Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720233/15/Gf/Mu VwSen-720234/15/Gf/Mu VwSen-720235/15/Gf/Mu

Linz, 03.04.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufungen der rumänischen Staatsangehörigen E P, G S und A R B, alle vertreten durch RA Dr. S E, L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 30. November 2005, Zl. 1024289/FRB, wegen der Erlassung eines jeweils auf zwei Jahre befristetes Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird insoweit stattgegeben, als festgestellt wird, dass die Dauer der verhängten Aufenthaltsverbote lediglich sechs Monate hätte betragen dürfen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist erstmals am 24. Juli 1997 ins Bundesgebiet eingereist und hat hier in einem Linzer Nachtclub, in dem sie als Tänzerin beschäftigt war, Unterkunft genommen, ohne sich polizeilich anzumelden. Bereits damals wurde über sie mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 1. September 1997, GZ Fr-95287, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt, weil sie nach Ablauf des Sichtvermerkes bei einem Ladendiebstahl in Linz betreten und zudem im Wege entsprechender Ermittlungen festgestellt worden ist, dass sie beim Gültigkeitsdatum ihres Touristensichtvermerkes die letzte Ziffer der Jahreszahl entfernt hatte. Noch am selben Tag wurde sie nach Rumänien abgeschoben.

In der Folge wurde ein von ihr gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwecks „kurzfristiger selbständiger Kunstausübung gemäß § 90 Abs. 4 FrG" abgewiesen, weil sie diesen nicht rechtmäßig eingebracht hatte.

Anfang Februar 2004 wurde jedoch im Zuge einer für das Gericht durchgeführten fremdenpolizeilichen Aufenthaltsermittlung festgestellt, dass die Rechtsmittelwerberin seit dem 9. Februar 2004 an der Adresse eines Linzer Nachtclubs polizeilich gemeldet war.

1.2. Die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin sind am 19. November 2005 von Ungarn aus kommend in das Bundesgebiet eingereist und hat sich in der Folge in den verfahrensgegenständlichen Nachtclub in Linz begeben und dort bei der Besitzerin in einem Zimmer im Obergeschoß Unterkunft genommen.

1.3. In weiterer Folge wurde am 29. November 2005 in diesem Lokal eine fremdenpolizeiliche Kontrolle durchgeführt. Dabei sei festgestellt worden, dass die Rechtsmittelwerberinnen zumindest am 19. November 2005 illegal über Ungarn ins Bundesgebiet eingereist wären, keinen ordentlichen Wohnsitz gehabt hätten und laut der Lokalbesitzerin als Animierdame beschäftigt gewesen wären, ohne hiefür eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorweisen zu können.

Daher wurden die Beschwerdeführerinnen festgenommen und über sie am 30. November 2005 die Schubhaft verhängt.

1.4. Mit mündlich verkündeten Bescheiden des Polizeidirektors von Linz vom selben Tag, GZ 1024289/FRB, 1049907/FRB und 1049905/FRB, wurde zudem jeweils ein auf zwei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

1.5. Diese mündlich verkündeten Bescheide wurden in der Folge mit Bescheiden des Polizeidirektors von Linz vom 7. Dezember 2005, GZ 1024289/FRB, 1049907/FRB und 1049905/FRB, auch schriftlich ausgefertigt.

Begründend wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Beschwerdeführerinnen eine Beschäftigung ausgeübt hätten, ohne hiefür eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorweisen zu können. Zudem hätten sie dafür einen entsprechenden Aufenthaltstitel benötigt; da sie aber über einen solchen tatsächlich nicht verfügt hätten, hätten sie sich sohin auch nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Ferner liege ihr Lebensmittelpunkt offenkundig in Rumänien, weshalb die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes für ihre Lebenssituation tatsächlich nicht schwer wiegen würden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei jedoch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und damit eine effektive Verhinderung der von ihnen ausgeübten Schwarzarbeit dringend geboten gewesen, weil eine illegale Beschäftigung unzweifelhaft eine tatsächliche gegenwärtige Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre.

1.6. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, am 14. Dezember 2005 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen.

Darin bringen die Rechtsmittelwerberinnen vor, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um einen "Nachtclub", sondern vielmehr um ein "Café" gehandelt habe. Dort hätten sie lediglich – und zwar als Gäste – einen Kaffee getrunken, seien aber keinesfalls einer Beschäftigung als Animierdamen nachgegangen. Daher würde auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde von vornherein ins Leere gehen, weil sie sich eben nicht zu Erwerbszwecken in diesem Lokal aufgehalten hätten. Mangels konkreter Feststellungen dahin, ob tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorgelegen sei, habe man daher aber auch nicht davon ausgehen können, dass das öffentliche Interesse der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes die Verhängung der zweijährigen Aufenthaltsverbote rechtfertigen würde.

