Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200319/35/BMa/Mu/RSt

Linz, 18.03.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Mag. K F, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 16. Juni 2008, GZ Agrar96-69-2006/Pl, betreffend Übertretung des Pflanzenschutz­mittelgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenn­tnis  aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2008

Zu II.: § 65f VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 16. Juni 2008, GZ.: Agrar96-69-2006/Pl, wurde über Herrn Mag. K F eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der F A GmbH, H, und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG, zu vertreten habe, dass am 2.6.2006 – wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am 2.6.2006 festgestellt worden sei – 80 x 5 kg des italienischen Präparates, Zulassungsnummer 002732, mit der Produktions­bezeichnung Goltix, deren Überkartons mit der Kennzeichnung des niederländischen Präparates Metamitron W.G., Zulassungsnummer 9358 N, überklebt worden seien, im großen PSM-Lager (siehe die der Anzeige beiliegenden Fotos) am Standort der F A GmbH., H, vor Anmeldung des gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringens in erster Vertriebsstufe beim Bundesamt für Ernährungssicherheit, zum Verkauf vorrätig gehalten worden sei, und somit 80 x 5 kg des italienischen Präparates, Zulassungsnummer 002732, mit der Produktbezeichnung Goltix, deren Überkartons mit der Kennzeichnung des niederländischen Präparates Metamitron W.G., Zulassungsnummer 9358 N, überklebt worden seien, entgegen § 3 Abs.4 Pflanzenschutzmittelgesetz und somit in verbotener Weise in Verkehr gebracht worden sei.

 

Als verletzte Rechtsnormen werden § 3 Abs.4 und § 12 Abs. 10 iVm § 34 Abs.1 Z1 lit. a des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 idgF – PMG, genannt.

 

Der Berufungswerber habe ferner gemäß § 64 VStG zu zahlen:

200 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens

300,44 Euro als Ersatz der Barauslagen für angefallene Gebühren gemäß § 32 Abs.2 Pflanzenschutzmittelgesetz iVm § 6 Abs.1 Z4 und Abs.6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes – GESG

310,80 Euro als Ersatz der Barauslagen für anfallende Gebühren gemäß § 32 Abs.2 Pflanzenschutzmittelgesetz iVm § 6 Abs.1 Z4 und Abs.6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes – GESG (Code-Nr. 12014)

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass am 2. Juni 2006 anlässlich einer Kontrolle im Betrieb des in Rede stehenden Unternehmens von Organen des Bundesamtes für Ernährungssicherheit 80 x 5 kg des im Spruch genannten italienischen Präparates, Zulassungsnummer 002732, mit der Produktions­bezeichnung Goltix, deren Überkartons mit der Kennzeichnung des niederländischen Präparates Metamitron W.G., Zulassungsnummer 9358 N, überklebt gewesen seien, welches nicht nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz zugelassen gewesen sei, vorgefunden worden sei.

Bei der fortgesetzten amtlichen Kontrolle am 6. Juni 2006 habe das  Pflanzenschutzmittel nicht mehr beschlagnahmt werden können, weil es laut Lieferschein vom 3. Juni 2006 in der Menge von 400 kg nach Italien verbracht worden sei.

In ihrer rechtlichen Beurteilung stützt sich die belangte Behörde insbesondere auf die §§ 34 Abs.1 Ziffer 1 lit. a, § 2 Abs.10 und Abs.14, § 3 Abs.1, 2 und 4, § 11 Abs.1, sowie § 12 Abs.10 PMG iVm § 9 VStG.

 

Bezüglich des objektiven Tatbestandes führt sie aus, dass dieser aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen sei. Das nicht zugelassene italienische Pflanzen­schutzmittel Goltix in der im Spruch angeführten Menge sei zum Kontrollzeitpunkt durch Vorrätighalten zum Verkauf in verbotener Weise im Sinne des § 2 Abs.10 PMG in Verkehr gebracht worden.

Entsprechend dem Erlass des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 3. Mai 2006, unterliege auch das Lagern von Pflanzenschutzmitteln, soweit diese dem (späteren) Verkauf – hievon seien auch Lieferungen an andere Mitgliedstaaten oder Drittstaaten erfasst – zugeführt werden sollen, den Vorschriften des PMG.

