Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522167/14/Br/RSt

Linz, 02.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau Herrn A P V, geb.    ,  L, vertreten durch K & Partner Rechtsanwälte KEG, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22.12.2008, AZ: FE-1520/2008, nach der am 2.2.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Abs.1 Z1, § 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z1, Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008 Führerscheingesetz – FSG; § 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten und dem Berufungswerber  vor der Behörde erster Instanz mündlich verkündeten Bescheid, wurde ihm die mit dem Mandatsbescheid vom 16.12.2008 ausgesprochene Entzugsdauer von 8 (acht) Monaten bestätigt. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gestützt wurde diese Entscheidung auf die §§ 7, 24, 25, 29, 30 u. 32 FSG sowie § 64 Abs.2 AVG.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Gem. § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

Gem. § 32 Abs. 1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne von § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken unter Anwendung der §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 1, 26 und 29 Abs. 1 bis 3 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten oder nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden oder nur für eine bestimmte Zeit oder zur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

 

·      beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs. 6 lit. c StVO 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist;

·      ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz -SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde gem. § 24 Abs. 3 FSG begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.  wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 2 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei

Jahren oder

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960

Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15."

 

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist."

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Nach der Unfallanzeige vom 20.1.2008 lenkten Sie am 3.11.2008, um 19:28 Uhr, das KFZ Kzn.:  in Linz, auf der Bürgerstraße 10, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand.

 

Dort kollidierten sie mit einem vorschriftsmäßig abgestellten PKW, wodurch beide Fahrzeuge beschädigt worden sind.

 

Danach setzten sie die Fahrt fort, ohne unverzüglich die nächste Polizeiinspektion zu verständigen und haben somit auch nicht die sonstigen Melde- und Verständigungspflichten nach § 4 StVO eingehalten.

 

In weiterer Folge wurden sie von Polizeibeamten des Stadtpolizeikommandos Linz ausgeforscht und bei der Sachverhaltsaufnahme die folgenden Alkoholisierungssymptome bei ihnen festgestellt: Leichter Geruch der Atemluft nach Alkohol und eine leichte Rötung der Bindehäute.

 

Die daraufhin durchgeführte Untersuchung der Atemluft mittels eines Atemluftalkoholmessgerätes hat einen Wert von 0,13 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergeben.

 

Eine Rückrechnung auf den Unfallzeitpunkt mittels medizinischen Sachverständigengutachtens durch den Amtsarzt hat letztendlich einen Alkoholisierungsgrad von 0,903 mg/l ergeben.

 

Bei der Wertung der Tatsachen musste berücksichtigt werden, dass Sie in einen Unfall mit Sachschaden verursacht haben und die o. a. Übertretungen nach § 4 StVO begangen haben.

 

Gegen den o. a. Mandatsbescheid haben Sie fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht, mit der Begründung, dass Sie seit 17.2.1984 den Führerschein der Gruppe B besitzen, gern mit dem Auto fahren, während dieser Zeit keine Probleme gehabt und sich nichts zu Schulden haben kommen lassen.

Es wurde „um eine zweite Chance" gebeten, darum, den Mandatsbescheid „als Mahnung" zu sehen und „beide Augen zuzudrücken".

Weiters haben sie diverse familiäre, persönliche und wirtschaftliche Gründe angeführt, weshalb sie auf die Lenkberechtigung angewiesen sind.

 

Aufgrund der eingebrachten Vorstellung war das ordentliche Ermittlungsverfahren einzuleiten. Von einer Aufnahme weiterer Beweismittel konnte Abstand genommen werden, da sie den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht bestritten haben.

 

Zu ihren Vorstellungsangaben hat die Behörde wie folgt erwogen:

 

Der Umstand, dass Sie bislang nie alkoholisiert gefahren sind, wurde bereits bei der Erlassung des Mandatsbescheides berücksichtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema. Dass Sie nach ihren Angaben aus familiären, persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Gründen auf den privaten PKW angewiesen sind mag subjektiv gesehen eine Reduktion der Entzugsdauer notwendig erscheinen lassen, bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich aber um keine Strafe sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgütern vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Nach dem angeführten Sachverhalt haben Sie eine bestimmte, die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache gesetzt. Sie haben verwerflich gehandelt und die Verkehrssicherheit in Gefahr gebracht. Aufgrund der von Ihnen durch Ihr Handeln

 

zum Ausdruck gebrachten mangelhaften charakterlichen Einstellung anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber ist unter Berücksichtigung der Verwerflichkeit der Tat und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, davon auszugehen, dass Sie die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der festgesetzten (Mindest)-Zeit wieder erlangen werden.