Daher wurde beantragt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.

1.7. Weil über diese Berufungen in der Folge jedoch von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich nicht entschieden wurde, haben die Beschwerdeführerinnen am 22. Juni 2006 gemäß § 73 Abs. 2 AVG einen Devolutionsantrag an den Bundesminister für Inneres gestellt.

1.8. (Erst) Mit Schreiben vom 23. April 2007, GZ BMI-1006678/0002-II/3/2006 u.a., hat der Bundesminister für Inneres diese Rechtssachen dem Oö. Verwaltungssenat "unter Bezugnahme auf § 9 FPG ..... zuständigkeitshalber übermittelt."

1.9. Mit h. Beschlüssen vom 7. Mai 2007, GZ VwSen-720164/Gf/Ga u.a., wurde allerdings jeweils (bescheidmäßig) die sachliche Unzuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich festgestellt; unter einem wurden die Devolutionsanträge wieder gemäß § 6 Abs. 1 AVG an den Bundesminister für Inneres weitergeleitet.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass es sich bei den Beschwerdeführerinnen nicht um "Begünstigte Drittstaatsangehörige" gemäß § 2 Abs. 4 Z. 11 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005 (im Folgenden: FPG 2005), gehandelt habe, weil sie nie in einem entsprechenden Naheverhältnis zu einem Österreicher oder einem EWR-Bürger gestanden haben. Daher sei eine sachliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates nach § 9 Abs. 1 Z. 1 FPG 2005 nicht gegeben gewesen, weshalb dessen Unzuständigkeit bescheidmäßig festzustellen und die Devolutionsanträge – weil die entsprechende zweitinstanzliche Kompetenz nach dem in § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG 2005 normierten Auffangtatbestand der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zugekommen wäre – wiederum an den Bundesminister für Inneres als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde weiterzuleiten gewesen seien.

1.10. Mit den erst am 3. Februar 2009 ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres, GZ BMI-1006678/0001-II/3/2007 u.a., wurden die Devolutionsanträge vom 22. Juni 2006 schließlich gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 29/2009, im Folgenden: FPG), wegen (nunmehriger) Unzuständigkeit des Innenministers zurückgewiesen.

Begründend wurde darin ausgeführt, dass Rumänien zwar bereits am 1. Jänner 2007 der Europäischen Union beigetreten, der im EG-Vertrag vorgesehene Beitritt dieses Staates zum EWR-Abkommen jedoch tatsächlich erst mit 1. August 2007 erfolgt sei; somit sei der Bundesminister für Inneres infolge dieser Rechtsänderung seit dem letztgenannten Zeitpunkt zur Erledigung der Devolutionsanträge sachlich nicht mehr zuständig, weil die Rechtsmittelwerberinnen nunmehr EWR-Bürgerinnen i.S.d. § 2 Abs. 4 Z. 8 FPG seien.

1.11. Auf Grund dieser geänderten Rechtslage hat daher seit dem 1. August 2007 der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 FPG  über Berufungen von rumänischen Staatsangehörigen in Angelegenheiten des Fremdenpolizeiwesens zu entscheiden, weshalb auch im gegenständlichen Fall einer entsprechenden Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates das Prozesshindernis der bereits „entschiedenen Sache“ i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG – nämlich der h. Beschlüsse vom 7. Mai 2007, GZ VwSen-720164/Gf/Ga u.a. – nicht (mehr) entgegensteht.

1.12. Daher hat der Bundesminister für Inneres mit Schreiben vom 3. Februar 2009, GZ BMI-1006678/0001-II/3/2007 u.a., dem Oö. Verwaltungssenat formlos die Bezug habenden Verwaltungsakten übermittelt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der Bundespolizeidirektion Linz zu GZ 1024289/FRB, 1049907/FRB und 1049905/FRB sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 2. April 2009, zu der als Parteien RA Dr. Stefan Eigl als Vertreter der Beschwerdeführerin und Franz Panholzer als Vertreter der belangten Behörde sowie die Zeuginnen Romana Scheubmayr und Astrid Mitterbuchner und die Zeugen BI Gerhard Mitterlehner und GI Werner Nairz erschienen sind.

