Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163851/10/Bi/Se

Linz, 28.04.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R R, pA J L, L, vertreten durch Herrn RA Mag. Dr. G A, L, vom 4. Februar 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Urfahr-Umgebung vom 21. Jänner 2009, VerkR96-2008, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. April 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentschei­dung) zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass der "Verdacht" des Lenkens gegeben war und der Satzteil "und sich dabei in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden" zu entfallen hat; die Geldstrafe wird auf 1.162 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Wochen herabgesetzt.   

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 116,20 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.800 Euro (700 Stunden EFS) verhängt, weil er sich am 1. April 2008 um 22.30 Uhr in L, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt unter­suchen zu lassen, wobei vermutet werden habe können, dass er den Pkw     in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vor 22.14 Uhr gelenkt und sich dabei in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 180 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 16. April 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in An­we­sen­heit des aus der Haft vorgeführten Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. A und der Zeugen Meldungsleger GI K P (Ml) und S K (K) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war ent­schul­digt. Die Berufungsent­scheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe nicht ausrei­chend begründet, weswegen bei der Atemluftkontrolle vom Verdacht des Len­kens des Pkw auf einer öffentlichen Straße ausgegangen worden sei. Er habe das Fahr­zeug nicht in alkoholisiertem Zustand gelenkt. Er habe sich im Haus Hagen­straße     aufgehalten und dort Alkohol konsumiert. Die Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch Betätigen des Motors sei zulässig gewesen, weil sich das Fahr­zeug auf einer Privatstraße befunden habe. Dort gelte die StVO nicht. Im Übrigen habe er sich gar nicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt unter­suchen zu lassen. Beantragt wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung samt Ladung der Zeugen K, außerdem den Bescheid zu beheben und das Ver­fahren einzustellen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Durchführung eines Ortsaugenscheines in der in Rede stehenden Privatstraße am 24.3.2009 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechts­ver­treter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des ange­fochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw ist mit den Ehegatten K befreundet und war am Abend des 1. April 2008 bei diesen eingeladen. Wie auch schon bei seinen vorherigen Besuchen im Haus Hagenstraße    fuhr der Bw mit dem genannten Pkw in die von der Hagenstraße abzweigende Privatstraße ein, wendete sofort und stellte den Pkw in Fahrt­richtung Hagenstraße vor dem Haus 33c mit den linken Rädern auf der Fahrbahn und den rechten im Grünstreifen so ab, dass er die Durchfahrt nicht behinderte. Dann besuchte er die Ehegatten K und konsumierte dort bis nach 21.00 Uhr Wein. Nachdem die Gattin des Zeugen K schlafen gegangen war, fragte der Zeuge K den Bw, wie er nun heimkomme, worauf  der Bw erklärte, er werde seine Freundin anrufen und sich von dieser abholen lassen. Er ging dann zum Fahrzeug und der Zeuge K ging schlafen. Von den späteren Ereignissen bekam der Zeuge K per­sön­lich nichts mit, bestätigte aber in der Verhandlung, der Pkw des Bw sei am Morgen noch genauso dagestanden wie am Abend vorher, dh er könne damit in der Nacht nicht gefahren sein.

Gegen 22.15 Uhr erhielt der Ml über die Funkleitzentrale die Nachricht, eine Frau im Haus Hagenstraße 33c habe sich telefonisch beschwert, dass dort ein Auto mit laufendem Motor stehe und die Nachtruhe störe. Daraufhin fuhr der Ml mit sei­nem Kollegen mit dem Streifenfahrzeug in die Privatstraße ein und fand dort vor dem Haus     einen mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern stehenden Pkw vor, in dem am Lenkersitz ein Mann schlief. Von der Bewohnerin im Haus    erfuhr er, dass der Pkw schon einige Zeit so dastehe und der Lenker nicht hier wohne. Der auf dem Lenkersitz fest schlafende Bw konnte nach einiger Zeit geweckt werden und nachdem er "zu sich gekommen" war, forderte ihn der zu § 5 StVO-Amtshandlungen ermäch­tigte Ml aufgrund des starken Alkoholge­ruchs der Atemluft auf, einen Alkohol­vortest zu machen. Bei ca 10 Blasversuchen kam kein Ergebnis zustande, weil der Bw die Atemluft laut Ml nicht bzw zu wenig in das Gerät blies. Daraufhin forderte der Ml den Bw auf, mit dem Streifen­fahrzeug zur nächstgelegenen PI Kaarstraße mitzukommen, wo ein Alkotest mittels Alkomat durchgeführt werden sollte. Der Bw erklärte jedoch, er fahre nirgends hin mit, weil er gar nicht mit dem Fahrzeug gefahren sei. Als er aufgefordert wurde, aus­zu­steigen, weigerte er sich und wurde schließlich aus dem Fahrzeug geholt, wobei er um sich schlug und einem Polizeibeamten einen Stoß gab. Daraufhin wurde er vom Ml festgenommen und der Arrestantenwagen angefordert. Darin wurde der Bw zur Nietzschestraße gebracht und der Polizei­ärztin Frau Dr. R zur Beurteilung der Haftfähigkeit vorgeführt. Aufgrund des alkoholisierten Eindrucks wurde der Bw von der Polizeiärztin in Anwesenheit des Ml nochmals zum Alkotest mittels Alkomat aufgefordert und brachte einen gültigen Blasversuch, aber kein verwertbares Messergebnis zustande. Der Alkotest wurde abgebrochen, weil der Bw laut Ml die Atemluft wieder nicht in das Gerät blies.

