Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252026/2/Gf/Mu/Se

Linz, 05.02.2009

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des H B, S, vertreten durch O G W- und S GmbH, V, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. Dezember 2008, GZ 37807/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. Dezember 2008, GZ 37807/2008, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser zumindest am 4. Juli 2008 um 22.20 Uhr eine Person als Discjockey beschäftigt gewesen sei, ohne dass diese zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden sei. Dadurch habe er eine Übertre­tung des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955,  BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er gemäß § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittel­werber angelastete Tat auf Grund entsprechender Feststellungen eines Kontroll­organes des örtlich zuständigen Finanzamtes als erwiesen anzusehen und dem Beschwerdeführer insoweit zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen, während seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen sei; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 18. Dezember 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, offenbar noch am selben Tag zur Post gegebene Berufung.

Begründend bringt der Beschwerdeführer vor, dass es sich dabei nur um eine probeweise Beschäftigung für wenige Stunden gehandelt habe. Daher wird auf Grund des geringfügigen Verschuldens und seiner bisherigen Unbescholtenheit – im Hinblick auf § 111 Abs. 2 ASVG – eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu GZ 37807/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden, wobei diese Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs. 1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden kann, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

3.1.3. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs. 1 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als „Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger“ bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie z.B. Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen, nämlich, dass

 

         1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-

             mächtigten bestellt hat (vgl. § 35 Abs. 1 und 3 ASVG),

         2. einen Dienstnehmer

         3. in einem Verhältnis persönlicher und

             wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl. § 4 Abs. 2 (und 4) ASVG

         4. gegen Entgelt (vgl. § 49 ASVG)

         5. beschäftigt hat,

         6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

             der

                   a) vollversichert (vgl. § 4 Abs. 1 ASVG) oder

                   b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                       grenze des § 5 Abs. 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl. § 7

                       Z. 1 und § 8 Abs. 1 Z. 1 ASVG) und

                   c) nicht gemäß § 5 ASVG ausgenommen ist und

         7. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

             in einem oder in zwei Schritten (vgl. § 33 Abs. 1a ASVG) – entweder

                   a) nicht erstattet oder

                   b) falsch erstattet oder

                   c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl. § 33 Abs 1 ASVG).

3.2. Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des
Verwaltungsstrafverfahrens festlegt, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis schon deshalb nicht gerecht, weil darin insbesondere keinerlei Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs. 1 und 2 ASVG, § 33 Abs. 1 ASVG, § 33a Abs. 1 ASVG sowie in § 35 Abs. 1 und 3 ASVG positivierten essentiellen Tatbestandselemente enthalten ist.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschuldigten vielmehr nur pauschal angelastet, dass er zumindest am 4. Juli 2008 um 22.20 Uhr einen Discjockey beschäftigt habe, ohne diesen zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben. Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht jedoch hervor, inwieweit dem Rechtsmittelwerber eine Dienstgebereigenschaft zukam; ob bzw. inwieweit tatsächlich eine Beschäftigung des „Discjockey“ in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorlag; ob hiefür ein (die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes) Entgelt vereinbart war; ob für die vorliegende Art der Beschäftigung eine Voll- oder zumindest eine Teilpflichtversicherung in der Krankenversicherung vorlag; ob die Meldung an den Sozialversicherungsträger überhaupt nicht oder bloß unvollständig oder bloß verspätet erfolgte; etc.

Eine Übertretung des § 111 Abs. 1 ASVG kann dem Beschwerdeführer jedoch nur dann angelastet werden, wenn sämtliche der zuvor unter 3.1.3. angeführten Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind (wobei hiezu gegebenenfalls insbesondere auch eine dezidierte Anführung, dass Ausnahmen, die ex lege zu einer Nichterfüllung des Tatbildes führen würden, in concreto nicht vorliegen, erforderlich ist).

Mit dem Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses wurde somit dem Rechtsmittelwerber im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

3.3. Schon aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Im Hinblick auf die noch offene Verfolgsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und in welchem Umfang dieses allenfalls weiterzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252026/2/Gf/Mu/... vom 5. Februar 2009

wie VwSen-252016/2/Gf/Mu/Se vom 3. Februar 2009

 

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