Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550453/4/Kl/Rd/RSt

Linz, 13.03.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der H GmbH, K, vertreten durch H S Rechtsanwälte OG, L, 10 W, vom 11. März 2009 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der M GmbH betreffend das Vorhaben "Örtliche Bauaufsicht H D", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  11. Mai 2009, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 11.3.2009 hat die H GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass der gegenständliche Dienstleistungsauftrag in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip ausgeschrieben worden sei. Am 12.11.2008 erfolgte die Bekanntgabe im Supplement S zum Amtsblatt der EU sowie am 13.11.2008 in der Amtlichen Linzer Zeitung.

Zeitlich vor gegenständlicher Ausschreibung habe die Auftraggeberin das Bauvorhaben "D H M, B, elektromaschinelle Ausstattung von 76 Pumpwerken sowie die dazugehörige Energieversorgung ab der bestehenden Infrastruktur inkl. Errichtung einer projektübergreifenden Prozessleittechnik für 8 Baulose" für den Hochwasserschutz in den Gemeinden Naarn, Mitterkirchen, Baumgartenberg, Saxen, Mauthausen, Grein und St. Nikola in einem offenen Verfahren ausgeschrieben. Aus Teil A der Ausschreibungsunterlage dieses Verfahren betreffend gehe hervor, dass die Projekterstellung, die Erstellung des Leistungsverzeichnisses (somit auch die Massenermittlung) und die technische Verfahrensbegleitung im Hinblick auf allfällige Fragenbeantwortungen in der Angebotsphase sowie die Mitwirkung an der Eignungs- und Angebotsprüfung durch die I GmbH (in der Folge: IBS) erfolgt sei. Die IBS fungierte somit bei dieser vorangegangenen Ausschreibung als vergebende Stelle. Der Zuschlag für dieses Vergabeverfahren wurde zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des gegenständlichen Vergabeverfahrens bereits erteilt.

 

Gegenstand der nunmehrigen Ausschreibung sei die Erbringung der örtlichen Bauaufsicht (in Folge: ÖBA) betreffend das beschriebene Bauvorhaben. Das Leistungsbild umfasse dabei die Bauüberwachung und Koordination, die Termin- und Kostenverfolgung, die Qualitätskontrolle, die Rechnungsprüfung, die Bearbeitung von Mehr- und Minderkostenanforderungen, die Übernahme und Abnahmen, die Mängelfeststellung und –bearbeitung sowie die Dokumentation. Unter Pkt. 6.1. der Bewerberinformation finde sich die Bestimmung, dass Bewerber vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, die die geforderten Nachweise nicht erbringen sowie bei Vorliegen eines sonstigen Ausschlussgrundes gemäß §§ 20 Abs.5, 129 Abs.1 Z8 und 129 Abs.2 BVergG 2006.

 

Am 12.12.2008, 10.00 Uhr, habe die Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge geendet und sei in der zweiten Stufe des Vergabeverfahrens die Ausschreibungsunterlage an die geeigneten eingeladenen Bieter versendet worden. In der Ausschreibungsunterlage waren das Entgelt (750 max. Punkteanzahl), Qualität (200 max. Punkteanzahl), Vertragsbedingungen (50 max. Punkteanzahl) als Zuschlagskriterien vorgesehen.

Zum Kriterium "Entgelt" finde sich die Bestimmung, dass das Angebot mit dem niedrigsten Preis das hiefür vorgesehene Maximum an Punkten erhalte. Die übrigen Angebote bei diesem Kriterium eine ihrer Abweichung zum Bestangebot entsprechend verringerte Punkteanzahl bekommen.

Beim Kriterium Qualität werde das für die Auftragsdurchführung verbindlich benannte Schlüsselpersonal (max. 150 Punkte) und die "Qualität" des Konzepts (max. 50 Punkte) berücksichtigt. Das im Angebot verbindlich benannte Schlüsselpersonal werde dabei nach Qualifikation und Berufserfahrung, die Qualität des Konzepts auf Grundlage des mit dem Angebot vorgelegten Konzepts und der Präsentation im Rahmen der Verhandlungen bewertet. Beurteilungsmaßstäbe für das Konzept seien dessen praktische Umsetzbarkeit, Übersichtlichkeit, Effizienz und Schlüssigkeit.