Es sei für die Beurteilung des rechtmäßigen In-Verkehr-Bringens unerheblich, ob bereits alle für eine Effektuierung des Geschäfts notwendigen rechtlichen Voraussetzungen (z.B. Zulassung, Etikettierung) erfüllt seien. Das Vorrätighalten zum Verkauf gelte grundsätzlich sowohl für eine (vorgesehene) Abgabe im Inland als auch für eine (vorgesehene) Lieferung in andere Mitgliedstaaten oder Drittstaaten.

 

Gemäß Art 2 Z 10 der Richtlinie 91/414/EWG sei die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels in das Gebiet der Gemeinschaft ein In-Verkehr-Bringen. Die belangte Behörde führt auch Art 3 Abs.2 leg. cit. ins Treffen.

Eine allfällige vom Berufungswerber behauptete Kennzeichnung, dass die Ware nicht für den Vertrieb in Österreich bestimmt gewesen sei, hätte bereits vor und nicht während der Amtshandlung angebracht werden müssen.

 

Es handle sich beim vorgefundenen Produkt um das italienische Goltix, welches nicht beim Bundesamt für Ernährungssicherheit gemeldet und nicht nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz zugelassen sei, und nicht um das auf vorgelegten Registerauszügen aufscheinende Goltix WG und Metamitron WG. Die Anmeldeverpflichtung hätte zudem sehr wohl die in Rede stehende Firma getroffen, da die Zulassung von demjenigen zu beantragen sei, der beabsichtige, das Pflanzenschutzmittel im Inland erstmals in Verkehr zu bringen. Die Behauptung, dass das Pflanzenschutzmittel bloß gelagert worden sei und deshalb keiner Zulassung bedurft habe, habe vom Berufungswerber mangels konkreter Beweisvorbringen (insbesondere durch Lieferscheine und Rechnungen) nicht glaubhaft gemacht werden können. Eine Sicherstellung, dass die Ware nicht zum In-Verkehr-Bringen im Inland bestimmt sei, wäre nach strengen Maßstäben zu beurteilen, um einen Missbrauch verhindern zu können.

Das vom Rechtsmittelwerber behauptete Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (bloße Lagerung) sei nicht belegt worden.

Den vom Berufungswerber gestellten Anträgen auf Überprüfung der Registrierung und Anmeldung habe aufgrund seiner mangelnden Mitwirkung nicht entsprochen werden können.

Das Pflanzenschutzmittel Goltix sei in Italien zugelassen und nicht mit dem in Österreich angemeldeten Präparat Metamitron W.G. ident. Das Produkt Metamitron W.G. sei ein Parallelimport-Produkt des in Belgien zugelassenen Goltix W.G.

Für eine Inverkehrsetzung zur Anwendung in Österreich von "identen" Pflanzenschutzmitteln aus Italien sei eine gültige Zulassung gemäß § 11 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 Voraussetzung.

Weil das italienische Goltix weder in Deutschland noch in den Niederlanden zugelassen sei, sei die Bestimmung des § 12 Abs. 10 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 nicht anwendbar. Das Präparat hätte nur mit einer Zulassung gem. §3 Abs.1 Pflanzenschutzmittelgesetz in Verkehr gebracht werden dürfen.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Norm als erfüllt anzusehen sei.

 

Hinsichtlich des Verschuldens geht die belangte Behörde von zumindest fahrlässigem Verhalten im Sinne des § 5 Abs.1 VStG aus. Sie führt aus, dass ein sorgfältiger und pflichtbewusster Geschäftsführer eines Agrarhandel­unternehmens mit einem funktionierenden lückenlosen Kontrollsystem sich über die geltenden Vorschriften informieren hätte müssen, was im konkreten Fall zum Nicht-In-Verkehr-Bringen der Pflanzenschutzmittel geführt hätte.

 

Die belangte Behörde schließt mit Ausführungen zur Strafbemessung, wonach keine mildernden Umstände, vielmehr eine bereits einschlägige Verwaltungs­übertretung, nämlich eine Strafverfügung wegen einer Übertretung des § 34 Abs.1 Z. 2 lit. b PMG vom 21. März 2006, Zl. Agrar96-22-2006, sowie ein Einkommen von 3.000 Euro, kein nennenswertes Vermögen und keine Sorgepflichten zu werten gewesen seien.

