Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522192/2/Fra/RSt

Linz, 17.04.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn H J B, W, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G G, W, vom 20. Jänner 2009, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 14. Jänner 2009, Zl.: 2-FE-876/2008, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B, Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen sowie Aberkennung des Rechtes von einer ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

 

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B,

-         das Verbot zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen sowie

-         die Aberkennung des Rechtes, während der Dauer der Entziehung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen,

 

auf neun Monate, gerechnet ab 4. Dezember 2008, sohin bis einschließlich 4. September 2009, herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 Abs.1 Z1, 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1, 7 Abs.3 Z 6 lit.a und 7 Abs.4, 26 Abs.1, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1994 – FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die belangte Behörde hat dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) mit dem in der Präambel angeführten Bescheid

·         die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für den Zeitraum von einem Jahr, gerechnet ab 4.12.2008 bis einschließlich 4.12.2009, entzogen,

·         das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen verboten, gerechnet ab 14.1.2009 bis einschließlich 4.12.2009, wobei gegebenenfalls der Mopedausweis abzugeben ist,

·         dem Bw, sollte er im Besitz einer ausländischen Lenkberechtigung sein, gleichzeitig diese Lenkberechtigung aberkannt und das Lenken von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet von Österreich für den gleichen Zeitraum untersagt bzw. vom ausländischen Führerschein zum Nachweis der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen.

 

Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Der Bw hat gegen diesen Bescheid innerhalb offener Frist durch seinen Rechtsvertreter die begründete Berufung vom 20.1.2009 eingebracht.

 

Der Bescheid wird in dem Umfang angefochten, als die Entzugsdauer mit einem Jahr (12 Monaten) festgesetzt wurde. Der Bw gesteht zu, am 4.12.2008 ein Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen WE in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, wobei ein Blutalkoholgehalt von 0,86 Promille festgestellt wurde. Im Jahre 2005 sei ihm die Lenkerberechtigung wegen des gleichen Deliktes für die Dauer von neun Monaten entzogen worden, wobei jedoch der Alkoholgehalt bei weitem höher lag als im gegenständlichen Fall, nämlich 2,2 Promille. Er habe sich seit diesem Zeitpunkt wohl verhalten und kein einschlägiges Delikt gesetzt. Die Behörde hätte insbesondere wegen des nunmehr bei weitem geringeren Alkoholwertes von lediglich 0,86 Promille eine diesem Umstand Rechnung tragende geringere Entziehungsdauer festsetzen müssen, jedenfalls keine, welche die damalige Entzugsdauer von neun Monaten überschreitet. Bei objektiver Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes erscheine es nicht gerechtfertigt, für einen relativ niedrigen Promillewert eine um drei Monate höhere Entzugsdauer festzusetzen, als für einen weitaus höheren Wert aus dem Jahre 2005 mit einer Entzugsdauer von neun Monaten. Aufgrund seines mehr als drei Jahre andauernden Wohlverhaltens im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen könne dieses Vordelikt nicht als erschwerend im gegenständlichen Fall herangezogen werden.

 

 

Der Bw stellt den Antrag seiner Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Entzugsdauer herabgesetzt wird.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wurde die Durchführung einer Verhandlung auch nicht für erforderlich gehalten, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

Der Bw lenkte am 4.12.2008 um 22.38 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen   auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Bei einer anschließenden Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt wurde am 4.12.2008 um 22.55 Uhr und um 22.57 Uhr ein Atemluftalkoholgehalt von 0,43 mg/l festgestellt. Der Bw hat dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen. Der Bw lenkte am 10.12.2008 um 9.15 Uhr den PKW, Kennzeichen WE-999 I auf Straßen mit öffentlichem Verkehr trotz vorläufig abgenommenem Führerscheines. Der Bw hat dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs.3 Z2 FSG begangen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

6.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Diese ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Gemäß § 26 Abs.1 FSG ist, wenn beim Lenken oder in Betrieb nehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 zu gelten, wenn jemand ein Krankfahrzeug gelenkt … und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG hat als bestimmte Tatsachen zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz vorläufig abgenommenem Führerscheines lenkt.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser zeit maßgebend.

