Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163754/6/Br/RSt

Linz, 28.01.2009

 

 

                                                           

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P T, geb.    , G, vertreten durch RA Dr. P R, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 11.11.2008, Zl. VerkR96-11601-2007, nach der am 28. Jänner  2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

II.            Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber  als Kosten für das Berufungsverfahren 50,-- Euro auferlegt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 5/2008 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 5/2008 - VStG;

Zu II. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit dem oben angeführten Straferkenntnis wegen Übertretungen nach § 18 Abs.1 iVm 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 250 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Stunden verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,38 Sekunden festgestellt.

Tatort: Gemeinde Vorchdorf, Autobahn Freiland, Richtungsfahrbahn Salzburg,  Nr. 1 bei km 210.400.

Tatzeit: 22.09.2007, 09:07 Uhr.

Fahrzeug: Kennzeichen    , Personenkraftwagen M1, AUDI

 

 

1.1.       In der Begründung des Schuldspruches traf die Behörde erster Instanz nachfolgende Erwägungen:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde am 24.09.2007 von der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich der Bezirkshauptmannschaft Gmunden angezeigt. Gegen die Strafverfügung vom 09.10.2007 erhoben Sie rechtzeitig Einspruch. Sie ersuchten um Akteneinsicht und erklärten dann, dass Sie sich an das Ereignis nicht mehr konkret erinnern könnten. Den Lichtbildern könne man entnehmen, dass sich der räumliche Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in dem Zeitraum von 2,15 Sekunden, die zwischen den beiden Aufnahmen liegen, deutlich vergrößert habe. Sie seien wohl kurz vor der ersten Aufnahme vom vorausfahrenden PKW überholt worden. Aufgrund der deutlich höheren Geschwindigkeit habe das vorausfahrende Kfz auch einen wesentlich längeren Anhalte- und Bremsweg als Sie selbst gehabt.

 

Über diesen Sachverhalt hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Organ der Landesverwaltung in I. Instanz erwogen:

 

Die in der Anzeige gemachten Angaben ergeben in Verbindung mit den aus dem angefertigten Beweisvideo vorgelegten Fotos samt elektronisch erfassten Messdaten ein in sich schlüssiges Bild der Tatbegehung, weshalb die erkennende Behörde keinen Grund dafür erblicken kann, am Wahrheitsgehalt dieser Angaben zu zweifeln. Insbesondere kann auch kein Grund dafür erblickt werden, dass der Anzeiger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten will. Die Behörde geht davon aus, dass die besonders geschulten Organe der Straßenaufsicht in der Lage sind, den Tiefenabstand und die gefahrenen Geschwindigkeiten von Fahrzeugen an den speziell eingerichteten Messstellen verlässlich und genau festzustellen. Für die Messungen werden ausschließlich eichamtlich geprüfte spezielle Messinstrumente verwendet. Die Organe der Straßenaufsicht wurden über die entsprechenden Verwendungsbestimmungen belehrt und haften als Organe des öffentlichen Dienstes für deren Einhaltung. Im Verfahren ist jedenfalls kein Umstand hervorgekommen, der Anlass für Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses böte.

 

Ihre Einwendungen waren nicht geeignet eine Änderung des im Spruch festgehaltenen Sachverhalts herbeizuführen. Die Behauptung, dass auf den Fotos eine Vergrößerung des Abstandes zwischen den Fahrzeugen erkennbar sei, kann nicht nachvollzogen werden. Die scheinbare Vergrößerung des Abstandes ergibt sich aus der Perspektive und entspricht etwa dem Verhältnis, in dem auch die (angenäherten) Fahrzeuge "gewachsen" sind. Es ist amtsbekannt, dass die Einhaltung eines nicht wesentlich veränderten Abstandes im Messbereich eine Grundvoraussetzung für eine gültige Abstandsmessung darstellt, die aufgrund der Verwendungsbestimmungen für das Messgerät von den durchführenden Organen routinemäßig geprüft wird. Gleiches gilt für einen allfälligen Spurwechsel (Überholen) vor der Messstelle. Hinsichtlich dieser Einwendungen sind daher die sachlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ihre Annahme, Sie hätten Ihr Fahrzeug jederzeit anhalten können, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, ist schon deshalb unzutreffend, weil der von Ihnen eingehaltene Abstand von 0,38 Sekunden nicht einmal das Ausmaß erreichte, der für eine Reaktion auf einen erkannten verkehrswichtigen Umstand (Aufleuchten der Bremsleuchten) nötig wäre.