Da die Tat als Verwaltungsübertretung gem. § 99 Abs. 1 StVO  §99 Abs. 1a StVO

zu qualifizieren ist, war gesetzlich verpflichtend eine Nachschulung zusätzlich das amtsärztliche Gutachten inklusive verkehrspsychologischer Stellungnahme anzuordnen.

 

Aus Gründen der öffentlichen Verkehrssicherheit war wegen Gefahr im Verzug einer Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen."

 

 

 

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit der durch ihre Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung folgenden Inhaltes:

" I.

In umseits bezeichneter Verwaltungssache habe ich die K & Partner Rechtsanwälte KEG, Dr. C S, Mag. A P, Mag. D P, S , 4.. L, mit meiner Vertretung beauftragt und ersuche höflich, das Vertretungsverhältnis zur Kenntnis zu nehmen.

Meine ausgewiesenen Vertreter mögen von sämtlichen verfahrensrelevanten Vorgängen verständigt werden.

 

II.

In einem erhebe ich durch meine Rechtsvertreter gegen den da. Bescheid vom 22.12.2008, A2: FE-1520/2008, innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

f

 

Berufung:

 

Der erstinstanzliche Bescheid wird vollinhaltlich angefochten und das Rechtsmittel im Einzelnen begründet wie folgt:

 

Die erstinstanzliche Behörde geht davon aus, ich hätte am 03.11.2008, um 19:28 Uhr, das Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen  FW in Linz, auf der Bürgerstraße 10, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt.

 

Dort hätte ich mit einem vorschriftsmäßig abgestellten Pkw kollidiert, wodurch beide Fahrzeuge beschädigt worden sind.

 

Soweit für gegenständliches Verfahren relevant geht die erstinstanzliche Behörde weiters davon aus, dass bei der Sachverhaltsaufnahme (am 04.11.2008, ca. 07:00 Uhr) von Polizeibeamten folgende Alkoholisierungssymptome festgestellt wurden: Leichter Geruch der Atemluft nach Alkohol und eine leichte Rötung der Bindehäute.

 

Die daraufhin durchgeführte Untersuchung der Atemluft mittels eines Atemluftalkoholmessgerätes (am 04.11.2008 um 07:11 Uhr) habe einen Wert von 0,13 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergeben.

 

Eine Rückrechnung auf den Unfallzeitpunkt mittels medizinischen Sachverständigengutachtens durch den Amtsarzt habe letztendlich einen Alkoholisierungsgrad von 0,903 mg/1 ergeben.

 

Die Rückrechnung auf den Unfallzeitpunkt durch den Amtsarzt erfolgte unrichtig und gegen die ausdrückliche Vorgabe der erstinstanzlichen Behörde!

 

Der Amtsarzt lässt in seiner Berechnung vom 11.12.2008 unberücksichtigt, dass ich in der Nacht vom 03./04.11.2008 zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr drei Gläser Prosecco konsumiert habe.

 

Ich habe in der NS vom 06.11.2008 angegeben, dass ich in der Nacht vom 03./04.11.2008 zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr drei Gläser Prosecco konsumiert habe.

 

Im Protokoll zur Atemalkoholuntersuchung vom 06.11.2008 ist vermerkt, dass ich in der Nacht vom 03./04.11.2008 zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr drei Gläser Prosecco konsumierte.

 

Mit Note vom 08.11.2008 hat die erstinstanzliche Behörde den Verkehrsunfallakt an den Amtsarzt mit dem Ersuchen übermittelt, ein medizinisches Sachverständigengutachten zu dem folgenden Thema zu erstellen:

„Grad der Alkoholbeeinträchtigung der Beschuldigten A P V zur Tatzeit, unter Berücksichtigung des verstrichenen Zeitraumes sowie des behaupteten Nachtrunkes!"

