Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163839/19/Ki/Jo VwSen-522194/3/Ki/Jo

Linz, 06.03.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen von Frau S M S, R, P, vertreten durch P A, diese vertreten durch GF Mag. M P, P, L, vom 26. Jänner 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Jänner 2009, VerkR96-2684-2008, wegen einer Übertretung der StVO 1960 bzw. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Jänner 2009, VerkR21-134-2008, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. März 2009 zu Recht erkannt:

 

I.

Die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Jänner 2009, VerkR96-2684-2008, wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

 

II.

Zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz hat die Berufungswerberin im Verwaltungsstrafverfahren als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 300 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

III.

Der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Jänner 2009, VerkR21-134-2008, wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 9 Monate gerechnet ab dem Tag der Zustellung des im erstinstanzlichen Verfahren ergangenen Mandatsbescheides (6. September 2008)  festgesetzt wird. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 5a Abs. 2 StVO 1960;

zu III.: §§ 7 Abs. 1 Z1, 7 Abs. 3 Z1, 7 Abs. 4, 24 und 32 FSG iVm §§ 66 Abs. 4 und 67a AVG; § 64 Abs. 2 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Jänner 2009, VerkR96-2684-2008, wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 3. August 2008, um 17:40 Uhr den PKW Kennzeichen , im Gemeindegebiet von Perg im Kreuzungsbereich L 572 Naarntal Straße – B 3c Donau Straße in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Blutalkoholgehalt: 2,24 Promille) gelenkt. Sie habe dadurch § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a SVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) verhängt.

 

Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 150 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe, sowie zum Ersatz der Barauslagen in Höhe von 296,48 Euro für die klinische Untersuchung sowie die Blutalkoholbestimmung gemäß § 5a Abs. 2 StVO 1960 verpflichtet.

 

1.1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 2. Jänner 2009, VerkR21-134-2008, wurde der Berufungswerberin die Lenkberechtigung der Klasse B für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides sohin ab 6. September 2008 entzogen und ausgesprochen, dass ihr in dieser Zeit keine Lenkberechtigung neu erteilt werden darf (lit. a), angeordnet, sie habe sich auf ihre Kosten einer besonderen Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen und weiters eine verkehrspsychologische Stellungnahme und ein amtsärztliches Gutachten über ihre gesundheitliche Eignung beizubringen (lit. b), die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug aberkannt (lit. c) sowie das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten (lit. d).

 

1.2. Gegen diese erstbehördlichen Entscheidungen hat die Rechtsmittelwerberin jeweils mit Schriftsatz vom 26. Jänner 2009 Berufung erhoben. Der festgestellte Blutalkoholgehalt von 2,24 Promille wird ausdrücklich nicht bestritten, wohl aber, dass sie das Fahrzeug gelenkt hat.

 

Sie sei an diesem Tag gemeinsam mit ihrem Gatten auf einer Familienfeier gewesen und habe auf dieser Familienfeier einiges getrunken gehabt. Ihr Gatte habe nichts getrunken und es sei für sie klar gewesen, dass ihr Gatte fahre. Nach der Familienfeier hätten sie dann noch nach Linz weiterfahren wollen und vorher bei ihrer Tochter noch etwas abgeholt. Sie seien daraufhin gleich Richtung Perg weitergefahren. Ihre Tochter habe gesehen, dass ihr Gatte und nicht sie das Fahrzeug gelenkt habe.

 

Sie seien dann weiter Richtung Perg gefahren und sei das Fahrzeug ihres Gatten, da er ein sehr vorsichtiger, man könne sogar sagen langsamer, Fahrer sei, von einer Bekannten überholt worden.

 

Bei der Wegfahrt vom Gasthaus, bei ihrer Tochter in R als auch auf der Naarntalstraße auf Höhe Kuchlmühle könne seitens von Zeugen bezeugt werden, dass ihr Gatte das Auto gelenkt habe und sie auf dem Beifahrersitz gesessen sei. Es sei nunmehr völlig unlogisch, dass sie zwischen Kuchlmühle und der Unfallstelle (geschätzte Fahrzeit drei bis fünf Minuten) plötzlich mit ihrem Ehegatten hätte Platz tauschen sollen.

