Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522202/2/Bi/Se

Linz, 24.02.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R P, S, vom 2. Februar 2009 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 28. Jänner 2009, Zl.00327/VA/FE/2008, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Befristung, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Ausspruch über die Befristung der Lenkberechtigung behoben und festgehalten wird, dass die Kontrolluntersuchungen alle drei Monate für die Dauer eines Jahres, gerechnet ab 20. Jänner 2009,  zu erfolgen haben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß  §§ 5 Abs.5, 8 Abs.3, 13 Abs.5 und 6, 24 Abs.1 Z2 FSG die von der BPD Steyr am 26. Juli 1982 zu F 1001/81 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung durch Befristung bis 20. Jänner 2010 und durch die Auflage, Nachweise über ärztliche Kontrolluntersuchungen (psychiatrisch-fachärztliche Stellungnahmen) alle drei Monate, beginnend mit 20. April 2009, vorzulegen, eingeschränkt. Weiters wurde er aufgefordert, den Führerschein unverzüglich ab Bescheidverkündung vorzu­legen. Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 28. Jänner 2009.

 

2. Ausschließlich gegen die Befristung der Lenkberechtigung wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­­vorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberöster­reich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, weder im FA-Gutachten zu seiner Fahr­tauglichkeit noch im FA-Gutachten zu seiner Arbeitsfähigkeit als Exekutiv­beamter befinde sich ein Hinweis, warum eine Verschlechterung seines Gesund­heit­zustandes nicht nur möglich bzw nicht auszuschließen, sondern geradezu zu erwarten sei. Pauschale Hinweise reichten dazu nicht aus. Der Amtsarzt habe nicht für einen Nichtmediziner verständlich und nachvollziehbar dargelegt, warum bei ihm eine Krankheit vorliegen solle, bei der ihrer Natur nach mit einem Verlust oder der Einschränkung seiner Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gerechnet werden müsse. Die bloße Aussage, dass Kontrolluntersuchungen not­wendig seien, reiche für eine derartige Annahme nicht aus. Für den Exekutiv­dienst sei er unbe­fristet geeignet befundet worden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw sich am 16. Oktober 2008 freiwillig und selb­ständig in psychiatrische Behandlung begeben hat, nachdem er an anhaltender Schlafstörung, Verwirrtheit, Unkonzentriertheit und nach seinen Angaben an "Verfol­gungs­wahn" gelitten habe. Der behandelnde Arzt wies ihn ins LKH Steyr ein, wo er bis 3. November 2008 stationär behandelt wurde.

 

Dem Bescheid der BPD Steyr vom 21. November 2008 mit der Aufforderung, sich innerhalb von zwei Monaten ab Bescheidverkündung amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde vorzulegen, leistete er Folge und wurde am 25. November 2008 vom Polizeiarzt Dr. E gemäß § 8 FSG untersucht. Über Zuweisung vom 25. November 2008 legte er zwei psychiatrische Stellungnahmen vom 7. Jänner 2009  Dris. B S, FA für Psychiatrie und Neurologie, Steyr, vor, eine zur Fahrtauglichkeit und eine zur Arbeitsfähigkeit als Exekutivbeamter.

 

In der Stellungnahme zur Fahrtaug­lichkeit wird als Diagnose "Zustand nach manischer Episode mit psychotischer Symptomatik" angeführt und dargelegt, dass sich derzeit keine Hinweise auf eine rezente affektive Störung ergeben und der Bw in allen Qualitäten gut orientiert und kontaktfähig sei, es zeigten sich auch keine psychotischen Radikale. Der Bw nehme abends prophylaktisch noch 10 mg Zyprexa. Er verfüge über ein aus­reichend stabiles soziales Netz und erscheine derzeit psychisch wie physisch durchaus geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1. Eine Befristung vorerst auf ein Jahr erscheine zwecks Verlaufskontrolle unter der Bedingung fachärztlicher Betreuung indiziert. 

