Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163682/7/Sch/Ka

Linz, 02.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn J H, geb., K, D, vertreten durch Rechtsanwälte W, H, A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 31.10.2008, Zl. VerkR96-2518-2008, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.3.2009 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 600 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Tage herabgesetzt werden.
Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 60 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 20 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 31.10.2008, Zl. VerkR96-2518-2008, über Herrn J H wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.6 iVm § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.200 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, verhängt, weil er am 17.6.2008 um ca. 02.50 Uhr auf der B 129 bei Kilometer 69,7 das Motorfahrrad mit Kennzeichen in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt sei aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht möglich gewesen. Er habe sich nach Aufforderung geweigert, sich Blut abnehmen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, dass er das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe (Vortesergebnis: 0,56 mg/l). Die Verweigerung sei am 17.6.2008 um 04.57 Uhr im Landeskrankenhaus Schärding, Zimmer 201, erfolgt.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 120 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

In formeller Hinsicht ist eingangs festzuhalten, dass § 99 Abs.6 iVm Abs.4a StVO 1960 eine Blutabnahme unter den dort näher umschriebenen Umständen dann vorsieht, wenn der Proband verdächtig ist, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden. Demgegenüber enthält der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses diesbezüglich das Wort "vermutet", offenkundig aus § 5 Abs.5 StVO 1960 übernommen, welcher die Vorführberechtigung der Straßenaufsichtsorgane zur klinischen Untersuchung regelt. § 5 Abs.4a StVO 1960 beinhaltet die Vorführberechtigung zur Blutabnahme, hier verwendet der Gesetzgeber den Begriff "verdächtig".

Gegenständlich war aber die Frage der Verbringungsberechtigung durch den einschreitenden Polizeibeamten nicht relevant, da sich der Berufungswerber ohnedies aufgrund der unfallbedingten Verletzungen bereits im Krankenhaus befand. Inhaltlich betrachtet durfte der Beamte zudem ohnehin den Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung des Berufungswerbers hegen, zumal er bei ihm noch etwa zwei Stunden nach dem Verkehrsunfall Alkoholgeruch in der Atemluft wahrnahm. Die Aufforderung seitens des einschreitenden Beamten an den Berufungswerber, sich Blut abnehmen zu lassen, war daher berechtigt. In diesem Zusammenhang kann auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, etwa VwGH 18.5.1988, 87/02/0178, VwGH  5.9.2002, 2002/02/0084 ua).

 

Wie schon oben erwähnt, war der Berufungswerber verletzungsbedingt in ein Krankenhaus verbracht worden. Er hatte zuvor beim Lenken eines Kleinkraftrades einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem er ua einen Jochbein- und Kieferhöhlenbruch rechts erlitten hatte. Aus diesem Grund war es offensichtlich, dass er, wenngleich er an der Unfallstelle noch einen Alkovortest durchführte, zur Alkomatuntersuchung nicht mehr herangezogen werden durfte. Aus diesem Grund erfolgte eben der Versuch, eine Blutabnahme herbeizuführen. Der Berufungswerber hatte zudem eine Commotio cerebri erlitten, weshalb sich die entscheidungsrelevante Frage ergab, ob dem Berufungswerber zum Zeitpunkt der Amtshandlung im Krankenhaus die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zukam oder nicht.

 

In diese Richtung wurde bereits von der Erstbehörde ein Beweisverfahren abgeführt. Zu diesem Zweck war der Polizeibeamte, der gegenüber dem Berufungswerber die Aufforderung zur Blutabnahme aussprach - er war nicht identisch mit einem der den vorangegangenen Verkehrsunfall aufnehmenden Beamten -, zeugenschaftlich einvernommen worden. In der bei der Berufungsverhandlung erörterten  Niederschrift vom 31.7.2008 finden sich die Angaben des Beamten dahingehend, dass er beim Berufungswerber Alkoholgeruch aus seiner Atemluft wahrgenommen habe. Auf die erwähnte Aufforderung hin habe der Berufungswerber angegeben, er stimme einer Blutabnahme "eigentlich" nicht zu. Beim Beamten sei nicht der geringste Eindruck entstanden, der Berufungswerber habe seine Aufforderung zur Blutabnahme nicht verstanden.

 

Weiters wurde von der Erstbehörde ein Aktengutachten des Amtsarztes eingeholt, der in seiner Stellungnahme vom 17.10.2008 zu dem Schluss kommt, es sei zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Proband die Aufforderung zur Blutabnahme zum Aufforderungszeitpunkt verstehen konnte. Nachträgliche Erinnerungslücken an den Unfallshergang aufgrund der erlittenen Commotio cerebri hätten seine Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zum Aufforderungszeitpunkt nicht beeinträchtigt.

 

Schließlich wurde der zum Aufforderungszeitpunkt diensthabende Assistenzarzt, welcher bei der Amtshandlung im Krankenzimmer anwesend gewesen war, bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen. Er hatte an den Vorfall kein größeres Erinnerungsvermögen mehr, wusste aber noch, dass er bei der Einlieferung mit dem Berufungswerber gesprochen habe. Aus dem von ihm verfassten Ambulanzbericht zitierend gab der Zeuge an, dass der Patient völlig orientiert gewesen sei. Er konnte allerdings auch nicht mit Sicherheit sagen, ob der Berufungswerber alles aus dem Gespräch mit dem Polizeibeamten mitbekommen hat, immerhin hatte er eine Gehirnerschütterung. Dem Zeugen war nicht erinnerlich,  dass auf das Begehren des Beamten nach Blutabnahme eine augenscheinlich unpassende Reaktion des Berufungswerbers gekommen wäre.

