Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251779/21/Lg/Ba

Linz, 04.02.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 7. Oktober 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Z G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J H, Mag. C K, Mag. S P, P, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Perg vom  18. März 2008, Zl. Sich96-210-2006/KG/CW, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäfti­gungs­gesetzes 1975 (AuslBG)  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil er am 13.5.2006 in seiner Gaststätte "L O" in L, H, die kroatische Staatsangehörige B B beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Zollamtes L, die Aufforderung zur Rechtfertigung, die Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 21.8.2006, die zeugenschaftliche Aussage der M G sowie auf weitere Stellungnahmen des Zollamtes L und des Berufungswerbers.

 

Verwiesen wird auf die Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG in Verbindung mit dem Umstand, dass die Ausländerin in der Küche des Gastlokales angetroffen worden sei. Die Glaubhaftmachung der Nichtbeschäftigung sei dem Berufungswerber nicht gelungen. Seine Äußerungen seien "in manchen Bereichen nicht nachvollziehbar". Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, warum der Berufungswerber eine Beschäftigungsbewilligung für die Ausländerin beantragt und in der Folge argumentiert habe, dass kein Bedarf für eine zusätzliche Aushilfskraft bestünde. Weiters sei nicht nachvollziehbar, dass es sich bei der Angabe der Ausländerin im Personenblatt, sie erhalte 200 Euro, um einen Irrtum handeln soll. Selbst wenn man den Angaben des Berufungswerbers folge, wonach die Ausländerin diese 200 Euro bereits vor der Einreise in das Bundesgebiet in Kroatien behoben haben soll, stelle sich die Frage, warum sie vier Tage später immer noch über diese 200 Euro verfügt habe. Durch die vorgelegten bildlichen Aufnahmen sei auch schlüssig dokumentiert, dass die Ausländerin ihre Tätigkeit des Geschirrwaschens für die Öffnung der Türe kurz unterbrochen habe.

 

Im Zusammenhang mit der Strafbemessung wird von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Mildernde und erschwerende Umstände lägen nicht vor.

 

2. In der Berufung wird gerügt, die Ausländerin sei ohne Beiziehung eines entsprechenden Dolmetschers einvernommen worden. Es sei auch die Zeugin M G nicht als Übersetzerin zugelassen worden. Diese Zeugin habe in ihrer Einvernahme darauf hingewiesen, dass seitens der Beamten nicht nach einem Lohn gefragt worden sei, sondern nach Barmitteln der Ausländerin. Auch hätte die Zeugin darauf verwiesen, dass dieser Geldbetrag von 200 Euro von der Ausländerin bereits in ihrem Heimatland abgehoben worden sei. Im Personenblatt sei "konkret der Lohnbezug nicht angekreuzt".

 

Bei Beiziehung eines Dolmetschers anlässlich der Einvernahme der Ausländerin wäre hervorgekommen, dass diese lediglich aufgrund eines verwandtschaftlichen Verhältnisses beim Berufungswerber aufhältig gewesen sei und sie sich in der Küche befunden habe, um sich ihr Essen zu nehmen. Dies, zumal der Gewerbebetrieb im Wohngebäude integriert sei und es insgesamt nur eine Küche gebe, welche eben auch für private Zwecke verwendet werde.

 

Aufgrund des örtlichen Zusammenhangs von Wohnung und Gaststätte erscheine es plausibel, dass die Ausländerin als Besucherin zwischen dem Betrieb und der Wohnung des Berufungswerbers "pendelt", insbesondere wenn sich der Berufungswerber und dessen Gattin, zu der ein verwandtschaftliches Verhältnis vorliege, in der Gaststätte aufhalten (Hinweis auf VwGH 2004/09/0217).

 

Der beantragte Ortsaugenschein zum Beweis dafür, dass nur eine Küche vorhanden sei, sei nicht durchgeführt worden.