 

Rechtlich gilt folgendes:

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Indem Sie einen Abstand von lediglich 0,38 Sekunden eingehalten haben, haben Sie den objektiven Tatbestand der Strafnorm erfüllt. Da im Strafverfahren Strafaufhebungs- oder Strafausschließungsgründe nicht hervorgekommen sind, ist auch das subjektive Tatbild erfüllt.

 

Die über Sie verhängte Geldstrafe erscheinen dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Grad des Verschuldens und auch Ihren persönlichen Verhältnissen (diese wurden, da von Ihrer Seite - trotz Aufforderung - keine Angaben gemacht wurden, wie im Schreiben vom 07. November 2007 angeführt, mit 1.100,00 Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten zugrunde gelegt) angepasst und ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten. Mildernd wurde überdies Ihre verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit im h. Verwaltungssprengel gewertet. Überdies ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung auch vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen auch einen potentiellen Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten geeignet ist.

 

Die Vorschreibung der Strafverfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

1.2.  Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Meinem ausgewiesenen Vertreter wurde am 26.11.2008 das Straferkenntnis der BH Gmunden vom 11.11.2008 zugestellt.

Innerhalb der offenen, 14tägigen, Frist erhebe ich gegen dieses Straferkenntnis die

 

Berufung

an die übergeordnete Behörde.

 

Ich fechte dieses Straferkenntnis in seinem gesamten Inhalt an, beantrage dessen Aufhebung und die Einstellung des gegen mich anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Begründung:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis bestraft mich die Behörde deshalb, weil ich zu einem vor mir am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hätte, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es sei mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,38 sec festgestellt worden. Unter Angabe des Tatortes und der Tatzeit wurde ich wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO zu einer Geldstrafe von € 250,00 (zuzüglich Ersatz für die Kosten des Verfahrens) verpflichtet.

 

In der Begründung dieses Erkenntnisses führt die Behörde aus, dass aus dem angefertigten Beweisvideo Fotografien samt elektronisch erfasster Messdaten extrahiert worden seien, die ein in sich schlüssiges Bild der Tatbegehung vermitteln, weshalb die Behörde keinen Grund erblicken könne, am Wahrheitsgehalt dieser Angaben zu zweifeln. Es sei auch kein Grund ersichtlich, dass der Anzeiger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten wolle. Den besonders geschulten Organen der Straßenaufsicht sei zuzugestehen, dass sie in der Lage seien, den Tiefenabstand und die gefahrenen Geschwindigkeiten von Fahrzeugen an den eingerichteten Messstellen verlässlich und genau festzustellen. Schließlich seien auch eichamtlich geprüfte Messinstrumente verwendet worden.

 

Meine Behauptung, dass sich aus den Fotografien eine Vergrößerung des Abstandes zwischen den hintereinander fahrenden Fahrzeugen ableiten lässt, könne nicht nachvollzogen werden. Denn die scheinbare Vergrößerung des Abstandes ergebe sich aus der Perspektive und entspreche etwa dem Verhältnis, in dem auch die sich nähernden Fahrzeuge „gewachsen" seien. Es sei amtsbekannt, dass die Einhaltung eines nicht wesentlich veränderten Abstandes im Messbereich eine Grundvoraussetzung für eine gültige Abstandsmessung darstelle, die aufgrund der Verwendungsbestimmungen für das Messgerät von den durchführenden Organen routinemäßig geprüft werde.

 

Meine Rechtfertigung, dass ich mein Fahrzeug jederzeit anhalten hätte können, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, sei schon deshalb unzutreffend, weil der von mir eingehaltene Abstand von 0,38 sec nicht einmal das Ausmaß erreichte, der für eine Reaktion auf einen erkannten verkehrswichtigen Umstand (Aufleuchten der Bremsleuchten) nötig wäre.