Beim Zuschlagkriterium "Vertragsbedingungen" werden allfällige Änderungen und Ergänzungen des Vertrages (Teil C) berücksichtigt. Änderungen und Ergänzungen, die für den Auftraggeber eine günstigere Vertragslage begründen, würden mit Zusatzpunkten bewertet werden. Pro Angebot würden max. 50 zusätzliche Punkte vergeben werden. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages, die eine für den Auftragnehmer günstigere Vertragslage begründen, und die in den Verhandlungen vom Auftragnehmer akzeptiert wurden, würde zu einem Abschlag von max. 50 Punkten führen. Angebote, die keine Änderung und Ergänzung der Vertragsbedingungen gegenüber den Vorgaben des Auftraggebers beinhalten, würden bei diesem Kriterium 0 Punkte erhalten.

 

In Teil C der Ausschreibungsunterlage (Vertragsentwurf) finde sich unter Pkt. 4.6. die Klausel, dass für die Planung, Lieferung, Montage und Inbetriebnahme der Pumpwerke und Verschlussbauwerke sowie die dazugehörige Infrastruktur die in der Anlage 4 ausgewiesenen EMSR-Kosten veranschlagt seien. Gelinge es dem Auftragnehmer, durch seinen eigenen Einsatz sowie durch effiziente Koordination und Abwicklung des Bauvorhabens die Kosten zu senken, so gebühre ihm pro ersparten 1.000 Euro (inkl. USt) eine Kostenprämie in der Höhe von 100 Euro (inkl. USt). Die maximal erreichbare Kostenprämie betrage 20% des Entgelts.

 

Auf Seite 5 der Projektbeschreibung (Teil B der Ausschreibungsunterlage) finde sich der Hinweis, dass die IBS Verfasser des bereits vergebenen Bauprojektes "elektromaschinelle Ausstattung von 76 Pumpwerken sowie die dazugehörige Energieversorgung ab der bestehenden Infrastruktur inkl. Errichtung einer projektübergreifenden Prozessleittechnik für 8 Baulose" sei, für welches nunmehr die Ö.. ausgeschrieben sei. Des Weiteren habe die I.. die Ausschreibung und insbesondere das Leistungsverzeichnis der zugrunde liegenden Bauleistungen (elektromaschinelle Ausrüstung) erstellt, wobei wesentlicher Teil dieser Tätigkeit die Massenermittlung gewesen sei.

 

Mit Schreiben vom 25.2.2009 habe die Auftraggeberin bekannt gegeben, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag dem Angebot der I GmbH erteilen zu wollen. Als Ende der Stillhaltefrist wurde der 11.3.2009 genannt.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren, vergaberechtskonforme Bestbieter­er­mittlung, Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens, Gleich­behandlung und Nichtdiskriminierung, Ausscheidung von gemäß § 192 BVergG auszuscheidenden Angeboten, insbesondere von Angeboten von Bietern, die gemäß § 20 Abs.5 BVergG vom Verfahren auszuschließen sind, eine zu ihren Gunsten lautende Zuschlagsentscheidung mit nachfolgender Zuschlagserteilung, ordnungsgemäße und rechtskonforme Durchführung, Fortsetzung und Beendigung des Vergabeverfahrens sowie Widerruf des gegenständlichen Vergabeverfahrens, verletzt.

 

Zum Schaden führt die Antragstellerin aus, dass ihr ein unwiederbringlicher Schaden durch den Entgang des ihr gebührenden Auftrages und damit eines branchenüblichen Deckungsbeitrages von zumindest 20% entgehe. Darüber hinaus sei bereits ein Aufwand von ca 13.600 Euro getätigt worden und drohe dieser nun frustriert zu werden. Des Weiteren drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes. Weiters drohe der Antragstellerin im Fall des Widerrufes, dass sie an der neuen Ausschreibung nicht mehr teilnehmen könne.

 

Die Antragstellerin habe durch die Legung ihres Angebots ihr maßgebliches Interesse am Vertragsabschluss dargelegt. Insbesondere aber auch durch die Bekämpfung einer rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung und der in diesem Zusammenhang angefallenen Rechtsberatungs- und –vertretungskosten von bislang ca. 6.000 Euro manifestiere sich ein für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages jedenfalls ausreichendes Interesse bzw ein aus der geltend gemachten Rechtswidrigkeit resultierender Schaden der Antragstellerin.

 

Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die den Ausschreibungsunterlagen beiliegende Projektbeschreibung verfasst habe. Darüber hinaus sei die Projekterstellung, die technische Verfahrensbegleitung im Hinblick auf allfällige Fragenbeantwortungen in der Angebotsphase sowie die Mitwirkung an der Eignungs-, Auswahl- und Angebotsprüfung im Vergabeverfahren die Bauleistungen betreffend (für welche nunmehr die ÖBA ausgeschrieben worden sei) durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfolgt. Das Angebot der I.. sei aufgrund dieser umfangreichen Vorarbeiten bei rechtskonformer Vorgehensweise vom weiteren Vergabeverfahren auszuscheiden gewesen.