 

Der Umstand einer Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung beweise nicht, dass es sich bei der angeblich festgestellten Tätigkeit der Ausländerin um eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG handelt.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis sei die Zeugenaussage der Zeugin G hinsichtlich des Antrags auf Beschäftigungsbewilligung nicht berücksichtigt worden.

 

Die Schlussfolgerung des angefochtenen Straferkenntnisses, wonach die Ausländerin nach vier Tagen Aufenthalt noch immer über den gleichen Geldbetrag wie bei ihrer Einreise verfügt habe, auf eine Beschäftigung sei nicht nachvollziehbar.

 

Die genannten Beweisfotos seien dem Berufungswerber nicht vorgelegen, weshalb sie der Beweiswürdigung nicht zugrunde gelegt werden hätten dürfen.

 

Die Bestimmung des § 28 Abs.7 AuslBG mache eine Auseinandersetzung mit Beweisergebnissen nicht überflüssig, die grundsätzlich geeignet wäre, die in dieser Bestimmung normierte gesetzliche Vermutung zu widerlegen (Hinweis auf VwGH 2004/09/0210).

 

Bei richtiger Gesamtwürdigung aller Umstände unter dem Blickwinkel des wahren wirtschaftlichen Gehalts (Hinweis auf VwGH 2002/09/0161) hätte die Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass, wenn überhaupt, ein kurzfristiger, freiwilliger und unentgeltlicher, aufgrund der bestehenden "spezifischen Bindung" zwischen der M G und der Ausländerin, ein Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst vorgelegen sei. Im Rahmen eines verwandtschaftlichen Besuches sei es üblich, freie Kost und Logis zu gewähren.

 

Beantragt wird die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Anwendung des § 20 VStG. Letzteres im Hinblick auf die Kürze der Beschäftigungsdauer sowie auf die Unbescholtenheit des Berufungswerbers "betreffend das AuslBG" (Hinweis auf VwGH 98/09/0280).

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Strafantrag des Zollamtes Linz vom 1.6.2006 sei bei einer Kontrolle am 30.5.2006 die gegenständliche Ausländerin um ca. 13.30 Uhr beim Abwaschen von Suppentassen in der Küche betreten worden. Sie habe angegeben, bereits seit 27.5.2006 in der o.a. Lokalität zu sein. Weiters habe sie angegeben, Essen, Trinken und die Unterkunft als Entlohnung zu bekommen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei kein Küchenpersonal angetroffen worden, sondern lediglich der Berufungswerber und dessen Gattin anwesend gewesen. Es hätten sich 21 Gäste im Lokal befunden.

 

Laut Niederschrift mit G M vom 30.5.2006 vor Beamten des Zollamtes Linz gab diese an:

 

F.: Wie sind Sie zu Fr. B gekommen?

A: Sie ist eine Verwandte von mir. Von mir mutterseits; ich kann es nicht genau sagen.

F: Was macht Fr. B in der Küche des Gasthauses?

A: Sie wollte hier essen.

F: Wohnt Fr. B gratis hier bei Ihnen?

A: Ja.

F: Wann ist Fr. B zu Ihnen gekommen?

A: Sie ist vor 4 Tagen am 27.05.2006 gekommen. Sie war vorher in L bei einer Freundin (D ...[unleserlich] in H).

F: Warum haben Sie dann beim AMS um eine Beschäftigungsbewilligung angesucht?

A: Weil ich wollte, dass sie bei mir arbeitet.

F: Sind Ihnen die Bestimmungen des AuslBG bekannt?

A: Ja, sicher.

F: Kann Fr. B hier gratis essen und trinken?

A: Ja

F: Wieviele Gäste waren zum Zeitpunkt der Kontrolle im Lokal?

A: 14 Gäste vom Bus und 8 einheimische Gäste.

F: Wo waren Sie zum Zeitpunkt der Kontrolle?

A: Ich und mein Gatte waren hinter der Schank.

