Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252057/2/BP/Se

Linz, 13.03.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des Ing. F T F, vertreten durch Dr. M S-B, Dr. F V, Dr. C M, Rechtsanwälte in G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Februar 2009, GZ.: 0030105/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 24, 44a und 51 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

zu II.: § 64 ff. VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Februar 2009, GZ.: 0030105/2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma Ing. F Gesellschaft m.b. H. mit dem Sitz in G, die unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma Ing. F Gesellschaft m.b.H. & Co. KG mit Sitz in G, zu verantworten habe, dass von dieser Firma Herr W S als Installateur zumindest am 29. Mai 2008 auf der Baustelle in 4600 Wels, Holzfeldstraße neben Haus beschäftigt worden sei, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 33 Abs. 1 und 1a iVm. § 111 ASVG genannt.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung vom 4. März 2009. Darin führt der Bw – nunmehr rechtsfreundlich vertreten – zunächst aus, dass er beim Zustellversuch des Straferkenntnisses am 13. Februar 2009 auf Grund eines Familienurlaubes, der bis 18. Februar 2009 angedauert habe, ortsabwesend gewesen sei und erst bei der Rückkehr vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt habe. Erst am 23. Februar 2009 habe er  das Schriftstück behoben, da er von 19. bis 22. Februar in Köln gewesen sei.

Das in Rede stehende Straferkenntnis werde seinem gesamten Inhalt nach wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung, Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten.

Abschließend wird der Berufungsantrag gestellt: Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge:

1.) das angefochtene Straferkenntnis des Bezirksverwaltungsamtes; Magistrat der Landeshauptstadt Linz, 4041 Linz, GZ.: 0030105/2008, vom 2. Februar 2009 ersatzlos aufheben und das Verwaltungsverfahren einstellen;

2.) in eventu eine mündliche Verhandlung anberaumen und in der Folge das genannte Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. März 2009 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat und merkte an, dass nach dortiger Ansicht die Berufung verspätet eingebracht worden sei.

2.2. Da sich aus dem Verwaltungsakt schon der entscheidungswesentliche Sachverhalt (vgl. Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses) ergibt, hatte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen, zumal bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war.

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Im vorliegenden Fall ist vorweg zu erörtern, ob die in Rede stehende Berufung rechtzeitig erhoben wurde. Nach einem vergeblichen  Zustellversuch am 13. Februar 2009 wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis beim zuständigen Postamt hinterlegt. Erst am 23. Februar behob der Bw diese Dokument. Um zu klären, wann für den Bw die nach § 63 AVG normierte zweiwöchige Berufungsfrist begann, ist auf § 17 ZustG Bedacht zu nehmen.

Kann gemäß § 17 Abs. 1 ZustG ein Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen.

Von der Hinterlegung ist gemäß Abs. 2 leg. cit. der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Das hinterlegte Dokument ist gemäß Abs. 3 leg. cit. zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig Kenntnis vom Zustellvorgang erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

3.2. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass das in Rede stehende Straferkenntnis nach dem fruchtlosen Zustellversuch am 13. Februar hinterlegt wurde, wobei die Abholfrist auch mit diesem Tag begann. Nachdem aber der Bw glaubhaft machte, dass er im Sinne des § 17 Abs. 3 ZustG erst am 18. Februar an seine Abgabestelle zurückkehrte, ist dieser Tag als Frist auslösend  anzusehen. Daher begann die Berufungsfrist korrespondierend zu § 17 Abs. 3 ZustG an dem der Rückkehr folgenden Tag, an dem der Bw vom Zustellvorgang Kenntnis hatte, zu laufen. Es spielt keine Rolle, ob der Bw nach Kenntnis des Zustellvorgangs wiederum verreiste, da es ex lege nur auf die Kenntnisnahme des Zustellvorgangs ankommt, nicht aber darauf, wann er das Dokument beheben hätte können. Daraus folgt, dass die Zustellung des in Rede stehenden Straferkenntnisses mit 19. Februar 2009 als bewirkt gilt und an diesem Tag auch die Berufungsfrist zu laufen begann. Die Berufung vom 4. März 2009 erfolgte somit am 13. Tag dieser Frist und somit rechtzeitig.

3.3. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 31/2007 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

"Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. § 27 Abs. 1 VStG.

 

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

3.4. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs. 1 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als „Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger“ bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie z.B. Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen würden, nämlich, dass

 

 

         1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-

             mächtigten bestellt hat (vgl. § 35 Abs. 1 und 3 ASVG),

         2. einen Dienstnehmer

         3. in einem Verhältnis persönlicher und

             wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl. § 4 Abs. 2 (und 4) ASVG

         4. gegen Entgelt (vgl. § 49 ASVG)

         5. beschäftigt hat,

         6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

             der

                   a) vollversichert (vgl. § 4 Abs. 1 ASVG) oder

                   b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                       grenze des § 5 Abs. 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl. § 7

                       Z. 1 und § 8 Abs. 1 Z. 1 ASVG) und

         7. nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen ist und

         8. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

             in einem oder in zwei Schritten (vgl. § 33 Abs. 1a ASVG) – entweder

                   a) nicht erstattet oder

                   b) falsch erstattet oder

                   c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl. § 33 Abs 1 ASVG).