 

Auch der Berufungswerber ist bei der Verhandlung einvernommen worden, er gab an, sich noch an den Alkovortest erinnern zu können. An das Gespräch mit einem Polizeibeamten im Krankenhaus könne er sich nicht erinnern.

 

4. Aufgrund der aufgenommen Beweise und deren Würdigung geht die Berufungsbehörde davon aus, dass der Berufungswerber zwar zweifellos bei dem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen inklusive einer Gehirnerschütterung erlitten hatte, aber dennoch den relevanten Vorgang im Krankenzimmer aufgrund folgender Erwägungen mitbekommen hat:

 

Der Berufungswerber ist nach dem Verkehrsunfall, es war vor Ort noch ein Alkovortest durchgeführt worden, in das Landeskrankenhaus Schärding verbracht worden. Aufgrund der Distanz zwischen Unfallort und Krankenhaus hat sich beim Berufungswerber ein Beamter den örtlich zuständigen Polizeiinspektion eingefunden. Ursprünglich war eine Alkomatuntersuchung vorgesehen, aus den schon erwähnten Gründen stellte sich eine solche aber als unmöglich heraus. Deshalb erfolgte seitens des Beamten – er hatte beim Berufungswerber selbst Alkoholgeruch wahrgenommen – die Aufforderung zur Blutabnahme. Hierauf hat der Berufungswerber mit der Äußerung, er wolle "eigentlich" keine Blutabnahme, reagiert. Für diesen Geschehnisablauf spricht neben der Angabe des erwähnten Polizeibeamten auch die grundsätzliche Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Assistenzarztes, der Berufungswerber sei orientiert gewesen, sonst wäre nicht erklärlich, wie die oben wiedergegebene Äußerung des Berufungswerbers aktenkundig hätte werden können. Das Adjektiv "eigentlich" bedeutet laut Österreichischem Wörterbuch "tatsächlich, genau genommen, im Grunde". Wenn also jemand auf ein bestimmtes Begehren antwortet mit: "Eigentlich will ich das nicht!", so will er das eben nicht, er ist "tatsächlich", "genau genommen", "im Grunde" nicht damit einverstanden. Bei einer solchen Antwort erübrigt sich nach Ansicht der Berufungsbehörde ein Nachfragen, unter welchen Bedingungen allenfalls doch eine Zustimmung zu erreichen wäre. Der einschreitende Polizeibeamte durfte daher mit dieser Antwort die Angelegenheit als abgeschlossen betrachten, ohne, wie der Berufungswerber vermeint, weiter nachfragen zu müssen, um "ein klares Ja oder Nein" zu erhalten, oder gar eine Rechtsbelehrung über die Folgen einer Verweigerung erteilen müssen.

 

Die Berufungsbehörde verkennt keinesfalls, dass sich der Berufungswerber aufgrund der Verletzungen durchaus in einer misslichen Lage befand und er eine Blutabnahme als zusätzliche Unannehmlichkeit betrachtete, also er im Moment andere Sorgen hatte, als einer Bestimmung der StVO 1960 zu entsprechen. Dies ändert aber im Grunde nichts daran, dass er nach der Beweislage eben diskretions- und dispositionsfähig war und daher die Aufforderung zur Durchführung einer Blutabnahme, mit welcher Wortwahl auch immer, nicht hätte verweigern dürfen.

 

Sohin konnte der Berufung dem Grunde nach also kein Erfolg beschieden sein.

 

Anders verhält es sich bei der Strafbemessung. Der Berufungswerber hat einen Tag vor dem Verkehrsunfall – und der Aufforderung zur Blutabnahme – das 18. Lebensjahr vollendet. Damit war er kein Jugendlicher mehr, dem die Rechtswohltat des § 20 VStG schon aufgrund dieser Eigenschaft zugestanden wäre. Allerdings ist dem Berufungswerber sein Alter zum Tatzeitpunkt in einem gewissen Sinne zugute zu halten, nämlich insofern, als § 34 Abs.1 Z1 StGB (iVm § 19 Abs.2 VStG) einen Milderungsgrund normiert, wenn die Tat nach Vollendung des 18., aber vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Täters begangen wird. Weiters kommt dem Berufungswerber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute. Schließlich hatte er sich zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme aufgrund der erlittenen gewiss schmerzhaften Verletzungen in einer Gemütslage befunden, in der man auf die Tragweite eines Verhaltens wohl nicht immer ausreichend Bedacht nehmen kann.

 

Demgegenüber lagen Erschwerungsgründe nicht vor.

 

Sohin überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, sodass beim Berufungswerber vom außerordentlichen Milderungsrecht des § 20 VStG Gebrauch zu machen war. Damit reduziert sich die Strafsatzuntergrenze gemäß § 99 Abs.1 lit.c  StVO 1960 von 1.162 Euro auf 581 Euro. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 600 Euro stellt (gerundet) diese absolute Mindeststrafe dar.

 

In einem solchen Fall erübrigt sich ein Eingehen auf allfällige weitere Strafbemessungskriterien, wie die persönlichen Verhältnisse eines Beschuldigten.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 

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