 

Dem Strafantrag liegt das von der Ausländerin ausgefüllte, sprachlich geeignete (serbokroatisch) Personenblatt bei. Darin gab die Ausländerin an, seit 27.05.2006 beschäftigt zu sein. In der Rubrik Lohn ist angegeben: €: 200. Die Rubriken Essen/Trinken und Wohnung sind angekreuzt. Eine Eintragung bezüglich täglicher Arbeitszeit fehlt. Unter "Mein Chef hier heißt" ist angegeben: Z G.

 

Unter "Amtliche Vermerke" ist festgehalten: 21 Personen – 17 Kaffee – Extraraum, 8 Personen Speisen – Gästezimmer. Beobachtete Tätigkeit: Beim Suppentassen 4 Stück abwaschen in der Küche betreten.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung (mit Angabe des Tattags am 30.5.2006) äußerte sich der Berufungswerber, anwaltlich vertreten, im Schreiben vom 18.8.2006 im Wesentlichen wie in der Berufung. Die Ausländerin habe sich zwecks Zubereitung ihrer Mittagsmahlzeit in der Küche aufgehalten. Im Rahmen dieser Zubereitung habe sie auch die von ihr verwendeten Kochutensilien abgewaschen. Sie habe für ihren Eigenbedarf eine Mahlzeit zubereitet und die von ihr verwendeten Teller abgewaschen.

 

Da die Ausländerin den Kontrollorganen die Türe des Lieferanteneingangs geöffnet habe, könne es nicht zutreffen, dass sie beim Abwaschen von Suppentellern betreten worden sei. Durch die geschlossene Türe sei eine entsprechende Einsicht in die Küche nicht möglich. Entsprechende Beweisfotos lägen nicht vor.

 

Die Ausländerin habe ein T-Shirt und Jeans getragen. Wäre sie tatsächlich als Aushilfskraft angestellt, so hätte sie üblicherweise entsprechende Berufskleidung (Schürze, Plastikhandschuhe udgl.) zu tragen. Außerdem habe sie manikürte Fingernägel, was ebenfalls das Tragen von Gummihandschuhen nahelegen würde.

 

Bei der Einvernahme der Ausländerin vor der Polizeiinspektion M sei die Gattin des Berufungswerbers beauftragt worden, den Firmenstempel auf dem Formular an vorgezeigter Stelle zu placieren. Dieses Formular sei sodann vor der Polizeiinspektion M in Anwesenheit der Ausländerin vervollständigt worden, welche lediglich über mangelnde Deutschkenntnisse verfüge. Ein Dolmetscher sei nicht beigezogen worden. Die Gattin des Beschuldigten sei als Dolmetscher nicht zugelassen worden. Aufgrund der stressbedingten Situation und unverständlicher Anweisungen seitens der Beamten sei die Ausländerin nicht in der Lage gewesen, abzuschätzen, was von ihr verlangt wird.

 

Die Fragestellung bezüglich der 200 Euro sei "sehr allgemein gehalten (gewesen) und bezog sich nicht auf den Erhalt eines Lohnes". Die Ausländerin habe in der Folge angegeben, über 200 Euro zu verfügen. Diese Aussage habe sich nicht auf einen allfälligen Lohn bezogen. Es sei in der Niederschrift die Rubrik "Lohn" nicht ausgefüllt, insbesondere angekreuzt.

 

Der personelle Bedarf der Gaststätte würde durch den Beschuldigten, seine Gattin und eine weitere Angestellte, welche für 40 Stunden beschäftigt sei, abgedeckt. Sei ausnahmsweise weiteres Personal notwendig, so stehe legal Aushilfspersonal zur Verfügung, auf welches jederzeit zurückgegriffen werden könne. Zum inkriminierten Tatzeitpunkt (Dienstag, 30.5.2006) hätten sich lediglich der Berufungswerber sowie seine Gattin in der Gaststätte befunden, zumal dienstags die Gaststätte nur von wenigen Gästen frequentiert werde.