 

Die nach dem Unfall eintreffenden Beamten hätten bemerkt, dass die Sitzstellung des Fahrersitzes deutlich weiter vorne positioniert gewesen sei, als jene des Beifahrersitzes. Ihr Gatte sei klein und habe keine Zehen, er bediene daher die Pedale mit den Ballen und müsse ganz vorne sitzen. Sie selbst sei sehr groß und wiege rund 100 kg. Sie müsse den Sitz immer ganz hinten haben, damit sie fahren könne.

 

Wenn der Unfallgegner sowie seine Gattin und seine Tochter angeben, sie selbst hätte das Fahrzeug gelenkt, sei dies absolut unglaubwürdig. Zum Zeitpunkt des Unfalles sei die Sonne genau aus dem Westen gekommen und sei die Familie des Unfallgegners im Auto total geblendet gewesen. Weiters sei das Fahrzeug der Familie des Unfallgegners erst einige Meter hinter ihrem Auto zu stehen gekommen und habe die Familie gar nicht sehen können, wer aus ihrem Auto auf welcher Seite ausgestiegen sei. Sie habe kurz nach dem Unfall mit dem Lenker des gegnerischen Fahrzeuges ziemlich heiß zu streiten begonnen und sie glaube, dass der gegnerische Unfalllenker sie deshalb beschuldige, sie wäre mit dem Kraftfahrzeug gefahren.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufungen ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 28. Jänner 2009 (Verwaltungsstrafverfahren) bzw. vom 5. Februar 2009 (FSG-Verfahren) vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG (Verwaltungsstrafverfahren) bzw. § 35 Abs. 1 FSG (FSG-Verfahren) gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufungen wurden innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Perg eingebracht und sie sind daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. März 2009.

 

An dieser Verhandlung nahm die Berufungswerberin im Beisein ihres Rechtsvertreters teil, seitens der belangten Behörde nahm ebenfalls ein Vertreter teil.

 

Als Zeugen geladen wurden GI F P, R K, E K, B K, T S (Tochter der Berufungswerberin), H S (Gatte der Berufungswerberin) sowie E R.

 

Aus einer Anzeige der Polizeiinspektion P vom 4. August 2008 (anzeigender Beamter: GI. F P) geht hervor, dass der Meldungsleger anlässlich einer Verkehrsunfallsaufnahme am 3. August 2008 bei der Berufungswerberin Alkoholisierungssymptome wahrgenommen hat. Auf Grund von Angaben von Unfallbeteiligten bestand jedenfalls der Verdacht, dass sie vor dem Verkehrsunfall eines der unfallbeteiligten Kraftfahrzeuge gelenkt hat. Sie selbst bestritt jedoch sofort, dass sie das Kraftfahrzeug lenkte, gelenkt habe ihr Gatte. Dies wurde vom Gatten auch bestätigt. Da aus in der Person der Berufungswerberin gelegenen Gründen die Durchführung eines Alkotests nicht möglich war, wurde eine klinische Untersuchung mit Blutabnahme durchgeführt. Eine Alkoholbestimmung durch die Gerichtsmedizin Salzburg-Linz (allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger Prof. Dr. rer. nat. T K) ergab eine relevante Blutalkoholkonzentration von 2,24 Promille, was eine hochgradige Alkoholbeeinflussung darstellt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat in der Folge im Ermittlungsverfahren eine zeugenschaftliche Befragung der Beteiligten vorgenommen:

 

R K laut Niederschrift vom 2. Oktober 2008:

"Zur Tatzeit wurde der PKW von meinem Gatten gelenkt, ich saß am Beifahrersitz. Bevor es zur Kollision kam, habe ich gesehen, dass in diesem PKW zwei Personen saßen, am Beifahrersitz ein Mann und eine Frau hat das KFZ gelenkt. Nach der Kollision blieb mein Mann sofort stehen und ich stieg aus. Der andere PKW ist ebenfalls nach ein paar Metern stehen geblieben, ich konnte deutlich sehen, dass ein Mann rechts ausstieg und die Lenkerin stieg links aus. Der Mann zeigte den Führerschein und sagte immer wieder, dass er gefahren sei. Ich konnte jedoch eindeutig sehen, dass der PKW von einer Frau gelenkt wurde."

 

E K laut Niederschrift vom 2. Oktober 2008:

"Nach dem Unfall blieb ich sofort stehen. Der andere Lenker blieb nach ca. 5 bis 6 m stehen. Ich stieg aus und konnte sehen, dass im anderen PKW zwei Personen saßen, am Fahrer- und Beifahrersitz. Am Fahrersitz saß eine Frau, am Beifahrersitz ein Mann. Beide stiegen aus und ich konnte sehen, dass die Frau auf der Fahrerseite ausstieg."