 

Der Ml erklärte in der Berufungsverhandlung, der Alkomattest in der Nietzschestraße habe mit der Amtshandlung in der Hagenstraße absolut nichts zu tun gehabt, sondern habe nur der Prüfung der Haftfähigkeit gedient. Mit seiner deutlich ausge­sprochenen Weigerung, mit dem Streifenwagen zur PI Kaarstraße mitzufahren, habe der Bw die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert gehabt und selbst ein gültiges Ergebnis in der Nietzschestraße hätte daran nichts geändert. Er sei bei der Amtshandlung in der Nietzschestraße dabei gewesen, aber die Aufforderung zum Alkomattest sei von der Polizeiärztin ergangen.

Zum Ort der Amtshandlung in der Hagenstraße gab der Ml an, ihm sei die Ört­lich­keit vom Rayonsdienst bekannt gewesen. Das weiße Gittertor sei offen ge­wesen und lediglich das Schild "Privatstraße – Benützung auf eigene Gefahr" habe auf den Charakter als Privatstraße hingedeutet; er sei bis zum Fahrzeug des Bw hineingefahren.

 

Der Zeuge K erklärte in der Verhandlung, das weiße Gittertor sei an sich zur Fernhaltung ortsfremder Personen gedacht. Nur die Hauseigentümer könnten mittels Fernbedienung erwünschte Personen hereinlassen und hinter diesen gehe das Tor automatisch zu. Seit zwei Jahren sei der Schließmechanismus kaputt und werde auch nicht hergerichtet, weil hinten ein Haus gebaut werde und große Fahrzeuge hereinfahren müssten. Außerdem seien die Briefkästen innen und könnten weder der Briefträger noch die Zeitungsausträger herein. Nach Ende der Bauarbeiten werde überlegt, den Schließmechanismus wieder zu aktivieren. Auch das Schild "Privatweg – Benützung auf eigene Gefahr" drücke eigentlich nicht den Willen der Eigentümer aus. Immer wieder müssten Fußgänger auf­merk­sam gemacht werden, dass hier der Durchgang nicht erwünscht sei – ganz hinten am Ende der Straße befinde sich rechts eine Stiege und dort sei ein Schild angebracht "Privatweg – Durchgang verboten".

 

Das erkennende Mitglied führte am 24. März 2009 einen Ortsaugenschein in der in Rede stehenden Straße durch und stellte fest, dass das Gittertor offen war; im hinteren Teil des Straßenabschnitts beim dortigen Rohbau wurde gearbeitet und befanden sich zwei Lkw dort. Sowohl Fußgänger- als auch Fahrzeugverkehr können ungehindert die als Privatstraße gekennzeichnete Straße befahren, die nur eine Fahrstreifenbreite aufweist, sodass ein Umkehren – eine Durchfahrt ist nicht möglich – nur im Bereich einer der Garagenzufahrten auf engem Raum möglich ist. Vom äußeren Erscheinungsbild her ist zu sagen, dass bei Passieren des Gittertores die Namensschilder der dortigen Hausbewohner auf der Gartenmauer auffallen und aufgrund der von weitem zu sehenden Mauer am Ende der Straße offensichtlich ist, dass es sich um eine verkehrsberuhigte Zone direkt neben den durch einen schmalen Grünstreifen von der Fahrbahn getrennten Schienen der Pöstlingbergbahn handelt. Auch wenn jedem Benützer klar sein muss, dass er als Fahrzeuglenker bei Schließen des Tores keine unmittelbare Möglichkeit zum Verlassen der Privatstraße mehr hat, besteht für Fußgänger ein Durchgang neben dem Gittertor.    