 

In der Stellungnahme vom 30.11.2006 äußerte sich das Zollamt L dahingehend, für die Ausländerin sei durch den Berufungswerber beim AMS P eine Beschäftigungsbewilligung beantragt worden. Dieser Antrag sei jedoch abgewiesen worden.

 

Weiters befinden sich im Akt Fotos, auf welchen die Ausländerin, eine mit schäumendem Wasser, Schwamm und Putztuch versehene Spüle, daneben 4 Suppentassen mit weiteren 2 Schwämmen, Drahtwaschl und Putzmittel sowie ein Herd mit mehreren Töpfen und weiteren Küchenutensilien zu sehen sind.

 

Am 24.1.2007 gab die Gattin des Berufungswerbers vor der Behörde zeugenschaftlich an:

"Es ist keinesfalls so wie in der Anzeige geschildert, dass meine Cousine B B in unserem Betrieb des Gasthauses zur irgendwelcher Zeit beschäftigt war. Sie ist nach einem Aufenthalt in L zu uns auf Besuch bekommen. Sie hat zu keiner Zeit für unseren Betrieb irgendwelche Tätigkeiten geleistet. Es stimmt zwar, dass sie in der Küche anwesend war, aber dies nur deshalb, weil sie dort ihre Mittagsspeise einnahm und in der Folge ihr selbst benutztes Geschirr abwusch. Sie konnte auch nicht direkt beim Tellerabwasch betreten werden, weil sie ja den Kontrollorganen zum Zeitpunkt des Eintritts und der ersten Wahrnehmung die Türe öffnete. Es konnte von den Kontrollorganen lediglich wahrgenommen werden, dass im Waschbecken Wasser war und daneben 4 Suppentassen. Dazu führe ich aus, dass dieses Wasser längere Zeit im Abwaschbecken bleibt, zumindest solange, bis mein Mann nach dem Mittagsdienst das gänzlich anfallende Geschirr abgewaschen hat. Die 4 Suppentassen wurden demnach schon einige Zeit zuvor von ihm abgewaschen. Es ist auch nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass wir aufgrund eines Personalnotstandes meine Cousine beschäftigen wollten. Wir möchten zwar gerne eine Person aufnehmen, diese müsste aber als Kellnerin tätig sein und natürlich Deutsch können. Diese Sprachkenntnisse besitzt meine Cousine nicht. Warum wir für sie vorerst beabsichtigten, eine Beschäftigungsbewilligung zu bekommen, grenzt ausschließlich an ein Versprechen ihrer Mutter gegenüber. Meine Cousine hat bei ihr zu Hause persönliche Probleme mit dem Bruder. Aus dieser Situation wollte sie wegkommen. Nur aus diesem Grund hätte ich versucht, ihr durch eine Arbeit bei uns als Schankhilfe ein Wegkommen zu ermöglich. Da dies jedoch seitens des AMS abgelehnt wurde, war klar, dass ich ihr nicht helfen konnte und sie eben wieder zurückreisen musste. Eine betriebliche Notwendigkeit für eine Anstellung von ihr gab es nicht. Ich wollte ihr nur helfen. Hinsichtlich der festgehaltenen € 200,-- am Personenblatt führe ich aus, dass dies meiner Cousine missverständlich vorgetragen wurde. Sie wurde konkret befragt, in welcher Höhe sie an Barmittel verfüge. Sie sagte, dass sie 200,-- Euro habe. Sie wurde auch befragt, von wo sie diesen Bargeldbetrag habe und gab zur Antwort, dass sie dieses Geld bereits vom Heimatland mitgenommen und dort von einer Bank ausbezahlt bekommen habe. In der Folge wurde auch nach einem Beleg dieser Auszahlung gefragt, den sie jedoch nicht vorweisen konnte, weil sie diesen bereits nach der Auszahlung weggeschmissen hatte. Der Vermerk der 200,-- Euro im Personenblatt stellte sich für sie so dar, als damit ihre Aussage über die Verfügung von 200,- Euro dokumentiert wurde. Das dies nun als Lohn ausgelegt wird, ist schlichtweg falsch. Sie hat zwar das Personenblatt unterschrieben, aber sicherlich nicht verstanden, dass sie damit über einen Bezug einer Entlohnung bestätigte. Es ist jedoch auch bezeichnend, dass am Personenblatt konkret der Lohnbezug nicht angekreuzt ist.

