Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240635/2/WEI/Ga

Linz, 13.02.2009

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dr. M K, A, A, vertreten durch Dr. G H, Rechtsanwalt in B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14. Jänner 2008, Zl. SanRB 96-79-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 44 Abs 1 Z 1 Suchtmittelgesetz (SMG) iVm der Suchtmittelverordnung (SV) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern mit der Maßgabe bestätigt, dass als verletzte Rechtsvorschriften § 44 Abs 1 Z 1 SMG iVm § 21 Abs 6 SV anzusehen sind.

 

Im Strafausspruch wird der Berufung teilweise Folge gegeben und es werden die gemäß § 44 Abs 5 SMG zu bemessenden Strafen zu den Spruchpunkten 1. bis. 4. wie folgt reduziert: die Geldstrafen werden auf je 150 Euro (Gesamtstrafe 600 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafen werden auf je 10 Stunden (insgesamt 40 Stunden) herabgesetzt.

 

II. Im Strafverfahren erster Instanz hat der Berufungswerber je einen Kostenbeitrag von 15 Euro (10 % der Geldstrafen), insgesamt daher 60 Euro, zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung von weiteren Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben in Ihrer Ordination in A, am

 

1.            5.7.2007 an Herrn S H, B, eine Einzelverschreibung für 1 OP à 30 Stk. Vendal retard 200 mg Tabletten

2.            18.7.2007 an Herrn S H, B, eine Einzelverschreibung für 1 OP à 30 Stk. Vendal retard 200 mg Tabletten

3.            23.7.2007 an Herrn S H, B, eine Einzelverschreibung für 1 OP à 30 Stk. Vendal retard 200 mg Tabletten

4.            1.10.2007 an Herrn S H, B, eine Einzelverschreibung für 1 OP à 30 Stk. Vendal retard 200 mg Tabletten und 1 OP à 30 Stk. Vendal retard 100 mg Tabletten

 

ausgestellt. Mit diesen Einzelverschreibungen wurde dem Suchtkranken ein Bedarf für jeweils mehr als 3 Tage verordnet, obwohl pro Substitutionsverschreibung höchstens ein Bedarf für 3 Tage verordnet werden darf. Der Bedarf für 3 Tage lag bei insgesamt 9 Tabletten. Zur Verschreibung gelangten jeweils 30 Stück."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde zu den Spruchpunkten 1 bis 4 den § 21 Abs 6 Suchtgiftverordnung iVm § 44 Z 1 Suchtmittelgesetz als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen je Geldstrafen von 250 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 60 Stunden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 15. Jänner 2008 zugestellt worden ist, richtet sich die am 25. Jänner 2008 rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 24. Jänner 2008, mit der die Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise eine Ermahnung oder die Herabsetzung der Strafen angestrebt wird.

 

1.3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Stellungnahme abzugeben.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende im Wesentlichen unbestrittene Gang des Verfahrens und S a c h v e r h a l t:

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis weist die belangte Behörde zunächst darauf hin, dass der Bw bei seiner Einvernahme vom 20. November 2007 die Verwaltungsübertretung nicht geleugnet, sondern zugegeben habe, sich durch die vier Verschreibungen rechtswidrig verhalten zu haben. Das Vorbringen in der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme vom 30. November 2007, wonach jeweils ein Bedarf von mehr als 3 Tage verschrieben wurde, weil der Patient im August 2007 einen Termin bei Dr. L hatte und im Sommer 2007 als Montagearbeiter in Deutschland tätig war, entschuldige die Substitutionsverschreibungen für einen Bedarf von mehr als 3 Tagen in keiner Weise. Es sei nicht Aufgabe des Arztes, die Entwöhnungsbehandlung zu unterlaufen und den Patienten mit mehr Ersatzdrogen auszustatten. Es sei hinlänglich bekannt, dass sich Suchtmittelabhängige auf allen denkbaren Wegen Ersatzdrogen beschaffen, um diese überdosiert selbst zu konsumieren oder am Schwarzmarkt gegen andere Drogen umzutauschen.

