Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163731/7/Ki/Jo

Linz, 27.01.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J S, S, S, vom 11. Dezember 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 10. Dezember 2008, VerkR96-2505-2008-Hof, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 22. Jänner 2009 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.  Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 10. Dezember 2008, VerkR96-2505-2008-Hof, für schuldig befunden, er habe am 26.09.2008 um 17:30 Uhr in der Gemeinde Sarleinsbach auf dem Parkplatz vor dem Gasthaus M, das Kraftrad, K.., EXC, o (Leichtmotorrad) ohne Kennzeichentafel auf einer öffentlichen Straße abgestellt, obwohl er dafür keine Bewilligung von der Behörde besessen hat. Er habe dadurch § 82 Abs.2 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, überdies wurde gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber hat gegen dieses Straferkenntnis am 11. Dezember 2008 mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach Berufung erhoben, dies mit der Begründung, dass der Abstellplatz keine öffentliche Straße sei, sondern das Grundstück sich im Privatbesitz von Herrn M befinde. Herr M habe ihm die Erlaubnis erteilt, dass er auf seinem Grundstück sein Leichmotorrad abstellen dürfe.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (verbunden mit einem Augenschein an Ort und Stelle) am 22. Jänner 2009. An dieser Verhandlung nahm seitens der Parteien lediglich der Berufungswerber teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Als Zeuge wurde jener Polizeibeamte, welcher die Anzeige erstattete (GI K S), einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit Anzeige der Polizeiinspektion Rohrbach vom 11. Oktober 2008 wurde der dem Berufungswerber zur Last gelegte Sachverhalt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zur Kenntnis gebracht.

 

Eine zunächst gegen den Berufungswerber erlassene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (VerkR96-2505-2008 vom 14. Oktober 2008) wurde von diesem beeinsprucht.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung legte der Zeuge eine Lichtbildkopie vor, aus welcher ersichtlich ist, wo das verfahrensgegenständliche Leichtmotorrad tatsächlich abgestellt war.

 

Der Berufungswerber selbst bestritt nicht, dass er das Fahrzeug, wie angezeigt wurde, abgestellt hat, es sei deshalb ohne Kennzeichen gewesen, weil er das Fahrzeug verkaufen wollte und die Zulassung zur Vorfallszeit stillgelegt war. Der Wirt habe ihm die Erlaubnis zum Abstellen des Fahrzeuges erteilt und er habe keinesfalls daran gedacht, dass er deshalb eine Verwaltungsübertretung begehen würde. Schließlich handle es sich beim Gasthausparkplatz um eine private und nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche.

 

Im Zuge des Augenscheines konnte festgestellt werden, dass der Gastbetrieb M aus mehreren Liegenschaften besteht und auch mehrere Parkflächen vorhanden sind.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs.1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten oder zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

 

Gemäß § 82 Abs.2 StVO 1960 ist eine Bewilligung nach Abs.1 auch für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern ohne Kennzeichentafel erforderlich.

 

Nach § 1 Abs.1 2. Satz StVO 1960 gelten als Straßen mit öffentlichem Verkehr solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

 

In den dazu ergangenen erläuternden Bemerkungen wurde klargestellt, dass es für die Qualifikation als Straße mit öffentlichem Verkehr nicht auf die Eigentums- oder Besitzverhältnisse an der Straße ankommt, sondern nur auf die Benützung der Straße. Dabei ist nach aktueller Judikatur tatsächlich nur die Art und der Umfang der faktischen Benützung entscheidend, völlig unabhängig von der Widmung, also davon, ob die Straße dem allgemeinen Gebrauch gewidmet wurde oder nicht. Demnach gelten auch private Verkehrsflächen als Straßen mit öffentlichem Verkehr iSd StVO 1960 und sind die entsprechenden Bestimmungen für die Benützer derartiger Verkehrsflächen verbindlich.

 

Nachdem, wie sich im Zuge des im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vorgenommenen Augenscheines herausgestellt hat, die Parkplätze im Bereich des Gasthauses M allgemein zugänglich sind bzw. keinerlei Beschränkungen seitens des Eigentümers vorgenommen wurden, ist der Bereich des vorgeworfenen Tatortes als Straße mit öffentlichem Verkehr iSd StVO 1960 zu beurteilen und es hätte daher das Abstellen des Motorrades ohne Kennzeichen einer behördlichen Bewilligung bedurft. Der zur Last gelegte Sachverhalt wurde sohin verwirklicht bzw. ist der objektive Tatbestand erfüllt.

 

3.2. Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Grundsätzlich muss von einem fachlich befähigten Besitzer einer Lenkberechtigung erwartet werden können, dass er die für die Verwendung bzw. das Lenken eines Kraftfahrzeuges relevanten Vorschriften kennt und sich auch danach verhält. Im konkreten Falle konnte der Berufungswerber jedoch glaubhaft darlegen, dass er in Anbetracht der gegebenen Situation, davon ausgegangen ist, dass es sich um eine private Verkehrsfläche handelt und er deshalb das Kraftfahrzeug dort abstellen durfte, dies insbesondere auch deshalb, weil ihm der Eigentümer (Wirt) das Abstellen erlaubte. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher die Auffassung, dass im vorliegenden – einmaligen – Falle die Unkenntnis der entsprechenden Verwaltungsvorschrift als unverschuldet anzusehen ist und somit der subjektive Tatbestand nicht erfüllt ist.

 

3.3. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Strafbar ist ein Verhalten nur dann, wenn sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der jeweiligen Verwaltungsvorschrift (-übertretung) erfüllt ist. Nachdem in Anbetracht des vorliegenden entschuldbaren Rechtsirrtumes der Berufungswerber die subjektive Tatseite der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht verwirklicht hat, liegt kein strafbares Verhalten vor, weshalb der Berufung Folge gegeben werden konnte.

 

3.4. Der Ordnung halber wird festgestellt, dass nach Auffassung der Berufungsbehörde bezogen auf die Örtlichkeit der Tatort nicht iSd § 44a VStG entsprechend konkretisiert wurde. Wie im Zuge des Augenscheines im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung festgestellt werden konnte, besteht der Gastbetrieb M aus mehreren Gebäuden bzw. stehen dort auch mehrere Parkplätze zur Verfügung. Rein aufgrund der Aktenlage konnte das erkennende Mitglied vor Beginn der Verhandlung nicht feststellen, auf welcher der Parkflächen das Fahrzeug tatsächlich abgestellt war. Um dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG zu entsprechen, wäre daher die entsprechende Abstellfläche genauer zu bezeichnen gewesen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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