Hinsichtlich der anwesenden 21 Gäste zum Zeitpunkt der Kontrolle kann gesagt werden, dass diese lediglich zur Einnahme eines Kaffees gekommen sind. Also auch für die Versorgung dieser Gäste war keinesfalls die Mitarbeit meiner Cousine erforderlich."

 

In der Stellungnahme vom 2.4.2007 argumentierte der Berufungswerber im Wesentlichen wie in der Berufung. Ein Beweisfoto, welches dokumentiere, dass die Ausländerin mit dem Abwasch beschäftigt war, liege nicht vor. Sie habe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten dabei nicht beobachtet werden können. Ferner habe sie keine entsprechende Berufskleidung getragen. Die angegebenen 200 Euro seien nicht als Lohn zu verstehen. Aufgrund des persönlichen Naheverhältnisses und der allenfalls äußerst geringen Intensität einer Unterstützungsleistung könne allenfalls von einem Gefälligkeitsdienst im Rahmen eines verwandtschaftlichen Besuches ausgegangen werden. Daran ändere auch der Versuch nichts, die rechtliche Situation der Ausländerin im Wege der Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung zu verbessern. Die verwandtschaftliche Solidarität sei nicht in eine ein Beschäftigungsverhältnis begründende wirtschaftliche Abhängigkeit umzudeuten.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Berufungswerber aus, im Lokal würden seine Gattin, er und eine vollbeschäftigte Hilfskraft arbeiten, die jedoch am Kontrolltag nicht anwesend gewesen sei. Am Kontrolltag habe er von 9.00 Uhr vormittags bis Mitternacht einen Umsatz von insgesamt ca. 400 Euro gemacht. Daraus sei ersichtlich, dass es keinen Personalbedarf gegeben habe. Wenn in der Küche Bedarf nach einem Koch sei, koche der Berufungswerber selbst. Die in der Küche vorgefundenen Suppenschüsseln seien zu privatem Bedarf genutzt worden (der Berufungswerber habe zwei Kinder, damals im Kindergarten- bzw. Schulalter). Die Familie verfüge über keine private Küche, sodass die Lokalküche für die Verköstigung der Familie genutzt werde. Die Gäste hätten am Tag der Kontrolle zu Mittag nur Kaffee und dergleichen konsumiert, jedoch nichts gegessen. Der Beschäftigungsbewilligungsantrag sei auf Initiative seiner Gattin gestellt worden, weil ein Weg gesucht worden sei, die Ausländerin nach Österreich zu holen und zwar wegen der Kinder bzw. wegen der Information des AMS, dass eine Au-pair-Lösung nicht möglich gewesen sei.

 

Die Gattin des Berufungswerbers sagte aus, sie habe die Ausländerin verständigt, dass der Beschäftigungsbewilligungsantrag abgelehnt worden sei, ihr aber gestattet, dennoch ein paar Tage auf Besuch zu kommen. Es habe keinen Personalbedarf gegeben, da Frau S als Vollzeitkraft angestellt gewesen sei. Der Gatte habe bei Bedarf gekocht, sie selbst serviert. Die Ausländerin habe auch nicht als Ersatz für die an diesem Tag nicht anwesende Frau S gedient; im Hinblick auf die geringe Zahl der Gäste sei eine Arbeit der Ausländerin auch an diesem Tag nicht benötigt worden. Bis Mittag habe das Lokal einen Umsatz von etwa 150 Euro gemacht. Die Ausländerin habe daher nicht gearbeitet. Was die Ausländerin zum Zeitpunkt der Kontrolle in der Küche genau gemacht habe, wisse die Zeugin nicht. Bei der Stellung des Beschäftigungsbewilligungsantrags habe man an die Kinder gedacht. Eine Lohnvereinbarung mit der Ausländerin habe es gar nicht gegeben. Nach der Ablehnung des Beschäftigungsbewilligungs­antrags sei "das Ganze ja sowieso hinfällig" gewesen. Die Zeugin räumte ein, dass die Ausländerin für einen Zeitraum von 20.6. bis 22.8.2006 polizeilich gemeldet worden sei; sie sei jedoch (auch nach der Kontrolle) nur sporadisch erschienen.

