Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522157/2/Bi/Se

Linz, 23.01.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn I Ö, S, vertreten durch RAe Dr. P P, Dr. I P, W, vom 29. Dezember 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 15. Dezember 2008, VerkR21-86-2008-Hol, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts, von einer allfälligen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Anord­nung einer Nachschulung und eines amts­ärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG samt Vorlage einer psychiatrischen Stellungnahme und Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung dagegen, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24 Abs.1 und 3, 25 Abs.1 und 3, 29 Abs.3, 32 Abs.1 Z1 FSG die von der BH Schärding am 23. Juni 2005, VerkR20-1062-2004/SD, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von elf Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, dh ab 25. Jänner 2008, sohin bis 25. Dezember 2008, 24.00 Uhr, entzogen und ihm für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Außerdem wurde ihm für denselben Zeitraum das Lenken von Motor­fahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeu­gen ver­bo­ten. Angeordnet wurden die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauf­fällige Lenker bei einer ermächtigten Stelle, der Nachweis der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch Vorlage eines fachärztlichen psy­chia­trischen Stellungnahme und die Vorlage eines von einem Amtsarzt auf Basis der Ergebnisse der FA-Stellungnahme erstellten Gutachtens über die ge­sund­heitliche Eignung, jeweils bis zum Ende der festgesetzten Entziehungs- bzw Lenkverbotsdauer, wobei diese nicht vor Absolvierung der Nachschulung und Vorlage der FA-Stellungnahme und des amtsärztlichen Gutachtens ende. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung dagegen aus­geschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 17. Dezember 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei gerichtlich unbescholten und habe nur eine mit dem ggst Vorfall nicht zusammenhängende Vormerkung. Er habe am 1. Dezember 2007 um 1.03 Uhr seinen Pkw     auf der B137 aus Richtung Schärding in Richtung Andorf und bei km 54.800 mit dem Vorsatz, sich selbst zu töten, in den Gegenverkehr gelenkt. Dadurch sei der Lenker des ent­gegen­kommenden Fahrzeuges R.S. zu Tode gekommen. Er selbst habe zum Unfalls­zeitpunkt einen BAG von 1,36 %o aufgewiesen und habe die Alkoholi­sierung im Zusammenhang mit aufgrund eines Vorunfalls verblieben­en Hirn­schäden einen suizidalen Impuls bewirkt, aufgrund dessen er zu den Zeit­punkten der Inbetriebnahme des Fahrzeuges und des Unfalles nicht zurech­nungs­­fähig gewesen sei. Er sei mit rechtskräftigem Beschluss des LG Ried/I. als Geschwor­enengericht vom 29. Oktober 2008, 30 Hv 38/08 g, wegen des Ver­brechens gemäß § 75 StGB für schuldig erkannt und eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet worden, die unter Ertei­lung von Weisungen auf die Dauer von 10 Jahren bedingt nachgesehen worden sei.

Sowohl der von der Erstinstanz angenommene Sachverhalt als auch die recht­liche Schlussfolgerung – dass nämlich Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen sei, wenn eine Person ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO begangen habe, auch wenn die Tat nach § 83 SPG zu beurteilen wäre, und, weil er nachweislich alkoholisiert fahruntüchtig und unzurechnungsfähig den Pkw gelenkt habe, die Voraussetzungen für den Entzug eingetreten wären – seien unrichtig, weil er sich keinesfalls in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand durch Alkoholkonsum versetzt habe, sondern die Unzurechnungsfähigkeit durch einen suizidalen Impuls eingetreten sei durch eine Disposition nach Schädel-Hirn-Trauma aus einem Vorunfall und der vorliegenden, für sich allein niemals zur Unzu­rechnungsfähigkeit geführt habender Alkoholisierung. Das Ergebnis sei ihm nicht vorwerfbar, weil er keine Kennt­nis gehabt habe und nicht haben musste, dass bei Zusammentreffen mehrerer Negativfaktoren bei ihm Unzurechnungs­fähigkeit eintreten könne. Die Gefahr sei aber laut Gutachten Dris G vom 1.4.2008 nachhaltig gebannt, weil der zur Tat führende zerebrale Funktions­wandel und der damit einhergehende suizidale Handlungsvollzug bereits kurz nach dem Ereignis abgeklungen sei und damit von einem signifikan­ten Behand­lungserfolg (Spontanremission) zu sprechen sei. Die Erstinstanz habe verkannt, dass Alkoholkonsum nicht verboten sei, solange die betreffende Person nicht damit rechnen müsse, dass sie noch ein Fahrzeug lenken werde, umso weniger als damit lediglich 1,36 %o und kein die Zurechnungsfähigkeit ausschlie­ßen­der Rauschzustand hervorgerufen werde.