 

Der Bw sei aus Anlass seiner erstmaligen Bestrafung wegen desselben Delikts am 5. September 2006 ausdrücklich über die einschlägigen Bestimmungen informiert und auf die Problematik aufmerksam gemacht worden. Dessen ungeachtet habe er in den gegenständlichen Fällen gegen die Bestimmungen der Suchtgiftverordnung verstoßen.

 

Bei der Strafbemessung erachtete die belangte Behörde keinen Umstand als mildernd, erschwerend aber die einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2006. Nach den bekannt gegebenen persönlichen Verhältnissen des Bw erscheine die Strafe als angemessen und geeignet, ihn von der neuerlichen Missachtung der einschlägigen Bestimmungen abzuhalten.

 

2.2. Die Berufung bringt zunächst vor, dass der Bw aus Gesprächen mit nicht im Sprengel von Braunau ansässigen Ärzten wisse, dass in anderen Gebieten einen wesentliche bessere Zusammenarbeit bestünde und man der Problematik mit mehr Augenmaß Rechnung tragen würde. Selbstverständlich wisse auch der Bw, dass sich Suchtkranke auf allen erdenkbaren wegen Ersatzdrogen beschaffen und diese überdosiert konsumieren oder am Schwarzmarkt umtauschen. Letztlich könne man aber nicht alle über einen Kamm scheren und diese Vorgangsweise unterstellen.

 

Gerade bei H S sei im Juli die Situation so wie geschildert gewesen. Er wäre als Montagearbeiter in Regensburg tätig gewesen und hätte im Wesentlichen einen gefestigten Eindruck gemacht. Die Beschäftigung wäre für ihn aus wirtschaftlichen und persönlichen Gründen wichtig gewesen, weshalb ihm der Bw in seiner schwierigen Situation entgegen kommen wollte. Es wäre ihm nämlich nicht möglich gewesen, in einem Drei-Tages-Abstand zu einem Arzt zu fahren, um eine neue Substitutionsverschreibung abzuholen. Der Bw habe zunächst probeweise eine größere Menge von Tabletten verschrieben und bei den Folgeverschreibungen Berechnungen angestellt, ob es zu einem Missbrauch gekommen sein könnte. Der Bw hätte auch persönlich den Eindruck gehabt, dass keinerlei Missbrauch betrieben worden und der Zustand stabil gewesen sei. Er habe sich daher zu weiteren Verschreibungen entschlossen.

 

Dem Bw wäre seine Vorgangsweise als optimale Behandlung erschienen. Er beruft sich auf strafbefreienden entschuldigenden Notstand, da er für eine optimale Behandlung seiner Patienten zu sorgen habe. Es sei auch tatsächlich zu keinen Schwierigkeiten gekommen, so dass von der belangten Behörde nur ein Formalstandpunkt vertreten werde. Zumindest hätte man doch als mildernd ansehen müssen, dass der Bw mit dem Willen handelte, den Patienten bestmöglich zu behandeln. Der Bw habe auch den Sachverhalt auch nie in Abrede gestellt, weshalb von einem Tatsachengeständnis auszugehen wäre. Diese Milderungsgründe habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt.

 

Weiters habe der Bw darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die mangelnde gedeihliche Zusammenarbeit mit der belangten Behörde eine weitere Tätigkeit seinerseits unterbleibe, so dass auch keine Wiederholungsgefahr mehr bestünde. Die verhängte Strafe von jeweils 250 Euro, in Summe 1.000 Euro, sei aus der Sicht des Bw vollkommen unangemessen.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Berufung und den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht bestritten wurde. Es waren daher im wesentlichen nur Rechtsfragen zu beurteilen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 44 Abs 1 Suchtmittelgesetz – SMG (BGBl I Nr. 30/1998 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 143/2008) begeht im Fall der Ziffer 1 eine Verwaltungsübertretung, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer

 

wer den §§ 5 bis 8 oder 9 Abs 1 oder einer nach § 10 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt (Z 1).

