Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-100161/17/Sch/Kf

Linz, 14.01.1991

VwSen - 100161/17/Sch/Kf Linz, am 14. Jänner 1991 DVR.0690392 Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des K Q vom 2. September 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. August 1991, VerkR96-6331/1991, zu Recht:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 2.700 S (20 % der verhängten Geldstrafen) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG. Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 12. August 1991, VerkR96-6331/1991, über Herrn K Q , S , A P , wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1a) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, 1b) § 4 Abs.5 StVO 1960 und 2.) § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1a) 2.000 S, 1b) 1.500 S und 2.) 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1a) 72 Stunden, 1b) 60 Stunden und 2.) 168 Stunden verhängt, weil er am 3. März 1991 gegen 20.15 Uhr den PKW, VB im Ortsgebiet von A P von der R kommend in die S (richtig S ) bis auf die Höhe des Hauses S gelenkt und dort einen Verkehrsunfall verursacht hat, indem er gegen den vor dem Haus S abgestellten PKW VB stieß und diesen schwer beschädigte. 1.) Obwohl sein Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, unterließ er es, a) sofort anzuhalten und b) ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall zu verständigen, obwohl er dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen hat. 2. Obwohl vermutet werden konnte, daß er sein Fahrzeug in alkoholbeeinträchtigtem Zustand gelenkt hat, es wurden deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, wie gerötete Augenbindehäute sowie ein aggressives Verhalten an ihm wahrgenommen, weigerte er sich am 4. März 1991 gegen 0.10 Uhr vor dem Haus S , A P , gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Außerdem wurde er zum Ersatz des Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 1.350 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Am 8. Jänner 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der Berufungswerber begründet seine Berufung im wesentlichen mit der Behauptung, er habe vom Verkehrsunfall nichts bemerkt. Er habe die Karambolage weder gehört, noch gesehen, noch sonst irgenwie verspürt.

Im Hinblick auf die Verweigerung des Alkotests wird vom Berufungswerber vorgebracht, daß er wiederholt den Vorwurf einer Alkoholisierung gegenüber den Meldungslegern strikte zurückgewiesen habe. Die um 0.10 Uhr wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome ließen nicht zwingend den Schluß zu, daß er den angeblichen Verkehrsunfall um 20.15 Uhr des Vortages in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand verursacht habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

a) Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 4 Abs.1 lit.a und 4 Abs.5 StVO 1960:

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 8. Jänner 1992 steht für den unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei fest, daß der Berufungswerber diese ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat. Nach den Aussagen der einvernommenen Zeugen, aber auch insbesonders im Hinblick auf das Gutachten des technischen Amtssachverständigen, kann davon ausgegangen werden, daß der Berufungswerber den Verkehrsunfall bemerkt hat bzw. bei gehöriger Aufmerksamkeit zumindest hätte bemerken müssen. Der Amtssachverständige kommt in seinem Gutachten zu dem Schluß, daß die falsch gewählte Fahrspur des Berufungswerbers, das Anstoßgeräusch und die Querbeschleunigung in Form der Stoßreaktion diesen erkennen hätten lassen müssen, daß hier ein Anstoß erfolgt ist, zumindest hätte ihm die Möglichkeit eines Anstoßes zu Bewußtsein kommen müssen.

Ausgehend von Wahrnehmungen bzw. Wahrnehmungsmöglichkeiten wäre der Berufungswerber zur Einhaltung der in den §§ 4 Abs.1 lit.a und 4 Abs.5 StVO 1960 normierten Verpflichtungen verhalten gewesen.

b) Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960:

Gemäß dieser Bestimmungen begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich einem von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht gegenüber weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wenn vermutet werden kann, daß er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Berechtigung einer Amtshandlung nach § 5 Abs.2 StVO 1960 allein die Vermutung einer Alkoholisierung entscheidend (VwGH 3.11.1972, 665/72). Hiebei ist es rechtlich unerheblich, ob der Lenker eines Fahrzeuges, allenfalls nach Beendigung der Fahrt noch Alkohol genossen hat (VwGH 13.3.1979, 1860/78).

Auf welche Ursachen die Symptome, die einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vermuten lassen, zurückzuführen sind, ist nach § 5 Abs.2 StVO 1960 ohne Belang (VwGH 29.6.1988, 87/03/0240).

Die zur Vornahme eines Alkotests berechtigende Vermutung einer Alkoholisierung ist begründet, wenn Symptome oder Anzeichen eines Gehabens vorhanden sind, die für die Auswirkung einer Alkoholbeeinträchtigung typisch sind (VwGH 20.1.1966, 2194/66).

Ausgehend von der obzitierten gesetzlichen Bestimmung sowie der entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht fest, daß die von den Meldungslegern beim Berufungswerber festgestellten Symptome, nämlich das aggressive Verhalten, das auffällige Gestikulieren mit den Händen, gerötete Augenbindehäute, glänzende Augen, sowie eine leicht lallende Aussprache, zu Recht zur Vermutung einer Alkoholisierung geführt haben. Aufgrund dieser Vermutung war die Aufforderung zur Durchführung des Alkotests berechtigt. Daß der Alkotest vom Berufungswerber verweigert wurde, steht außer Zweifel und wurde im Verfahren auch nie bestritten.

Zur Strafzumessung ist hinsichtlich sämtlicher Fakten folgendes zu bemerken:

Die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG stellen insbesonders auf die Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ab.

Sowohl Übertretungen des § 4 StVO 1960, also die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte", als auch jene des § 5 StVO 1960 stellen gravierende Verstöße gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften dar. Derartige Übertretungen können nicht als "Bagatelldelikte" abgetan werden, sondern sind vielmehr mit entsprechenden Geldstrafen zu ahnden. Das schutzwürdige Interesse der Normen stellt die Sicherheit des Straßenverkehrs bzw. das Bedürfnis der Unfallbeteiligten nach Schadensregulierung dar.

Erschwerungsgründe lagen keine vor. Dem Berufungswerber kamen aber auch keine Milderungsgründe, insbesonders nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute.

Den von der Erstbehörde angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen wurde in der Berufung nicht entgegengetreten, sodaß diese auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden konnten.

zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n 6