Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530879/2/Re/Sta

Linz, 07.04.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der D F C A Nfg GmbH & Co. KG., Linz, vertreten durch Dr. A W, konform Unternehmungsberatung, vom 12. Februar 2009, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Jänner 2009, GZ. 501/M081134, betreffend die Untersagung einer nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 angezeigten Anlagenänderung,  zu Recht erkannt:

 

 

          Der Berufung wird keine Folge gegeben; der  bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
30. Jänner 2009, GZ. 501/M081134, wird mit der Maßgabe  bestätigt, als der erste Satz des Spruchteils I lautet wie folgt:

          "Die Durchführung der von D F C A Nfg GmbH & Co. KG. mit Eingabe vom 17. Dezember 2008 angezeigten Änderung betreffend die Produktion von FLAP im Bau 30 der bestehenden gewerblichen Betriebsanlage entspricht nicht den hiefür geforderten gesetzlichen Voraussetzungen des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 ('die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen') und wird untersagt."

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG);

§§ 359a und 81 Abs.2 Z9 und 345 Abs.9 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem Bescheid vom
30. Jänner 2009, GZ. 501/M081134, die Durchführung der angezeigten Änderung der D F C A Nfg GmbH & Co. KG., die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, vom 18. Dezember 2008 untersagt.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Prüfung des Amtssachverständigen habe ergeben, dass bei der geplanten Produktion Natriumnitrit zum Einsatz kommen solle; die Verwendung dieses gefährlichen Stoffes sei bisher im Bau 30 nicht genehmigt. Es sei nicht gelungen, die Genehmigung der Verwendung eines im Gefährdungs- und Auswirkungspotential vergleichbaren Stoffes darzulegen  und somit die Emissionsneutralität der Änderung nachzuweisen. Die Untersagung sei daher im Grunde des § 345 Abs.9  iVm § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 auszusprechen.

 

Gegen diesen Bescheid hat die D F C A Nfg GmbH & Co. KG, vertreten durch Dr. A W konform Unternehmensberatung mit Schriftsatz vom 12. Februar 2009 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies mit der Begründung, die zu Grunde liegende gewerbebehördliche Genehmigung für Bau 30 vom 15. Juli 1977, GZ. 601/O-608/76, würden keine Beschränkung hinsichtlich der Verwendung von Stoffen beinhalten. Es sei also auch die Verwendung dieses Stoffes vom Umfang der bestehenden gewerbebehördlichen Genehmigung abgedeckt. Für die Produktion von FLAP würden pro Charge 12 g Natriumnitrit als Rohstoff eingesetzt, welches im Prozess größtenteils zu Natriumnitrat oxidiere. Der Stoff stelle keine außergewöhnliche Gefährdung dar. Natriumnitrit sei als Konservierungsmittel für den Einsatz in Lebensmitteln zugelassen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum durch die Verwendung von Natriumnitrit das Emissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflusst werde. Die sicherheitstechnischen Gefährdungen seien im Vorfeld geprüft und liege die im Genehmigungsbescheid geforderte Freigabe durch die Sicherheitsfachkraft vor. Der Bescheid sei erlassen worden, ohne die Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs zur Äußerung des Amtssachverständigen vom 14. Jänner 2009 abzuwarten.

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  GZ. 501/M081134.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 81 Abs.2 Z9 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls dann  nicht gegeben, wenn Änderungen das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen.

 

Gemäß § 345 Abs.9 leg.cit. hat die Behörde, wenn vorgeschriebene Anzeigen erstattet werden, obwohl die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

 

Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat ergeben, dass die D F C A Nfg GmbH & Co. KG. mit Eingabe vom 17. Dezember 2008 die Produktion von FLAP im Bau 30 der bestehenden Betriebsanlage nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 angezeigt hat. 

