Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300861/6/Fi/Wb/Se

Linz, 21.01.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des G R, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 5. November 2008, GZ Pol96-635-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002, zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die angewendete Gesetzesbestimmung bei der verhängten Strafe "§ 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002" lautet.

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und § 62 Abs. 4 AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 5. November 2008, GZ. Pol96-635-2007, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 100,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt weil er am 12. Juli 2007 um 17.00 Uhr in L, am Gehsteig auf Höhe des Hauses F, seinen Hund (Mischlingshund) frei laufen lassen habe, obwohl Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden müssen.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 6 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 Zif 5 Oö. Hundehaltegesetz 2002, LGBl. Nr. 147/2002 i.d.F. LGBl. Nr. 124/2006 angeführt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Bw folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von

 

 

100,00 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

48 Stunden

 

Gemäß

 

 

§ 15 Abs. 1 Z. 6 Oö. Hundehaltegesetz 2002

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Zeugenaussage vom 13. Juli 2007 und der niederschriftlichen Einvernahme von F B vor der belangten Behörde am 19. Oktober 2007 feststeht.

Von der belangten Behörde wurde der Bw mit Strafverfügung vom 13. September 2007 wegen Übertretung nach § 6 Abs. 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 (Geldstrafe: 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) bestraft.

Dagegen hat der Bw Einspruch erhoben und ausgeführt, dass er seit 25 Jahren Hundehalter sei und seine Hunde immer so erzogen habe, dass die Hunde dem Bw auch ohne Leine folgen würden. Der Bw berief sich dabei auf das Gewohnheitsrecht, das er von seinen Vorfahren übernommen habe und er selbst seit Jahrzehnten seine Hunde habe frei laufen lassen. Er habe in keinster Weise die Absicht, auf dieses erworbene und selbst ausgeübte „Gewohnheitsrecht” zu verzichten. Nachdem der Hund sehr klein sei, halte der Bw die Leinen- bzw. Maulkorbpflicht für völlig überzogen und bezeichnete es als Tierquälerei. Abschließend bezeichnete der Bw das Oö. Hundehaltegesetz 2002 als sittenwidrig.

Am 19. Oktober 2007 ist der Zeuge F B von der Behörde niederschriftlich einvernommen worden, wobei er den ggst. Sachverhalt nochmals schilderte.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 ist der Bw vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und aufgefordert worden, seine persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

Am 29. Oktober 2007 hat der Bw eine neuerliche Stellungnahme eingebracht, in der er ausführlich auf sein distanziertes Verhältnis zu den Nachbarn einging und mitteilte, dass er über kein Vermögen und derzeit auch über kein Einkommen verfüge sowie keine Sorgenpflichten habe.

Nach Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen führt die Behörde abschließend aus, dass aufgrund der Zeugenaussage als Tatsache angenommen werden könne, dass der Bw zum angeführten Tatzeitpunkt – wie im Spruch angeführt und vom Bw auch nicht in Abrede gestellt – den Hund habe frei laufen lassen, daher der Hund nicht angeleint war und auch keinen Maulkorb getragen hat. Vielmehr habe der Bw angegeben, dass er diese Praxis, das Führen des Hundes ohne Leine bzw. Maulkorb, bereits seit 25 Jahren so ausübe. Weiters sei als eindeutig anzusehen, dass es sich beim Tatort um öffentliches Ortsgebiet im Sinne der Legaldefinition handle.

1.2. Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis wurde der bekämpfte Be-scheid dem Bw am 6. November 2008 persönlich zugestellt.

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich das am 20. November 2008 (Postaufgabe: 19. November 2008) bei der belangten Behörde innerhalb der Zwei-Wochenfrist eingelangte Anbringen.

Darin wird vom Bw ausgeführt, dass das Straferkenntnis nichtig sei, da die Strafverhängung auf einer anderen Rechtsvorschrift als in der Anklage angegeben, erfolgt sei.

2.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck hat das von ihm als Berufung eingestufte Anbringen samt dem Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 wurde dem Bw hinsichtlich seiner Berufung ein Verbesserungsauftrag erteilt, da das genaue Berufungsbegehren dem Schriftsatz nicht zu entnehmen war. Im Falle des Unterbleibens der Mängelbehebung binnen einer Wochen ab Zustellung wurde dem Bw gemäß § 13 Abs.3 AVG mitgeteilt, dass seine Berufung zurückzuweisen sein würde.

2.3. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 führte der Bw innerhalb der Verbesserungsfrist aus, dass sich das Straferkenntnis auf § 15 Abs. 1 Z 6 Oö. Hundehaltegesetz beziehe und sich bisher noch nie ein Vorwurf aufgrund dieser Rechtsvorschrift gegen ihn bezog. Das Straferkenntnis könne, da es sich auf eine andere Rechtsvorschrift bezieht, nur nichtig sein.

Damit wird inhaltlich – gerade noch erkennbar – die Aufhebung des angefochtenen Straf­erkenntnisses beantragt. Das Rechtsmittel ist somit als ursprünglich rechtzeitig eingebracht anzusehen.

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zl.Pol96-635-2007; da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.5. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Berufungswerber hat am 12. Juli 2007 um 17.00 Uhr im Ortsgebiet von L, am Gehsteig auf Höhe des Hauses F, einem Ort, der für jedermann frei bzw. unter den gleichen Bedingungen zugänglich ist, einen Hund weder an der Leine noch mit Maulkorb geführt. Eine Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde L im Sinne des § 6 Abs. 4 Oö. Hundehaltegesetz 2002 liegt nicht vor.

