Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522063/19/Bi/Se

Linz, 13.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn K P, L, vertreten durch RA Mag. K F. L, L.L.M., L, vom 26. August 2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 12. August 2008, FE-933/2008, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und festgestellt wird, dass der Berufungswerber  auf ein Jahr befristet – in einem Jahr Nachuntersuchung mit Vorlage einer fachärztlich-psychia­trischen Stellungnahme – gesund­heitlich geeignet ist zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B unter der Auflage, dass er sich im Abstand von jeweils drei Monaten einer amtsärztlichen Kontroll­untersuchung zu unterziehen und zu diesem Zweck der BPD Linz unaufgefordert und auf seine Kosten aktuelle Leberwertbefunde für MCV, CDT, GGT, GOT und GPT sowie Bestätigungen über eine psycho­therapeutische und eine fachärztlich-psychiatrische Behandlung vorzu­legen hat, und mit der Einschrän­kung, dass beim Lenken eines Kraftfahrzeuges absolute Alkohol­karenz einzu­halten ist – Eintragung des Codes "05.08" im Führer­schein.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.1 FSG die von der BPD Linz am 13. April 2007, Zl. 07107848, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, gerechnet ab mündlicher Verkündung des Bescheides am 12. August 2008, bis zur behördlichen Feststellung der Wieder­eignung entzogen und gemäß § 64 Abs.2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung versagt.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Auf die in der Berufung beantragte öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung wurde ausdrücklich verzichtet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, Dr. L habe empfohlen, ihm die Lenkberechtigung befristet auszufolgen, parallel regelmäßig Leberwerte zu kontrollieren und zusätzlich regelmäßig psychiatrische und psychotherapeu­tischen Begleitung anzuordnen. In einem Jahr sei eine neuerliche ärztliche Kontroll­­untersuchung und psychiatrische Begutachtung indiziert. Laut verkehrs­psycho­logischer Stellungnahme vom 8.7.2008 sei im Hinblick auf Alkoholkonsum eine ungünstige Prognose ausgewiesen. Die in der Kontrollskala ausgewiesene Normabweichung, die auf seine Orientierung der Antwort auf soziale Erwünscht­heit und eine unkritische Selbstwahrnehmung hindeute, sei in diesem Zusammen­hang ohne jede Relevanz. Der daraus gezogene Schluss auf Zweifel an der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei nicht tragbar, zumal auch eine deutliche Reduktion der Alkoholmengen und eine Veränderung der alkoholfreund­lichen Freizeitbeschäftigung, sohin ein markanter Wechsel in seiner Lebens­ein­stellung festgestellt worden sei. Den im Gutachten angesprochenen Problem­kreisen könne mit den von Dr. L vorgeschlagenen Kontrollen zweck­entsprechend und adäquat entgegnet werden. Die Polizeiärztin habe ihre Beurteilung auf die vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen aufgebaut, wobei aber die von ihr angenommene hohe soziale Auffälligkeit in keinem der Gutachten angenommen worden sei; auch die von ihr angezogenen psycho­patho­logischen Befunde wie überschießende Affekte und emotionale Instabilität entbehrten jeder Grundlage. Er sei natürlich bereit, seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zu dokumentieren und sich den angesprochenen psycho­therapeutischen und psychiatrischen Therapiesitzungen zu unterziehen sowie die genannten Laborbefunde vorzulegen. Daher könne eine Ausfolgung der Lenk­berechtigung, zumindest befristet auf sechs Monate unter Auflagen befürwortet werden. Beantragt wird (nach Durchführung einer mündlichen Berufungs­verhandlung) die Ausfolgung der Lenkberechtigung; in eventu eine befristete Ausfolgung unter Auflagen, in eventu Bescheidaufhebung und  Rückverweisung an die Erstinstanz zur neuerlichen Entscheidung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der 1988 geborene Bw im Jahr 2005 eine Lenkberech­ti­gung für die Klassen A und B erworben hat, die ihm in der Folge zweimal wegen Verkehrsunzuverlässigkeit infolge Verursachung von Verkehrsunfällen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,67 mg/l bzw 0,87 mg/l AAG), Lenken eines Pkw ohne Lenkbe­rechti­gung, Gewalt gegen zufällig anwesende Personen, entzogen wurde, insgesamt von 7.5.2007 bis 5.8.2008, wobei der Bw im Juli 2008 auch eine  Nachschulung für alkoholauffällige Lenker absolviert hat.

Aufgrund eines negativen amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG wurde dem Bw mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, gerechnet ab 12. August 2008, entzogen.

 

Laut psychiatrischer Stellungnahme Dris. B L, Facharzt für Psychiatrie, vom 4. August 2008 sind beim Bw Kriterien für ein manifestes Abhän­­gig­­keitssyndrom nicht sicher nachweisbar, jedoch ist schädlicher Gebrauch von Alkohol zu diagnostizieren. Bedarf an einer alkoholspezifischen Therapie besteht nicht, aufgrund fehlender Hinweise für eine Amnesie bestehen keine Hinweise für einen pathologischer Rausch. Psychopathologisch finden sich bei der Untersuchung Hinweise für Antriebssteigerung, überschießenden Affekt und emotionale Instabilität. Unter Alkohol ist aufgrund dieser Konstellation mit einer Zunahme der Symptomatik zu rechnen, weiters ist unter Alkoholeinfluss mit einer weiterhin erhöhten Wahrscheinlichkeit eines neuerlichen Kontrollverlustes zu rechnen. Aufgrund der wiederholten Delikte in geringem zeitlichem Abstand und der Schwere der Ereignisse ist ein Schutz durch eine Psychopharmakathera­pie und Psychotherapie notwendig. Laut FA-Stellungnahme ist eine Lenkberech­tigung vorerst nur mit Befristung bei weiters unauffälligem VPU-Befund möglich. Empfohlen werden regelmäßige Kontrollen von GGT, GOT, GPT, CDT und zusätzlich regelmäßige psychiatrische und psychotherapeutische Begleitung und außerdem in einem Jahr eine neuerliche ärztliche Kontrolluntersuchung und psychiatrische Begutachtung aufgrund der erhöhten Rückfallsgefahr.

