dies auch nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit als bewiesen anzusehen. Ein geringfügiger Fehler beim Ablesen des Kennzeichens des relativ schnell an ihm vorbeifahrenden Fahrzeuges durch die Polizeibeamten kann unter Berücksichtigung der sonstigen Beweisergebnisse in diesem Fall nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuge im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahren abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Unter Berücksichtigung aller Umstände des konkrete Einzelfalles ist nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen, dass die konkrete Lasermessung tatsächlich das Fahrzeug der Berufungswerberin betroffen hat. Ihrer Berufung war daher im Zweifel stattzugeben.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 


 

 

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