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 2.Satz StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alko­hol beeinträchtigen Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffent­lichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

 

Der VwGH hat zum Begriff "Straße mit öffentlichem Verkehr" ausgesprochen, dass es nicht auf die Eigentumsverhältnisse an der Straßengrundfläche an­kommt, sondern eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedin­gungen benützt werden kann, wenn sie dem äußeren Anschein nach zur allge­meinen Benützung freisteht. Eine im Privateigentum stehende Straße ist nur dann nicht als im öffentlichen Verkehr stehend anzusehen, wenn sie abge­schrankt ist oder ihre Benützung unter Hinweis auf ihre Eigenschaft der Allgemeinheit ersichtlich verboten wird. Selbst aus dem alleinigen Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benützt werden darf, kann nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (E 31.3.2006, 2006/02/0009, unter Hinweis auf E 30.1.1974, 227/72, und E 9.9.1981, 81/03/0083; E 28.11.2008, 1008/02/0200, unter Hinweis auf E 19.12.2006, 2006/02/0015).

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates handelt es sich deshalb bei der in Rede stehenden Straße um eine solche mit öffentlichem Verkehr, weil zwar ein (seit zwei Jahren) offenes Gittertor zu passieren ist, um hineinzugelangen, und auch der Umstand, dass die Straße im Privateigentum steht, offensichtlich ist, jedoch kein Verbot der Benützung durch die Allgemeinheit erkennbar ist ("Benützung auf eigene Gefahr" bedeutet nur, dass die Eigentümer zB nicht für Winterdienst, Straßen­reinigung bzw bauliche Schäden haften); die bauliche Gestaltung lässt ein Befahren nur unter Bedachtnahme auf die engen Verhält­nisse beim Umkehren in einer privaten Garagenzufahrt, beim Abstellen bzw im Begeg­nungs­verkehr zu. Für Fuß­gänger ist die Straße dem äußeren Anschein nach zur allgemeinen Benützung (zumindest bis zur Mauer) offen und auch ein Verlassen erkennbar jederzeit möglich.

Bezogen auf den Bw ist zu sagen, dass dieser von Eigentümern eingeladen war und bereits vor dem 1. April 2008 die Zeugen K besucht hat, sodass ihm die örtlichen Gegebenheiten vertraut waren. Wenn das Gittertor nun­mehr seit zwei Jahren, wie der Zeuge K bestätigte, außer Betrieb und damit offen war und die Straße auch von Fahrzeugen von Baufirmen ständig befahren wurde, besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei der Örtlichkeit um eine Straße mit öffent­lichem Verkehr handelt. Das Argument des Bw in der Verhandlung, er habe wegen der "Privatstraße" nicht damit gerechnet, dass die StVO anzuwenden sei, geht ins Leere, weil es nicht auf den subjektiven Eindruck des Bw, sondern auf objektive Beurteilungskriterien für eine Qualifikation als Straße mit öffentlichem Verkehr ankommt.

 

Ohne Zweifel steht auf der Grundlage des Beweisverfahrens fest, dass der Bw den Pkw um ca 19.00 Uhr in der Privatstraße abgestellt und bis nach 21.00 Uhr größere Mengen Alkohol konsumiert hat. Der Zeuge K konnte nicht bestätigen, mitgehört zu haben, dass der Bw jemanden angerufen hat, um sich abholen zu lassen. Kein Zweifel besteht aber, dass der Bw aus irgendwelchen Überlegungen beim Warten den Motor gestartet hat, aber bei laufendem Motor eingeschlafen ist und damit die Nachtruhe der Bewohnerin des daneben befindlichen Hauses gestört hat, die sich gegen 22.15 Uhr telefonisch bei der Polizei darüber beschwerte. Der gemäß § 5 StVO ermächtigte Ml ging dieser Beschwerde nach und fand den Bw, der auf ihn wegen des starken Alkoholgeruchs der Atemluft und der geröteten Augen einen erheblich alkoholisierten Eindruck machte, schlafend am Lenkersitz des Pkw mit laufendem Motor vor, wobei beim Ml auch durchaus der Verdacht nachvollziehbar ist, dass der Bw in vermutlich durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand den Pkw gelenkt haben könnte. Nachdem der Ml den Bw geweckt hatte, forderte er ihn auf, einen Alkoholvortest durch­zuführen, der bei 10 Blas­ver­suchen aufgrund des Verhaltens des Bw nach­vollziehbar kein Ergebnis brachte, zumal dieser nie genügend Atem­luft in das Gerät blies.    