Er sei an diesem Abend zu Fuß zu einer Geburtstagsfeier gegangen und habe nicht im mindesten damit gerechnet, noch ein Fahrzeug zu lenken. Er habe sich auch nicht in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand bege­ben, son­dern seine Diskretionsfähigkeit wäre erhalten geblieben, wenn es nicht auf­grund der Hirnschädigung durch den Vorunfall und der Ablehnung des Mädchens zum suizidalen Impuls gekommen wäre, der zu seiner Zurechnungs­unfähigkeit geführt habe. Eine Rauschtat nach § 83 StGB sei ihm daher nicht vorzuwerfen. Dr. G habe in seinem Gerichtsgutachten ausgeführt, dass Alkoholkonsum, der bei nicht vorgeschädigten Men­schen unmöglich zu Unzu­rechnungs­fähigkeit führen könne, bei ihm bei Hinzu­treten eines weiteren negativen Erlebnisses zu einem die Zurechnungsfähigkeit aus­schließenden Zustand führen könne. Daher habe er auch vom Gericht die Weisung erhalten, sich jedes Alkoholkonsums zu enthalten und dies durch vier­tel­jährliche Alkoholproben nachzuweisen. Er wisse nun, dass er keinen Alkohol konsumieren dürfe, und habe seit seiner Entlassung aus der U-Haft im April 2008 nachweislich keinen Alkohol konsumiert, weshalb es auch bei neuerlichem Ein­treten eines negativ empfundenen Ereignisses nicht zu Unzurechnungsfähigkeit kommen könne. Damit sei aber seine Verkehrszuverlässigkeit nicht in Frage gestellt, wenn er sich an die Weisung halte, wovon man mit absoluter Sicherheit ausgehen könne, weil er ja sonst die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher riskiere. Die Verkehrszuverlässigkeit wäre vielmehr dann in Frage zu stellen, wenn er erneut Alkohol konsumieren würde. Die Anordnung der Nachschulung sei daher ohne rechtliche Grundlage.

Da der ggst Verkehrsunfall laut Gutachten Dris G nicht wegen des Alko­hol­konsums geschehen sei, sondern wegen seiner ihm selbst unbekannten Prä­disposition, könne ihm die Inbetriebnahme seines Pkw auch nicht als Lenken in alkoholisiertem Zustand angelastet werden, weil er dabei schuldun­fähig ge­wesen sei. Er habe daher kein Delikt nach § 99 Abs.1a StVO oder nach § 83 SPG begehen können.

Seine Verkehrszuverlässigkeit sei jedenfalls gegeben und eines amtsärztlichen Gutachtens bedürfe es nicht, weil es bei ihm laut Dr. G bei Befolgung der Weisung zu einem Zustand wie am 1. Dezember 2007 nicht mehr kommen könne. Er werde aber dennoch seine gesundheitliche Eignung durch Vorlage einer fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme und eines amtsärzt­lichen Gutachtens nachweisen. Eine Entziehungsdauer hätte nicht ausgesprochen werden dürfen, sondern die Lenkberechtigung hätte wieder ausgefolgt werden müssen. Bean­tragt wird die Beendigung des Führerscheinentzugsverfahrens ohne Ausspruch einer Entziehungsdauer, in eventu lediglich die Anordnung der Vorlage einer psychiatrischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens zum Nachweis der bestehenden Lenkberechtigung, in eventu Bescheidaufhebung und Rückverweisung an die Erstinstanz.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Laut – in Rechtskraft erwachsenem – Urteil des Landesgerichtes Ried/I. vom 29. Oktober 2008, 30 Hv 38/08 g, ist der Bw schuldig, am 1. Dezember 2007 in St. Florian am Inn dadurch, dass er seinen Pkw     auf der B137 im Ort­schafts­bereich Teufenbach in Richtung Andorf fahrend nach links verriss und in Selbstmordabsicht in den Gegenverkehr lenkte, wodurch es zur Kollision mit dem von R.S. gelenkten Pkw     kam, R.S. getötet und versucht zu haben, die Beifahrer T.P. und R.P. zu töten. Er hat hiedurch eine Tat begangen, die ihm, wäre er zur Tat zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB und der Verbrechen des versuchten Mordes nach den §§ 15, 75 StGB zuzurechnen wäre.