 

Im Rahmen der Prüfung der eingereichten Unterlagen stellt zunächst der Amtssachverständige für Gewässerschutz fest, dass die angegebenen Abwasseremissionen nicht nachvollziehbar seien. Einerseits würde die Abwassermenge mit jeweils 1,6 m3/d angegeben, aus der Vor- und der Nachreinigung würden jedoch jeweils 3 m3 angegeben. Darüber hinaus würde im Sicherheitsdatenblatt angegeben, dass ein Produkt organisch gebundenes Fluor enthält und deshalb zum AOX-Wert beitragen könne. AOX-Emissionen seien jedoch nicht angegeben worden. Der sicherheitstechnische Amtssachverständige stellt in seiner Äußerung von 12. Jänner 2009 fest, dass bei der Produktion von FLAP der Einsatzstoff Natriumnitrit verwendet würde und aus sicherheitstechnischer Sicht davon auszugehen sei, dass das Emissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflusst werde. Hiezu wurde von Seiten der Konsenswerberin festgehalten, dass die Prozessströme in Summe eine Abwasserfracht von 1 m3/d und das Spülwasser von 0,6 m3/d ergebe. Das Wasser diene zum Spülen der Wasserleitungen, um eine mikrobiologische Verkeimung der Anlage zu verhindern. Die Summe von 1,6 m3/d sei im Standortkonzept abgebildet. AOX werde nicht gebildet.

 

Vom technischen Amtssachverständigen des Magistrates der Landeshauptstadt Linz wurde darüber hinaus festgehalten, dass unklar sei, warum vor Zugabe der wässrigen Pufferlösung der Rührer ausgeschaltet werde und erst nach vollständiger Zugabe dieser wieder in Gang gesetzt werde. Die bei einer Besprechung zugesicherte Apparateliste liege nicht vor. Im Normalbetrieb würden die entstehenden Emissionen in der TNV des Bau 52 thermisch behandelt. Aus der Behälteratmung des R-716 könnten fluorhaltige Abgase entstehen. Es sei ein Grenzwert und periodische Einzelmessungen vorgeschrieben. Zu fordern sei, dass durch wiederkehrende Emissionsmessungen die bei der Produktion von FLAP entstehenden fluorhaltigen Emissionen erfasst werden können. Emissionen könnten auch über die Berstscheibe in das Blow-Down-System auftreten. Eine Emissionsprognose in das Blow-Down-System und Emissionen von diesem in die freie Atmosphäre konnten aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersehen werden.

 

In einer eingebrachten Entgegnung bringt der Vertreter der Konsenswerberin hiezu vor, dass das Natriumnitrit im Prozess die Anreicherung von Dilauroylperoxid in der wässrigen Phase verhindern solle. Dabei werde es größtenteils zu Natriumnitrat oxidiert. Auf Grund der geringen eingesetzten Menge könne davon ausgegangen werden, dass das Emissionsverhalten nicht nachteilig beeinflusst werde. Natriumnitrit besitze einen LD50 von 85 bis 180 mg/kg. Der Stoff stehe im Verdacht auf mutagenes und teratogenes Potenzial. Die Gefährdung sei jedoch zu relativieren, da dieser Stoff in der Lebensmittelindustrie in großen Mengen in Nitritpökelsalz verarbeitet werde.

 

Der vom Magistrat zum Berufungsvorbringen neuerlich beigezogene Amtssachverständige stellt mit Äußerung vom 25. Februar 2009 schließlich fest, dass Natriumnitrit mit vielen Stoffen sehr heftig reagiere und somit  bei Mischung mit brennbaren Stoffen Explosionsgefahr bestehe. Laut Einreichunterlagen könnte Natriumnitrit in einer Menge von bis zu 0,075 t vorhanden sein. Die max. Menge in einem Gebinde sei mit 50 kg angegeben. Dies sei bedeutend höher als die angeführten 12 g und sehr wohl geeignet, die Interessen im Sinne von § 74 Abs.2 GewO nachteilig zu beeinflussen. Kontaminierung mit brennbaren Stoffen sei denkbar und würden zu heftigen Reaktionen bis zu Explosionsgefahr führen.

