Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163931/2/Bi/Se

Linz, 17.03.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W P, L, vertreten durch G K P L Rechts­anwälte OG, L, vom 25. Februar 2009 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 11. Februar 2009, S-46051/08 VP, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt. 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 80 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 1. September 2009, 7.10 Uhr, in Puchenau, B127 Rohrbacher Straße bei km 8.65, FR Ottensheim, das vierrädrige Leichtkraftfahrzeug     nicht so weit rechts gelenkt habe, wie dies unter Bedachtnahme auf de Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästi­gung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei, da er mit den rechten Fahrzeugreifen gegen die dort befindlichen Randsteine gefahren sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe gegen den Normzweck des § 7 Abs.1 StVO nicht verstoßen, nämlich möglichst weit rechts zu fahren, um den Gegenverkehr und andere Straßenbenützer zu schützen. Vielmehr sei er eben gerade so weit rechts gefahren, dass er den Gegenverkehr nicht gefährdet habe. Ihm sei bis zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3.12.2008 noch vorge­worfen worden, er habe das Rechtsfahrgebot nicht eingehalten, "da er mit den rechten Fahrzeugreifen gegen die dort befindlichen Randsteine fuhr und über den Radweg zurück auf die Fahrbahn schleuderte, wobei sich das Fahrzeug überschlug". Nach seiner Rechtfertigung habe die Erstinstanz den Passus zum Großteil fallengelassen und stütze sich nun nur mehr darauf, er habe das Rechts­fahr­gebot deshalb nicht eingehalten, weil er gegen die Randsteine gefahren sei. Das sei aber ein Trugschluss, weil er das Rechtsfahrgebot nur verletzen könne, wenn er zu weit links fahre und nicht zu weit rechts – der Tatvorwurf sei daher falsch. Wenn die Erstinstanz davon ausgehe, dass er nicht ausreichend aufmerk­sam gewesen und daher von der Straße abgekommen wäre, hätte sie ihm einen anderen Tatvorwurf machen müssen. Ein Ermittlungsverfahren dazu habe die Erst­instanz aber nicht durchgeführt. Sie stelle in der Begründung aber sogar fest, der sei unmittelbar vor dem Unfall am rechten Fahrbahnrand gefahren. Dann sei er zu nahe an die Randsteine gekommen und in der Folge sei es zum Unfall gekommen. Er sei nicht vor dem Unfall ins Schleudern geraten, sondern erst nach dem Kontakt mit dem rechten Fahrbahnrand sei dieser Effekt eingetreten: Dieser Satz in der Begründung sei nicht schlüssig und verletze § 44a VStG. Es sei unklar, was mit dem "Effekt" gemeint sei. Es sei unklar, was die Erstinstanz ihm nun tatsächlich vorwerfe, aber auch fraglich, worin sie ein Verschulden sehe, da zur subjektiven Tatseite keine Feststellungen getroffen würden. Es sei davon auszugehen, dass der Gesamtvorgang (ins Schleudern geraten, Anstoßen an die rechten Randsteine, ins Schlingern kommen und überschlagen) insgesamt so schnell abgelaufen sei, dass keine Zeit verblieben sei, um anders zu reagieren. Beantragt wird dazu die Einholung eines SV-Gutachtens samt Ortsaugenschein. Das Abkommen von der Fahrbahn nach einer Schleuderbewegung sei keine Über­tretung gemäß § 7 Abs.1 StVO.

Bei Zugrundelegung seines Verschuldens habe er einen Rechtsanspruch auf eine Ermahnung ohne Verhängung einer Geldstrafe. Er sei selbst erheblich verletzt wor­den und habe einen erheblichen Sachschaden erlitten, da sein Leichtkraft­fahr­zeug beschädigt worden sei. Ihm auch noch eine Geldstrafe aufzubürden, verstoße gegen den Grundsatz des Maßhaltens und stelle eine unbillige Härte dar. Der Unfall werde für ihn einen Nachdenkeffekt haben, er habe kein Inter­esse, sich noch einmal schwer zu verletzen, Spezialprävention bei der Strafzu­messung erübrige sich. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Strafher­ab­setzung, jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker eines vierrädrigen Leichtmotorrades am 1. September 2008 gegen 7.10 Uhr auf der B127 bei km 8.7, Fahrtrichtung Ottensheim, an einem Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden ursächlich beteiligt war, bei dem er selbst schwer verletzt wurde und sein Leichtmotorrad und der vom Zeugen H L im Gegenverkehr gelenkte Pkw beschä­digt wurden.

Der Bw schilderte den Vorfall am 6. Oktober 2008 bei der PI P so, dass er kurz nach dem Ortsgebiet Puchenau mit ca 50 km/h am äußerst rechten Fahr­bahn­rand gefahren sei und, da er zu nahe zu den Randsteinen des Radweges gekommen sei, habe sich das Leichtmotorrad mit den rechten Rädern gefangen und sei auf den Radweg aufgefahren. In der Folge sei er ins Schleudern gekomm­en und auf die rechte Fahrzeugseite gefallen. Nach dem seitlichen Überschlag sei er noch in den Gegenverkehr gerutscht. Durch den Überschlag sei er seitlich aus dem Sicherheitsgurt gerutscht und habe sich im Kopf- und Nacken­­bereich verletzt; im UKH sei ein Halswirbelbruch festgestellt worden. Das Fahrzeug sei von am Unfallort befindlichen Personen aufgestellt worden; es sei Totalschaden entstanden.     