 

B K laut Niederschrift vom 2. Oktober 2008:

"Meine Eltern, meine kleinere Schwester und ich fuhren mit dem PKW in Perg. Ich saß am Rücksitz rechts hinten. Nach dem Unfall bin ich so wie meine Eltern ausgestiegen. Ich konnte eindeutig sehen, dass der Unfall von einer Frau verursacht wurde. Der PKW wurde von einer Frau gelenkt, ein Mann saß am Beifahrersitz."

 

T S laut Niederschrift vom 16. Oktober 2008:

"Ich ging gerade mit dem Hund aus dem Haus, als ich meine Mutter S S im Auto auf dem Beifahrersitz sah. Gefahren ist zu diesem Zeitpunkt H S."

 

H S laut Niederschrift vom 10. Oktober 2008:

"Ich habe am 3.8.2008 um 17:40 Uhr den PKW, Kennzeichen  gelenkt und auch den Verkehrsunfall in Perg, Kreuzung Naarntalstraße – B 3c verursacht."

 

E R laut Niederschrift vom 12. Dezember 2008:

"Am 3. August 2008 für ich mit dem Auto von Bad Zell nach Grein. Ca. auf Höhe der sog. Kuchlmühle überholte ich einen sehr langsam fahrenden PKW. Beim Überholvorgang konnte ich den mir von früher bekannten H S als Lenker erkennen. Wir trafen uns zufällig einmal am Südbahnhofmarkt im September in Linz und anlässlich dieses Zusammentreffens erzählte er mir die Geschichte und er machte mich darauf aufmerksam, dass ich ihn damals überholt habe."

 

Bei der Einvernahme im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung verblieben die Zeugen im Wesentlichen bei ihren im erstbehördlichen Verfahren getätigten Aussagen bzw. Angaben, die Berufungswerberin bestritt aber nach wie vor, dass sie zum Unfallszeitpunkt den PKW gelenkt hat. T S hat sich als Tochter der Berufungswerberin der Aussage entschlagen. Sowohl R als auch E K gaben zu Protokoll, dass sie unmittelbar vor dem Unfall mit der Lenkerin des anderen Fahrzeuges Blickkontakt hatten bzw. dass eine männliche Person nach dem Unfall auf der Beifahrerseite ausgestiegen ist. Laut Aussage des E K soll H S beim Aussteigen einen Stock benutzt haben, was von Letzterem allerdings bestritten wird.

 

Aus den vorliegenden erstbehördlichen Verfahrensunterlagen (Führerscheinregister) geht hervor, dass der Berufungswerberin wegen eines Alkoholdeliktes (ab inkl. 0,8 mg/l Atemluftalkoholgehalt) die Lenkberechtigung vom 1. November 2007 bis 1. März 2008 entzogen war.

 

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gab die Berufungswerberin zu Protokoll, dass sie monatlich ca. 1.800 Euro netto verdiene, für zwei Kinder Sorgepflichten habe und sie kein Vermögen aufweisen könne.

 

2.5. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Angaben der "Belastungszeugen" der Wahrheit entsprechen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Zeugen zur Angabe der Wahrheit verpflichtet sind bzw. im Falle einer falschen Zeugenaussage auch in einem Verwaltungverfahren mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist. Es mag durchaus zutreffen, dass es zwischen den "Unfallsgegnern" zu einem Disput gekommen ist, daraus aber abzuleiten, dass deswegen der Berufungswerberin eine nicht begangene Verwaltungsübertretung unterstellt werden könnte, lässt sich konkret nicht begründen. Der Umstand, dass bei der Aussage des E K bei der Berufungsverhandlung erstmalig von einem Stock die Rede war, den Herr S beim Aussteigen benutzt haben soll, lässt die Aussage des Zeugen in Gesamtbetrachtung nicht in Zweifel ziehen. Auch dass möglicherweise eine Blendung der Zeugen durch die im Westen stehende Sonne eingetreten sein könnte, ist nicht auszuschließen. Es darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Zeugen R und E K nicht nur wahrgenommen haben, dass eine Frau am Fahrersitz und ein Mann sich am Beifahrersitz befunden haben, sondern beide auch wahrgenommen haben, dass ein Mann auf der Beifahrerseite ausgestiegen ist. Eine derartige Wahrnehmung wird auch trotz einer allfälligen Blendung durch Sonneneinwirkung im Regelfalle möglich sein, auch dann, wenn das Fahrzeug der Zeugen in einigen Metern Entfernung zum Stillstand gekommen ist. Im Übrigen war das Fahrzeug der "Belastungszeugen" in Fahrtrichtung Osten unterwegs, sodass beim erwähnten Blickkontakt zur Tatzeit einen Blendung durch die Sonne ohnedies auszuschließen ist.  Der Umstand, dass die Sitzstellung des Fahrersitzes deutlich weiter vorne positioniert gewesen ist, als jene des Beifahrersitzes, steht der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen ebenfalls nicht entgegen. Laut der oben zitierten Anzeige der Polizeiinspektion P hat die Berufungswerberin ihre Körpergröße mit 168 cm angegeben, diese Körpergröße lässt sich jedenfalls mit einer entsprechenden Positionierung des Fahrersitzes in Einklang bringen. Im Übrigen könnte die Positionierung unmittelbar nach dem Verkehrsunfall auch verändert worden sein.

