Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550447/4/Wim/Pe/Ps

Linz, 23.02.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine  5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Werner Reichenberger, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der b GmbH & Co KG, vertreten durch D Rechtsanwälte, B, G, vom 17. Februar 2009 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich betreffend das Vorhaben „Lieferung einer Schulverwaltungs­software inkl. etwaiger notwendiger Anpassung, Inbetriebnahme, Betreuung und Wartung“, zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber L die Fortsetzung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 17. April 2009, untersagt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 17.2.2009 hat die b GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Nichtzulassung zur Teilnahme sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Fortführung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates über die Nichtigerklärung der Nichtzulassung zur Teilnahme in eventu die Zuschlagserteilung zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass das L (im Folgenden: Auftraggeber) ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben habe und beabsichtige eine Schulverwaltungssoftware zu beschaffen. Die Teilnahmefrist wurde bis zum 9.1.2008, 12.00 Uhr, festgesetzt und hat die Antragstellerin am 5.12.2008 einen Teilnahmeantrag gestellt.

 

Mit Fax vom 3.2.2009 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass sie im zweistufigen Verhandlungsverfahren nicht zugelassen werde und wurde auf die quantitativ und auch qualitativ unzureichende Anzahl von vorgelegten Referenzen sowie folglich auf die Nichteignung der Antragstellerin hingewiesen. Diese Entscheidung stelle eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

 

Zum maßgeblichen Sachverhalt führte die Antragstellerin aus, dass sie einen Teilnahmeantrag mit dem Ziel eingebracht habe, zur Angebotslegung eingeladen zu werden. Mit E-Mail vom 23.12.2008 wurde die Antragstellerin vom Auftraggeber um Aufklärung mehrerer Sachverhalte ersucht. Diesem Ersuchen wurde mit Schreiben vom 12.1.2009 fristgerecht nachgekommen.

In weiterer Folge wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 3.2.2009 von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen und begründend angeführt, dass es sich bei den vorgelegten Referenzen „Land Tirol“ und „Landesschulrat Tirol“ lediglich um eine Referenz handle, weshalb lediglich zwei der drei geforderten Referenzinstallationen nachgewiesen worden seien.

Weiters wurde bemängelt, dass die angeführten Referenzinstallationen nicht den Erfordernissen der Teilnahmeunterlagen entsprechen würden, weshalb die technische Leistungsfähigkeit anhand der vorgelegten Unterlagen nicht hätte festgestellt werden können. Daran hätte selbst das Aufklärungsschreiben vom 12.1.2009  mangels nachvollziehbarer Begründung nichts ändern können.

Mit Schreiben vom 10.2.2009 legte die Antragstellerin ihre Standpunkte nochmals dem Auftraggeber dar, woraufhin dieser mit Schreiben vom 12.2.2009 mitteilte, auf seiner Entscheidung, die Antragstellerin zum Vergabeverfahren nicht zuzulassen, beharre.

Weites führte die Antragstellerin aus, dass sie ein eminentes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss habe und sie Marktführer für Schulverwaltungs­software in Österreich sei. Überdies verfüge sie über jahrelange Erfahrung betreffend Umsetzung und laufender Betrieb von Schulverwaltungsprogrammen, weshalb die Antragstellerin technisch in der Lage und geeignet sei, zur Angebotsabgabe eingeladen zu werden.

 

Zum drohenden Schaden führte die Antragstellerin aus, dass es durch die Nichtzulassung zur Teilnahme schon insofern zu einer schwerwiegenden Schädigung ihrer Reputation komme, da sich die Antragstellerin in nächster Zeit an weiteren vergleichbaren Vergabeverfahren beteiligen wolle bzw. beteiligt habe. Weiters sei der Antragstellerin durch die Nichtzulassung zur Teilnahme die Gelegenheit genommen worden, mit dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erhalten. Nach interner Schätzung entstehe durch den Entgang des Auftrages jedenfalls ein Schaden von 75.000 Euro.

 

Die Antragstellerin erachte sich im subjektiven Recht auf Zulassung zur Angebotsabgabe, einer den vergaberechtlichen Bestimmungen entsprechenden Prüfung und Bewertung ihres Teilnahmeantrages sowie im Recht auf Einhaltung des Grundsatzes eines den freien, fairen, lauteren Wettbewerb fördernden und transparenten Vergabeverfahrens und der Gleichbehandlung aller Bieter verletzt.

 

Zur Behauptung der Rechtswidrigkeit wurde begründend ausgeführt, dass die Ausschreibungsbedingungen hinsichtlich der Referenzen so gestaltet worden seien, dass es den Bewerbern erheblich erschwert sei bzw. unmöglich gemacht werde, ihre technische Eignung durch Referenzen unter Beweis zu stellen und komme durch die Gestaltung der gegenständlichen Ausschreibung der Leistungsfähigkeit keine Bedeutung zu. Da sich die Antragstellerin gegen eine Anfechtung der Ausschreibungsunterlage entschieden habe, sei diese bestandsfest geworden. Die Antragstellerin habe drei Referenzen aus dem nicht landwirtschaftlichen Schulbereich vorgelegt und sei ihr nunmehr mit der Entscheidung des Auftraggebers zu Unrecht die technische Eignung abgesprochen worden.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich als Auftraggeber am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde nicht abgegeben.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Das Land Oberösterreich ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 8 Abs.2 leg.cit. hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu enthalten:

1.  die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers sowie der Auftraggeberin;

2.  eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der im § 3 Abs.1 genannten Voraussetzungen;

3.  die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit;

4.  die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen;

5.  die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6.  die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte E, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein „besonderes“ öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung des Vergabeverfahrens ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Werner Reichenberger

 

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