Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522190/8/Br/RSt

Linz, 02.03.2009

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn T K, P, 41 S, gegen den Bescheid der Bezirks­haupt­mannschaft Rohrbach, vom 29. Jänner 2009, AZ. 07/220035, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der Bescheid wird im Umfang der Berufung (Verlängerung der Probezeit um ein Jahr [bis 28.9.2010] und Abgabe des Führerscheins zu dieser Eintragung) behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 und §§ 4a, 4b Abs.3 u. 4c Abs.2 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Berufungswerber aufgefordert, die 1. Perfektionsfahrt, 2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch und die 3. Perfektionsfahrt zu absolvieren.

Ferner wurde die Verlängerung der Probezeit um ein weiteres Jahr – bis 28.9.2010 - ausgesprochen.

Ebenfalls wurde dem Berufungswerber aufgetragen der Behörde darüber eine Bestätigung vorzulegen und auch den Führerschein unverzüglich zum Eintrag der Verlängerung der Probezeit vorzulegen. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung auf § 4 Abs.3, 4b u. § 4c Abs.2 FSG FSG.

 

 

 

1.1. Begründend führt die Behörde erster Instanz folgendes aus:

" Besitzer einer Lenkberechtigung der Klassen A oder B haben gemäß § 4a FSG unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs.3 anlässlich des erstmaligen Erwerbes jeder dieser Lenkberechtigungsklasse(n) innerhalb des in § 4b Abs.1 bis 3 vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Jene Personen, die gleichzeitig eine Lenkberechtigung für die Klassen A und B erworben haben, haben die zweite Ausbildungsphase für jede dieser Klassen zu durchlaufen.

Die zweite Ausbildungsphase für Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B hat folgende Inhalte zu umfassen:

1.   eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung

2.   ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

3.   eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz der Lenkberechtigung der Klasse A ist.

Die zweite Ausbildungsphase für Besitzer einer vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B hat folgende Inhalte zu umfassen:

1.) ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

2.) eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Die zweite Ausbildungsphase für Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse A umfasst ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist. Diese zweite Ausbildungsphase ist im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Klasse A zu absolvieren. Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse A bereits im Besitz der Lenkberechtigung der Klasse B ist.

Werden eine oder mehrere Stufen der Ausbildungsphase nicht innerhalb von zwölf Monaten (neun Monate im Fall der Klasse A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zu verständigen. Ist/Sind die fehlende(n) Stufe(n) dann nicht innerhalb von vier Monaten absolviert worden, hat die Behörde dem Betreffenden die Absolvierung dieser noch fehlenden Stufe(n) anzuordnen. Mit dieser Anordnung verlängert sich die Probezeit gem. § 4 Abs.3 FSG um ein weiteres Jahr. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs.3 FSG die Lenkberechtigung zu entziehen.

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Laut Meldung des Führerscheinregisters haben Sie die für die Klasse B im Spruch des Bescheides genannten Stufe(n) der Mehrphasenausbildung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist und der Nachfrist von 4 Monaten nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert.

Es ist daher die Absolvierung der fehlenden Stufen anzuordnen und die Probezeit zu verlängern."

 

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung.

" Ich möchte zum Bescheid Berufung einlegen mit folgender Begründung:

 

Ich bin seit 1.9.2008 beim Bundesheer, Grundausbildung Weitra Niederösterreich.

In dieser Zeit komme ich nicht oft nach Hause und übersah daher die rechtzeitige Terminvergabe mit der Fahrschule für die vorgegebenen Perfektionsfahrten.

 

Am 3.2.09 führte ich daraufhin sofort die Perfektionsfahrt durch. Der Termin für das Fahrsicherheitstraining ist für 21.2.2009 ausgemacht. Weiters folgt dann in der ersten März Woche die 3. Perfektionsfahrt. Ich lege Ihnen eine Kopie der Bestätigungen bei.

Ich bitte Sie daher von einer Verlängerung des Probeführerscheins abzusehen da ich bis 15.3.2009 alle notwendigen Fahrten absolviert habe.

Bitte um eine positive Rückmeldung.