In der Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit als Exekutivbeamter wird ausgeführt, der Bw erscheine derzeit ausreichend psychisch stabil, um auch den alltäglichen Belastungen des Berufes als Exekutivbeamter gewappnet zu sein – das schließe auch den Dienst mit der Waffe ein.  

 

Laut polizeiärztlichem Gutachten Dris E vom 20. Jänner 2009, ist der Bw befristet auf 1 Jahr zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet unter der Auflage von Kontrolluntersuchungen mit Vorlage psychiatrischer Stellung­nahmen in dreimonatigem Abstand. Begründend führt der Polizeiarzt aus, derzeit bestehe ein ausreichend stabiler Gesundheitszustand unter medikamentöser Therapie. Wegen der Rezidivgefahr sei eine Befristung auf vorerst ein Jahr aus­zu­sprechen und in diesem Zeitraum sei kontinuierlich fachärztliche Betreuung notwendig, daher alle drei Monate eine psychiatrisch-fachärztliche Stellungnahme vorzulegen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 3 Abs.1 Z1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimm­­­ten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psy­chi­­sche Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erfor­derlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimm­un­gen erfüllen. 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten als ausreichend frei von psychischen Krank­heiten im Sinne des § 3 Abs.1 Z1 Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psy­chia­trische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifi­schen Leistungsfunktionen mitbeurteilt.

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 2.Satz FSG ist, wenn der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet ist, dass er ua sich ärztlicher Kontrolluntersuchun­gen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sach­liche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechti­gung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für  Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

  

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen ist nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Es bedarf da­her konkreter Sachver­halts­feststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder ein­schränkenden Verschlech­ter­ung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua).

 

Im ggst Fall geht die psychiatrische Stellungnahme von der Diagnose "Zustand nach manischer Episode mit psychotischer Symptomatik" aus, beschreibt aber keine beim Bw bestehende Krankheit im obigen Sinn, sondern betont im Gegen­teil, es ergäben sich keine Hinweise für eine rezente affektive Störung. Aus­drücklich hebt der FA für Psychiatrie hervor, dass der Bw das genannte Medika­ment "prophylaktisch noch" am Abend nimmt und die "Befristung zwecks Verlaufs­­kontrolle" für ein Jahr indiziert erscheint.

Kein Zweifel besteht an der bedingten gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeuge der Klasse B aufgrund des amsärztlichen Gutachtens, nämlich "wegen der Rezidivgefahr" gestützt durch die Auflage, alle drei Monate eine psychiatrisch-fachärztliche Stellungnahme vorzulegen.

Die FA-Stellung­nahme Primis. S ergibt aber keine schlüssige Grundlage für die Annahme einer "Krankheit", nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ausschließenden oder ein­schränkenden Ver­schlech­terung "gerechnet werden muss". Die letztlich im Hinblick auf die VwGH-Judikatur nicht schlüssig begründete Empfehlung einer zeitlichen Befristung der Lenkberechtigung durch den Facharzt und den Polizei­arzt ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates auch in diesem gesundheits­bezogenen Licht zu sehen, nämlich als dokumentierte Verlaufs­kontrolle in dem Sinn, dass durch die regelmäßig vorzulegenden FA-Stellung­nahmen eventuelle (aber nicht von Vornherein zu erwartende) eignungs­aus­schließende oder –einschränkende Verschlechterungen der gesundheitlichen Eignung des Bw rechtzeitig verdeutlicht werden. Die kritiklose Übernahme des (Rechts-)Begriffs "Befristung" samt den damit verbundenen Folgen würde hier jedoch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichts­hofes eklatant wider­sprechen.

Klarzustellen war aber, dass bei Wegfall der Befristung die Anordnung der Vor­lage von FA-Stellungnahmen nach einem Jahr, gerechnet ab dem Datum des polizeiärztlichen Gutachtens, endet.   

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Keine Krankheit bei der eignungsausschließende oder –einschränkende Verschlechterung zu erwarten ist -> Befristung behoben

 

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