 

Der Amtsarzt hat - entgegen der ausdrücklichen Vorgabe der erstinstanzlichen Behörde - die Konsultation von drei Gläsern Prosecco in der Nacht 03./04.11.2008 zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr nicht berücksichtigt und bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass das Gutachten zufolge Nichtberücksichtigung des Konsums der drei Gläser Prosecco in der Nacht 03704.11.2008 zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr schlicht und einfach falsch ist.

 

Ich stelle daher den

 

Antrag

 

auf Einholung eines neuen medizinischen Sachverständigengutachtens im Sinne des da. Auftrages vom 08.11.2008.

 

Zur Gutachtenerstellung mögen folgende Parameter herangezogen werden:

Ø      Tatzeit (-Unfallzeitpunkt) 03.11.2008, 19:28 Uhr

Ø      Konsumation von drei Gläsern Prosecco (der in Gaststätten üblicherweise verabreichte Prosecco hat einen Alkoholgehalt zwischen 11 % und 11,5 % und wird in Gläsern mit einem Fassungsvolumen von üblicherweise 0,100 1 bis 0,125 1 verabreicht)

Ø      Atemalkoholuntersuchung durch Alkomat am 04.11.2008, um 07:11 Uhr wobei ein Messergebnis von 0,13 mg/l erzielt wurde

Ø      Körpergröße: 167 cm, Körpergewicht: 55 kg

 

Nach Vorliegen des neuen medizinischen Sachverständigengutachtens, das nach den Vorgaben der erstinstanzlichen Behörde zu erstellen ist!, behalte ich mir weiteres Vorbringen ausdrücklich vor.

 

Aus all diesen Gründen beantrage ich daher

1. die Einholung eines medizinisches Sachverständigengutachtens zum Thema: Grad der Alkoholbeeinträchtigung zur Tatzeit unter Berücksichtigung des verstrichenen Zeitraums sowie der Konsumation von drei Gläsern Prosecco in der Nacht vom 03 ./04.11.2008 zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr;

2. die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in deren Zuge ich als Berufungswerberin einzuvernehmen bin; die Namhaftmachung allfälliger weiterer Zeugen wird ausdrücklich vorbehalten;

3. die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit.

 

Linz, am 05.01.2009 Dr. Sp/CJ                                                          A P V."

 

 

2.2. Mit diesen Ausführungen ist die Berufungswerberin  im Recht!

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 8.1.2008 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier angesichts bestrittener Tatsachen und der diesbezüglich die im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens noch nicht geklärte Hauptfrage der Alkoholisierung im Rahmen dieses Verfahrens als Vorfrage zu beurteilen (§ 67d Abs.4 AVG).

Beweis erhoben wurde durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage, sowie die ergänzend beigeschafften bzw. vorgelegten Gutachten. Ebenfalls wurde Beweis erhoben durch Einvernahme der Gruppeninspektoren H und T. Die Berufungswerberin wurde als Verfahrenspartei gehört. Auf die Anhörung des ehem. Lebensgefährten der Bw wurde letztlich verzichtet.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz  nahm an der Berufungsverhandlung ohne Angabe von Gründen nicht teil.

 

3.1. Zur Klärung der Vorfrage:

Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist nach § 38 AVG die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden sind, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zu Grunde zu legen.

Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde – hier des bei der Bundespolizeidirektion Linz unter der GZ: S-46373/08 anhängigen und mit Ladungsbescheid für 26.1.2009 gegen die Berufungswerberin anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens.

Da hier das Verwaltungsstrafverfahren ursprünglich noch nicht abgeschlossen ist, ist angesichts der Wahrung von Entscheidungsfrist die Vorfrage  im Rahmen dieses Administrativverfahrens zu beurteilen.

 

 

4. Mit dem Fahrzeug der Berufungswerberin kam es am 3.11.2008 um 19:28 Uhr zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden. Dieser Unfall wurde von A Z beim Verkehrsunfallkommando der Bundespolizeidirektion Linz um 21:30 Uhr angezeigt, weil sein in der Bürgerstraße geparkt gewesener Pkw vom  Fahrzeug der Berufungswerberin beschädigt worden sei. Er habe diesbezüglich einen Zettel an der Windschutzscheibe vorgefunden wo das Kennzeichen des KFZ der Berufungswerberin notiert gewesen sei.