 

3.5. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis schon deshalb nicht gerecht, weil darin insbesondere keinerlei explizite Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs. 1 und 2 ASVG, § 33 Abs. 1 ASVG, § 33a Abs. 1 ASVG sowie in § 35 Abs. 1 und 3 ASVG positivierten Tatbestandselemente enthalten ist.

Allerdings ist festzuhalten, dass zwar wesentliche Tatbestandselemente vom Wortlaut des im vorliegenden Fall gewählten Spruchtextes, der sich lediglich an  § 33 Abs. 1 und § 111 ASVG orientiert, implizit umfasst sind; die obgenannten weiterführenden Gesetzesbestimmungen stellen teils eine Vertiefung der in § 33 Abs. 1 und § 111 ASVG angeführten Tatbestandselemente dar. Im Sinne einer konkreten Tatbeschreibung nach § 44a kann die Anführung dieser – je nach dem zu beurteilenden Sachverhalt - deskriptiven Tatbestandselemente dann – und nur dann – in der im ggst. Fall gewählten impliziteren Form erfolgen, wenn die oa. Tatbestandselemente hinreichend in der Begründung korrespondierend zum Spruch erschöpfend erläutert und gerechtfertigt werden.

Dies gilt aber wohl nicht für die u.a. in § 5 normierten Ausnahmebestimmungen von der Versicherungspflicht. Dieses Tatbestandselement (vgl. Punkt 7 in der oa. getroffenen Darstellung) ist aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 ASVG nur im Umkehrschluss abzuleiten und somit per se als fraglos konstitutives Tatbestandselement jedenfalls stets im Spruch anzuführen. Das Fehlen eines Tatbestandselements im Spruch kann zweifellos nicht durch bloße Feststellungen in der Begründung "geheilt" werden.

3.6. Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschuldigten vielmehr als nach § 9 VStG Verantwortlicher nur pauschal angelastet, dass von der in Rede stehenden Firma als Dienstgeberin in der Zeit von 24. Juli 2007 bis 6. August 2007, Herr G P als LKW (Bei)fahrer beschäftigt worden sei, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Im Lichte der obigen Darstellungen gebricht es dem Spruch also schon daran, dass keinerlei Hinweis auf ein Nicht-Vorliegen von Ausnahmen von der Meldepflicht angeführt wird. Hinsichtlich der weiterführenden Tatbestandselemente kann jedoch festgestellt werden, dass diese – wie oben gefordert – korrespondierend in der eingehenden Begründung des angefochtenen Bescheides erläutert werden.

Mit dem Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses wurde somit dem Bw im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

3.7. Aus den vorangeführten Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß §§ 24, 44a und 51 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war. Auf Grund der im ASVG bestehenden einjährigen Verfolgungsfrist obliegt es der belangten Behörde eine weitere Verfolgung zu prüfen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

Rechtssatz:

 

VwSen-252046/2/BP/ Se

Datum: 13. März 2009

 

Rechtsnormen:

§ 33 Abs. 1 ASVG, § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG … § 44a VStG

 

Im Sinne einer konkreten Tatbeschreibung nach § 44a kann die Anführung dieser – je nach dem zu beurteilenden Sachverhalt - deskriptiven Tatbestandselemente dann – und nur dann – in der im ggst. Fall bei einigen Tatbestandselementen gewählten impliziteren Form erfolgen, wenn bei alternativ geforderten zumindest das zutreffende angeführt wird und dies hinreichend in der Begründung korrespondierend zum Spruch erschöpfend erläutert und gerechtfertigt wird.

Dies gilt aber wohl nicht für die Bestimmung nach § 4 Abs. 2 ASVG, wonach der in § 33 Abs. 1 angeführte Begriff der Beschäftigung konstitutiv "wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit" sowie ein entsprechendes Entgelt fordert.

Gleiches gilt im Wesentlichen für die u.a. in § 5 normierten Ausnahmebestimmungen von der Versicherungspflicht. Dieses Tatbestandselement (vgl. Punkt 7 in der oa. getroffenen Darstellung) ist aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 ASVG nur im Umkehrschluss abzuleiten und somit per se als fraglos konstitutives Tatbestandselement für das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung jedenfalls stets im Spruch anzuführen.

 

 

 

 

Anmerkungen:

 

£ Aufnahme in Bundes-RIS

S Aufnahme in UVS-RIS und interne Rechtsdatenbank

 

£ Aufnahme nur in interne Rechtsdatenbank

 

Beschlagwortung:

§ 33 ASVG

 

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