 

Bezüglich der vom Bundesamt für Ernährungssicherheit vorgeschriebenen Gebühren verweist die belangte Behörde auf § 32 Abs.2 PMG iVm § 6 Abs.6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes, wonach eine tarifmäßig festgelegte Gebühr bei Zuwiderhandeln gegen das PMG zu entrichten sei.

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Berufungswerber zu Handen seines Rechtsvertreters am 19. Juni 2008 zugestellt worden ist, richtet sich die vorliegende am 3. Juli 2008 - und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

1.4. Der Berufungswerber beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des anhängigen Verwaltungs-strafverfahrens.

Begründend stützt er sich auf die Bestimmungen der Artikel 28, 29 und 30 EG-Vertrag, auf die Urteile des EuGH vom 20. Mai 1976, RS 104-75, vom 12.11.1996, RS C-201/94, sowie vom 11.3.1999, Rs C-100/96. Weiters wird auf Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 91/414/EWG verwiesen, wonach diese ausdrücklich vorsehe, dass Mitgliedstaaten selbst dann, wenn ein Pflanzenschutz­mittel nicht zur Anwendung in ihrem Gebiet zugelassen sein sollte, diesen Umstand nicht zum Anlass nehmen dürften, dessen Herstellung, Lagerung und den Verkehr mit diesem zu behindern, wenn das Pflanzenschutzmittel zur Anwendung in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt sei, sofern das Pflanzen­schutzmittel in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sei. Die Bestimmungen des österreichischen Pflanzenschutzmittelgesetzes müssten im Sinne der dargestellten EU-Rechtslage von den österreichischen Behörden EU-rechtskonform interpretiert und angewendet werden.

Die von der Erstinstanz geforderten Nachweispflichten seien dem Gesetz nicht zu entnehmen und würden dem Erfordernis der EU-rechtskonformen Interpretation des PMG widersprechen.

Das beschlagnahmte Präparat mit der Handelsbezeichnung "Metamitron W.G." sei in den Niederlanden unter Reg.Nr.  N 9358 registriert und in Österreich unter Nr. 900513 gemeldet. Es stehe also unzweifelhaft fest, dass dieses Pflanzenschutzmittel in den Niederlanden zugelassen sei. Die Firma F A GmbH dürfe nicht gehindert werden, die Pflanzenschutzmittel in die Niederlande zu verkaufen. Selbst wenn man der Argumentation des Bundesamtes für Ernährungssicherheit folgen wollte, dass in den Niederlanden nur das aus Belgien stammende Goltix verkehrsfähig sei, jedoch nicht das aus Italien stammende Goltix, stünde unzweifelhaft fest, dass die Fa. F nicht behindert oder gar gehindert werden dürfe, das beschlagnahmte Pflanzenschutzmittel nach Italien zu verkaufen.

Die vom Bundesamt für Ernährungssicherheit und der Erstbehörde vertretene Auffassung, die niederländische Registrierung des Pflanzenschutzmittels "Metamitron W.G. solle nur für einen Parallelimport des aus Belgien stammenden "Goltix W.G." gelten, sei unrichtig und durch keine Beweisergebnisse gedeckt.

 

Die Frage, ob "Goltix" von Makhteshim-Agan Italia in den Niederlanden zulässigerweise unter der Handelsbezeichnung "Metamitron W.G." vertrieben werde, müsse nach niederländischem Recht geprüft werden und sei zu bejahen.

Zulassungsinhaber des italienischen Pflanzenschutzmittels "Goltix" sei Makhteshim-Agan (Italia). Das italienische Pflanzenschutzmittel "Goltix" enthalte 70 % Metamitron. Das Pflanzenschutzmittel "Goltix" werde von Makhteshim-Agan (Holland) als "Goltix WG", Zulassungsnummer 8629, vertrieben und enthalte ebenfalls 70 % Metamitron in derselben Formulierung. Makhteshim-Agan Italia S.r.l. habe mit Erklärung vom 18.10.2006 ausdrücklich bestätigt, dass Goltix mit dem in den Niederlanden registrierten Produkt "Goltix WG" identisch sei.

Diese Bestätigung sei der Verwaltungsstrafbehörde vorgelegt worden.

