Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300870/12/Gf/Mu

Linz, 27.03.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des J B, M, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 16. Dezember 2008, GZ Pol96-883-2008-W, wegen der Zurückweisung seines Einspruches als verspätet zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 16. Dezember 2008, GZ Pol96-883-2008-W, wurde der Einspruch des Rechtsmittelwerbers gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 11. Juni 2008, GZ Pol96-883-2008-W, als verspätet zurückgewiesen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Einspruch gegen die dem Beschwerdeführer am 29. August 2008 zugestellte Strafverfügung nicht zumindest am letzten Tag der Rechtsmittelfrist – nämlich am 12. September 2008 –, sondern erst am 15. September 2008 bei der belangten Behörde eingebracht worden sei.

1.2. Gegen diesen ihm am 24. Dezember 2008 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 2. Jänner 2009 – und damit rechtzeitig – per e-Mail eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er den Einspruch persönlich am 12. September 2008 in den Briefkasten der Bezirkshauptmannschaft Braunau eingeworfen habe, was auch ein Zeuge entsprechend bestätigen könne.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu GZ Pol96-883-2008 sowie im Wege ergänzender Ermittlungen; da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, sich die vorliegende Berufung lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt habe, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Aus § 33 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 35/2008 ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate für Berufungen gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörden zuständig sind und i.V.m. § 51c VStG – wenn (wie hier) weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden haben.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 49 Abs. 1 VStG ist ein Einspruch gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung zu erheben.

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

Nach § 13 Abs. 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und durch Anschlag an der Amtstafel bekanntzumachen. Bei außerhalb der Amtsstunden eingebrachten Anbringen beginnen die behördlichen Entscheidungsfristen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer die Strafverfügung des Bezirkshauptmanns von Braunau vom 11. Juni 2008, GZ Pol96-883-2008-W, allseits unbestritten am 29. August 2008 zugestellt.

Die Zweiwochenfrist begann daher an diesem Tag zu laufen und endete somit gemäß § 49 Abs. 1 VStG i.V.m. § 32 Abs. 2 AVG am 12. September 2008 um 24.00 Uhr.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde bewirkte hingegen der am Einlaufbriefkasten angebrachte Hinweis

„Der Briefkasten wird nur während der Amtsstunden geleert. Anbringen, die nach dem Ende der Amtsstunden eingeworfen werden, gelten erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht. Der Fristenlauf wird daher nicht gewahrt, wenn Anbringen am letzten Tag der Frist nach dem Ende der Amtsstunden eingeworfen werden.“

nicht, dass die Einspruchsfrist bereits am 12. September 2008 mit dem Ende der Amtsstunden (also um 12.30 Uhr) endete. Denn zum einen sagt § 13 Abs. 5 letzte Satz AVG nicht aus, dass ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen als nicht rechtzeitig eingebracht gilt, sondern diese Bestimmung weist nur darauf hin, dass in einem solchen Fall die Entscheidungsfrist der Behörde (nicht schon am selben Tag, sondern) erst mit dem Tag des Wieder­beginnes der Amtsstunden zu laufen beginnt. Die für die Rechtzeitigkeit eines Anbringens maßgebliche Frist ist danach also nicht mit dem aus der Sicht der Behörde relevanten Beginn ihrer Entscheidungsfrist gleichzusetzen. Dazu kommt, dass es nach dem verfassungsmäßigen Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG einer Behörde ohne explizite verfassungs- ohne einfachgesetzliche Ermächtigung hiezu  schon von vornherein nicht zukommen kann, gesetzlich festgelegte Fristen einseitig und v.a. zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers zu verkürzen.

Jedenfalls in Bezug auf Rechtsmittel kann es daher nicht zutreffen, dass der Fristenlauf nicht gewahrt wird, wenn dieses erst nach dem Ende der Amtsstunden, aber noch vor 24.00 Uhr des letzten Tages der Rechtsmittelfrist in den Einlaufbriefkasten der Behörde eingeworfen wird.