 

H L gab  am 1. September 2008 bei der PI P an, er sei an diesem Tag mit dem FirmenPkw auf der B127 nach Linz unterwegs gewesen in einer geschlossenen Kolonne mit ca 70 km/h. Nach der Achleitnersiedlung habe er ein Mopedauto auf der Fahrbahn schleudern gesehen und sofort seine Geschwindig­keit verringert. Er habe gesehen, wie das Mopedauto auf den Radweg aufge­fahren und wieder auf die Fahrbahn zurückgeschleudert sei. Beim Schleu­dern über den Randstein sei das Mopedauto gekippt und mit der Windschutz­scheibe voran in sein Fahrzeug gerutscht; er sei schon gestanden, als das Moped­auto links an seinen Kotflügel angestoßen sei.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu­mut­bar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. ...

 

Dem Bw wurde in der – fristgerecht beeinspruchten – Strafverfügung der BH Urfahr-Umgebung vom 13. November 2008 zur Last gelegt, "er habe als Lenker des genannten Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leich­tig­­keit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behin­derung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er mit den rechten Fahrzeugreifen gegen die dort befindlichen Rand­steine gefahren und über den Radweg zurück auf die Fahr­bahn geschleudert sei, wobei sich das Fahrzeug überschlagen habe."

Nach Abtretung gemäß § 29a VStG erging seitens der BPD Linz die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Dezember 2008, wonach der Bw "als Lenker dieses Kraft­­fahrzeuges das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt habe, wie dies unter Bedacht­nahme auf die Leich­tig­keit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er mit den rechten Fahrzeugreifen gegen die dort befindlichen Rand­steine gefahren sei." Dieser Tatvorwurf wurde auch ins Straferkenntnis übernommen.

 

Dass dem Bw ein Schleudern, Auffahren auf den Radweg, Überschlagen usw nicht im Sinne des § 7 Abs.1 StVO 1960 vorgeworfen werden kann, ergibt sich schon daraus, dass diese Vorgänge nicht vom Willen des Lenkers getragen sind, dh auch keine Fahrlässigkeit dahingehend vorliegt.

 

Der VwGH hat in einem Fall, in dem der Lenker eines Pkw in einer Linkskurve nach rechts von der Fahr­bahn abkam, gegen auf einem Gasthausparkplatz befindliche Wasch­be­ton­blumenkästen und eine Laterne fuhr und diese beschädig­te, ausgesprochen, dass der Bestimmung des § 7 Abs.1 StVO nur entnommen werden kann, sich bei Benützung der Fahrbahn soweit hier um­schrie­ben (Sicherheitsabstand) rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot, die Fahr­bahn nach rechts hin zu verlassen. Auch die Wendung "ohne Beschädi­gung von Sachen" bezieht sich im gegebenen Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand; das Verbot der Beschädigung von Sachen auf einem rechts von der Fahrbahn gelegenen Parkplatz lässt sich daraus nicht ableiten (vgl E 10.10.1995, 95/02/0276).

 

Im ggst Fall wurde der rechte Randstein der B127 nicht beschädigt, jedoch hat der Bw durch die nach eigener Darstellung vom 9. Oktober 2008 zu weit rechts geratene Fahrlinie den in Rede stehenden Verkehrs­unfall ausgelöst, der, auch wenn "nur" der Bw selbst dabei verletzt wurde, als solcher mit Personenschaden anzusehen ist, weshalb § 99 Abs.6 lit.a StVO nicht zur Anwendung gelangt.  

Die Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes zum rechten Fahrbahnrand ist nicht im Verlauf einer durch widrige Umstände ausgelösten Schleuderbewegung erfolgt, sondern nach eigener Darstellung des Bw durch dessen eigenen Fahr­fehler. Da sich aus dem Akt keinerlei Anzeichen für eine Alkoholbeeinträchtigung, zu hohe Geschwindigkeit oder sonstige (zustandsbedingte) Fahruntüchtigkeit ersehen lassen, ist nicht auszuschließen, dass dieser Fahrfehler zB auf kurz­fristige Unachtsamkeit zurückzuführen ist, zumal auch kein Zweifel daran besteht, dass der Bw als Lenker eines vierrädrigen Leicht­kraft­fahrzeuges (Mopedautos) schon wegen der Bauartgeschwindigkeit und des Gegenverkehrs am rechten Fahrbahnrand im Sinne des § 7 Abs.2 StVO gefahren ist.

 

Ein kurzfristiges Abkommen nach rechts infolge Unachtsamkeit ist ohne Zweifel keine vom Willen des Bw getragene Missachtung dieser Vorschrift, zumal dem Bw ein solcher Verstoß nur bei zumindest fahrlässiger Begehung im Sinne des § 6 StGB vorzuwerfen wäre. Das bedeutet, dass der Täter unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt handelt und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Ein solches Verhalten setzt aber ein bewusstes Agieren des Täters im Hinblick auf die Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes voraus. Gerade angesichts der beim dortigen Radweg bekannt hohen Randsteine ist nicht anzunehmen, dass der Bw als Lenker eines Leichtkraftfahrzeuges aus Sorglosig­keit eine derart eigenge­fährdende Fahrlinie von sich aus gewählt hätte.

Aus all diesen Überlegungen war gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG spruchgemäß zu entscheiden, wobei Verfahrenskostenbeiträge naturgemäß nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Abkommen nach rechts ≠ § 7 Abs.1 StVO -> Einstellung

 

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