Linz, 21.04.2009
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M K, F, 41 O, vertreten durch, Kgasse, 40 L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.2.2009, Zl. VerkR96-4045-2008, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 21.4.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; im Strafausspruch jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden ermäßigt wird.
II. Die erstinstanzlichen Kosten ermäßigen sich dem zur Folge auf 10 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrens-kostenbeitrag.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008 – VStG.
zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt und ihr zur Last gelegt,
sie sei mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt.
Tatort: Gemeinde Linz, Gemeindestraße Ortsgebiet, Parkplatz gegenüber dem Haus A-Straße,
Tatzeit: 11.03.2008, 13:45 Uhr.
Fahrzeug: Kennzeichen UU, PKW, N N, grün.
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung und führt darin aus:
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt mit dem Hinweis auf die Berufungseinbringung binnen offener Frist zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung schien zur Klärung des Unfallgeschehens geboten (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Zl. VerkR96-4045-2008 und dessen Verlesung.
Ebenfalls wurde mit der Haftpflichtversicherung im Hinblick auf die Schadensregulierung fernmündlich Kontakt aufgenommen (siehe AV v. 21.4.2008, 08:55 Uhr). Die BW nahm unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil. Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich ob der Nichtteilnahme mit Email vom 7.4.2009.
Als Vorfallszeugin einvernommen wurde S R.
4.1. Wie auch im Rahmen der Berufungsverhandlung von der Zeugin R abermals dargelegt wurde, parkte die ein Kopftuch tragende und mit einem langen Rock bekleidete Berufungswerberin ein großes dunkles Kraftfahrzeug (Nissan) in einer parallel zur Straße verlaufenden Parklücke ein, wobei sie einen weißen BMW streifte, sodass dieser sichtbar wackelte. In weiterer Folge fuhr sie wieder aus dieser Parklücke und parkte sich etwas weiter vorne ein, wobei sie abermals gegen ein dort abgestelltes Fahrzeug stieß. Sie ging in weiterer Folge um ihr Fahrzeug herum und wischte es im unteren Bereich ab. Die Lenkerin, so die Zeugin, befand sich in Begleitung eines Kindes.
Diese Wahrnehmung machte die Zeugin von ihrem Bürofenster von der gegenüberliegenden Straßenseite aus. An den betroffenen Fahrzeugen brachte sie folglich einen Zettel mit ihrer Telefonnummer an.
Ihre Darstellung ist glaubhaft und nachvollziehbar. Sie deckt sich auch mit ihren zeugenschaftlichen Angaben gegenüber der Behörde erster Instanz am 18.4.2008. Angesichts des festgestellten Schadensbildes in Verbindung mit der Wahrnehmung der Zeugin, sowie dem von der Behörde erster Instanz beigeschafften Gutachten der Abteilung Verkehrstechnik vom 27.1.2009, kann an einer Schadensverursachung nicht gezweifelt werden. Das dies der Berufungswerberin evident wurde belegt nicht zuletzt auch die von der Zeugin Rehbein wahrgenommene Anstoßbewegung und das nachfolgende Wischen der Berufungswerberin an ihrem Fahrzeug.
Der bestreitenden Verantwortung der Berufungswerberin vermag daher nicht gefolgt werden.
Letztlich erschien sie auch trotz persönlicher Ladung unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht.
Die Rückfrage bei der Haftpflichtversicherung erbrachte das Ergebnis, dass eine Obliegenheitsverletzung vorliege, weil vom Versicherungsnehmer des Unfallfahrzeuges trotz mehrfacher Urgenzen auch noch keine Schadensmeldung über diesen Vorfall erstattet worden ist.
5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf (nur) unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Da hier von einem erwiesenen Schadensereignis – nämlich Fahrzeugschaden – ausgegangen werden muss, sind die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 4 Abs.5 StVO gegeben (vgl. unter vielen VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417 und VwGH 22.2.1995, 94/03/0234 mwN).
6. Zur Strafzumessung:
Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass die Berufungswerberin bislang im Straßenverkehr noch nicht negativ in Erscheinung getreten ist. Sehr wohl ist jedoch von einer Kenntnis des Fahrzeugkontaktes und damit von einer billigend in Kauf genommenen Verschleierung dieses Ereignisses und demnach von einer schweren subjektiven Tatschuld auszugehen. Dies schien offenbar auch die Behörde erster Instanz ihrer Strafzumessung zu Grunde zu legen.
Indem eine Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle unterblieb, ist der Berufungswerberin dies objektiv als rechtswidrig vorzuwerfen, wobei ihr diesbezüglich weder ein Rechtfertigungs- noch ein Entschuldigungsgrund zu Gute kommt. Auch der Unwertgehalt derartiger Rechtsverstöße ist nicht bloß als gering zu erachten, weil durch ein Unterbleiben einer Meldung in aller Regel sehr umfangreiche behördliche Ermittlungen ausgelöst werden. Dies war auch hier offenkundig der Fall, wobei insbesondere von der Schädigerin in Kauf genommen wurde, dass der Recht suchende Geschädigte nicht nur erhebliche Aufwendungen tätigen musste um damit präsumtiv zu seinen Schadenersatzansprüchen kommen, sondern diese im potenziell überhaupt vorenthalten geblieben wären, hätte die Zeugin R nicht die gebotene Zivilcourage abwalten lassen.
Unter Bedachtnahme auf das glaubhaft dargelegte fehlende eigene Einkommen der Berufungswerberin und ihrer wohl auch fehlenden faktischen Rechtskenntnis angesichts der nicht gegebenen Mächtigkeit der deutschen Sprache, vermag ob des Strafmilderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit dieses erstmalige Fehlverhalten mit einer Geldstrafe von bloß 100 Euro hinreichend geahndet erachtet werden.
Auch diese Strafe scheint ausreichend um der Berufungswerberin die österreichische Rechtslage vor Augen zu führen und sie von weiteren derartigen offenbar in nicht genügenden Fahrzeugmanövrierfähigkeit beim Einparken den Ursprung findenden Fehlverhalten in Zukunft abzuhalten.
Die Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch unter stärkerer Gewichtung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Relation zur Geldstrafe weniger zur ermäßigen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem/einer Rechtsanwalt/Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r