 

Mit freundlichen Grüßen                            T K" (e.h. Unterschrift)

 

 

 

3.1 Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, die Beischaffung eines Auszuges aus dem Führerscheinregister und durch niederschriftliche Gewährung des Parteiengehörs gegenüber dem Berufungswerber. Ferner wurde eine Anfrage beim BRZ über den Nachweis der Zustellung des Erinnerungsschreibens getätigt, sowie die Bestätigung über die Absolvierung der Perfektionsfahrten und des Fahrsicherheitstrainings zum Akt genommen.

 

 

3.2. Sachverhalt:

Der Berufungswerber erwarb am 28.9.2007 die Lenkberechtigung für die Klasse B. Diese Berechtigung wurde als sogenannter Probeführerschein erteilt. Bis zum 28.1.2008 hätte die Mehrphasenausbildung abgeschlossen sein müssen.

Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, dass dem Berufungswerber ein Schreiben im Sinne des § 4c Abs.2, 2. Satz, worin er auf die Rechtsfolgen [Verlängerung der Probezeit und Entzug wenn dem nach weiteren vier Monaten nicht entsprochen wird] hingewiesen worden ist, auch tatsächlich zuging. Mit dem Hinweis der Behörde erster Instanz, wonach ein solches Schreiben automatisch vom BRZ versendet werde ist jedenfalls kein ausreichender Beweis, dass es tatsächlich auch zugestellt wurde und daher auch keine Grundlage letztlich die Rechtsfolgewirkung der Verlängerung der Probezeit um ein Jahr auszulösen.

Der Berufungswerber hat sich jedenfalls nach Zustellung dieses Bescheides sofort bei der Fahrschule zur Nachholung der weiteren Ausbildungsphasen angemeldet und noch am gleichen Tag die erste Ausbildungsphase absolviert (siehe Auszug aus dem Führerscheinregister). Bereits am 21.2.2009 wurde das Fahrsicherheitstraining bei der Fahrwelt K im Innviertel und am 2.3.2009 die zweite Perfektionsfahrt bei der Firma E absolviert (AS 5 u. AS 6).

 

 

 

3.2.1. Der Berufungswerber hat glaubhaft von seiner Säumigkeit erstmals durch den Aufforderungsbescheid erfahren. Seine an der Zustelladresse aufhältige Mutter bestätigte in diesem Verfahren ebenfalls kein derartiges Schreiben des Bundesrechenzentrums in der Post je vorgefunden zu haben (Beilage 1). Das Bundesrechenzentrum teilt über h. Anfrage mit, dass an den Berufungswerber das Erinnerungsschreiben nach § 4c Abs.2 FSG am 29.9.2008 zur Versendung gelangte. Einen Zustellnachweis gebe es für dieses Schreiben jedoch nicht (AS3).

Der dem "Mahnschreiben" vom Gesetz zugedachte Informationsinhalt ist sohin dem Berufungswerber – entgegen der Auffassung der belangten Behörde auch noch im Rahmen des Parteiengehörs – offenkundig doch vorenthalten geblieben. Er hat gleichsam erst durch den Bescheid über seine Säumigkeit Kenntnis erlangt. Er leistet seit 1.9.2008 seinen Präsenzdienst, sodass ihm die mit der Mehrphasenausbildung einhergehende Frist außer Evidenz gelangt sein dürfte.

 

 

4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 4a Abs.1 FSG haben Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klassen A und B unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs.3 leg.cit. anlässlich des erstmaligen Erwerbes jeder dieser Lenkberechtigungsklasse(n) innerhalb des in § 4b Abs.1 bis 3 FSG vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Jene Personen, die gleichzeitig eine Lenkberechtigung für die Klasse A und für die Klasse B erworben haben, haben eine zweite Ausbildungsphase für jede dieser Klasse zu durchlaufen.

Gemäß § 4b Abs.3 FSG hat die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse A ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrs­psychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, zu umfassen. Diese zweite Ausbildungsphase ist im Zeitraum von drei bis zu neun Monaten nach Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse A zu absolvieren. Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse A bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B ist.

