Linz, 07.04.2009
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn K H, geb. , D, vertreten durch Rechtsanwalt, Dr. L O, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 9. März 2009, Zl. VerkR96-8376-2008, zu Recht:
I. Der Berufung wird im Punkt 1.) mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf € 120,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden ermäßigt wird.
Im Punkt 2.) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
II. Zu 1.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf € 12,--. Für das Berufungsverfahren entfällt in diesem Punkt ein Verfahrenskostenbeitrag.
Im Punkt 2.) werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren € 16,-- auferlegt (20 % der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.
Zu II.: § 65 und § 64 Abs.1 u. 2 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Die Behörde erster Instanz verhängte über den Berufungswerber 1.) wegen der Übertretung nach §§ 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 FSG 1997 und 7 Abs.1 VStG und 2.) wg. § 102 Abs.8 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 zwei Geldstrafen (220 Euro und 80 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 96 u. 36 Stunden) verhängt, weil er, wie am 18.9.2008 um ca. 10.44 Uhr auf der Phyrnautobahn A 9 bei AKm. 47.500 im Gemeindegebiet von Roßleithen in Richtung Wels bei der Kontrolle des Kraftwagenzuges mit den Kennzeichen bzw. festgestellt worden sei,
1. Herrn F A insofern vorsätzlich zur Begehung einer Verwaltungsübertretung veranlasst habe, als er ihm den Kraftwagenzug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von insgesamt 3.895 Kg zum Lenken überließ, obwohl sich dieser nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung für die Klassen B+E befand und
2. als Verfügungsberechtigter über das Kraftfahrzeuges dieses ohne Zustimmung des Zulassungsbesitzers an eine dritte Person weitergegeben habe.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. Dem tritt der Berufungswerber mit den nachfolgenden und fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufungsausführungen entgegen:
3. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt.
Mit der Bekanntgabe vom 31.3.2009 modifizierte der Rechtsvertreter sein Berufungsbegehren und schränkte dieses im Ergebnis auf eine bloße Strafberufung ein, wobei die Anwendung des § 21 VStG in eventu Strafreduzierung begehrt wurde. Die bereits für den 14.4.2009 anberaumt gewesene öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde von hier am 7.4.2009 unter Verständigung der Zeugen A.F und G. P, sowie der Behörde erster Instanz wieder abberaumt (§ 51e Abs.2 Z3 VStG).
4.1. In seiner Berufungseinschränkung legt der Berufungswerber insbesondere seine wirtschaftlichen Verhältnisse näher dar. Darin wird die nach Schließung der von ihm bis Ende 2007 betriebenen Tankstelle mit nachfolgender Änderung seiner Erwerbstätigkeit als Einzelkaufmann und die damit verbundenen Schulden in Höhe von 50.000 Euro angeführt. Für die Bestreitung seines persönlichen Lebensunterhaltes verblieben ihm vor diesem Hintergrund nur € 800,-- monatlich. Zuletzt wird vermeint, es wäre mit der Tat keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen, sodass die Anwendung des § 21 VStG durchaus vertretbar wäre. In eventu wird um schuldangemessene Strafreduzierung ersucht.
4.2. Aus dem Akt kann nicht ersehen werden wie sich der Gewichtszustand der Fahrzeugkombination tatsächlich gestaltet hat. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, ob mit dieser Fahrzeugkombination etwa auch die Gesamtmasse von 3,5 Tonnen überschritten wurde und somit über den bloßen Tatbestand hinausgehende (nachteilige) Tatfolgen insbesondere auch in fahrdynamischer Art vorlagen.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
§ 7 VStG lautet:
Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein Anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem Anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist (VwGH vom 23.04.1991, Zl. 90/04/0276).
Unter Beihilfe iSd § 7 VStG ist die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann (VwGH 6.2.1990, 89/04/0189 mit Hinweis auf VwGH 18.2.1986, 85/04/0066).
Eine durch § 7 VStG unter Strafe gestellte "Beihilfe" liegt vor, wenn durch das Verhalten einem anderen die Haupttat ermöglicht oder erleichtert wird (vgl. z.B. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Anm.4 zu § 7 VStG, 1271, oder Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3, 401). Unter Beihilfe im Sinne des § 7 VStG wird etwa iSd verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen verstanden, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden (vgl. VwGH 6.2.1990, 89/04/0184, und die dort zitierte Vorjudikatur, sowie VwGH 15.9.1992, 91/04/0033 u. VwGH 31.3.2008, 2008/17/0033).
Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 5 StGB).
Dies gilt nunmehr durch den die ursprünglichen Berufungsanträge modifizierenden Schriftsatz vom 31.3.2009 in Rechtskraft erwachsenen Spruch des Straferkenntnisses bindend festgestellt.
6. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur zulässig mit von der Behörde erteilten, gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse § 2) in die das Kfz fällt.
Nach § 37 Abs.1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von € 36,-- bis € 2.180,-- im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen, zu bestrafen.
6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Da sich hier der Lenker im Besitz einer Lenkberechtigung B (nicht jedoch der Klasse E in Kombination mit der Klasse B) befunden hat, gelangt – wie von der Behörde erster Instanz zutreffend erkannt - als Strafnorm § 37 Abs.1 FSG mit einem Strafrahmen von 36 € bis 2.180 € zur Anwendung.
Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass das Lenken ohne Lenkberechtigung grundsätzlich zu den schwersten Verstößen im Verkehrsrecht zählt, wobei dies im Fall der bloßen Überschreitung der Gesamtmassen (Zugfahrzeug + Anhängers) relativiert gelten kann.
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Angesichts der Sorgepflichten und der an sich ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers scheint vor dem Hintergrund des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit im Punkt 1.) mit der nunmehr ausgesprochenen Geldstrafe das Auslangen gefunden werden. Weder spezialpräventive noch generalpräventive Aspekte stehen dieser Vorgehensweise entgegen. Im Punkt 2.) vermag mit 80 € jedoch ein Ermessensfehler nicht geortet werden, sodass diesbezüglich der nun auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung keine Berechtigung zukam.
6.2. Betreffend das Begehren unter Anwendung des § 21 VStG bloß eine Ermahnung auszusprechen ist festzustellen ist, dass nur bei Vorliegen der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf dessen Anwendung besteht. Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Dies trifft hier nicht zu.
So muss jedenfalls die Kenntnis der Rechtsvorschriften nicht nur über die jeweiligen höchsten zulässigen Gesamtmassen sondern auch die Berechtigungsumfänge für die jeweiligen Fahrzeugklassen sowohl vom einem Fahrzeuglenker als auch von jener Person die einem Lenker das Fahrzeug überlässt erwartet werden. Wenn wohl hier mit der Fahrt ohne Lenkberechtigung B+E keine unmittelbaren nachteiligen Folgen verbunden waren, so könnten allenfalls durch das Lenken dieser Fahrzeugkombination auch sachverständig festzustellende fahrdynamische Nachteile verbunden und damit versicherungsrechtliche Obliegenheiten verletzt worden sein. Jedenfalls scheidet die Anwendung des § 21 VStG ob der rechtskräftig festgestellten vorsätzlichen Überlassung in Kenntnis der fehlenden Berechtigung mangels bloß geringen Verschuldensgrades ex lege aus. Mit Blick auf § 19 Abs.2 letzter Satz war die Geldstrafe im Verhältnis zur Ersatzfreiheitsstrafe überproportional zu ermäßigen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r