 

Die gegenständliche Ausländerin sagte zeugenschaftlich einvernommen aus, es sei für sie ein Beschäftigungsbewilligungsantrag als Au-pair-Mädchen gestellt worden. Sie habe bei der Familie wohnen und auf die Kinder aufpassen und dabei auch ihre rudimentären Deutschkenntnisse verbessern wollen. Trotz Ablehnung des Beschäftigungsbewilligungsantrags habe ihr die Gattin der Berufungs­werberin gestattet, eine Woche auf Besuch zu kommen.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe sie sich in der Küche befunden. Sie habe zuvor Suppe gegessen aber kein Geschirr abgewaschen. Das auf den Fotos ersichtliche Geschirr sei nicht von ihr abgewaschen worden. Die Zeugin habe in der Küche überhaupt nicht gearbeitet. Es sei ausgeschlossen, dass sie von den Kontrollorganen beim Abwaschen von Geschirr gesehen werden habe können. Es sei zuerst ein Herr in die Küche gekommen, dann zwei Damen. Sie habe beim Eintreffen der Damen mit Sicherheit keine Tasse in die Hand genommen.

 

Zum Ausfüllen des Personenblatts sagte die Zeugin, sie habe mit den 200 Euro zum Ausdruck bringen wollen, dass es sich dabei um von ihr aus Kroatien mitgebrachtes Geld gehandelt habe. Sie sei dazu von einem männlichen Kontrollorgan, nachdem sie es auf Deutsch nicht verstanden habe, in englischer Sprache unter Zuhilfenahme von Gesten (Herzeigen der Geldbörse) befragt worden. Die Zeugin habe entsprechend ihrem Verständnis geantwortet und sei daraufhin aufgefordert worden, den Betrag von 200 Euro in das Personenblatt einzutragen. (Die Dolmetscherin warf ein, dass der für "Lohn" im Personenblatt stehende Ausdruck serbisch und nicht kroatisch sei.) Die Zeugin sagte, sie habe in der Aufregung den Text gar nicht gelesen.

 

Das Kontrollorgan G sagte aus, sie habe keine "direkte Abwaschtätigkeit" beobachten können. Sie habe aber den Eindruck gehabt, dass frisch abgewaschen worden sei. Jedenfalls sei die Zeugin im Abwaschbereich gestanden. Zwischen dem Eintritt des männlichen Kontrollorgans und dem Eintritt der Zeugin in die Küche könne "nicht viel Zeit vergangen sein", der Eintritt sei "praktisch gleichzeitig" erfolgt. Dagegen gab die Ausländerin an, sie habe zwischen dem Eintritt des männlichen Kontrollorgans und dem Eintritt der Frauen sogar ihren Reisepass aus der Wohnung geholt.

 

Das Personenblatt sei, so die Zeugin G, in der Gegenwart der Zeugin und ihres (männlichen) Kollegen in der Polizeidienststelle ausgefüllt worden. Da die Ausländerin nur gebrochen Deutsch gesprochen habe, seien Erläuterungen ihres Kollegen in englischer Sprache erfolgt. Dabei sei es um den Betrag von 200 Euro gegangen, welcher (in das Personenblatt) eingesetzt worden sei. Der Eintragung sei ein englischer Dialog vorausgegangen. Jedenfalls seien 200 Euro bei der Ausländerin gefunden worden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Unter Zugrundelegung der Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass die Ausländerin nicht bei der Abwaschtätigkeit beobachtet werden konnte. Das Vorhandensein (eventuell frisch) abgewaschenen Geschirrs in der Nähe der Ausländerin lässt keinen ausreichend sicheren Schluss darauf zu, dass das Geschirr von der Ausländerin abgewaschen wurde.