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe an der Erstellung der Unterlagen für das gegenständliche Vergabeverfahren insofern intensiv mitgewirkt, als die Projektbeschreibung für die Ausführungsleistungen, für die die Ö.. ausgeschrieben war, von  ihr stamme. Kritisch sei dabei insbesondere, dass die Massenermittlung für die im Rahmen der Ö.. zu beaufsichtigenden Bauarbeiten von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erstellt wurden, diese daher hinsichtlich der Frage der Kosteneinhaltung, Über- oder Unterschreitung im Rahmen der Bauausführung eine ganz andere Informationsausgangsbasis habe als alle übrigen Bieter. Vor allem dürfe nicht übersehen werden, dass im gegenständlichen Vergabeverfahren das Anbot eines Pauschalpreises verlangt war. Jener Bieter, der wesentlich detailliertere Kenntnis über Art, Umfang und Risken des ausgeschriebenen Leistungsgegenstandes gegenüber alle anderen Bieter habe, auch im Hinblick auf die nicht in den Ausschreibungsunterlagen niedergeschriebenen Randumstände der Leistungserbringung hier wesentlich treffsicherer kalkulieren könne und daher bei der Ermittlung des Pauschalangebotspreises einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil habe. Auch dürfe nicht übersehen werden, dass gerade bei Pauschalofferten Risiken und Unsicherheiten nur in Form von Aufschlägen berücksichtigt werden können. Wer also die Randumstände der Leistungserbringung besser kenne, könne knapper und mit geringeren (wenn nicht sogar ohne) Risikoaufschlägen kalkulieren und anbieten.

Dass eine vertiefte Kenntnis der Planung, Kalkulation, Massenermittlung und des Vertragswerkes jener Leistungen, die im Rahmen der Ö.. im Zuge der hier ausgeschriebenen Leistungen zu beaufsichtigen sind, ebendiese Zusatzinformationen und damit diesen Wettbewerbsvorsprung mit sich bringen, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin als vergebende Stelle für die Ausschreibung jener Ausführungsleistungen, deren Beaufsichtigung im Rahmen der Ö.. nunmehr zur Vergabe anstehe, verfüge daher aufgrund ihrer Vorbefassung mit dem Ausschreibungsgegenstand über derartige zusätzliche Informationen und damit über den oben aufgezeigten (gesetzwidrigen) Wettbewerbsvorsprung.

Besonders kritisch sei die Situation jedoch im Zusammenhang mit dem Entgeltmodell. Grundsätzlich stehe der Ö.. nur ein Pauschalentgelt zu. Im Fall von Kostenüberschreitungen könne der Ö.. aber nach Maßgabe von Pkt. 4.6. des ausgeschriebenen Vertrages ein Prämienanspruch zustehen.

Weil die präsumtive Zuschlagsempfängerin aber als vergebende Stelle im vorgelagerten Vergabeverfahren die mit den ausführenden Unternehmen abgeschlossenen Verträge kenne, könne sie wesentlich besser einschätzen, ob Kostenunterschreitungen, die zu einer Prämienzahlung an den Ö..-Auftragnehmer führen, zu erwarten sind oder nicht. Diese Einschätzung sei in höchstem Maße kalkulationsrelevant. Vertiefte Kenntnisse über zu erwartende Prämienzahlungen seien daher ausschlaggebend für das Preisangebot und daher Wettbewerb beeinträchtigend. Auch scheint nicht ersichtlich, warum auf die Beteiligung der I.. nicht verzichtet werden könne, insbesondere, weil das betroffene Marktsegment nicht so klein sei, dass ohne den Vorarbeiter kein wirklicher Wettbewerb möglich erscheine.

Im Ergebnis sei durch die Teilnahme der I.. am gegenständlichen Vergabeverfahren ein fairer und lauterer Wettbewerb ausgeschlossen und wäre das Angebot der I.. auszuscheiden gewesen.