 

Mit dieser Argumentation geht die Behörde erster Instanz vollkommen am Kern der Sache vorbei:

 

Ich muss hiemit ausdrücklich rügen, dass nicht ein einziges von mir beantragtes Beweismittel aufgenommen wurde:

Ich habe ausdrücklich beantragt, die Behörde möge den Videofilm ansehen und die gesamte Sequenz abspielen oder aber - und zwar hilfsweise - die Abstandswerte des unteren Lichtbildes (09:07:27:23) im Verhältnis zum oberen Lichtbild (09:07:25:08) von einem verkehrstechnischen Sachverständigen auswerten und hieraus den Sekundenabstand errechnen lassen.

 

Da sich das gesamte Verwaltungsstrafverfahren ausschließlich (laut mir mitgeteiltem Akteninhalt) aufgrund der Ansicht der beiden genannten Lichtbilder ableitet, ist völlig unverständlich, weshalb die Behörde in der Begründung mehrfach auf die geschulten Organe der Verkehrsüberwachung abstellt. Nach mir mitgeteiltem Akteninhalt hat kein Organ und keine Amtsperson diesbezüglich irgendwelche Wahrnehmungen gemacht, sondern es beruht das ganze Verfahren ausschließlich auf den beiden angefertigten Lichtbildern.

 

Sollte dies allerdings nicht zutreffen und sollten tatsächlich Meldungen oder Berichte von Organen der Straßenaufsicht vorliegen, so wurden mir diese nachweislich nicht zur Kenntnis gebracht, worin ich einen gravierenden Verfahrensmangel erblicke.

 

Unerfindlich ist schließlich auch, weshalb die Behörde meinem hauptsächlichen Antrag nicht gefolgt ist und die Videoaufnahme des Geschehensablaufes zwischen 09.07 Uhr und 25 Sekunden und 09.07 Uhr 30 Sekunden nicht angefordert und ausgewertet hat.

 

Mit ziemlicher Sicherheit hätte aber auch ein verkehrstechnischer Sachverständiger allein aufgrund der beiden Fotografien die Richtigkeit meiner Schlussfolgerung verifizieren können.

Daraus hätte sich dann ergeben, dass - entgegen den Ausführungen der Behörde - sich tatsächlich das vordere Fahrzeug mit wesentlich höherer Geschwindigkeit von mir wegbewegt hat, sodass mir auch im Falle des Aufleuchtens der Bremslichter das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre. Immerhin muss dieser Annahme nämlich zugrunde gelegt werden, dass das vordere Fahrzeug eine deutlich höhere Geschwindigkeit eingehalten hatte als meines, sodass auch dessen Bremsweg insgesamt (also räumlich und zeitlich) länger gewesen wäre als mein eigener.

 

Da ich selbst aus eigener Erinnerung zu diesem Sachverhalt heute nichts mehr aussagen kann, ist meine Vernehmung nicht erforderlich. Ich stelle jedoch an die übergeordnete Behörde den Antrag, meinen beiden schon in erster Instanz gestellten Anträgen zu entsprechen und

-     den gesamten Videofilm für den betreffenden Zeitraum in Augenschein zu nehmen                    sowie die entsprechende Sequenz abzuspielen und

-     hilfsweise durch einen verkehrstechnischen Sachverständigen die beiden vorliegenden    Lichtbilder auswerten und hieraus die Vergrößerung des räumlichen Abstandes           ermitteln zu lassen.

Daraus wird sich dann die Richtigkeit meiner Rechtfertigung ergeben.

 

Zusammenfassend beantrage ich daher wie oben dargestellt die Einstellung des Verfahrens gegen mich.

 

Salzburg, 10.12.2008/up                                                                                   P T."