Gemäß § 21 Abs.1 StGB wurde die Unterbringung des Bw in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet; gemäß § 45 StGB wurde diese Unter­bringung unter Bestimmung einer Probezeit von 10 Jahren bedingt nach­gesehen und gemäß § 50 StGB Bewährungshilfe angeordnet.

Gemäß § 51 StGB wurde dem Bw die Weisung erteilt, 1) jeden Alkohol zu meiden und 2) in Abständen von drei Monaten durch die Abgabe einer entsprechenden Blutprobe, die Weisung, dass er keinen Alkohol trinken dürfe, zu dokumentieren.

 

Ass.Prof. Dr. E G, Salzburg, hat im neuropsychiatrischen Gutachten vom 1. April 2008 "zur Frage der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Bw zur Tatzeit und zur Frage der allenfalls vorliegenden Voraussetzungen zur Unter­bringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 StGB einschließlich Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose" auf der Grundlage des Gerichtsaktes, der Krankengeschichten der Abt. für Unfallchirurgie des Kranken­hauses Ried/I. und des Landeskrankenhauses Salzburg sowie neuropsychia­trischer Untersu­chun­gen des Bw ausgeführt, dass der in Schärding wohnende 1988 geborene Bw, der 2004 bei einem Verkehrsunfall als Beifahrer ein Schädel-Hirn-Trauma Grad 2 mit struktureller Läsion des Hirnorganes erlitten hatte, am Abend des 30. November 2007 im Gasthaus "B" in S bei einer Geburtstagsfeier war und dort nach eigenen Angaben drei bis vier Weihnachts­bock und unbe­kannte Mengen Nussschnaps getrunken hat. Nach 24.00 Uhr ging er ins Nach­bar­lokal "...", wo er drei Mädchen traf, die ihn "blöd angeredet" hätten, er solle "sich schleichen", worauf er sich nach eigenen Angaben massiv betroffen und innerlich fertig fühlte und nur mehr "schwarz" sah und einen Gedächtnisver­lust beschrieb. Für ihn sei alles zusammengebrochen, ohne dass er danach für seine Betroffenheit und den Seelenzustand eine Erklärung gehabt habe. Es bestehe keine Erinnerung, wie er nach Hause gekommen sei, wie er in das Auto eingestiegen sei oder an den Unfall selbst und auch nicht an das an Freunde verschickte SMS, in dem er kurz vor dem Unfall seinen Selbstmord angekündigt hat. Er sei in einem "wackeligen Bett" auf­ge­wacht und habe nicht gewusst, was passiert sei.

Laut Gutachten kann beim Bw ein suizidales Achsensyndrom ange­nommen werden und der Unfall muss als Ausfluss eines suizidalen Handlungs­vollzuges im Rahmen eines Abwendungsverhaltens interpretiert werden; er ist als ein durch einen Zufall geretteter Selbstmörder zu sehen. Nach dem geschei­terten Selbst­mordversuch ist das suizidale Achsensyndrom abgeklungen. Der Gedächtnisver­lust ist aus nervenfachärztlicher Sicht aufgrund des eingetre­tenen cerebralen Funktionswandels nachvollziehbar; beim Bw wurde eine Schädel­prellung diagnos­tiziert. Beim Bw liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Selbstmordhandlung im Sinne eines Abwendungsverhaltens vor; der gesamte Handlungsplan ist dabei aus­schließlich auf Selbsttötung ausgerichtet, wobei eine Zugänglichkeit für Argumente in Richtung Leben nicht existiert; die Dispositions­fähigkeit war dadurch aufgehoben, die Diskretionsfähigkeit war aufgrund suizida­ler Einengung und der objektiven Alkoholisierung (1,36 %o) erheblich beein­träch­tigt.