 

6.2. Der Bw hat zwei die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsachen verwirklicht, nämlich am 4. Dezember 2008 eine Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG (Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand [0,43 mg/l AAG]) und am 10. Dezember 2008 eine Tatasche nach § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG (Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz vorläufig abgenommenem Führerscheines).

 

Im Rahmen der gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmenden Wertung dieser vom Bw verwirklichten Tatsachen wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung treten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Alkoholdelikte in hohem Maße verwerflich. Zum Kriterium der Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen die begangene strafbare Handlung gesetzt wurden, ist festzustellen, dass alkoholbeeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potentielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil diese Lenker infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktions­fähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungs­funktionen zufriedenstellend auszuüben.

 

Der Bw lenkte überdies ein Kraftfahrzeug trotz vorläufig abgenommenem Führerscheines. Dies lässt darauf schließen, dass der Bw zu den einschlägigen Schutzvorschriften eine fehlende Verkehrsanpassungsneigung und eine diesbezüglich nachteilige Sinneshaltung aufweist.

 

Im Rahmen der Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG war ferner zu ungunsten des Bw zu berücksichtigen, dass es sich gegenständlich nicht um die erstmalige Entziehung der Lenkberechtigung handelt. Dem Bw wurde die Lenkberechtigung vom 20. Juni 2005 für die Dauer von neun Monaten bis einschließlich 20.3.2006 entzogen. Darüber hinaus wurde dem Bw die Lenkberechtigung vom 21. März 2006 auf sechs Monate, sohin bis einschließlich 21. September 2006 entzogen, weil er dreimal ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten, für die betreffenden Klassen gültigen Lenkberechtigung war.

 

Bei der Berücksichtigung des Wertungskriteriums der seit der Tat verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit war zu beachten, dass seit der Begehung der zuletzt begangenen strafbaren Handlung am 10. Dezember 2008 bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung ein Zeitraum von lediglich etwa vier Monaten verstrichen ist und der Bw während dieser Zeit – soweit aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen ableitbar – im Allgemeinen nicht negativ in Erscheinung getreten ist bzw. keine belastenden Umstände ersichtlich sind. Einem Wohlverhalten während der Zeit eines schwebenden Verfahrens kann jedoch grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden, dennoch wird sein Wohlverhalten im Gesamten zu berücksichtigen sein.

 

Zu Gunsten des Bw war zu berücksichtigen, dass er zum Vorfallszeitpunkt am 10. Dezember 2008 offenbar vollkommen fahrtauglich war und er sich auch sonst in keinerlei beeinträchtigtem Zustand befunden hat. Er hat auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz vorläufig abgenommenem Führerscheines nicht in Abrede gestellt. Zu Gunsten des Bw war auch zu berücksichtigen, dass er das Lenken eines Kraftfahrzeuges am 4. Dezember 2008 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nicht in Abrede gestellt hat. Weiters ist auch der relativ lange Zeitraum vom 1. Alkoholdelikt (Juni 2005) bis zum 2. Alkoholdelikt (Dezember 2008) zu Gunsten des Bw zu berücksichtigen.

 

Bei Abwägung all dieser Umstände ist es daher für den UVS, der bei seinen Entscheidungen die Rechts- und Sachlage zum Entscheidungszeitpunkt zu Grunde zu legen hat, gerechtfertigt und vertretbar, die Dauer der Entziehung auf neun Monate festzusetzen, zumal nach diesem Zeitraum erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Bws wieder hergestellt ist bzw. er die die Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Gesinnung überwunden hat. Der Berufung konnte daher in diesem Sinne Erfolg beschieden werden.

 

Das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtfahrzeuges bzw. Invalidenkraftfahrzeuges ist in § 32 Abs.1 FSG begründet. Die Aberkennung von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung während der Entzugsdauer in Österreich Gebrauch zu machen, ergibt sich aus § 30 Abs.1 FSG.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde im Sinn des § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen wird; siehe die in Walther-Thienel, Verwaltungsverfahren, zweite Auflage, E23 zu § 67 AVG (Seite 12 22f) zu zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen. Der Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konnte daher keine Folge gegeben werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

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