 

Das in den Niederlanden und somit gemäß § 12 Abs 10 Pflanzenschutzmittelgesetz auch in Österreich zugelassene Pflanzenschutzmittel "Metamitron W.G." enthalte gleichfalls 70 % Metamitron in derselben Formulierung und sei damit völlig ident mit dem unter der Bezeichnung "Goltix" vom Hersteller Makhteshim-Agan vertriebenen Pflanzenschutzmittel.

Der Unterschied zwischen Goltix und Metamitron WG bestehe allein in der Handelsbezeichnung. Eine Übereinstimmung der Handelsbezeichnung werde nach § 11 Abs 2 Pflanzenschutzmittelgesetz aber nicht gefordert.

Zusammenfassend ergebe sich also, dass "Metamitron W.G." auch dann ohne weitere Nachweise in Österreich verkehrsfähig sei, wenn es sich um Goltix von Makhteshim-Agan Italia handle. Ob "Goltix" von Makhteshim-Agan in den Niederlanden zulässigerweise unter der Handelsbezeichnung "Metamitron W.G." vertrieben werde, sei nach österreichischem Recht nicht zu beurteilen.

Mittlerweile sei für das aus Italien stammende Pflanzenschutzmittel "Goltix" von Makhteshim-Agan unter der Handelsbezeichnung "Metafox" die Registrierung in den Niederlanden beantragt und erteilt worden; in der Folge sei das Pflanzenschutzmittel "Metafox" in Österreich angemeldet worden.

 

Im Übrigen habe der Beschuldigte stets eingewendet, dass die Fa. F A GmbH nicht in erster Vertriebsstufe tätig sei und die Anmeldepflicht gemäß § 3 Abs. 4 Pflanzenschutzmittelgesetz den Lieferanten der Firma treffe. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht entsprochen, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass die Firma F A GmbH nicht in erster Vertriebsstufe tätig sei und sie somit auch keine Anmeldepflicht treffe.

Darüber hinaus wurde abschließend zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Selbst wenn man davon ausgehen würde, es läge eine Verwaltungsübertretung vor, so wäre dem Beschuldigten ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugute zu halten. Außerdem würden alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vorliegen, weil die Tat keinerlei Folgen nach sich gezogen habe und ein allfälliges Verschulden als minimal zu bezeichnen sei. Jedenfalls sei die verhängte Strafe bei weitem zu hoch bemessen.

Zudem wurde der von der Erstbehörde angeführte Tatzeitpunkt angezweifelt und diesbezüglich Verjährung geltend gemacht.

Für die Vorschreibung von Gebühren bestehe keine ordnungsgemäße gesetzliche Grundlage.

 

 

2. Mit Schreiben vom 14. Juli 2008 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und am 24. November 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Vertreter der Legalpartei erschienen ist. Als Zeuge wurde das Kontrollorgan L M einvernommen.

In der Verhandlung wurde außer Streit gestellt, dass es sich beim Produkt "Goltix", das in diesem Verfahren abgehandelt wird, um das selbe Produkt in der gleichen Verpackung handelt wie in dem bereits beim unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich geführten und bereits abgeschlossenen Verfahren VwSen-200274. Die Niederschrift aus diesem Verfahren vom 17. Juni 2008 und 26. August 2008 wurde als Beilage der Verhandlungsschrift vom 24. November 2008 angeschlossen und gilt als verlesen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der F A GmbH, H. Am 2. Juni 2006 wurde anlässlich einer Kontrolle im Betrieb des in Rede stehenden Unternehmens von Organen des Bundesamtes für Ernährungssicherheit 80 x 5 kg des italienischen Präparats, Zulassungsnummer 002732, mit der Produktbezeichnung Goltix, deren Überkartons mit der Kennzeichnung des niederländischen Präparates Metamitron W.G., Zulassungsnummer 9358 N, überklebt waren, im großen PSM-Lager vorgefunden.

 

Die Firma des Bw hat das Pflanzenschutzmittel in erster Vertriebsstufe, durch Vorrätighalten zum Verkauf, in Österreich in Verkehr gebracht.

 

Das Pflanzenschutzmittel wurde für den Verkauf nicht in Originalverpackung und mit Originalkennzeichnung einschließlich der Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache vorrätig gehalten.

 

Nach der Kontrolle hat die F A GmbH für das aus Italien stammende Pflanzenschutzmittel "Goltix" unter der Handelsbezeichnung "Metafox" die Registrierung in den Niederlanden beantragt und erhalten. In der Folge wurde das Pflanzenschutzmittel "Metafox" am 19. Juni 2007 in Österreich angemeldet.