 

Im gegenständlichen Fall wurde die Anzeige von einem Zeugen erstattet, der in der Niederschrift vor der Polizeiinspektion L am 13. Juli 2007 angab, dass der Bw am Gehsteig ging und der Hund frei – ohne Leine und Maulkorb – auf den Grünanlagen zwischen Gehsteig und den dort befindlichen Häusern herumlief. Diese Anlastung blieb auch vom Bw unbestritten bzw. wurde durch eigene Aussagen vom 30. September 2007 „[...] Ich selbst bin seit rund 25 Jahren Hundehalter und habe meine Hunde immer so erzogen, daß sie mir auch ohne Leine folgen, wie es seit Jahrzigtausenden üblich ist. Ich berufe mich daher auf das Gewohnheitsrecht, das ich von meinen Vorfahren übernommen habe und die selbst in all den Jahrzigtausenden ihre Hunde habe frei mit sich laufen lassen, wie auch ich es seit rund 25 Jahre tue [...]” in Folge sogar bestätigt.

 

Aus der Anzeige der Polizeiinspektion L vom 13. Juli 2007 ergibt sich, dass mit dem Bw und dem Zeugen F B aufgrund gleichgehender Probleme vor der gegenständlichen Tat ein Gespräch geführt wurde und es damals zu keiner Anzeigeerstattung gekommen ist.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3.2. Gemäß 15 Abs. 1 Z 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002, LGBl. Nr. 124/2006,  begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen, wer Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet weder an der Leine noch mit Maulkorb führt.

 

Gemäß der Legaldefinition nach § 1 Abs. 2 Z 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 ist ein öffentlichen Ort ein Ort, der für jedermann frei oder unter den gleichen Bedingungen zugänglich ist.

 

§ 1 Abs. 2 Z 4 leg cit beschreibt als Ortsgebiet die Straßenzüge innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" gemäß § 53 Z. 17a und 17b StVO oder geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern.

 

Auf Grund des unter Punkt 2.5. festgestellten Sachverhalts (Führung eines Hundes an einem öffentlichen Ort im Ortsgebiet weder an der Leine noch mit Maulkorb) ist somit davon auszugehen, dass der Bw den objektiven Tatbestand verwirklicht hat.

 

3.3. Das Oö. Hundehaltegesetz 2002 sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach grundsätzlich zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Der Bw hat in seinen Schreiben ausgeführt, dass er seit 25 Jahren Hundehalter sei und seine Hunde immer so erzogen habe, dass die Hunde dem Bw auch ohne Leine folgen würden; er berief sich dabei auf das „Gewohnheitsrecht” und dass er selbst seit Jahrzehnten seine Hunde frei laufen lasse.

 

Will man dem Bw zu Gute halten, dass er sich durch „Gewohnheitsrecht” gerechtfertigt sah, so ist im konkreten Fall jedoch im Hinblick darauf, dass dieser Vorfall nicht erstmalig war und es schon Gespräche mit der PI L gegeben hat (vgl. die Anzeige der PI L vom 13. Juli 2007) jedenfalls von einem grob fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Das Verschulden des Bw ist somit als gegeben zu erachten.

 

4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonstige nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Angesichts des als zumindest grob fahrlässig zu qualifizierenden Verhaltens des Bw kann der belangten Behörde auch nicht bei dir von ihr festgesetzten Strafhöhe entgegengetreten werden, da nach § 19 VStG auf das Verschulden besonders Bedacht zu nehmen ist.

Im Hinblick darauf scheidet daher die Anwendbarkeit von § 21 VStG aus.

5. Gemäß § 24 VStG iVm § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde jederzeit von Amts wegen Schreibfehler oder diesen gleich zu haltende offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

 

Der Strafausspruch des belangten Bescheides enthält unter "Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:" die Angabe "§ 15. Abs. 1 Z 6 Oö. Hundehaltegesetz 2002". Abgesehen davon, dass bei der als verletzt qualifizierten Rechtsvorschrift die richtige Ziffer des § 15 Abs. 1 – nämlich „Z. 5” – wiedergegeben ist, handelt es sich bei den vom Bw angeführten Mangel offensichtlich um einen Schreibfehler, bei dem der Absatz der Strafbestimmung, der (lediglich) das Strafausmaß umschreibt, verwechselt wurde. § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 bestimmt das Strafausmaß. Im vorliegenden Fall war dem Bw in jedem Stadium des Verfahrens bewusst, dass es um die Führung des Hundes ohne Leine und Maulkorb geht, weshalb die Berichtigung auch in Hinblick auf § 44a VStG zulässig ist (vgl. VwGH vom 27. April 2000, 98/10/0003 oder auch das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats vom 12. Jänner 2007, VwSen-240597/2/Ste/CR).

6. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw weder im Hinblick auf den Schuldspruch noch bezüglich der Straffestsetzung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

7. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von jeweils 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

8. Auf die Möglichkeit der Einbringung eines Antrags auf Bewilligung eines Zahlungsaufschubs oder einer Teilzahlung nach § 54b Abs. 3 VStG bei der Behörde erster Instanz wird hingewiesen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

Rechtssatz:

 

VwSen-300861/5/Fi/Wb/Se vom 15. Jänner 2009

 

§ 62 Abs. 4 AVG

 

Bei einem offensichtlichen Schreibfehler, bei dem der Absatz der Strafbestimmung, der die Strafhöhe bestimmt, falsch bezeichnet wurde, ist eine Berichtigung zulässig.

 

 

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