 

 

 

3. Festzustellen ist vorweg, dass es sich beim Unabhängigen Verwaltungssenat weder um eine der Behörde erster Instanz "übergeordnete" noch um dessen Oberbehörde  handelt.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung der Inhalte der erstbehördlichen Verfahrensakte im Rahmen der Berufungsverhandlung. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde die gesamte Videosequenz der mit der Anzeige übermittelten Fotos und eine fachliche Stellungnahme des Amtssachverständigen TAR Dipl.-HTL.-Ing. R H beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung gesichtet.  Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teil, weil er laut Angaben seines Rechtsvertreters dazu keine Angaben machen könne.

Die Behörde erster Instanz entschuldigte per Mitteilung vom 13.1.2009 seitens des zuständigen Abteilungsleiters die Nichtteilnahme wegen dienstlicher Verhinderung.

 

 

3.1. Da  keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

 

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Der Berufungswerber lenkte am 22.9.2007 kurz nach 09:07 Uhr den bezeichneten PKW auf der A1, bei Strkm. 210,400 mit 133 km/h, wobei er über einen Zeitraum von zumindest 10 Sekunden den Abstand zum Vorderfahrzeug auf nur 0,38 Sekunden bei Einhaltung eines Tiefenabstands von nur 14 Meter verkürzte.

Die Berechnung auf Grund des aufgezeichneten Videos erfolgte dabei zu Gunsten des Berufungswerbers, wobei laut Gutachten vom 21.1.2009 der tatsächliche zeitliche Abstand nur 0,35 betrug, wobei auch die Fahrgeschwindigkeit an sich eher bei 138 km/h lag. Unter Bedachtnahme auf die Auswertungstoleranzen jedoch mit nur 133 km/h anzunehmen sind.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieses Beweisergebnis auf die eichamtlich anerkannte Messmethode mittels dem Verkehrs-Kontroll-System, Version 3.0 (kurz VKS 3.0) gestützt ist.

Aus der Gebrauchsanweisung wird unter Punkt 1.4.1 zur Genauigkeit der Abstandsmessung Folgendes ausgeführt:

"Grundlage der Abstandsmessung ist die perspektivische Transformation. Bei der “Passpunkteingabe“ werden acht Transformationsparameter berechnet. Mit diesen Parametern werden dann mit der unten dargestellten Formel anvisierte Videopunkte (Messrasterkoordinaten) in Fahrbahnkoordinaten umgerechnet. 

 

 

 

Hierbei sind :

                 a1 - a8 die Transformationsparameter

                 X,Y Fahrbahnkoordinaten

                       x, y Messrasterkoordinaten

 

Als gemessene Größen gehen die Messrasterkoordinaten in diese Berechnung ein. Sie werden in Form eines Fadenkreuzes/einer Messlinie in das Video projiziert. Für die mit dem Fadenkreuz/der Messlinie anvisierten Punkte werden die entsprechenden Fahrbahnkoordinaten umgerechnet.

Die Genauigkeit des Anvisierens ist abhängig von der Position des Fadenkreuzes/der Messlinie im Video ( siehe Abb. 1.6). Der Verzeichnungseinfluss des Objektivs liegt bei den verwendeten Brennweiten weit unter der Fadenkreuzdicke und ist für die Genauigkeit der Messung vernachlässigbar. Die vom Fadenkreuz oder der Messlinie überstrichene Breite ist abhängig von der Aufnahmeposition, diese Breite wird vom VKS 3.0-Programm situationsbezogen berechnet.

Je weiter das Fadenkreuz/die Messlinie im Videobild in Richtung der Passpunkte 2 und 3 bewegt wird, desto größer wird der von der Fadenkreuzbreite/Messlinienbreite verdeckte Fahrbahnabschnitt. Bei jeder einzelnen Abstandsmessung wird die Breite der Messlinie an beiden Messpunkten vom VKS 3.0-Programm berechnet und angezeigt. Bei der Messung wird jeweils der günstigste Wert berücksichtigt.

Im VKS 3.0-Programm müssen mindestens zwei Abstandsmessungen durchgeführt werden, wobei die längste Abstandsmessung zur weiteren Auswertung herangezogen wird.

