Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100169/10/Sch/Kf

Linz, 09.12.1991

VwSen - 100169/10/Sch/Kf Linz, am 9. Dezember 1991 DVR.0690392 Dr. H M, T; Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des Dr. H M vom 1. Oktober 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. September 1991, VerkR96/4801/1991-Hä, zu Recht:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe und der Kosten gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 bestätigt. Anstelle der Worte "klinische Untersuchung" im Spruch haben jedoch die Worte "Blutabnahme und Blutalkoholbestimmung" zu treten.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 1.600 S (20 % der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG. Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 20. September 1991, VerkR96/4801/1991-Hä, über Herrn Dr. H M, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen verhängt, weil er am 8. März 1991 um 22.07 Uhr in L, vor dem Haus Nr. , den PKW, Kennzeichen gelekt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Weiters wurde er zum Ersatz der Kosten gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 in der Höhe von 2.366 S sowie zu einem Kostenbeitrag zum erstbehördlichen Verfahren in der Höhe von 800 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden.

In der Angelegenheit wurde am 2. Dezember 1991 eine öffentliche mündliche Verhandlung abgeführt.

Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im wesentlichen mit der Begründung, daß die Tatortangabe unkorrekt sei und nicht den strengen Kriterien des § 44a VStG entspreche.

Darüber hinaus sei er zum Tatzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen. Ein Freund habe plötzlich über Kreislaufbeschwerden geklagt. Der Berufungswerber habe diesen mit seinem PKW nach Haus bringen wollen. Aus diesem Grunde habe er mehr als die Hälfte des konsumierten 1/4 l Weißweines unmittelbar vor Fahrtantritt ex ausgetrunken. Zum Zeitpunkt der Lenkerkontrolle habe er sich noch unter dem Grenzwert von 0,4 mg Alkohol pro Liter Atemluft befunden.

Weiters sei seine Handlung durch § 6 VStG gerechtfertigt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers ist die Tat im Sinne des § 44a VStG hinreichend konkretisiert. So wurde als Tatort eine öffentliche Straße vor einem bestimmten Gebäude angenommen. Die Tatzeit ist ebenfalls minutiös festgehalten. Im übrigen wird vom Berufungswerber nicht näher ausgeführt, worin er eine nicht hinreichende Konkretisierung der Tat erblicke.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der medizinische Amtssachverständige ein Gutachten abgegeben. Dieses schlüssige Gutachten kommt zu folgendem Ergebnis:

"Laut Trinkverantwortung des Berufungswerbers könnte theoretisch maximal ein Blutalkoholgehalt von 0,4 Promille entstehen, wobei gleichzeitig einsetzende Abbauvorgänge noch zu berücksichtigen wären, sodaß dieser Wert in der Praxis nicht erreicht worden wäre. Der Wert, der sich aus der Berechnung laut Trinkverantwortung des Berufungswerbers ergibt, steht in Diskrepanz mit dem Wert, der sich aus der Analyse ergibt. Jedenfalls lag unter Annahme der Trinkverantwortung die Tatzeit in einer Phase ansteigenden Blutalkoholgehaltes, sodaß das sogenannte "Anflutungsphänomen" zum Tragen kommt. In der Phase ansteigenden Blutalkoholgehaltes (Resorptionszeit) ist die Alkoholbeeinträchtigung stärker als in der Phase des absteigenden Blutalkoholgehaltes. Die Wirkung läuft wegen "Anpassungsschwierigkeiten" der Gehirnzellen an die höheren Blutalkoholgehaltwerte der Alkoholbelastung voraus. Es lag daher beim Berufungswerber zum Tatzeitpunkt eine Alkoholbeeinträchtigung vor, die zumindest der, wie beim Analysewert zu erwarten ist, entspricht." Für den unabhängigen Verwaltungssenat bestehen keinerlei Zweifel am chemischen Befund der durchgeführten Blutabnahme. Ausgehend von diesem Befund konnte daher vom medizinischen Amtssachverständigen ein schlüssiges Gutachten erstellt werden. Die Trinkverantwortung des Berufungswerbers ist, was die Menge an konsumierten alkoholischen Getränken anlangt, aufgrund des chemischen Befundes und des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen nicht glaubwürdig. Diesbezüglich liegen im übrigen auch widersprechende Angaben des Berufungswerbers im Berufungsverfahren gegenüber dem Alkoholerhebungsbogen vor. Den Berechnungen wurde aber die Angabe des Berufungswerbers zugrundegelegt, er habe mehr als 1/8 l Weißwein unmittelbar, also ca. 5 Minuten, vor Fahrtantritt konsumiert. Auch bei Zugrundelegung dieser Angaben, die im übrigen ebenfalls im Widerspruch zum Alkoholerhebungsbogen stehen, ist laut Gutachten von einer Alkoholbeeinträchtigung des Berufungswerbers zur Tatzeit auszugehen.

Der Rechtsansicht des Berufungswerbers, sein Verhalten sei durch § 6 VStG entschuldigt gewesen, kann nicht gefolgt werden. Ausgehend davon, daß beim Begleiter des Berufungswerbers tatsächlich plötzlich Kreislaufbeschwerden aufgetreten sind, wären in einem solchen Falle die Rettung bzw. ein Arzt zu verständigen gewesen, welche die Versorgung bzw. den Transport dieser Person durchzuführen gehabt hätten. Bei einem solchen Vorfall in einem Gastlokal ist entsprechende Hilfestellung nicht ausschließlich dadurch gewährleistet, daß die Person vom Begleiter nach Hause gebracht wird. Dazu kommt noch, daß der Berufungswerber behauptet, mehr als 1/8 l Weißwein unmittelbar vor Fahrtantritt ex ausgetrunken zu haben. Dieses Verhalten erscheint im Hinblick auf den von ihm beabsichtigten "Krankentransport" zumindest unlogisch, da nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß ein Sturztrunk unter solchen Umständen unterblieben wäre.

Die Vorschreibung der Kosten für das Alkomatmundstück, die Blutabnahme und die Blutalkoholbestimmung zum Zeitpunkt der Blutabnahme ist im § 5 Abs.9 StVO 1960 begründet.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken, daß von der Erstbehörde auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1950 Bedacht genommen worden ist. Hiebei kommt es insbesonders auf die Gefährdung derjenigen Interessen an, deren Schutz die Strafdrohung dient. Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften und sind daher mit entsprechend hohen Geldstrafen zu ahnden. Dies hat der Gesetzgeber durch einen Strafrahmen von 8.000 S bis 50.000 S zum Ausdruck gebracht. Die Erstbehörde hat die gesetzliche Mindeststrafe verhängt, sodaß aus diesem Blickwinkel nicht von einer überhöhten Geldstrafe die Rede sein kann. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde berücksichtigt, wobei auch die Geringfügigkeit der Überschreitung des gesetzlichen Alkoholwertes ihren Niederschlag fand.

Im § 20 VStG ist vorgesehen, daß bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen die Mindeststrafe zur Hälfte unterschritten werden kann. Die Milderungsgründe müssen also die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Hievon kann im gegenständlichen Fall aber nicht die Rede sein. Würde man der Ansicht des Berufungswerbers folgen, müßte die bisherige Unbescholtenheit des Täters und geringfügige Überschreitung des gesetzlichen Alkoholwertes stets die Mindeststrafe zur Hälfte unterschritten werden. Von der Erstbehörde wurden diese Umstände bereits durch Festsetzung der Mindeststrafe, und nicht einer höheren Strafe, berücksichtigt.

Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (Einkommen monatlich ca. 15.000 S netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) wurde Bedacht genommen.

zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n

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