Die Erhebungsbeamten GInsp. H und T begaben sich folglich am 4.11.2008 um 07:00 Uhr zur Wohnung der Berufungswerberin. Sie habe auf deren Befragung bestätigt ihr Fahrzeug zur fraglichen Zeit gelenkt und einen Verkehrsunfall verursacht zu haben. Ebenfalls räumte sie bei dieser Befragung ein vor dieser Fahrt auch Alkohol konsumiert gehabt zu haben. Auch stellten die einschreitenden Beamten bei der Berufungswerberin Alkoholisierungssymptome fest. Sie wurde aus diesem Grund zum Alkotest aufgefordert. Dieser erbrachte ein Ergebnis von 0,13 mg/l.

Im Zuge der Durchführung der Atemluftuntersuchung ergibt sich aus dem (vermutlich irrtümlich) 6.12.2008 datierten [richtig wohl: 6.11.2008] Messprotokoll idZ von 14:00 bis 18:00 Uhr ein Alkoholkonsum von einer halben Flasche (0,7 Liter) Prosecco und folglich zwischen 21:30 Uhr und 01:30 Uhr ein sogenannter Nachtrunk von weiteren drei Gläsern Prosecco.

Anlässlich ihrer Niederschrift am 6.11.2008 verantwortete sie sich die Berufungswerberin die Lenkereigenschaft betreffend gegensätzlich. Nicht sie, sondern eine Freundin, die sie jedoch nicht benennen wolle, hätte ihr Fahrzeug gelenkt. Sie habe mir vier Freundinnen einen Stadtbummel unternommen, wobei sie beim Unfall rechts hinten im Fahrzeug gesessen wäre und von einer Beschädigung nichts mitbekommen hätte. Nach dem Unfall habe sie ihr Fahrzeug jedoch zum Grundbachweg zurück gefahren (gelenkt), wo sie die Freundin (gemeint wohl vorherige Lenkerin) aussteigen ließ und anschließend sei sie wieder zu ihrer Wohnung in die Z zurückgefahren und habe dort den Pkw abgestellt.  

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wird die Lenkeigenschaft im Zuge dieser Unfallfahrt von der Berufungswerberin zugestanden. Sie beteuert jedoch wegen des Lärms im Fahrzeug, einerseits der Mitfahrerinnen und des lautstarken Radios die Streifung eines abgestellten Fahrzeuges Unfall nicht bemerkt zu haben. Dies ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu beurteilen, sondern bleibt Gegenstand des bei der Behörde erster Instanz offenkundig schon anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens.  Die Berufungswerberin war mit ihren Freundinnen nach dem Vorfall bis ca. 21.30 Uhr in der Stadt unterwegs. Sie begab sich dann nach Hause. In weiterer Folge begab sie sich mit ihren damaligen Lebensgefährten J S in ein Lokal in der Landwidstraße. Dort konsumierte sie im angegebenen Zeitraum noch drei Gläser Prosecco.

Diese Darstellung ist lebensnah und insbesondere gibt es keinen sachlichen Anhaltspunkt eines anderen Verlaufes.

 

 

4.1. Unstrittig ist das im Zuge der fast zwölf Stunden nach der Unfallfahrt festgestellte Messergebnis an der Atemluft der Berufungswerber mit 0,13 mg/l AAK. Als nicht unglaubwürdig erweist sich diesbezüglich im Gegensatz zur Annahme der Behörde erster Instanz, die Nachtrunkbehauptung der Berufungswerberin, welche offenbar doch bereits im Zuge der Atemluftuntersuchung gemacht worden sein dürfte. Wie sonst könnte diese Angabe in das "Protokoll zur Atemluftuntersuchung" gelangt sein. Wenn der den Atemlufttest durchführende Beamte GI T in seinem Aktenvermerk die Erstangaben der Berufungswerber ohne den Hinweis des Nachtrunks festhielt, er sich dabei andererseits an unmittelbar im Zuge der Amtshandlung erstellten aber gegenwärtig nicht mehr vorhandenen Handaufzeichnungen  berief, spricht das Protokoll der Atemluftuntersuchung eine klare Sprache für den von der Berufungswerberin gemachten Nachtrunkangaben. Das dieses Protokoll vermutlich erst zwei Tage später erstellt, jedoch mit 6.12.2008 versehen wurde, führt logisch zum Ergebnis, dass die darin detaillierten Angaben über die aufgenommene Nahrung und die Menge des Konsums von Alkoholika nur von der Berufungswerberin selbst stammen konnten.