 

Zunächst ist zu den Äußerungen der Berufungswerberin festzustellen, dass sie sämtlichen im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten und im Akt dokumentierten Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene nicht entgegengetreten ist.

 

Auch das Berufungsvorbringen, die bestehende Genehmigung für den Anlagenteil Bau 30 würde keine Beschränkung hinsichtlich der Verwendung von Stoffen beinhalten und sei die Verwendung des Stoffes Natriumnitrit vom Umfang der bestehenden gewerbebehördlichen Genehmigung abgedeckt, kann am Ergebnis dieses Verfahrens letztlich nichts ändern. Wäre der Einsatz von Natriumnitrit im Zusammenhang mit der Produktion von FLAP im bestehenden Genehmigungsumfang enthalten, würde sich hiefür auch eine Anzeige im Grunde des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 erübrigen. Die vorliegenden Anzeige wiederum wurde jedoch von der Berufungswerberin selbst erstattet.

 

Wenn von der Berufungswerberin darüber hinaus formal angemerkt wird, dass der angefochtene Bescheid erlassen worden sei, ohne die Stellungnahme der D F C A Nfg GmbH & Co. KG. vom 30. Jänner 2009 zu der mit E-Mai vom 14. Jänner 2009 übermittelten Stellungnahme des Amtssachverständigen abzuwarten, weshalb das Parteiengehör nicht ordnungsgemäß eingeräumt worden sei, so liegt diesbezüglich eine allfällige Beschwer spätestens durch Einbringen und Behandlung der Berufung nicht mehr vor. Im Übrigen ist festzuhalten, dass zwar mit E-Mail vom 14. Jänner 2009 vom technischen Sachverständigen der belangten Behörde an den Vertreter der Berufungswerberin per E-Mail dessen Stellungnahme vom 12. Jänner 2009 übermittelt wurde. Zwei Tage später, nämlich mit E-Mail vom 16. Jänner 2009, wurde dem Vertreter der Berufungswerberin jedoch eine weitere im gegenständlichen Verfahren eingelangte Stellungnahme, nämlich jene des Arbeitsinspektorates Linz vom 14. Jänner 2009 zur gefl. Kenntnis und mit dem Ersuchen um Ergänzung von Unterlagen binnen zwei Wochen übermittelt.

 

Der Vertreter der Berufungswerberin hat sich mit E-Mail vom 20. Jänner 2009 zum gegenständlichen Verfahren geäußert und mit E-Mail vom 22. Jänner 2009 die vom Arbeitsinspektorat geforderten ergänzenden Unterlagen vorgelegt, sich jedoch nicht zur Sachverständigenäußerung des DI P G vom 12. Jänner 2009 geäußert, obwohl ihm diese letztlich mit weiterer E-Mailnachricht vom 21. Jänner 2009 mit dem Hinweis, dass beabsichtigt sei, die Produktion zu untersagen und die Möglichkeit besteht, binnen einer Woche eine Stellungnahme abzugeben, zur Kenntnis gebracht wurde. Innerhalb offener Frist ist jedoch eine Stellungnahme hiezu nicht mehr eingelangt.

 

Abschließend ist in diesem Zusammenhang anzufügen, dass auch die Abgabe von Inhaltsstoffen als Abwasserfracht als Emission im Sinne des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 zu qualifizieren ist. Derartige Abwassermengen und Abwasserfrachten von 0,6 m3 pro Tag Spülwasser bzw. 1 m3 pro Tag Prozessströme sind daher unabhängig davon, ob es sich hiebei um genehmigungsfähige Abwässer handelt, geeignet, die Feststellung einer Emissionsneutralität der gegenständlichen Anlage zu verhindern.

 

Insgesamt konnte somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtlage der Berufung keine Folge gegeben werden und war wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 81 Abs.2 Z9 Abwasser als Emission

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 26. Juni 2009, Zl.: 2009/04/0166-3

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