 

Allgemein machten die "Belastungszeugen" einen seriösen und glaubwürdigen Eindruck, es können keine wesentlichen Widersprüche festgestellt werden und es widersprechen ihre Angaben auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.

 

Die Tochter der Berufungswerberin bestätigt im erstinstanzlichen Verfahren zwar, dass sie zum Zeitpunkt, als sie aus dem Haus ging, gesehen hat, dass H S gefahren ist, wer aber zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls gelenkt hat, konnte sie naturgemäß nicht wahrnehmen. Diese Annahme trifft auch auf die Aussage der Zeugin R zu, zumal sich die von ihr geschilderte Beobachtung ebenfalls nicht auf den Unfallort bezieht.

 

Formell stand auch der Gatte der Berufungswerberin unter Wahrheitspflicht, es kann jedoch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen werden, dass er seine Gattin schützen wollte. Immerhin war er nicht alkoholisiert und hätte daher der Verkehrsunfall für ihn nicht so schwerwiegende Konsequenzen gehabt, wie für seine Gattin. Es mag auch durchaus zutreffen, dass er zunächst tatsächlich den PKW gelenkt hat, es aber dann im Verlaufe der Fahrt nach Perg – nach dem von der Zeugin R geschilderten Überholvorgang – aus welchen Gründen immer zu einem Wechsel gekommen ist.

 

Die Berufungswerberin konnte sich – bezogen auf das Verwaltungsstrafverfahren – in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen sie gewertet werden, im vorliegenden Falle ist es ihr jedoch nicht gelungen, die Aussagen der "Belastungszeugen" zu widerlegen. Das festgestellte Ausmaß der Alkoholisierung wird ohnedies nicht bestritten.

 

2.6. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Am 3. August 2008 um 17:30 Uhr kam es in Perg im Kreuzungsbereich B 3c – Naarntalstraße zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei PKW, wobei einen dieser PKW die Berufungswerberin gelenkt hat. Wegen festgestellter Alkoholsierungssymptome wurde – da die Durchführung eines Alkotests nicht möglich war – eine klinische Untersuchung der Berufungswerberin mit Blutabnahme durchgeführt. Eine Alkoholbestimmung durch die Gerichtsmedizin Salzburg – Linz ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,24 Promille, was eine hochgradige Alkoholbeeinflussung bedeutet.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber, gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Das oben dargelegte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Berufungswerberin zur vorgeworfenen Tatzeit im Bereich des vorgeworfenen Tatortes ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Der Blutalkoholgehalt betrug zum Lenkzeitpunkt 2,24 Promille, was eine hochgradige Alkoholbeeinflussung bedeutet. Der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist somit erfüllt. Da auch keine Umstände festgestellt werden können, welche die Berufungswerberin im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden, ist der Schuldspruch im angefochtenen Straferkenntnis zu Recht erfolgt.

