Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240674/3/Ste/Mu

Linz, 20.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des C H, vertreten durch Dr. K F, Dr. C A, Rechtsanwälte, L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 16. März 2009, GZ SanRB96-183-8-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid der Behörde erster Instanz wird mit der Maßgabe bestätigt, dass im Tatvorwurf die Wortfolge „jedenfalls 200 Stück ‚HB’,“ durch die Wortfolge „400 Stück Zigaretten“ ersetzt wird.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 10 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 16. März 2009, GZ SanRB96-183-8-2008, wurde über den Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Stunden) verhängt, weil er am 13. Dezember 2008 am ehemaligen Amtsplatz des Grenzübergangs Weigetschlag 200 Stück Zigaretten, die keine deutschen Warnhinweise aufwiesen, in Gewahrsame gehalten hatte, obwohl eine Person außerhalb des Bundesgebietes für private Zwecke erworbene Tabakerzeugnisse, deren Warnhinweis nicht den Bestimmungen des Tabakgesetzes entsprechen, nur im Ausmaß von 200 Stück Zigaretten in das Inland verbringen und im Inland in Gewahrsame halten darf. Er habe dadurch § 7a Z. 1 iVm. §§ 5 und 6 iVm. § 14 Abs. 1 Z. 1a des Tabakgesetzes verletzt, weswegen er in Anwendung der zuletzt zitierten Vorschrift bestraft wurde.

Begründend führt die Behörde erster Instanz – nach Schilderung des bis dahin durchführten Verfahrens und der gesetzlichen Grundlagen – im Wesentlichen an, dass der Sachverhalt aufgrund der Anzeige durch Zollorgane eindeutig erwiesen sei. Dem nunmehrigen Bw sei Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Begründung schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung, wobei die bisherige Unbescholtenheit strafmildernd gewertet wurde.

1.2. Dieses Straferkenntnis wurde dem Bw im Weg seiner Rechtsvertretung am 17. März 2009 zugestellt. Daraufhin erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, die am 31. März 2009 – und somit rechtzeitig – der Post zur Beförderung übergeben wurde (vgl. § 24 VStG iVm. § 63 Abs. 5 iVm. § 33 Abs. 3 AVG).

Darin wird das Straferkenntnis praktisch ausschließlich mit der Begründung bekämpft, dass der Bestrafung die Richtlinie 2001/37/EG entgegen stehen würde, weil § 7a des Tabakgesetzes durch die Richtlinie nicht gedeckt sei und auch mit EU-Primärrecht in klarem Widerspruch stehen würde. Der Sachverhalt an sich wird in der Berufung nicht bestritten.

Abschließend wird beantragt, der Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Folge zu geben und das geführte Verfahren einzustellen.

2.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Der noch in der Berufung ausdrücklich gestellte Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenats wurde vom Bw mit Schreiben vom 9. April 2009 insofern zurückgezogen, als darin auf die Durchführung einer solchen Verhandlung ausdrücklich verzichtet wurde.

Dem hat auch die Behörde erster Instanz zugestimmt (§ 51e Abs. 3 letzter Satz VStG).

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.4. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2 dargestellt – rechtzeitig.

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Der Bw hatte am 13. Dezember 2008 am Amtsplatz des Grenzübergangs Weigetschlag auf österreichischem Staatsgebiet 400 Stück Zigaretten in seinem Besitz, die keine deutschen Warnhinweise aufgedruckt hatten und die er zuvor aus Tschechien eingeführt hatte.

Der Bw verfügt – entsprechend der von ihm unwidersprochen gebliebenen Schätzung der Behörde erster Instanz (vgl. deren Schreiben vom 18. Februar 2009) – über ein monatliches Netto-Einkommen von rund 2.000 Euro, kein sonstiges wesentliches Vermögen und hat keine Sorgepflichten für Dritte.

2.8. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Berufung und wird im Übrigen auch vom Bw nicht bestritten.

2.9. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51e Abs. 3 Z 3 VStG), der Sachverhalt an sich völlig unbestritten ist und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht; im Übrigen haben die Parteien auch ausdrücklich auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 51e Abs. 5 VStG).