Gemäß § 4c Abs.2 FSG ist, wenn eine oder mehrere der in § 4b leg.cit. genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3 nicht innerhalb von 12 Monaten nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert werden, der Führerscheinbesitzer zwölf Monate nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe(n) anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) [aber erst mit dieser] verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs.3 zweiter bis vierter Satz.

 

 

 

4.1. Der  § 22 AVG besagt,  "wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen, ist eine schriftliche Ausfertigung mit Zustellnachweis zuzustellen." Bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder wenn es gesetzlich vorgesehen ist, ist die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken."

Das es sich bei einer Verständigen im Sinne des § 4c Abs.2 FSG und die darin vorgesehene Fristsetzung  - bei sonstiger  Verlängerung der Probezeit - ob der  dahinter stehenden Rechtsfolgen um eine "wichtige Angelegenheit" handelt kann wohl nicht zu bezweifeln sein (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/08/0271);

Dieser gesetzlichen Bestimmung kann jedenfalls nicht zugesonnen werden, dass diese Verständigung als reine Serviceleistung zu verstehen wäre und es belanglos wäre ob diese dem Probeführerscheininhaber zukommt oder nicht.

 

 

 

4.2. Betreffend die Verlängerung der Probezeit sieht das Gesetz an sich selbst für unabwendbare Gründe an der fristgerechten Absolvierung keine Regelung vor. Eine Säumnis führt gemäß dem Wortlaut des Gesetzes, ungeachtet deren Ursache, zu einer Verlängerung der Probezeit. Umso mehr gilt es daher das entsprechende Schreiben als konstitutive Voraussetzung für das Auslösen der Rechtsfolgen für die Verlängerung der Probezeit zu qualifizieren.

Mit Blick auf die gesetzliche Bestimmung des § 4c Abs.2 vorletzter Satz FSG, welche vorsieht, dass die Behörde auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung absehen kann, wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachgewiesen werden, aus denen hervorgeht, dass innerhalb der festgesetzten Frist der oder die fehlenden Teil(e) nicht absolviert werden konnte(n), erscheint es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. um so mehr  auch betreffend die Probezeitverlängerung sachlich ebenfalls geboten, wenn das entsprechende "Mahnschreiben" nicht nachweislich zugegangen ist von der Verlängerung der Probezeit abzusehen.

Immerhin hat der Berufungswerber die säumigen Maßnahmen zwischenzeitig kürzest innerhalb der weiteren vier monatlichen Frist nach dem 28.1.2009 vollumfänglich erfüllt. Sohin besteht keine sachliche Grundlage dem Berufungswerber die Probezeit zu verlängern und ihn damit zu sanktionieren. Der UVS-Tirol hat etwa ausgesprochen, dass selbst eine durch die Leistung des Präsenzdienstes bedingte, nicht fristgerechte Absolvierung der Perfektionsfahrt, die Verlängerung der Probezeit den Betroffenen in seinen Rechten verletzt  (Erk. v. 10.12.2004, Zl. 2004/17/209-1).

Zur Verlängerung der Probezeit mangels Verschulden an einer nicht erfüllten Ausbildungsphase gelangt auch das h. Erk. vom 24.4.2006, VwSen-521288/2/Sch/Bb/Hu zum Ausdruck.

In verfassungskonformer Interpretation der Vorschrift ist diese daher nur so auszulegen, dass hinsichtlich der vorgesehenen als "Sanktion" wirkenden Rechtsfolge (Verlängerung der Probezeit) auch die näheren Umstände nicht unbeachtlich bleiben dürfen. Insbesondere wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung sämtliche – bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Erstinstanz fehlenden – Ausbildungsmaßnahme abgeschlossen sind (vgl. h. Erk. v. 7.1.2009, VwSen-522152/2/Kof/Jo, mit Hinweis auf VwGH v. 28.11.1983, 82/11/0270 [verstärkter Senat];  vom 17.11.1992, 92/11/0069;  vom 30.5.2001, 20001/11/0113;  vom 20.5.2008, 2008/11/0068 und  vom 15.5.2007, 2006/11/0233 mit Vorjudikatur).

Betreffend die Anordnung der zwischenzeitig absolvierten Ausbildungsphasen wurde kein Rechtsmittel erhoben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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