3.2.1. Davon ausgehend war daher, nachdem der Beschwerdeführer eingewendet hat, dass er seinen Einspruch noch am 12. September 2008 – und zwar im Beisein eines Zeugen – in den Briefkasten der belangten Behörde eingeworfen habe, zunächst zu prüfen, ob dieses Vorbringen tatsächlich zutrifft. Daher wurde ihm mit h. Schreiben vom 6. Februar 2009, GZ VwSen-300870/2/Mu/Se, Gelegenheit dazu gegeben, zur Frage des tatsächlichen Einbringens seines Einspruches ho. einlangend bis zum 23. Februar 2009 Stellung zu nehmen und dies durch geeignete Beweismittel zu belegen.

3.2.2. In seiner Stellungnahme vom 19. Februar 2009 hat der Rechtsmittelwerber einen Zeugen namhaft gemacht.

Dieser gab dem Oö. Verwaltungssenat am 19. März 2009 bekannt, dass er am 12. September 2008 gemeinsam mit dem Beschwerdeführer wegen eines PC-Druckerproblems bei einem Bekannten gewesen und danach beide gemeinsam wieder nach Braunau gefahren sind, wobei der er das Fahrzeug lenkte. Als sie beim Amtsgebäude der Bezirkshauptmannschaft vorbeikamen, meinte der Beschwerdeführer, er möge schnell halten, weil jener „einen Rekurs in den dortigen Briefkasten einwerfen“ müsse. Dieser Einwurf fand dann um 14.00 Uhr oder 15.00 Uhr statt; an die genaue Uhrzeit konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern (vgl. h. Aktenvermerk vom 19. März 2009, GZ VwSen-300870/11/Mu).

3.2.3. Dafür, dass dieses Vorbringen nicht den Tatsachen entsprechen könnte, ergaben sich für den Oö. Verwaltungssenat keinerlei Anhaltspunkte.

3.3. Davon ausgehend steht aber im Ergebnis fest bzw. ist jedenfalls im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) zu Gunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er den Einspruch am 12. September 2008, also am letzten Tag der Rechtsmittelfrist, zwar nach dem Ende der Amtsstunden, aber jedenfalls noch vor 24.00 Uhr in den Einlaufbriefkasten der belangten Behörde eingeworfen hat.

Diese Form des Anbringens i.S.d. § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AVG erweist sich daher i.S.d. § 49 Abs. 1 VStG i.V.m. § 32 Abs. 2 AVG als rechtzeitig.

3.4. Da der vorliegende Einspruch sohin nicht als verspätet zurückgewiesen hätte werden dürfen, war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-300870/12/Gf/Mu vom 27. März 2009

 

Art. 18 Abs. 1 B-VG; § 49 Abs. VStG, § 32 Abs. 1 AVG, § 13 Abs. 5 AVG:

 

Der am Einlaufbriefkasten der Behörde angebrachte Hinweis:

„Der Briefkasten wird nur während der Amtsstunden geleert. Anbringen, die nach dem Ende der Amtsstunden eingeworfen werden, gelten erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht. Der Fristenlauf wird daher nicht gewahrt, wenn Anbringen am letzten Tag der Frist nach dem Ende der Amtsstunden eingeworfen werden.“

bewirkt nicht, dass die Einspruchsfrist tatsächlich bereits mit dem Ende der Amtsstunden endete. Denn § 13 Abs. 5 letzte Satz AVG bestimmt nicht, dass ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen als nicht rechtzeitig eingebracht gilt, sondern diese Bestimmung weist nur darauf hin, dass in einem solchen Fall die Entscheidungsfrist der Behörde (nicht schon am selben Tag, sondern) erst mit dem Tag des Wieder­beginnes der Amtsstunden zu laufen beginnt. Dazu kommt, dass es nach dem verfassungsmäßigen Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG einer Behörde ohne explizite verfassungs- ohne einfachgesetzliche Ermächtigung hiezu  schon von vornherein nicht zukommen kann, gesetzlich festgelegte Fristen einseitig und v.a. zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers zu verkürzen. Jedenfalls in Bezug auf Rechtsmittel kann es daher nicht zutreffen, dass der Fristenlauf nicht gewahrt wird, wenn dieses erst nach dem Ende der Amtsstunden, aber noch vor 24.00 Uhr des letzten Tages der Rechtsmittelfrist in den Einlaufbriefkasten der Behörde eingeworfen wird.

 

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