 

3.2. Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, der glaubwürdigen Zeugenaussage des Zeugen M in der mündlichen Verhandlung am 24. November 2008, wonach dieser auf Seite 6 der Verhandlungsschrift angegeben hatte, das Goltix, das im Pflanzenschutzmittellager untergebracht gewesen sei, sei so gelagert gewesen, als ob es für den Verkauf bereitgehalten worden wäre. Wogegen er hinsichtlich der Produkte, die in der LKW-Werkstätte gelagert waren, angab, es sei aufgrund des Alters der Gebinde, der Verschmutzung und der darin aufbewahrten Produkte allgemein klar war, dass die LKW-Werkstätte nicht ein Lager sei, wo die Produkte zum Verkauf vorrätig gehalten worden seien.

 

Das entgegenstehende Berufungsvorbringen, das Pflanzenschutzmittel sei nicht für einen Verkauf in Österreich bestimmt gewesen, wird als Schutzbehauptung gewertet.

 

Das lediglich an einer Seite der Außenverpackung, durch Überkleben einer Seite des Kartons mittels Etikett, dargestellte Produkt "Metamitron W.G." war in den Niederlanden zugelassen und in Österreich zum Zeitpunkt 1. Juni 2006 angemeldet. Das Pflanzenschutzmittel "Goltix" in der italienischen Verpackung (innenliegend im Überkarton, abgepackt im Sack) ist ein Produkt, das nicht in den Niederlanden zugelassen war und daher auch nicht als ex lege zugelassen in Österreich gegolten hat (Aussage des Sachverständigen auf Seite 7 der Verhandlungsschrift vom 26. August 2008). Auch aufgrund der nachträglichen Registrierung in den Niederlanden und dessen darauffolgender Anmeldung in Österreich ergibt sich, dass das Produkt erst nach dem vorgeworfenen Tatzeitpunkt als ex lege zugelassen in Österreich gilt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gem.  § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a) des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 idF BGBl. I Nr. 83/2004 (im Folgenden: PMG) begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Wiederholungsfall bis 29.070 Euro, zu bestrafen, wer Pflanzenschutzmittel entgegen § 3 Abs. 1, 2 oder 4 in Verkehr bringt.

 

Gemäß § 3 Abs.1 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 dürfen nur die Pflanzenschutzmittel, die nach diesem Bundesgesetz zugelassen sind, in Verkehr gebracht werden.

 

Nach § 3 Abs 4 leg.cit hat, wer beabsichtigt, gewerbsmäßig in erster Vertriebsstufe gemäß § 12 Abs. 10 zugelassene Pflanzenschutzmittel in Österreich in Verkehr zu bringen, dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unter Bekanntgabe der Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel und seiner Anschrift oder gegebenenfalls des Firmensitzes sowie gegebenenfalls unter Nachweis des rechtmäßigen In-Verkehr-Bringens anzumelden (Meldepflichtiger).

 

Pflanzenschutzmittel, die in einem Mitgliedstaat, der seit zwei Jahren in einer Verordnung gemäß Abs. 9 angeführt ist, zum In-Verkehr-Bringen zugelassen sind, sind zugelassene Pflanzenschutzmittel nach diesem Bundesgesetz, soweit sie in der Originalverpackung und mit der Originalkennzeichnung einschließlich der Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache in Verkehr gebracht werden (§ 12 Abs. 10 leg.cit).

 

„Inverkehrbringen” ist das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere - insbesondere auch die Abgabe in Genossenschaften, Vereinen oder sonstigen Vereinigungen an deren Mitglieder - sowie die Einfuhr aus Drittländern (§ 2 Abs.10 leg.cit).

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war das Pflanzenschutzmittel "Goltix" in der Betriebsstätte der F A GmbH, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Rechtsmittelwerber ist, in F zum Verkauf in Österreich vorrätig gehalten und daher in Österreich in Verkehr gebracht.

 

Dem steht auch nicht entgegen, dass laut Lieferschein vom 3. Juni 2006 Metamitron W.G. in der Menge von 400 kg an die Firma G GmbH, I-39012 Meran, ausgehändigt wurde. Denn zum Kontrollzeitpunkt wurden keine Belege vorgelegt, aus denen erschlossen werden konnte, welcher Verwendung das Pflanzenschutzmittel zugeführt werden soll.