3.  In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z 1a des Tabakgesetzes, BGBl. Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt (13. Dezember 2008) geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung wer entgegen § 7a Tabakerzeugnisse in das Inland verbringt oder im Inland in Gewahrsame hält. Solche Verwaltungsübertretungen sind mit Geldstrafen bis zu 7.260 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 14.530 Euro zu bestrafen.

Nach § 7a Z 1 Tabakgesetz dürfen ua. Zigaretten, die eine natürliche Person außerhalb des Bundesgebiets erwirbt und nur für private und nicht für gewerbliche Zwecke bestimmt sind, sofern die auf diesen Tabakerzeugnissen aufgebrachten Warnhinweise den Bestimmungen des Tabakgesetzes nicht entsprechen, nur im Ausmaß von höchstens 200 Stück in das Inland verbracht und im Inland in Gewahrsame gehalten werden. Die entsprechenden Regelungen über die Warnhinweise enthalten die §§ 5 und 6 Tabakgesetz; dort findet sich jeweils der genaue Wortlaut verschiedener Hinweise ausschließlich in deutscher Sprache. § 6 Abs. 5 Z 5 Tabakgesetz bekräftigt dies mit der Verpflichtung, dass „alle Warnhinweise nach § 5 [...] in deutscher Sprache zu verfassen“ sind.

Das objektive Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht daher eine Person, die für private und nicht für gewerbliche Zwecke mehr als 200 Stück Zigaretten im Inland in Gewahrsame hält, wenn auf den Zigarettenpackungen keine entsprechenden Warnhinweise in deutscher Sprache aufgedruckt ist.

Der Bw hatte – auch von ihm selbst unbestritten – am 13. Dezember 2008 am Amtsplatz des Grenzübergangs Weigetschlag, der sich zur Gänze im Inland befindet, 400 Stück Zigaretten für private Zwecke in seinem Besitz, auf deren Packungen keine Warnhinweise in deutscher Sprache aufgedruckt waren. Er hat daher das Tatbild verwirklicht.

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts ist daher zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Bw den objektiven Tatbestand verwirklicht hat.

Die Tat bildet nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung und ist auch nicht nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht, jedenfalls wurde – soweit ersichtlich – weder ein Verfahren bei Gericht, noch eine anderes Verwaltungsstrafverfahren wegen der Tat eingeleitet (vgl. § 30 VStG).

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

Der Bw hat die Tat an sich im Ergebnis nicht geleugnet, verantwortet sich aber (erkennbar) damit, dass er der Meinung gewesen sei, gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen stünden den innerstaatlichen Regelungen entgegen. Damit macht er im Ergebnis einen Rechtsirrtum geltend.

Beim Rechtsirrtum (Verbotsirrtum) irrt der Täter über eine Verbotsnorm: Er erkennt zwar den Sachverhalt, irrt aber über die rechtliche Seite der Tat und erkennt deshalb nicht das Unrecht seines Verhaltens.

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt eine Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften, der der Täter zuwidergehandelt hat den Täter nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Hat der Täter das Unrecht seiner Tat zwar nicht erkannt, ist ihm aber dieser Mangel vorwerfbar, so liegt kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor. Die Unkenntnis eines Gesetzes oder eine irrige Gesetzesauslegung ist ein Rechtsirrtum, der nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. ua. Verwaltungsgerichtshof VwSlg. 7.528 A/1969). Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer – allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Selbst guter Glaube stellt damit keinen Schuldausschließungsgrund her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der zuständigen Behörde anzufragen. Dazu bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums. In der Unterlassung von solchen Erkundigungen liegt mindestens ein fahrlässiges Verhalten (Verwaltungsgerichtshof vom 23. Dezember 1991, 88/17/0010).

Eine Auskunft einer zuständigen Behörde über seine konkreten Umstände und die von ihm geplante Vorgangsweise, die unter Umständen einen Schuldausschließungsgrund darstellen könnte, kann der Bw nicht beweisen.