Bei der Abstandsmessung von zwei aufeinanderfolgenden Fahrzeugen wird der Abstand der Radaufstandpunkte der Vorderachsen gemessen. Mit einer besonderen Funktion bei der Auswertung kann die Fahrzeuglänge berücksichtigt werden. ( siehe 5.9.1 ).

Der auf diese Weise ermittelte Abstand ist erheblich größer als der tatsächliche Abstand.

 

 

 

4.1.  Dem Berufungswerber konnte in seiner den Tatvorwurf bloß pauschal bestreitenden Verantwortung nicht gefolgt werden.

Unstrittig ist die Präsenz des Fahrzeuges des Berufungswerbers auf dem fraglichen Autobahnabschnitt. Sein Fahrzeug ist über eine Zeitspanne von mehr als  zehn Sekunden in einem sichtlich gleichbleibenden Abstand hinter einem anderen Fahrzeug und weiteren sechs am linken Fahrstreifen mit augenscheinlich nicht weniger als 130 km/h fahrenden Pkw´s  erkennbar. In der Annäherungsphase an die Messkamera fließt der Verkehr auf beiden Fahrstreifen ohne Spurwechsel, wobei auf der rechten Spur acht Fahrzeug und auf der linken sechs Fahrzeuge sichtbar sind. Lediglich hinter dem Berufungswerber wechselt etwa vier Sekunden vor der ersten Messung (Bildfolge: 09:07:25:08) ein Fahrzeug auf die Überholspur. Dessen Abstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers vergrößert sich  in der Folge bis zur zweiten Messung (Bildfolge: 09:07:27:23) deutlich.  Auch dies belegt die vom Verkehrsfluss sich unterscheidende Fahrweise des Berufungswerbers.

Offenkundig fuhr dem Berufungswerber das in einem angemessenen Abstand zu dessen Vorderfahrzeug fahrende KFZ trotz der von diesem Fahrzeug eingehaltenen erlaubten Höchstgeschwindigkeit immer noch zu langsam, was er wohl durch diesen als sogenanntes "Drängeln" zu qualifizierenden knappen Nachfahrabstand zu einem früheren Umspuren nach rechts zu "erzwingen" versuchte. Ein Bremsen des Vorderfahrzeuges wird vom Sachverständigen aus rechnerischer Sicht ausgeschlossen. Dies ist auch aus der Videosequenz klar erkennbar, wobei dieser Sicherheitsabstand zusammenfassend ausschließlich der Fahrerdisposition, d.h. dem Berufungswerber zuzurechnen ist. 

Der Sachverständige führt dazu aus, dass die Rahmenbedingungen, die für eine gültige Messung einzuhalten sind und eingehalten wurden. Diese Aussage könne getroffen werden, da bei der Nachmessung die Rahmenbedingungen überprüft wurden.

Weiters konnte vom Sachverständigen ausgeschlossen werden, dass der unmittelbar vor dem Berufungswerber   fahrende PKW allenfalls plötzlich stark abgebremst worden sein könnte. Die maximale Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den Fahrzeugen wurde mit 6,65 Km/h errechnet.

Diese Darstellung ist aus dem im Zuge der Berufungsverhandlung gesichteten Videos selbst aus der empirischen Beurteilungsbasis eines mit Autobahnfahrten nur einigermaßen vertrauten Fahrzeuglenkers nicht nur logisch, sondern auch augenscheinlich nachvollziehbar.

Am technischen Messergebnis vermag hier daher kein Anhaltspunkt für Zweifel erblickt werden. Das Video belegt den offenkundig knappen Sicherheitsabstand und lässt diesen selbst unter visueller Beurteilung von etwa drei Fahrzeuglängen die Knappheit des Nachfahrabstandes mit 0,38 Sekunden klar nachvollziehen. Offenbar scheint sich der Berufungswerber der Problematik eines zu knappen Sicherheitsabstandes und die Nützlichkeit eines angemessenen Sicherheitsabstandes nicht bewusst zu sein. Auch die Stellungnahme des Sachverständigen ergänzt die sachliche Begründung des Tatvorwurfes.

Der  Berufungswerber tritt diesen Fakten im Rahmen der Berufungsverhandlung inhaltlich nicht entgegen.