Hinsichtlich Gefährlichkeitsprognose führt der Gutachter aus, die klini­sche Prognose sei eher günstig, beim Bw liege die Fähigkeit zu Auftreten eines suizidalen Abwendungsverhaltens vor. Bisher kam es zu einem einmaligen suizidalen Impuls unter Alkoholeinwirkung; eine Individualprognose, ob jemals wieder bzw wann ein derartiger cerebraler Funktionswandel eintreten werde, könne nicht abgegeben werden. Der beim Bw vorliegende Handlungsstil betreffe vor allem seine eigene Person; eine Betei­ligung Dritter könne nicht ausge­schlossen werden. Zusammenfassend liege unter Berücksichtigung der klinischen Prognose, des krankheitstypischen Handlungs­stils und des Relevanzbereiches der Gefährlichkeit beim Bw vor allem unter der enthemmenden Wirkung des Alkohols eine hochgradige potenzielle Gefährdung vor. Der zur Tat führende cerebrale Funktionswandel und der damit einher­gehen­de suizidale Handlungsvollzug ist bereits kurz nach dem Ereignis abgeklungen (Spontanremission). Unter sicher­gestellter weiterer Alkoholabstinenz wird eine bedingte Nachsicht zur Unter­bringung in einer Anstalt für geistig abnorme zurech­nungsu­nfähige Rechts­brecher empfohlen bei sichergestellter Weisung einer abso­luten Alkoholabstinenz unter vierteljährlichen Leberkontrollen (CDT-Wert). Ergänzend wird im Gutachten vom 16. Mai 2008 festgehalten, dass der Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma und dem suicidalen Achsensyndrom einer geistigen oder seelischen Abnormität von höherem Grad im Sinne des § 21 Abs.1 StGB entspricht, allerdings tritt dieser psychische Zustand nur temporär auf und ist dazu eine zusätzliche Beein­trächtigung des Hirnorganes zB durch psychotrope Substanzen erforderlich. Der beim Bw vorliegende Behandlungserfolg bewirkt eine Reduzierung der aktuellen Gefährlichkeit, die nur bei gesicherten Nachbe­treu­ungsmaßnahmen (Weisungen) bestehen bleibt. Andernfalls ist bei weiter be­ste­hen­dem Alkoholmissbrauch das zum Zeitpunkt der Anlasstat bestandene hochgradige Gefahrenpotential weiter­hin naheliegend.   

 

Laut verkehrstechnischem Gutachten DI W H erfolgte der Ver­kehrs­unfall zwischen dem vom Bw gelenkten VW Passat und dem von R.S. gelenkten Renault 5 so, dass der Passat mit der linken Frontecke in Form einer Abgleitkollision gegen das linke Vorderrad des Renault gelenkt wurde. Die Fahrzeugbeschädigung des VW Passat zeigt, dass dieser in bereits sehr großer Winkelstellung (annähernd 30 Grad) zum Verlauf der B137 gegen die linke Seite des entgegen­kommenden Renault gelenkt wurde. Die Summenkollisionsge­schwin­digkeit beider Fahrzeuge im Kolli­sions­zeit­punkt lag bei 160 bis 180 km/h.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) an­ge­­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Ver­halten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb ge­nommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, Z2 beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 nicht als Verwaltungs­übertretung zu ahnden ist, ... Z9 eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 11 StGB handelt nicht schuldhaft, wer zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tiefgreifenden Bewusst­seins­störung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

 

Im Hinblick auf die Frage nach dem Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG ist auszuführen, dass auf der Grundlage des Urteiles des LG Ried/I. davon auszugehen ist, dass Z9 ausscheidet, weil dem Bw die beschriebene Tathandlung gemäß § 11 StGB nicht zurechenbar ist, Z2 aus­scheidet, weil sich der Bw zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Kraft­fahr­zeuges laut Gutachten Dris G bereits im Zustand einer einzig auf Selbst­tötung gerichteten Aus­führ­ungs­handlung befand, in dem er weder das Ausmaß des vorangegangenen Alko­hol­­kon­sums realisieren noch die Gefähr­lichkeit seines Verhaltens begreifen oder ein­schätzen konnte, und Z1 aus­scheidet, weil für die Verwirklichung einer Ver­waltungs­übertretung nach § 99 Abs.1a StVO 1960 schuld­haftes Verhalten erforderlich ist und beim Bw die Dispositionsfähigkeit jedenfalls bei Inbetrieb­nahme des Pkw, laut Gutachten aber bereits beim Verlassen des Lokals ..., aufgehoben war.

Damit liegt keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 und 3 FSG vor, die eine Entziehung der Lenkberechti­gung, ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG oder eine Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, zur Folge haben könnte. Auch eine Anordnung gemäß § 24 Abs.3 FSG (als Folge einer Übertretung nach § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960) ist damit ausge­schlossen. Der angefochtene Bescheid war damit ersatzlos zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

1,36%o AAG, zum Lenkzeitpunkt unzurechnungsfähig lt. Gerichtsgutachten -> keine bestätigten Tatsachen gemäß § 71, 1 oder 9 -> Aufhebung

 

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