Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281077/2/Wim/Jo

Linz, 28.02.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn H R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F R, Dr. H H, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 18. Februar 2008, Zl. Ge96-36-2007, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 87 Abs.3 BauV iVm §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ASchG einen Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden sowie ein 10-%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Als Arbeitgeber haben Sie die nachstehend angeführte vom Arbeitsinspektorat Wels am 20.9.2007 bei der Baustellenkontrolle in 'S – Wohnhaus Neueindeckung' festgestellte Verwaltungsübertretung wegen Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten:

 

Bei den von Ihren Arbeitnehmern auf dem ca. 24 ° geneigten Dach, im Schopfbereich ca. 38 °, bei einer Absturzhöhe von ca. 5,0 m und 7 m, durchgeführten Dacharbeiten (Neueindeckung des Daches) waren zum Zeitpunkt der Kontrolle keine geeigneten Schutzeinrichtungen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindert hätten, vorhanden. Am Dach waren weder Dachschutzblenden angebracht noch war ein Dachfanggerüst aufgestellt.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs.3 BauV dar, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m, geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben, das angeführte Straferkenntnis zur Gänze angefochten und zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass nach einer ursprünglichen Vereinbarung die Mitarbeiter seines Unternehmens die Sicherheitseinrichtungen der Firma K hätten weiterverwenden sollen. Aufgrund des vorherrschenden Schlechtwetters habe sich der ursprünglich für die Bauarbeiten vorgesehene Termin verschoben und konnte daher nicht unmittelbar nach Abschluss der Arbeiten der Firma K mit den Dachdeckerarbeiten begonnen werden.

Die Beschäftigten seines Betriebes seien über die Arbeitnehmerschutzbestimmungen, insbesondere über die Bauarbeiterschutzverordnung informiert und auch angewiesen, diese in jedem Fall einzuhalten. Die Beschäftigten würden aber in voller Eigenverantwortung handeln und sei die lückenlose Kontrolle der Baustellen hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht möglich. Ein zurechenbares schuldhaftes Verhalten lege daher nicht vor.

 

Im Übrigen sei ihm lediglich das Übertreten der Schutzvorschrift der Bauarbeiterschutzverordnung auf der Baustelle vorgeworfen worden. Die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung von Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften würden jedoch an seinem  Unternehmen getroffen.

 

Schließlich sei auch die verhängte Strafe jedenfalls überhöht. Es wurde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu das verhängte Strafmaß angemessen zu mindern.

 

 

3.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hab Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt.

 

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der Berufung stattzugeben war konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2)  die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Der Tatort ist essentielles Element der in den Spruch eines Straferkenntnisses nach § 44a Z1 VStG aufzunehmenden als erwiesen angenommenen Tat. Zu einem Austausch dieses wesentlichen Tatbestandselementes der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist die Berufungsbehörde auch dann nicht berechtigt, wenn sie damit nur einen der Strafbehörde erster Instanz unterlaufenen Irrtum richtigstellen will (VwGH vom 19.09.1996, 96/07/0002).

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Tatort dort wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies ist bei einem Unternehmer, dem der Verstoß gegen die spruchgemäßen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes zur Last gelegt wird, grundsätzlich der Sitz seines Unternehmens.

 

Da die Erstbehörde weder in den Verfolgungshandlungen insbesondere der Aufforderung zur Rechtfertigung noch auch im Spruch diesen Tatort angeführt hat entspricht das gegenständliche Straferkenntnis nicht den Erfordernissen des § 44a Z1 VStG und war dieses daher gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

4.2.   Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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