Weil sich der Bw damit nicht hinreichend über die auf Grund des österreichischen Tabakgesetzes zum privaten Import von Zigaretten erlaubte Stückzahl informiert hat (was etwa auch über das Internetangebot der Bundesregierung oder im Wege von Qualitätsmedien möglich war und ist) und dennoch Zigaretten ohne Warnhinweis in deutscher Sprache in einer Zahl mit sich geführt hat, die über das im konkreten Fall nach dem Tabakgesetz erlaubte Höchstausmaß hinausgeht, hat er in einer seine Schuld nicht ausschließenden Weise geirrt.

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

3.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Die Geldstrafe von 50 Euro ist ohnehin im absolut untersten Bereich angesiedelt (weniger als 0,75 % des vorgesehenen Strafrahmens) und bereits überaus milde bemessen, da nach § 14 Abs. 1 Tabakgesetz Geldstrafen bis 7.260 Euro verhängt werden können. Gerade auch vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Notwendigkeit der Information der Raucherinnen und Raucher über die gesundheitlichen Risiken der Tabakerzeugnisse (vgl. in diesem Sinn gerade auch die Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen sowie die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 5 des Tabakgesetzes 52 BlgNR, XXII. GP, Seite 3) und der Tatsache, dass im vorliegenden Fall das Verhalten und die Einstellung des Bw offenbar durch eine gewisse Sorglosigkeit gekennzeichnet war, wäre wohl auch eine höhere Strafe vertretbar gewesen.

Im Übrigen hat der Bw auch keine Gründe vorgebracht, die gegen die Annahmen zur Strafhöhe durch die Behörde erster Instanz sprechen.

Abgesehen davon wären die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd § 34 Abs. 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde vom Bw auch selbst nicht behauptet und wäre bei der gegebenen Einkommenssituation und der konkreten (geringen) Strafhöhe auch nicht nachvollziehbar. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (Verwaltungsgerichtshof vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086 und vom 20. September 2000, 2000/03/0074).

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

3.4. Aufgrund der demnach jedenfalls berechtigten Höhe der verhängten Strafe und auch aufgrund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen (vgl. bereits Punkt 3.3 zweiter Absatz) kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten des Bw gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafe gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

3.5. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das ange­fochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

Die vorgenommene Korrektur des Spruches (Entfall eines möglicherweise irreführenden Zusatzes und Berichtigung der offensichtlich auf einem Schreibfehler basierenden Zahl der vom Bw in Gewahrsame gehaltenen Zigaretten) stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht. Sie war auch zulässig, da bereits mit dem Tatvorwurf in der Strafverfügung der belangten Behörde eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde und dem Bw zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens unmissverständlich klar war, welcher Sachverhalt ihm vorgeworfen wird und er sich deshalb jeder Zeit in jede Richtung verteidigen konnte und er dies auch getan hat (Spruchpunkt I).

3.6. Die vom Bw in der Berufung vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die angewendeten innerstaatlichen gesetzlichen Grundlagen werden – soweit sie überhaupt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt:

Nicht völlig nachvollziehbar ist zunächst der Schluss des Bw, den dieser aus der Unterscheidung zwischen „privater Einfuhr“ und „gewerblichem In-Verkehr-Bringen“ zu ziehen versucht. Abgesehen davon, dass der genannten Richtlinie 2001/37/EG eine Beschränkung auf das gewerbliche In-Verkehr-Bringen nicht zu entnehmen ist, enthält deren Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie ein Recht der Mitgliedstaaten, strengere Vorschriften für die Herstellung, die Einfuhr, den Verkauf und den Konsum von Tabakerzeugnissen beizubehalten oder zu erlassen, die sie zum Schutz der Gesundheit für erforderlich halten, soweit diese strengeren Vorschriften nicht in Widerspruch zu dieser Richtlinie stehen (vgl. dazu auch den Erwägungsgrund 24 der Präambel zur Richtlinie). Damit wird von der Richtlinie selbst ein „richtliniengewollter“ Spielraum eröffnet. Eine Regelung, die diesen Spielraum ausschöpft, kann ihrerseits daher denkmöglich nicht der Richtlinie widersprechen, sofern sie sich innerhalb dieses Spielraums bewegt.