 

Nach dem Strafrahmen des § 44 Abs 5 SMG wird eine Verwaltungsübertretung gemäß § 44 Abs 1 bis 4 leg.cit. einheitlich mit Geldstrafe von bis zu 36.300 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, bedroht.

 

Nach der Verordnungsermächtigung des § 10 Abs 1 Z 5 SMG können nähere Vorschriften über die Verschreibung, Abgabe und Verwendung von Suchtmitteln einschließlich der Rahmenbedingungen, Qualitätssicherung und Kontrolle der Substitutionsbehandlung von der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend erlassen werden.

 

Die Suchtgiftverordnung - SV (BGBl II Nr. 144/2001, zuletzt geändert mit BGBl II  Nr. 480/2008) enthält in den §§ 13 ff Bestimmungen über die Behandlung, Verschreibung und Abgabe von suchtgifthaltigen Arzneimitteln.

 

Gemäß § 21 Abs 1 SV sind für Suchtkranke, die wegen ihres Gesundheitszustandes im Rahmen einer Substitutionsbehandlung Suchtgift benötigen, grundsätzlich Dauerverschreibungen mit einer maximalen Geltungsdauer von einem Monat auszustellen. Die Verschreibung hat auf dem Formblatt für die Substitutionsverschreibung (§ 22 Abs 1 Z 2) zu erfolgen, das durch Markierung und Aufkleben der Suchtgiftvignette als "Substitutions-Dauerverschreibung" zu kennzeichnen ist. Der Arzt hat den Beginn der Geltungsdauer zu vermerken. Nach § 21 Abs 2 Satz 2 SV ist die Dauerverschreibung dem zuständigen Amtsarzt zur Überprüfung und Fertigung vorzulegen. § 21 Abs 2 Satz 3 SV erläutert, dass innerhalb der Geltungsdauer der Dauerverschreibung die Abgabe des verschriebenen Suchtgiftes entsprechend der ärztlichen Anordnung wiederholt werden darf.

 

Gemäß § 21 Abs 4 Satz 1 SV dürfen Einzelverschreibungen im Rahmen von Substitutionsbehandlungen nur in begründeten Ausnahmefällen ausgestellt werden. Nach § 21 Abs 6 SV hat der Arzt auf der "Substitutions-Einzelverschreibung" eine die Ausstellung der Einzelverschreibung im betreffenden Einzelfall rechtfertigende Begründung anzubringen. Er darf pro Einzelverschreibung höchstens den Bedarf für drei Tage, den der Suchtgiftkranke hinsichtlich des Substitutionsmittels hat, verordnen.

 

4.2. Nach denn aktenkundigen Verschreibungen hat der Bw folgende handschriftliche Begründungen angegeben:

 

1. Einzelverschreibung vom 5.07.2007:

 

"Zur Substitution

Überbrückung bis zur Usg bei Hr. Dr. L Linz"

 

2. Einzelverschreibung vom 18.07.2007

 

"Zur Substitution

Überbrückung bis 02.08.07 Termin Drogenamb., WJKH Linz"

 

3. Einzelverschreibung vom 23.07.2007

 

"Zur Substitution

Überbrückung bis zur Th. in der Drogenberatungsstelle"

 

4. Einzelverschreibung vom 01.10.2007

 

"Zur Substitution

Reduktion lt, Drogenamb."

 

Der tägliche Bedarf des Patienten betrug unbestritten 3 Vendal retard 200 mg Tabletten, wie auch aus den Einzelverschreibungen vom 18.und 23. Juli 2007 ausdrücklich (3 x 1) hervorgeht.

 

Der Bw hat schon in der Stellungnahme vom 30. November 2007 vorgebracht, dass sein Patient im Juli 2007 in Regensburg auf Montage war und daher nicht in Dreitagesabständen eine neue Substitutionsverschreibung vom Arzt hätte abholen können. Er hätte eine größere Menge verschrieben, um eine optimale Behandlung zu gewährleisten. Bei den Folgeverschreibungen hätte er festgestellt, dass nur der tägliche Bedarf von drei Tabletten konsumiert worden wäre, da der Patient lange genug auskam. Es hätte keinen Verdacht auf Missbrauch gegeben.