Das hier mehrere Beamte mit der Amtshandlung befasst wurden und wiederum ein offenbar weniger mit dieser Amtshandlung befasster Beamter erst Tage später die Schreibarbeit gemacht haben dürfte, führte letztlich zu kleineren Widersprüchen in der Sachdarstellung. Zusammenfassend kann jedoch festgestellt gelten, dass es nicht lebensfern ist, wenn die Berufungswerberin angibt mit Ihrem Freund (Herrn S) den Abend nach dem angeblich unentdeckt gebliebenen Unfall mit Sachschaden verbracht und dabei auch noch Alkohol konsumiert zu haben. Aus der Sicht der Berufungsbehörde gibt es keinen sachlichen Grund der Verantwortung der Berufungswerberin nicht zu folgen. Immerhin machte sie den Hinweis auf einen weiteren Alkoholkonsum in der Nacht vom 3. auf 4.11.2008 offenbar doch bereits im Zuge des Alkotest und nicht erst anlässlich ihrer Niederschrift am 6.11.2008. Wenn auch die vom Zeugen T bestätigten Angaben nicht unverzüglich schon nach dem  Öffnen der Wohnungstür gemacht wurden, wo die Berufungswerberin noch im Schlafgewand erschienen war und sich erst anziehen musste, schadet dies ihrer Glaubwürdigkeit nicht. Immerhin wurde der Atemlufttest bereits zehn Minuten später gemacht und dabei machte sie offenbar die dem h. Verfahren zu Grunde gelegten Konsumangaben und darauf basiert letztlich die Beweislage auf die hier zu beurteilende Tatsache nach dem Führerscheingesetz. 

 

 

4.1.1. Ein im Wege des für die Behörde erster Instanz tätigen Amtsarzt in Auftrag gegebene Rückrechnung führte zusammenfassend zum Ergebnis, dass auf Grund des langen Zurückliegens des behaupteten Nachtrunks eine Rückrechnung nicht mehr zulässig sei, weil diese Menge bereits abgebaut gewesen sein müsste, wobei der Amtsarzt auf einen auf einem Atemluftalkoholwert rückgerechneten Ausgangswert von 0,903 mg/l gelangt.

Auf diese an sich glaubwürdigen Angaben stützt sich letztlich das im Zuge der Berufungsverhandlung von der Berufungswerberin vorgelegten Gutachten des Gerichtsmediziners Prof. Dr. H mit dem Ergebnis einer Rückrechung der Blutalkoholkonzentration zum Unfallszeitpunkt mit 0,40 %0.

Die darin getätigten Annahmen basieren auf die bei der Berufungsverhandlung als nicht unwahrscheinlich geltenden Parameter über das Trinkgeschehen. Der Gutachter gelangt rückgerechnet vom Endergebnis nach fast zwölf Stunden zu einem Wert von 1,43 %0, wobei er davon die – nach h. Beurteilung glaubhaft erscheinende – Nachtrunkmenge von 1,03 %0 in Abzug brachte. Dabei wurden sowohl die physischen Parameter der Berufungswerberin als auch die Alkoholkonzentration des Getränks berücksichtigt.

Mit Blick darauf lässt sich nur eine Alkoholkonzentration bei der Berufungswerberin im Ausmaß von 0,4 %0 nachweisen. Umgekehrt lässt sich demnach die der Berufungswerberin als Grundlage einer "bestimmten Tatsache" herangezogene Unfallfahrt nicht beweisen, bzw. kann diese Fahrt nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand erwiesen gelten.

An den fachlichen Schlussfolgerungen des Gerichtsmediziners werden von der Berufungsbehörde keine Zweifel gehegt.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.........

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

…… ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, ….;

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend (§ 7 Abs.4 FSG).

Mangels Nachweis der Alkofahrt liegt keine den hier ausgesprochenen Entzug der Lenkberechtigung und die damit einhergehenden begleitenden Maßnahmen zu stützende "bestimmte Tatsache" vor.

Der Bescheid war demnach ersatzlos zu beheben.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

Beschlagwortung:

Beurteilung der Vorfrage im Administrativverfahren

 

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