2.2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Bei einer am 29. November 2005 im Lokal der ersten Zeugin wegen des Verdachtes der illegalen Prostitution, des Menschenhandels und der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durchgeführten Kontrolle wurden die Beschwerdeführerinnen, denen zuvor von der Lokalbesitzerin jeweils angeboten worden war, im Obergeschoß ihres Hauses kostenlos nächtigen zu dürfen, angetroffen. Zum Ausgleich dafür, dass sie zudem gratis zu essen und trinken bekamen, wurde von der Besitzerin erwartet, dass sich die Rechtsmittelwerberinnen jeweils immer so lange im Lokal aufhalten sollten, als noch männliche Gäste anwesend waren, um diese zum Weiterverweilen und Konsumieren zu animieren. Hingegen konnte weder erwiesen werden, dass die Beschwerdeführerinnen von der ersten Zeugin dazu verhalten wurden, dass sie die Prostitution anbahnen sollen, und erst recht nicht, dass sie für eine derartige Tätigkeit ein Entgelt erhalten haben. Daher wurde von den Kontrollorganen – nach den Angaben der zweiten Zeugin – letztlich auch keine Anzeige wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erstattet. Da die Rechtsmittelwerberinnen zwar über Reisepässe, nicht jedoch über – wie damals (allenfalls) noch erforderlich – entsprechende Visa verfügten, wurden sie der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt, in Schubhaft genommen und in der Folge nach der Erlassung des vorzitierten Aufenthaltsverbotsbescheides (s.o., 1.4. und 1.5.), mit dem unter einem der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allenfalls dagegen erhobenen Berufung verfügt wurde, in ihren Heimatstaat abgeschoben.        

2.3. Diese Sachverhaltsfeststellung ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt sowie aus den insoweit übereinstimmenden, in sich jeweils nicht widersprüchlichen und diesbezüglich auch durchaus glaubwürdigen Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 FPG kann gegen einen Fremden u.a. dann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Eine in diesem Sinne "bestimmte Tatsache" liegt nach § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG u.a. dann vor, wenn der Fremde von einem Organ der Abgabenbehörde bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen.

Ein Aufenthaltsverbot kann im Fall des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG unbefristet, sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden (§ 63 Abs. 1 FPG).

Gemäß § 60 Abs. 6 FPG i.V.m. § 66 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, durch das in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Nach § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei dieses persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Nach § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

3.2. Im gegenständlichen Fall konnte den Beschwerdeführerinnen nicht nachgewiesen werden, dass sie bei einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verbotenen Beschäftigung betreten wurden.

Insbesondere fehlte es in diesem Zusammenhang letztlich an einem begründeten Ermittlungsergebnis dahin, dass sie für ihre Tätigkeit auch tatsächlich entlohnt wurden (siehe dazu schon oben, 2.2.).

Daher wurde seitens des Finanzamtes Linz schließlich auch keine dementsprechende Anzeige an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde erstattet.

3.3. Die Ausweisung hätte daher im Ergebnis – da die Rechtsmittelwerberinnen jeweils allseits unbestritten nicht über ein Visum verfügten – rechtmäßigerweise nur auf die Generalklausel des § 60 Abs. 1 FPG gestützt werden dürfen.

3.3.1. Aus heutiger Sicht bedürften sie zwar keines derartigen Visums mehr, da der Heimatstaat der Beschwerdeführerinnen zwischenzeitlich Mitglied der EU und des EWR geworden ist, sodass sie in vollem Umfang in den Genuss der persönlichen Freizügigkeit gemäß Art. 18 EGV kommen.

Grundsätzlich hat der Oö. Verwaltungssenat auch jeweils die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende, also die aktuelle Rechtslage anzuwenden. Die Besonderheit im gegenständlichen Verfahren liegt jedoch darin, dass es um die Rechtmäßigkeitskontrolle von Aufenthaltsverboten geht, deren Gültigkeitsdauer vom 30. November 2005 bis zum 29. November 2007 reichte, sodass der mit 1. August 2007 wirksam gewordene Beitritt Rumäniens zum EWR nur für den nach diesem Zeitraum liegenden Teilbereich der Aufenthaltsverbote seine entsprechende Wirksamkeit entfaltet, nämlich die, dass zwischen dem 1. August und dem 29. November 2007 keine Visumpflicht mehr bestand und somit die Aufenthaltsverbote schon von vornherein auch in der Generalklausel des § 60 Abs. 1 FPG keine tragfähige Grundlage mehr fanden.

3.3.2. Für den Zeitraum zwischen dem 30. November 2005 und dem 31. Juli 2007 bestand jedoch für die Beschwerdeführerinnen noch diese Visumpflicht und es ist allseits unbestritten, dass sie jeweils nicht über einen derartigen Einreise- und Aufenthaltstitel verfügten.

Insoweit fanden daher die Aufenthaltsverbote in der Generalklausel des § 60 Abs. 1 FPG auch grundsätzlich ihre Deckung. Allerdings erweist sich unter dem Aspekt dieser bloßen Ordnungswidrigkeit – sonstige Gründe für ein Aufenthaltsverbot sind im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat nämlich nicht hervorgekommen – die zweijährige Dauer dieser einreisebeschränkenden Maßnahme offensichtlich als zu lang.

Vielmehr hätte man im Hinblick auf die Anordnung des § 20 Abs. 3 FPG, wonach Visa für einen sechs Monate nicht übersteigenden Aufenthalt ausgestellt werden, im gegenständlichen Fall offenkundig mit der Verhängung von Aufenthaltsverboten in einer bloß halbjährigen Dauer durchaus auch das Auslangen finden können.