 

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Zur Messung an sich ist zu sagen, dass es sich hierbei um ein anerkanntes Messverfahren handelt (vgl. VwGH 21.9.2006, 2006/02/0074, womit etwa ein h. Erk. v. 31.1.2006, Zl. VwSen-161056/6/Br/Se, als rechtmäßig festgestellt wurde).

Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von zumindest 133 km/h ein Abstand von 14 m nur einer Wegzeit von 0,38 Sekunden entspricht. Die oben angeführten Werte wurden bereits zu Gunsten des Berufungswerbers verkehrsfehlerkorrigiert. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation wohl mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der kürzest annehmbaren Reaktionszeit von einer halben Sekunde wohl kaum mehr in einer der Verkehrssicherheit gerecht werdenden Wahrscheinlichkeit  unfallvermeidend reagiert werden könnte (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443). Eine Reaktionszeit von nur 0,5 Sekunden ist unter Hinweis auf diesbezüglich gesicherte sachverständige Erkenntnisse nur als theoretisch mögliche, in der Verkehrsrealität gilt jedoch unter 0,7 Sekunden eine Reaktionshandlung nicht realistisch (s. unten vielen h. Erk. v. 26.2.2008, VwSen-162603/8/Fra/Sta u. vom 16.2.2004, VwSen-109509/7/Br/Be).

Beim Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs.1 StVO genügt "in der Regel" ein dem mit einer Sekunde anzunehmenden Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand; dies aber nur wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen. Der Reaktionsweg beträgt in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 5.5.2006, 2003/03/0299 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1986, 86/02/0081). In der zum Vorfallszeitpunkt herrschenden Verkehrsdichte müssten hier vielmehr Umstände für einen noch größeren Sicherheitsabstand erblickt werden (VwGH 9.11.1984, 84/02B/0064 mit Hinweis auf OGH 16.3.1967,11 Os 5/67 = ZVR 1968/50).

Nach der o.a. Formel hätte demnach der Sicherheitsabstand zumindest  39,9 m zu betragen gehabt.

 

 

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis  35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 18 Abs.1 StVO getätigte Strafzumessung kann gesagt werden, dass angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines zu knappen Sicherheitsabstandes, was empirisch belegt vielfach unfallursächlich ist, eine empfindliche Geldstrafe geboten ist. Zutreffend stellte die Behörde erster Instanz sinngemäß auch fest, dass in Ahndung dieser Deliktsart insbesondere präventiven Überlegungen und der Tatschuld entsprechend spürbare Strafen zu verhängen sind. Dass es insbesondere die sogenannten Drängler die Auslöser vieler Verkehrsunfälle sind, insbesondere Auffahrunfälle mit überwiegend schwerwiegenden Folgen, kann als statisch belegte empirische Tatsache gelten. Das visuell dokumentierte Fahrverhalten des Berufungswerbers belegt nachdrücklich, dass dieses nicht nur den Verkehrsfluss sichtlich negativ beeinflusst und andere, sich allenfalls bedrängt fühlende Fahrzeuglenker zu unüberlegen Handlungen – etwa ein emotionsgeladenes plötzliches Abbremsen – veranlassen kann. Dies ist wohl die zu vermutende Ursache von Unfällen, deren Ursache sich dann letztlich kaum objektivieren oder rekonstruieren lassen. Daher ist insbesondere sowohl aus generalpräventiven aber auch spezialpräventiven Überlegungen eine strenge Strafe geboten, um bei solche Lenker von derart verwerflichen Verhaltensneigungen im Straßenverkehr verstärkt abzuhalten oder zumindest eine Bewusstseinsbildung in dieser Richtung zu bewirken.

Unter Bedachtnahme auf das beim Berufungswerber als Steuerberater anzunehmenden überdurchschnittlichen Einkommens, ist unter Berücksichtung des Milderungsgrundes der für dieses Verfahren anzunehmenden verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, die hier verhängte Geldstrafe jedenfalls innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes gelegen und objektiv durchaus milde bemessen zu erachten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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