 

3.1.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat als Begründung für die Strafbemessung ausgeführt, dass die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Lage festgesetzt wurde (konkrete Angaben wurden jedoch nicht gemacht) und dem Ausmaß des Verschuldens entspricht.  Mildernde Umstände würden keine vorliegen, erschwerend sei eine gleiche Vormerkung aus dem Jahr 2007 gewertet worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellt zunächst fest, dass den sogenannten "Alkohol- und Drogendelikten" ein besonderer Unrechtsgehalt, welcher im hohen Potential der Gefährdung der Gesundheit und des Lebens anderer Menschen durch Lenken eines Fahrzeuges in einem alkohol- oder drogenbeeinträchtigtem Zustand zu Grunde liegt, beizumessen ist. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich einen entsprechend strengen Strafrahmen vorgesehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass die belangte Behörde bei der Strafbemessung Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat. Auch unter der Annahme ungünstiger sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse der Berufungswerberin sind unter Bedachtnahme auf die einschlägige Vorstrafe bzw. das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung sowohl die Geldstrafe als auch die Ersatzfreiheitsstrafe durchaus als angemessen zu betrachten.  Die verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, halten general­präventiven Überlegungen stand und sollen die Berufungswerberin im eigenen Interesse von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abhalten. Eine Herabsetzung kann daher nicht in Erwägung gezogen werden. Es steht ihr frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Geldstrafen in Teilbeträgen unter Nachweis ihres tatsächlichen Einkommens anzusuchen.

 

3.1.3. Der Kostenausspruch bezüglich Verwaltungsstrafverfahren stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

3.2.1. Gemäß § 24 Abs. 1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 26 Abs. 2 FSG ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.      die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Die Berufungswerberin lenkte am 3. August 2008 in Perg ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem festgestellten Blutalkoholgehalt von 2,24 Promille (siehe Punkt 3.1.1.). Es liegt somit eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache vor, die Entziehung der Lenkberechtigung wurde demnach dem Grunde nach zu Recht ausgesprochen.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ist grundsätzlich schon für sich alleine in hohem Maße verwerflich. Dazu kommt im vorliegenden Falle, dass es sich um ein wiederholtes Delikt handelt, bereits im Jahre 2007 musste der Berufungswerberin wegen eines Alkoholdeliktes die Lenkberechtigung entzogen werden. Offensichtlich hat diese Maßnahme keine entsprechende Bewusstseinsbildung bewirken können. Weiters ist auch das gravierende Ausmaß der konkret zu beurteilenden Alkoholbeeinträchtigung zu berücksichtigen.

 

Was das Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit anbelangt, so wird festgestellt, dass seit der Begehung der zuletzt begangenen strafbaren Handlung – nach dem Kenntnisstand der Berufungsbehörde – zwar offensichtlich ein Wohlverhalten gegeben war. Einem Wohlverhalten während eines bei der Behörde anhängigen Verwaltungsverfahrens kann jedoch nur geringe Bedeutung beigemessen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung bzw. die Prognose einer Verkehrsunzuverlässigkeit – laut aktueller Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Tatbegehung abzustellen ist (konkret 3. August 2008).

 

Wenn auch, wie bereits dargelegt wurde, die wiederholte Begehensweise sowie das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung wesentliche Faktoren im Rahmen der Wertung der bestimmten Tatsache zu Ungunsten der Berufungswerberin darstellen, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass im vorliegenden Falle, insbesondere auch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Tatbegehung mit der nunmehr festgelegten Entzugsdauer das Auslangen gefunden werden kann bzw. erwartet werden kann, dass nach Ablauf dieser Entzugszeit die Verkehrszuverlässigkeit der Berufungswerberin wieder hergestellt sein wird.

 

3.2.2. Gemäß § 24 Abs.3 (2. Satz) hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt.

 

Gemäß § 24 Abs. 3 (1. Satz) kann die Behörde unter anderem bei der Entziehung der Lenkberechtigung die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist gemäß § 24 Abs.3 (4. Satz) FSG unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen.

 

In Anbetracht der festgestellten Alkoholisierung ist der vorliegende Sachverhalt unter die Strafbestimmung des § 99 Abs.1 StVO 1960 zu subsumieren, weshalb die Anordnung einer Nachschulung (für alkoholauffällige Lenker) sowie der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung  durch die Behörde zwingend geboten war und somit die Berufungswerberin durch diese Anordnungen nicht in ihren Rechten verletzt wird.

 

3.2.3. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug immer geboten (VwGH 89/11/0252 vom 20.2.1990 unter anderem).

 

Die Berufungswerberin wurde sohin auch durch diese Anordnung nicht in ihren Rechten verletzt.

 

3.2.4. Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten,

2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden, oder

3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

In Anbetracht der festgestellten Verkehrsunzuverlässigkeit der Berufungswerberin musste auch das Verbot des Lenkens der bezeichneten Kraftfahrzeuge ausgesprochen werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren (FSG) sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

Mag. Alfred Kisch

 

 

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