 

Der bloße Aufenthalt der Ausländerin in der Küche zwingt ebenfalls nicht zu dem Schluss, dass sich die Ausländerin zu Arbeitszwecken dort aufhielt. Eine plausible Alternativerklärung ergibt sich aus der Nutzung der Küche für private Zwecke durch die Familie. Die Nutzung der Küche durch die Ausländerin zum Zweck der Selbstverköstigung konnte nicht widerlegt werden. Der Aufenthalt der Ausländerin bei der Familie ist wiederum aus der Verwandtschaftsbeziehung (ihre Mütter seien Cousinen – so die Gattin des Berufungswerbers und die Ausländerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung) erklärbar.

 

Für eine Beschäftigung der Ausländerin spricht das Personenblatt. Dieses verliert jedoch an Beweiskraft, wenn man die Umstände des Zustandekommens bedenkt. Offensichtlich wurde das Personenblatt teilweise im Lokal, teilweise in der Polizei­dienststelle ausgefüllt. Die wichtigste Eintragung (200 Euro im Feld "Lohn") ist damit belastet, dass es nach übereinstimmender Auskunft der Ausländerin und des Kontrollorgans in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Erläuterungen in englischer Sprache bedurfte, um der Ausländerin den Sinn näher zu bringen, wobei auch die Englischkenntnisse der Ausländerin von fragwürdiger Qualität waren. So besehen, wird die Aussage der Ausländerin glaubhaft, sie habe das Personenblatt (trotz grundsätzlicher sprachlicher Eignung) in zentralen Punkten nicht verstanden. Insbesondere kann nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Ausländerin die Eintragung "200 Euro" im Sinne einer Entlohnung verstand.

 

Ein starkes Indiz für eine Beschäftigung der Ausländerin stellt die Stellung eines Beschäftigungsbewilligungsantrags dar. Diesbezüglich ist aufschlussreich, dass die Ausländerin noch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubte, es sei eine Beschäftigung als Au-pair-Mädchen beantragt worden. Dies stimmt mit der Aussage des Berufungswerbers und seiner Gattin überein, dass die Befassung der Ausländerin mit den Kindern ins Auge gefasst war und eine Beschäftigung als Kellnerin beantragt wurde, weil eine Beschäftigung als Au-pair-Mädchen nicht möglich erschien. Der Schluss von der Stellung eines Beschäftigungsbe­willigungsantrags auf einen Arbeitskräftebedarf im Lokal wird unter diesem Blickwinkel zweifelhaft. Einen Arbeitskräftebedarf aus den Gegebenheiten des Lokals – entgegen den Aussagen des Berufungswerbers und seiner Gattin – abzuleiten, erscheint ebenfalls nicht mit der nötigen Sicherheit möglich.

 

Unter Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt sich daher, dass nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Ausländerin vom Berufungswerber beschäftigt wurde. Fraglich ist, ob die Ausländerin in einer unter § 28 Abs.7 AuslBG fallenden Betriebsräumlichkeit angetroffen wurde. Im Hinblick auf die Nutzung der Küche als Küche für die Familie und unter Berücksichtigung des verwandtschaftlichen Verhältnisses der Ausländerin zur Gattin des Berufungswerbers erscheint dies fragwürdig. Selbst bei bejahender Antwort wäre davon auszugehen, dass es dem Berufungswerber gelungen ist, die Nichtbeschäftigung der Ausländerin glaubhaft zu machen, zumal die Ausländerin bei keiner Arbeitstätigkeit beobachtet wurde und die sonstigen für eine Beschäftigung sprechenden Umstände mit ausreichender Plausibilität entkräftet werden konnten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum