Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530846/12/Bm/Sta

Linz, 31.03.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Dr. R H, E,  E,  gegen den Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Juli 2008, Ge20-12530-11-2008, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagenänderungs­genehmigung gemäß § 81 GewO 1994,  zu Recht erkannt:

 

 

          Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Auflagepunkt 27. zu lauten hat wie folgt:

"Die Abluft der Lackieranlage ist über einen Kamin in einer Höhe von mindestens 18,5 m über Umgebungsniveau, entsprechend mindestens 13,5 m über Dach senkrecht nach oben und ungehindert auszublasen."

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 81 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 25. Juli 2008, Ge20-12530-11-2008, über Ansuchen der Ö E S GmbH & Co. KG., D. R, E, die gewerbebehördliche Betriebsanlagenge­nehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort E, Gst. Nr. , KG. E, durch Einbau einer Lackierkabine sowie eines Lackmischraumes und ausschließliche Verwendung der bestehenden Spritz- und Trockenkabine für Vorbereitungsarbeiten nach Maßgabe der eingereichten Projektsunterlagen und unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst  in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Änderung der Anlage bei Einhaltung der im Spruchteil I vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Zum Schutz der Nachbarn vor Emissionen sei eine Mindesthöhe der Abluftführung der Lackieranlage von mindestens 16 m über Umgebungsniveau, entsprechend mindestens 11 m über Dach senkrecht nach oben mit ungehinderter Ausblasung vorgeschrieben worden. Dies mit einer Ausblasegeschwindigkeit im Spritzbetrieb von 7 m/s.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat Herr Dr. R H, E,  E, mit Schriftstück vom 25. September 2008, bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt am 29. September 2008, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, laut Auflagepunkt 27. entspreche die vorgeschriebene Kaminhöhe von 16 m über Umgebungsniveau  einer Höhe von 5 m über den in einem Umkreis von 50 m gelegenen Giebelhöhen der Gebäude. Das Haus E sei mehr als 12 m hoch, bei Einberechnung eines Gefälles mindestens 13 m, weshalb zuzüglich der 5 m geforderten Überhöhung eine Kaminhöhe von 18 m erforderlich wäre. Beim Haus E sei die Giebelhöhe noch um 2 m höher, sodass sich eine Kaminhöhe von etwa 20 m ergeben müsste. Beantragt werde die Höhenmessung und Vorschreibung entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen mit einer Höhe von mindestens 5 m über den Giebeln der umgebenden Häuser.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m.
§ 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20-12530-11-2008.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 6 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zur Umsetzung der Richtlinie 1999/13/EG über die Begrenzung der Emissionen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel in gewerblichen Betriebsanlagen (VOC-Anlagen-Verordnung – 'VAV') BGBl. II Nr. 301/2002 idF BGBl. II Nr. 42/2005 müssen Abgase von VOC-Anlagen so ins Freie abgeleitet werden, dass ein Abtransport mit der freien Luftströmung nach dem Stand der Technik (zB Anhang A der ÖNORM M 9486 "Immissionsmessungen von flüchtigen organischen Verbindungen, insbesondere von Lösemitteln – Allgemeine Anforderungen") gewährleistet ist.

 

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat ergeben, dass die Ö E S GmbH & Co. KG. mit Eingabe vom 1. Februar 2008 die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für den Einbau einer Lackierkabine beantragt hat. Nach Vorprüfung der Projektsunterlagen hat die belangte Behörde mit Kundmachung vom 21. Februar 2008 eine mündliche Verhandlung für den 6. März 2008 anberaumt und an diesem Tag unter Beiziehung eines bau- und gewerbetechnischen Amtssachverständigen sowie auch des Berufungswerbers durchgeführt. Im Rahmen der Verhandlung wurde festgestellt, dass die Einholung eines ergänzenden luftreinhaltetechnischen Gutachtens erforderlich sei und ergänzende Projektsunterlagen betreffend Lackmischraum vorzulegen sind. Im daraufhin eingeholten luftreinhaltetechnischen Gutachten vom 20. März 2008 stellt der Amtssachverständige unter anderem fest, dass die Abluft der Lackieranlage über einen Kamin in  einer Höhe von mindestens 16 m über Umgebungsniveau, entsprechend mindestens 11 m über Dach senkrecht nach oben und ungehindert auszublasen ist. Dies unter Bezugnahme auf die als Stand der Technik anzusehende ÖNORM M 9486, wonach als begrenzendes Kriterium ein Austritt in einer Höhe von 5 m über First der Wohngebäude in 50 m Umkreis anzusehen sei. Diese Forderung fand schließlich Eingang in den Auflagepunkt Nr. 27. des nunmehr bekämpften Genehmigungsbescheides vom 25. Juli 2008, Ge20-12530-11-2008.

 

Auf Grund des Berufungsvorbringen hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde ein ergänzendes Gutachten eines Amtssachverständigen der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung aus dem Fachbereich Luftreinhaltung eingeholt. In diesem Gutachten vom 19. Jänner 2009, U-UT-800239/13-2009, welches im Berufungsverfahren dem Parteiengehör unterzogen wurde, stellt der luftreinhaltetechnische Amtssachverständige ergänzend fest:

 

"Wie bereits oben erwähnt, liegt das Wohnhaus E gerade noch im Umkreis von 50 m zum geplanten Emissionspunkt (DKM-Datenkopie vom 1.2.2008). Gemäß § 6 der VAV ist nach fachlicher Ansicht, primär die Abluftableitung ins Freie, "Gewährleistung des Abtransportes mit der freien Luftströmung nach dem Stand der Technik" gefordert. Dazu wird beispielhaft der Anhang A der ÖNORM M 9486 Ausgabe August 1998 angeführt. Ob sich aus der bereits eingangs zitierten Formulierung des § 6 VAV rechtlich eine zwingende Anwendung der ÖNORM ergibt, kann fachlich nicht beantwortet werden.

 

Im konkreten Fall liegt auf Grund der örtlichen Bebauungssituation (bei rein formaler Anwendung der ÖNORM M 9486, Ausgabe August 1998) Wohnbebauung (Flächenwidmung gemischtes Baugebiet M) im Umkreis von 50 m vor. Bei strenger Anwendung (sofern ÖNORM rechtlich verbindlich anzuwenden wäre) des informativen Anhanges der ÖNORM M 9486 wäre ein Kamin (Lackieranlage) mit einer Höhe von ca. 18,5 m über Niveau (bzw. 13,5 m über Dach) erforderlich. Auf Grund der vorliegenden örtlichen Bebauungssituation kann aus fachlicher Sicht (auch bei Vorschreibung einer Erhöhung des Kamins von 16 auf 18,5 m) nicht von einer gänzlichen Geruchsfreiheit in der  Nachbarschaft ausgegangen werden.

 

Nach fachlicher Ansicht kann jedoch auf Grund der geringen Gebäudehöhe im Bereich der Lackieranlage (5 bis ca. 6 m – in Verbindung mit der flächenmäßigen Ausdehnung der Betriebshallen von ca. 45 x 25 m) bei der vorgeschlagenen Kaminhöhe von 16 m von einem Abtransport der Abgase mit der freien Luftströmung ausgegangen werden. Dies kann auch damit begründet werden, dass bei den für die Nachbarschaft relevierten Windrichtungen (aus westlicher Richtung) der Gebäudeeinfluss (Höhe der Halle Lackieranlage) für die Schadstoffausbreitung (Verhältnis Kaminhöhe/Gebäudehöhe größer als 2,5 (16/5 = 3,2)) nicht mehr von relevanter Bedeutung ist. Aus der einschlägigen Literatur (zB ÖNORM M 9440) kann ab einem Verhältnis Kaminhöhe/Gebäudehöhe größer als 2,5 von einem Abtransport in die ungestörte Luftströmung ausgegangen werden."

 

Ergänzend wurde vom Amtssachverständigen festgestellt, dass die in § 6 VAV beispielhaft angeführte ÖNORM M 9486 vom 1. August 1998 mittlerweile durch die Ausgabe vom 1. November 2006 ersetzt wurde. In Bezug auf die Ableitbedingungen über Gelände bzw. über Dach liegen jedoch keine wesentlichen Änderungen vor und ergibt sich bei Anlagen mit Massenströmen, für die Konzentrationsbeschränkungen vorgesehen sind (zB nach VAV oder TA-Luft 2002) die Ableitung der Abgase unter der Mindestbedingung von 5 m über Firsthöhe bei Wohngebäuden in 50 m Umkreis.

 

Das Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung wurde, wie erwähnt, dem Parteiengehör unterzogen. Innerhalb offener Frist hat weder die Konsenswerberin noch der Berufungswerber noch die belangte Behörde eine Äußerung abgegeben.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates erachtet dieses Ergänzungsgutachten als schlüssig und richtig und hegt somit keine Zweifel, es der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen. Demnach steht unbestritten fest, dass die gegenständliche Lackieranlage unter die VOC-Anlagen-Verordnung zu subsumieren ist. Dies ergibt sich bereits aus dem unbestrittenen Verfahrensergebnis der belangten Behörde. Die anzuwendende Norm des § 6 VAV sieht in Bezug auf den Abtransport der Abgase eine freie Luftströmung nach dem Stand der Technik vor und verweist beispielhaft auf die ÖNORM M 9486. Diese ÖNORM wurde bereits durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren vom Amtssachverständigen begründet als Stand der Technik angesehen und kamen auch im Berufungsverfahren keine Umstände hervor, welche an der Zugrundelegung dieser ÖNORM M 9486 als Stand der Technik Zweifel aufkommen lassen. Auch Gegenäußerungen der Konsenswerberin zum Ergebnis der Anwendung dieser ÖNORM M 9486, welche eben als Mindestbedingung eine Ausblassung von 5 m über Firsthöhe der Wohngebäude in 50 m Umkreis vorsieht, sind bei der Berufungsbehörde nicht eingelangt. Da sich somit das Objekt des Berufungswerbers in diesem Umkreis von 50 m zur Ausblasöffnung befindet, war die erforderliche Höhe des vorgeschriebenen Abluftkamins dementsprechend anzupassen. Dies umso mehr, als die festgestellten Höhen zweckmäßigerweise lediglich mit Hilfe eines Laserdistanzmessgerätes ermittelt wurden. Diese geringfügige Ungenauigkeit kompensiert im Übrigen auch die Sachverständigenaussage, dass beim vorliegenden Verhältnis Kaminhöhe/Gebäudehöhe größer als 2,5 von einem Abtransport in die ungestörte Luftströmung ausgegangen werden kann.

 

Insgesamt war somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden und der umstrittene Auflagepunkt entsprechend dem Stand der Technik abzuändern.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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