Bezüglich der Zuschlagskriterien wurde ausgeführt, dass das Gebot einer objektiven und transparenten Bestbieterermittlung es erfordert, dass der Auftraggeber die von ihm festgelegten Zuschlagskriterien zu konkretisieren hat. Der Bieter muss eine genaue Kenntnis davon erhalten, wie die Angebote nach den Zuschlagskriterien bei der Bestbieterermittlung bewertet werden, insbesondere welche Anforderungen unter den Begriffen Qualifikation, Berufserfahrung, praktische Umsetzbarkeit, Übersichtlichkeit, Effizienz oder Schlüssigkeit zu verstehen sind. Nach der Spruchpraxis des BVA müsse ein Zuschlagskriterium so weit konkretisiert sein, dass es von durchschnittlich fachkundigen Bietern in gleicher Weise ausgelegt werden könne. Insbesondere müsse für den Bieter im Vorhinein erkennbar sein, unter welchen Umständen der Auftraggeber wofür welche Punkteanzahl vergeben werde und welche Eigenschaften eines Zuschlagskriteriums für den Auftraggeber wünschenswert und wichtig sind. Diesen Anforderungen werden die gegenständlichen Zuschlagskriterien jedenfalls nicht gerecht.

Das Zuschlagskriterium Entgelt werde mit 75 % gewichtet. Es fehlen jedoch jegliche Hinweise (Berechnungsmethode, Erläuterung), wie die gelegten Angebote mit unterschiedlichen Preisen im Verhältnis zueinander zu bewerten seien.  In Pkt. 6.2. der Ausschreibungsunterlage werde lediglich festgehalten, dass das Angebot mit dem niedrigsten Preis 750 Punkte erhalte und die übrigen Angebote eine ihrer Abweichung zum Bestangebot entsprechend verringerte Punkteanzahl. Diese Textierung lasse mehrere Berechnungsmöglichkeiten zu, etwa: Bestpreis dividiert durch konkreter zu bewertender Preis, multipliziert mit 750. Ebenso könne aber auch argumentiert werden, dass ein prozentueller Abschlag von 750 Punkten in Abhängigkeit zum Abstand der beiden Offerte gerechnet werde. In diesem Fall wäre der Mehrpreis in Prozent des Billigstpreises zu errechnen (im konkreten Fall: 27,34%), daher die Punkte um 27,34 % zu verringern. Freilich seien noch weitere Rechenmodelle denkbar. Im Ergebnis sei nicht nachzuvollziehen, wie viele Punkte ein im Zuschlagskriterium Entgelt zweitgereihtes Angebot im Verhältnis zum Angebot mit dem niedrigsten Preis erhalte. Diese Vorgehensweise erfülle nicht die Anforderungen an die Zuschlagskriterien im Sinne des Transparenzgrundsatzes. So müsse eine sachlich begründbare Auftraggeberentscheidung auf Basis der Zuschlagskriterien, die bereits in der Ausschreibungsunterlage bekannt gegeben werden, getroffen werden. Dies inkludiere auch die Formel, anhand derer der Punkteabstand der Angebote mit höheren Preisen im Verhältnis zu dem Angebot mit dem niedrigsten Preis ermittelt werde. Eine sachliche Begründung der Ermittlung des Bestbieters setze im Ergebnis voraus, dass die Bestbieterermittlung aufgrund der Ausschreibungsunterlagen objektiv nachvollziehbar sei. Hätte es doch der Auftraggeber in der Hand, Zuschlagskriterien erst nach Angebotslegung näher zu spezifizieren und somit unzulässigerweise das Ergebnis des Vergabeverfahrens beeinflussen zu können.

Auch die von der Auftraggeberin gewählten Subsubzuschlagskriterien Qualifikation und Berufserfahrung des Schlüsselpersonals und praktische Umsetzbarkeit, Übersichtlichkeit, Effizienz und Schlüssigkeit des Konzepts ermöglichen eine Willkür nicht ausschließende Bestbieterermittlung. Die bloße Festlegung, dass die Effizienz des Konzepts bewertet werde, sei unzureichend, wenn nicht klargestellt werde, um welche spezifischen Zieles es der Auftraggeberin bei der Darstellung des Konzepts gehe. Die gegenständlichen Subkriterien wurden in der Ausschreibung ohne jegliche Erläuterungen festgesetzt, sodass in keiner Weise nachvollziehbar sei, wie ein mehr oder weniger Erfüllen dieser Kriterien im Rahmen einer abgestuften, vergleichenden Bewertung der Angebote berücksichtigt werde. So sei nicht nachvollziehbar, unter welchen Umständen das Konzept als schlüssig zu qualifizieren sei. Unklar sei ferner, was unter dem Kriterium Umsetzbarkeit des Projekts genau besser oder schlechter bewertet werde. Auch wurde kein Hinweis gegeben, welche Berufserfahrung des Schlüsselpersonals – etwa in welcher Position und in welchem Ausmaß dieses tätig war – angegeben werden müsse, um die beste Bewertung erreichen zu können. Es sei nicht klar, ob etwa die größere Anzahl an Mitarbeitern mit Erfahrung besser bewertet werde als die größere Erfahrung weniger (oder eines) Mitarbeiter(s), der (die) aber eine größere Anzahl an Projekten vorweisen (kann) können. Wird die Erfahrung als Projektleiter höher oder genauso hoch bewertet wie die Mitarbeit an dem Projekt?  Völlig unklar bleibe, welche Qualifikation besser oder schlechter bewertet werde.