Die – auch vom Bw zitierten – Erläuterungen in den parlamentarischen Materialien zu § 7a Tabakgesetz (AB 392BlgNR, 23. GP, 2) nennen genau den erweiterten Gesundheitsschutzes als Hauptgrund für die Regelung über die Warnhinweise („Damit soll auch in diesem Rahmen die mit den Warnhinweisen intendierte Aufklärung über die mit dem Rauchen verbundenen Gesundheitsrisiken gewahrt werden.“). Die innerstaatliche Regelung entspricht daher der genannten Richtlinien-Regelung. Ein Widerspruch zur Richtlinie iSd. letzten Halbsatzes des Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2001/37/EG ist nicht erkennbar.

Der Bw übersieht auch, dass es im vorliegenden Zusammenhang nicht um das In-Verkehr-Bringen geht, sondern – schon dem Wortlaut der angewendeten Bestimmung nach – nur um das Verbringen von Tabakerzeugnissen in das Inland und das Halten dieser in Gewahrsame im Inland. Weder §7a Tabakgesetz noch die angewendete Strafnorm des § 14 Abs. 1 Z. 1a Tabakgesetz spricht vom In-Verkehr-Bringen. Insoweit ist auch die darauf gestützte Argumentation des Bw für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht ganz nachvollziehbar.

Wenn der Bw aus möglichen Fremdsprachenkenntnissen im Einzelfall ein Argument für die Zulässigkeit nicht-deutscher Warnhinweise zu ziehen versucht, ist ihm entgegen zu halten, dass die Richtlinie 2001/37/EG auch insoweit lediglich Regelungen für den Zeitpunkt des In-Verkehr-Bringens enthält (vgl. Art. 5 Abs. 6 lit. e der Richtlinie). Wenn der österreichische Gesetzgeber auf der Basis des Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2001/37/EG aus Gründen des erweiterten Gesundheitsschutzes eine zusätzliche Regelung erforderlich hält, bestehen dagegen keine Bedenken. Die Regelung scheint auch deswegen durchaus ausgewogen zu sein, als ohnehin ein gewisse Menge an Tabakerzeugnissen auch mit nicht-deutschen Warnhinweisen in das Inland verbracht und im Inland in Gewahrsame gehalten werden dürfen. Die daraus erkennbare Überlegung eines möglichen und tolerierten Eigenverbrauchs korrespondiert mit der Überlegung, dass bei darüber hinausgehenden Mengen eine Weitergabe an dritte Personen nicht unwahrscheinlich scheint, die auch in diesem Fall durch die Warnhinweise gerade eben in deutscher Sprache über die gesundheitlichen Risiken informiert werden sollen.

Da damit im Ergebnis die angewendeten innerstaatlichen Gesetzesbestimmungen ohne jeden Zweifel eine Grundlage in der Ausnahmebestimmung des Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2001/37/EG haben und damit kein vernünftiger Grund an der Richtlinienkonformität der bei der Bestrafung des Bw angewendeten innerstaatlichen Regelungen besteht, besteht für den Unabhängigen Verwaltungssenat weder eine Notwendigkeit noch ein Anlass, ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof anzustrengen.

Eine unmittelbare Anwendung primärrechtlicher Bestimmungen kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil im fraglichen Bereich die genannte Richtlinie erlassen wurde.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 10 Euro, vorzuschreiben (Spruchpunkt II).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Rechtssatz:

 

VwSen-240674/3 vom 20. April 2009

 

(Tabakgesetz, §§ 5, 6, 7a und 14, Richtlinie 2001/37/EG)

Das objektive Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht eine Person, die für private und nicht für gewerbliche Zwecke mehr als 200 Stück Zigaretten im Inland in Gewahrsame hält, wenn auf den Zigarettenpackungen keine entsprechenden Warnhinweise in deutscher Sprache aufgedruckt ist.

 

§ 7a Tabakgesetz findet Deckung im „richtlinienkonformen Spielraum“ des Art. 13 Abs. 2 der RL 2001/37/EG.

 

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