 

Der Bw hat mit November 2008 normwertige Leberlaborwerte (MCV, GOT, GGT, GPT und CDT) und weiters die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 15. Dezember 2008 vorgelegt, laut der ihm eine bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B attestiert wird, jedoch seien wegen der eingeschränkten persönlichkeits­bedingten Voraussetzungen ("noch nicht ganz stabile Persönlich­keits­struktur") strenge Kontrollmaßnahmen hinsichtlich Alkohol­kon­sum­verhalten vorzusehen, weil sich bei einem Zurückfallen in frühere Verhaltensmuster eine hohe Gefahr eines Fehlverhaltens ergebe. Der Bw sei aber problembewusst und einsichtig und die angegebene viermonatige Alkohol­abstinenz erscheine glaub­haft.

 

Die Amtsärztin hat im Gutachten vom 14. Jänner 2009 auf der Grundlage der psychiatrischen FA-Stellungnahme und der VPU sowie einer Untersuchung den Bw für befristet geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B befunden, wobei in einem Jahr eine Nachuntersuchung mit neuerlicher psychia­trischer Stellungnahme zu erfolgen habe und die Eignung unter folgenden Auf­lagen bestehe: Alle drei Monate eine Kontrolluntersuchung mit Vorlage von Bestätigungen über eine psychotherapeutische Behandlung und einer FA-psychia­trischen Behandlung sowie von MCV, CDT, GammaGT, GOT und GPT-Werten an die Behörde. Außerdem wird die Einschränkung der Lenkberechtigung auf absolute Alkoholkarenz beim Lenken eines Kraftfahrzeuges (0,0 %o) angeraten. Begründend führt die Amtsärztin dazu aus, dass der Facharzt für Psychiatrie beim Bw einen schädlichen Gebrauch von Alkohol und Verdacht auf emotionale Instabilität diagnostiziert habe sowie Hinweise für Antriebssteigerung, über­schießenden Affekt und emotionale Instabilität, sodass unter Alkohol auf­grund dieser Konstellation mit einer Zunahme der Symptomatik zu rechnen sei und unter Alkoholeinfluss mit einer weiteren erhöhten Wahrscheinlichkeit eines neuerlichen Kontrollverlustes zu rechnen sei, weshalb aufgrund der Schwere der Ereignisse ein Schutz durch Psychopharmakatherapie und Psychotherapie indi­ziert sei bzw die Lenkberechtigung vorerst nur unter zeitlicher Befristung und regelmäßiger Kontrolle der alkoholspezifischen Laborwerte und dem Nachweis regel­mäßiger psychiatrischer und psychotherapeutischer Begleitung erfolgen sollte. Aufgrund der fachärztlichen Bestätigung, dass unter Alkohol aufgrund dieser Konstellation mit einer Zunahme überschießender Affekte und einer Antriebssteigerung zu rechnen sei, sei auch absolute Alkoholabstinenz beim Lenken eines Kraftfahrzeuges zu fordern.

Der Bw hat im Rahmen des Parteiengehörs dieses Gutachten akzeptiert.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärzt­lichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erforder­nissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimm­­ten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG ua gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psy­chi­­sche Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erfor­derlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimm­un­gen erfüllen. 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fach­ärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchun­gen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Kein Zweifel besteht an der bedingten gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeuge der Klassen A und B aufgrund des amtsärztlichen Gut­achtens. Die darin angeführten Auflagen und die Einschrän­kung auf absolute Alkoholkarenz beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gründen sich schlüssig auf die psychiatrische Stellungnahme, wobei auf der Grundlage der Ereignisse vom Mai 2007 unschwer nachvollziehbar ist, dass ohne entsprech­ende Therapie und ohne Kontrolle seiner Alkoholkonsumgewohnheiten weitere derar­tige aggressionsge­steuerte Ausfälle beim Bw nach Alkoholkonsum nicht auszuschließen, ja geradezu zu erwarten wären. Dass solche Ausfälle wie die in den von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakten dokumentierten sozial nicht erwünscht und gesellschaftlich schlichtweg unzumut­bar sind, steht fest, wobei aufgrund der dem Bw bei der VPU attestierten "Nachreifung" zu hoffen bleibt, dass er sich auch im eigenen Interesse an diese Vorgaben hält. Die nunmehrige Wiedererteilung einer Lenkbe­rechtigung ist ein Vertrauensvorschuss, den der Bw zu rechtfertigen haben wird.

 

Bei der in einem Jahr vorgesehenen Nachuntersuchung unter Vorlage einer FA-psychiatrischen Stellungnahme soll geklärt werden, inwieweit die genannten Auf­lagen, die Befristung und die Einschränkung auf 0,0%o dann noch erforderlich sein werden.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung aus­schließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung war aus den gleichen Überlegungen wie den oben für die nunmehrigen Auflagen relevanten auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ohne jeden Zweifel geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

LB befristet (Nachuntersuchung mit psych. Stellungnahme) 1 Jahr + Auflagen (Leberwerte + Therapiebestätigungen alle 3 Monate) + 0,0%o (05.08.-Code)

 

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