 

Derartige Zuschlagskriterien seien jedenfalls ungeeignet, die Transparenz der Zuschlagsentscheidung zu gewährleisten. Die Auftraggeberin könne völlig frei und geradezu willkürlich entscheiden, nach welchen Zielsetzungen sie die Angaben im Angebot eines Bieters beurteile, ohne dies vorher in der Ausschreibung angekündigt zu haben. Eine sachlich nicht begründbare Bevorzugung eines Bieters sei dabei nicht denkunmöglich. Angesichts des Fehlens konkretisierender Erläuterungen zu den Zuschlagskriterien sei eine objektive Bewertung der Angebote sowie eine daran anschließende objektive nachvollziehbare Bestbieterermittlung an Hand der vorgegebenen Zuschlagskriterien ausgeschlossen und somit rechtswidrig. Das Vergabeverfahren wäre daher zu widerrufen gewesen.

 

Der Umstand, dass die Antragstellerin die Ausschreibungsunterlage nicht angefochten habe, vermag die Rechtswidrigkeit der Bestbieterermittlung auf der Grundlage von nicht nachvollziehbaren Zuschlagskriterien nicht zu beseitigen. Zwar sei die Ausschreibungsunterlage samt den Zuschlagskriterien bestandfest geworden. Allerdings sei auf Grundlage der bestandsfesten Zuschlagskriterien eine Bestbieterermittlung unter Ausschluss jeglichen Willkürelements des Auftraggebers nicht zugänglich und daher rechtswidrig.

 

Im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin eingangs auf die Ausführungen im Hauptantrag und bringt weiters vor, dass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Zuschlagserteilung keine schwerer wiegenden, möglicherweise geschädigten Interessen des anderen Bieters und der Auftraggeberin sowie kein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens entgegenstehen würde. Die Auftraggeberin habe bei der terminlichen Projektplanung die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens mitzuberücksichtigen.

Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Auftragsvergabe sei nicht ersichtlich. Die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung überwiegen jedenfalls deshalb, da die Auftraggeberin einem allfälligen bestehenden Interesse an einer möglichst raschen  Vergabe durch eine zeitgerechte – und etwaige Verzögerungen berücksichtigende - Ausschreibung Rechnung tragen hätte können und ein diesbezügliches Unterlassen auch nach der Judikatur des VfGH zu Lasten der Auftraggeberin gehe. Es überwiege daher das Interesse der Antragstellerin auf Beseitigung der im gegenständlichen Verfahren von der Auftraggeberin zu verantwortenden Vergabeverstöße bei weitem.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die M D GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Mit Eingabe vom 13.3.2009 wurde seitens der Auftraggeberin die rechtsfreundliche Vertretung durch die S C & Partner Rechtsanwälte GmbH bekannt gegeben und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine Stellungnahme abgegeben werde.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art.127 Abs.3 und Art. 127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art. 127a Abs.3 B-VG überprüft der Rechungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 B-VG letzter Satz gelten Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z1 lit.b und c und der Z2 lit.b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

Aufgrund des Firmenbuchauszuges besteht die M-D GmbH ausschließlich aus den Gesellschaftern Marktgemeinde Mauthausen, Marktgemeinde Naarn im Me, Marktgemeinde Mitterkirchen im M, Marktgemeinde Baumgartenberg, Marktgemeinde Saxen, Stadtgemeinde Grein und Marktgemeinde St. Nikola an der Donau, die je eine Stammeinlage von 5.000 Euro geleistet haben.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen des B-VG ist ein Unternehmen, an dem eine Gemeinde unabhängig von ihrer Einwohnerzahl allein oder gemeinsam mit anderen Gemeinden mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist, öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art. 14b Abs.2 lit.c B-VG. Da an der M-D GmbH ausschließlich Gemeinden am Stammkapital beteiligt sind, ist die M-D GmbH öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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