3.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als festzustellen war, dass die Dauer der Aufenthaltsverbote lediglich sechs Monate hätte betragen dürfen.

Da die zeitliche Wirksamkeit der Aufenthaltsverbote aber zwischenzeitlich abgelaufen ist, kam darüber hinaus eine Bestätigung der angefochtenen Bescheide nicht in Betracht.

3.5. Abschließend sieht sich der Oö. Verwaltungssenat dazu veranlasst, dezidiert darauf hinzuweisen, dass die lange Verzögerung der inhaltlichen Entscheidung über die vorliegenden Berufungen auf Gründe zurückzuführen ist, die nicht in seiner Sphäre lagen.

Dass damit im Ergebnis erst mehr als drei Jahre nach der Einbringung der Berufung eine zweitinstanzliche Entscheidung vorliegt, lässt es jedoch allgemein als zweifelhaft erscheinen, ob der für das österreichische Verwaltungsverfahren bestehende Säumnisschutz auch tatsächlich den Anforderungen an eine wirksame Beschwerde i.S.d. Art. 13 EMRK in jener Ausprägung, die diese Bestimmung zwischenzeitlich durch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes erfahren hat, zu genügen vermag. Insbesondere besteht nämlich – anders als im Verwaltungsstrafverfahren (durch die dort gegebene Möglichkeit einer adäquaten Verminderung der Strafhöhe) – kein Instrumentarium, das es zulassen würde, die für den Normadressaten dadurch entstandenen negativen Folgen – hier: die faktische Unmöglichkeit einer legalen Einreise nach Österreich während der Dauer von zwei Jahren – zumindest finanziell auszugleichen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-720233/15/Gf/Mu vom 3. April 2009

 

§ 60 FPG; Art. 13 EMRK

 

§ 60 Abs. 1, § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG: Nichterweislichkeit einer illegalen Beschäftigung nach dem AuslBG, aber Verstoß gegen die Visumspflicht derart, dass zumindest ein Teil der zeitlichen Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die Generalklausel des § 60 Abs. 1 FPG gestützt werden konnte;

 

Grundsätzlich hat der UVS  die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Rechtslage anzuwenden; wenn es jedoch um die Rechtmäßigkeitskontrolle eines  Aufenthaltsverbotes geht, dessen Gültigkeitsdauer vom 30. November 2005 bis zum 29. November 2007 reichte, sodass der mit 1. August 2007 wirksam gewordene Beitritt Rumäniens zum EWR nur für den nach diesem Zeitraum liegenden Teilbereich des Aufenthaltsverbotes seine entsprechende Wirksamkeit entfaltet, nämlich die, dass zwischen dem 1. August und dem 29. November 2007 keine Visumpflicht mehr bestand und somit das Aufenthaltsverbot schon von vornherein auch in der Generalklausel des § 60 Abs. 1 FPG keine tragfähige Grundlage mehr fand, so gilt umgekehrt, dass für den Zeitraum zwischen dem 30. November 2005 und dem 31. Juli 2007 diese Visumpflicht noch bestand; insoweit fand daher das Aufenthaltsverbot in der Generalklausel des § 60 Abs. 1 FPG zwar grundsätzlich seine Deckung, es erweist sich jedoch unter dem Aspekt dieser bloßen Ordnungswidrigkeit offensichtlich als zu lang; Herabsetzung von zwei Jahren auf sechs Monate;

 

Bloße Feststellung, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes lediglich sechs Monate hätte betragen dürfen; da die zeitliche Wirksamkeit der Aufenthaltsverbote zwischenzeitlich bereits abgelaufen ist, kommt darüber hinaus eine Bestätigung des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht;

 

Wenn erst mehr als drei Jahre nach der Einbringung der Berufung eine Sachentscheidung in II. Instanz ergehen kann, so lässt es dieser Umstand allgemein als zweifelhaft erscheinen, ob der für das österreichische Verwaltungsverfahren bestehende Säumnisschutz auch tatsächlich den Anforderungen an eine wirksame Beschwerde i.S.d. Art. 13 EMRK in jener Ausprägung, die diese Bestimmung zwischenzeitlich durch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes erfahren hat, zu genügen vermag; insbesondere besteht nämlich – anders als im Verwaltungsstrafverfahren (durch die dort gegebene Möglichkeit einer adäquaten Verminderung der Strafhöhe) – kein Instrumentarium, das es zulassen würde, die für den Normadressaten dadurch entstandenen negativen Folgen – hier: die faktische Unmöglichkeit einer legalen Einreise nach Österreich während der Dauer von zwei Jahren – zumindest finanziell auszugleichen.

 

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