 

Aus der Art der Verwahrung, nämlich getrennt von anderen Produkten in der Werkstätte, die offensichtlich zu anderen Zwecken als dem Verkauf gelagert waren, konnte bei einer Unterbringung im Pflanzenschutzmittellager und einem Überkleben der Kartons mit Etiketten in deutscher Sprache davon ausgegangen werden, dass diese Produkte für den österreichischen Markt bestimmt waren.

 

Obwohl die belangte Behörde in der Bescheidbegründung (Seite 10 des angefochtenen Bescheides) richtigerweise ausgeführt hat, dass das Produkt weder in den Niederlanden noch in Deutschland zugelassen gewesen sei und daher nur mit einer Zulassung gem. § 3 Abs. 1 PMG in Verkehr gebracht werden dürfe, stellt sie im Spruch und bei der Zitierung der Rechtsgrundlage auf eine Übertretung gem. § 3 Abs. 4 iVm § 12 Abs. 10 PMG ab.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war das Pflanzenschutzmittel zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht in den Niederlanden zugelassen (ebenso nicht in Österreich).

 

Damit aber war Goltix auch kein gemäß § 12 Abs.10 (ex lege) zugelassenes Pflanzenschutzmittel, das vor dem Inverkehrbringen in Österreich angemeldet werden konnte.

 

Der Bw konnte somit auch nicht eine Übertretung des § 3 Abs.4 iVm § 12 Abs.10 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 begehen und er hat den Tatbestand des

§ 34 Abs.1 Z1 PMG iVm § 3 Abs.4 PMG nicht erfüllt.

 

Ein Tatvorwurf gemäß § 3 Abs.1 PMG (das Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels in Österreich) ist innerhalb offener Verfolgungsverjährungsfrist nicht ergangen.

 

§ 3 Abs.1 und Abs.4 PMG sind unterschiedliche Tatbestände, die unterschiedliche Lebenssachverhalte, nämlich im Fall des Abs.1 das Inverkehrbringen von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln und im Fall des Abs.4 einen Verstoß gegen (eine Ordnungsvorschrift) die Meldepflicht eines gemäß § 12 Abs.10 (ex lege) zugelassenem Pflanzenschutzmittel regeln und die auch gesondert jeweils gemäß § 34 Abs.1 Z1 lit.a unter Strafe gestellt wurden.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z.1 VStG ist die Tat soweit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Sen. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Ein Auswechseln der Rechtsgrundlage und eine Korrektur des Spruchs des angefochtenen Bescheides konnten durch den Unabhängigen Verwaltungssenat damit nicht vorgenommen werden.

 

4.1. Bei diesem Ergebnis war dem Berufungswerber gem. § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

4.2. Nach § 6 Abs.6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes, BGBl.Nr. I 63/2002, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I Nr. 49/2008 (im Folgenden: GESG), ist für Tätigkeiten des Bundesamtes für Ernährungssicherheit anlässlich der Vollziehung der in § 6 Abs.1 GESG angeführten hoheitlichen Aufgaben – dazu gehört u.a. gemäß § 6 Abs.1 Z. 4 GESG die Vollziehung des PMG – eine Gebühr nach Maßgabe des Tarifs zu entrichten, den das Bundesamt für Ernährungssicherheit mit Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des Bundesministeriums für Finanzen kostendeckend festzusetzen hat.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren sind diese Gebühren den Beschuldigten im Straferkenntnis zusätzlich zu einer Verwaltungsstrafe vorzuschreiben und unmittelbar an das Bundesamt für Ernährungssicherheit zu entrichten.

 

Da aber der Rechtsmittelwerber die ihm angelasteten Übertretungen des PMG nicht begangen hat und das Straferkenntnis aufzuheben war, hatte auch keine Kostenvorschreibung nach dem GESG zu erfolgen bzw. war die entsprechende, durch die belangte Behörde erfolgte Vorschreibung aufzuheben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

Rechtssatz:

VwSen-200319/35/BMa/Mu/RSt vom 18. März 2009:

Entscheidung dem Grunde nach wie VwSen-200276/64/BMa/Eg/Ga vom

12. September 2008

 

 

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