 

Auch wenn der erkennende Verwaltungssenat die gute Absicht des Bw nicht in Abrede stellen will, ist doch an Hand der unbestrittenen Fakten auf gewisse Ungereimtheiten hinzuweisen. Mit den am 18. Juli 2007 verschriebenen 30 Tabletten hätte der Patient bei einem täglichen Bedarf von 3 Stück genau 10 Tage auskommen müssen Dennoch hat der Bw seinem Patienten bereits mehrere Tage früher, nämlich mit Einzelverschreibung vom 23. Juli 2007, weitere 30 Tabletten verschrieben. Schließlich ist auch auf die Verschreibung vom 1. Oktober 2007 über eine Packung zu 30 Stück Vendal retard 200 mg Tabletten und zusätzlich eine weitere 30er Packung Vendal retard 100 mg Tabletten hinzuweisen, aus der hervorgeht, dass der Patient eine 200 mg Tablette in der Früh (Anweisung 1/0/0) und einen 100 mg Tablette abends (Anweisung 0/0/1) einnehmen sollte. Diese umfangreiche Verschreibung sollte angeblich der Reduktion des täglichen Bedarfs laut Drogenambulanz dienen.

 

Die vom Bw betonte Verpflichtung zur optimalen Behandlung besteht im Rahmen der geltenden Gesetze und Verordnungen und darf nicht auf eigenes Gutdünken gestützt werden, wenn dem eindeutige Vorschriften entgegenstehen. Im heiklen Bereich der Substitutionsbehandlungen von Suchtkranken besteht nach der oben dargestellten Rechtslage gemäß § 21 Abs 1 SV grundsätzlich die Pflicht "Substitutions-Dauerverschreibungen" mit der Geltungsdauer von bis zu einem Monat auszustellen, welche gemäß § 21 Abs 2 SV der Kontrolle des zuständigen Amtsarztes unterliegen. Einzelverschreibungen im Rahmen von Substitutionsbehandlungen sind in zweifacher Hinsicht beschränkt: Sie dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen (§ 21 Abs 4 SV) und höchstens für den Bedarf von drei Tagen (§ 21 Abs 6 SV) erfolgen.

 

4.3. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ist die Ansicht des Bw, dass er sich im Notstand gemäß § 6 VStG befunden hätte, aus nachstehenden Gründen unzutreffend.

 

Unter Notstand iSd § 6 VStG versteht der Verwaltungsgerichtshof eine Kollision von Rechten und Pflichten, wobei jemand sich oder einen Dritten aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer strafbaren Handlung retten kann. Dabei gehört es zum Wesen des Notstands, dass der Gefahr zumutbar nicht anders als durch Begehung der strafbaren Handlung zu beheben ist und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens[2004], 1259, E 3b, E 4, E 5a zu § 6 VStG). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können wirtschaftliche Nachteile nur dann Notstand begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeiten selbst unmittelbar bedrohen. Die bloße Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung erfüllt diese Voraussetzungen nach der Judikatur noch nicht (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1258, E 1b, E 1c und E 1e zu § 6 VStG).

 

Die vom Bw angestrebte optimale Behandlung hätte nach der gegebenen Sachlage ohne weiteres mit "Substitutions-Dauerverschreibung" – dabei freilich unter Kontrolle des Amtsarztes - erreicht werden können. Es ist kein rechtlich plausibler Grund ersichtlich, warum dieser von der Suchtgiftverordnung vorgeschriebene Weg nicht beschritten worden ist. In diesem Fall hätte sich das Problem, dass der Patient als Montagearbeiter in Regensburg bereits nach drei Tagen eine weitere Einzelverschreibung benötigt hätte, gar nicht gestellt. Schon aus diesem Grund kann von einem entschuldigenden Notstand überhaupt keine Rede sein.

 

4.4. Bei der Strafzumessung war zu den persönlichen Verhältnissen des Bw von einem Monatseinkommen von 4.000 Euro, Sorgepflichten für drei Kinder und einem Hälfteanteil an einem Einfamilienhaus auszugehen (vgl Niederschrift vom 20.11.2007). Die belangte Behörde hat keine mildernden Umstände angenommen. Als erschwerend wurde eine einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2006 gewertet. Der Bw wurde nämlich wegen desselben Delikts bereits am 5. September 2006 bestraft.

 

Die Berufung meint, man hätte doch den Willen des Bw, seinen Patienten bestmöglich zu behandeln, und sein Tatsachengeständnis als mildernd werten müssen. Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass ein bloßes Tatsachengeständnis noch keinen Milderungsgrund iSd § 34 Abs 1 Z 17 StGB darstellt, weil dieser ein reumütiges Geständnis oder zumindest ein solches, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, voraussetzt (vgl die VwGH-Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch6 E 93 ff zu § 19 VStG).

 

Entgegen der Berufung kann auch mit einer bloßen Ermahnung schon mangels ganz geringfügiger Schuld und aus spezialpräventiven Erwägungen nicht das Auslangen gefunden werden. Immerhin hat der Bw schon eine einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2006 und ist ihm sein grundsätzlich rechtswidriges, der Suchtgiftverordnung widersprechendes Verhalten offenbar durchaus bewusst gewesen.

 

Allerdings vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, dass dem Bw der Milderungsgrund nach dem § 34 Abs 1 Z 3 StGB zugebilligt werden muss. Die Verantwortung des Bw, wonach er seinen Patienten optimal behandeln wollte und auch kontrollierte, um Missbrauch zu vermeiden, kann nach der Aktenlage nicht widerlegt werden. Es ergeben sich keine dem eindeutig entgegenstehende Anhaltspunkte. Deshalb erachtet es der Oö. Verwaltungssenat als mildernd, dass beim Bw achtenswerte Beweggründe vorlagen. Hypothetisch ist wohl davon auszugehen, dass die vom Bw verordneten Arzneimittel auch im Falle einer Substitutions-Dauerverschreibung vom Amtsarzt gebilligt worden wären.

 

Die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen von viermal 250 Euro ( Gesamtstrafe 1.000 Euro) sind zwar angesichts der im § 44 Abs 5 SMG vorgesehenen Strafdrohung bis zu 36.300 Euro nur geringfügig und durchaus nicht "vollkommen unangemessen", wie die Berufung vermeint. Da aber durch den dargelegten Milderungsgrund noch eine durchaus verminderte Schuld des Bw angenommen werden kann und nicht ersichtlich ist, dass der Bw persönliche Vorteile aus seinem Verhalten gezogen hätte, erachtet es der unabhängige Verwaltungssenat für noch angemessen, die für die Einzelverschreibungen verhängten Geldstrafen auf je 150 Euro (insgesamt 600 Euro) herabzusetzen. Mit diesen Strafen müsste das Auslangen gefunden werden, zumal der Bw auch selbst glaubhaft angekündigt hat, in Hinkunft keine weiteren Substitutionsbehandlungen von Suchtkranken mehr zu übernehmen.

 

Die beim gegebenen Strafrahmen von sechs Wochen (§ 16 Abs 2 VStG iVm § 44 Abs 5 SMG) von der Strafbehörde an sich überhöht festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von 60 Stunden waren in angemessener Relation zu den nunmehr herabgesetzten Geldstrafen auf jeweils 10 Stunden zu reduzieren.

 

5. Im Ergebnis war daher der Schuldspruch mit der Maßgabe zu bestätigen, dass als verletzte Rechtsvorschriften § 44 Abs 1 Z 1 (nicht bloß § 44 Z 1) SMG iVm § 21 Abs 6 SV anzusehen sind. Im Strafausspruch war der Berufung entsprechend den obigen Ausführungen teilweise Folge zu geben.

 

Bei diesem Ergebnis reduzieren sich gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG die Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf je 15 Euro (insgesamt 60 Euro). Im Berufungsverfahren war gemäß § 65 VStG kein weiterer Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

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