 

Gemäß § 5 Abs.2a StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol zu überprüfen – gemäß Abs.3a leg.cit. ist eine solche Überprüfung mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft zwar nicht bestimmt, aber in einer solchen Weise misst und anzeigt, dass daraus Rück­schlüsse auf das Vorliegen des Verdachts einer Beeinträchtigung durch Alkohol gezogen werden kann. – Ergibt die Überprüfung der Atemluft den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol oder wird die Überprüfung verweigert, haben die genannten Organe die Untersuchung der Atemluft gemäß § 2 vorzunehmen.

Auf dieser Grundlage wertete der Ml das Nichtzustandekommen eines verwert­baren Vortests im Sinne des § 5 Abs.2a als Verweigerung und forderte den Bw auf, mit dem Streifenfahrzeug in die PI Kaarstraße mitzufahren, wo sich der nächst­gelegene Alkomat befand. Der Ml legte in der Verhandlung glaubwürdig und nachvollziehbar dar, dass der Bw daraufhin erklärte, er fahre nirgendwohin, weil er mit dem Pkw nicht gefahren sei, und sich auch nachhaltig weigerte, der Aufforderung, aus dem Pkw auszusteigen nachzukommen, worauf er von den anwesenden Beamten aus dem Fahrzeug gezogen wurde, um sich schlug und einem Beamten einen Stoß versetzte, worauf er festgenommen und mit dem Arrestantenfahrzeug ins Polizeianhaltezentrum gebracht wurde.

 

Mit der Erklärung "nirgendwohin mitzufahren" hat der Bw eindeutig und zweifels­frei die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert. Die im Rahmen der Prüfung der Haftfähigkeit von der Polizeiärztin veranlasste Atem­luft­unter­suchung auf Alkoholgehalt hat aufgrund des Verhaltens des Bw ebenfalls kein verwertbares Ergebnis erbracht, zumal er dort nur einen gültigen Blas­versuch absolviert hat, der aber immerhin gezeigt hat, dass der Bw gesund­heitlich zum ordnungsgemäßen Beblasen des Gerätes in der Lage war.

Auch wenn der Bw in der Berufungsverhandlung meinte, er könne sich an keine Atemluftuntersuchung in der Hagenstraße erinnern, nur an die Amtshandlung bei der Polizei und dort habe er ohnehin einen Alkotest gemacht, dh diesen gar nicht verweigert, ist ihm entgegenzuhalten, dass zwar denkmöglich ist, dass er auf­grund der zuvor konsumierten Alkoholmenge keine Erinnerung an den Vorfall mehr hat – er konnte sich auch nicht an das Starten des Motors oder das Einschalten der Scheinwerfer erinnern, was aber als sicher gilt, weil es sonst gar nicht zur telefonischen Beschwerde und dem Einschreiten des Ml gekommen wäre – wohl aber bei der Amtshandlung in der Hagenstraße dem Ml situa­tions­bezogene Antworten gab, sodass davon auszu­gehen ist, dass der Bw wohl mitbekommen hat, dass er zur Durchführung eines Alkotests in die PI Kaarstraße mitfahren sollte und seine Weigerung damit bewusst im Sinne einer Willens­äußerung erfolgte.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH liegt eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO bereits dann vor, wenn der zur Unter­suchung der Atemluft auf Alkoholgehalt Aufgeforderte lediglich im Verdacht steht, ein Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt zu haben. Darauf, dass im weiteren Verfahren der Nachweis erbracht wird, dass ein Beschuldigter ein Kraftfahrzeug nicht gelenkt hat, kommt es nicht an, weil das Delikt bereits mit der Verweigerung der Vornahme der Alkomatuntersuchung vollendet ist (E 23.2.1996, 95/02/0567; 28.2.1997, 95/02/0348; 30.9.1998, 98/02/0246; 29.4. 2003, 2002/02/0042; 20.4.2004, 2001/02/0099).

 

Der Ml hat in der Berufungsverhandlung in Einzelheiten die Amtshandlung in der Hagen­straße in Bezug auf den Zustand und das Verhalten des fest schlafend angetroffenen Bw geschildert und überzeugend dargelegt, wie er den Bw geweckt und ihm den Grund für die Amtshandlung und sein Begehren erklärt hat. Nach diesen Schilderungen war davon auszugehen, dass dem Bw ausreichend Zeit einge­räumt wurde, "zu sich zu kommen" und den Motor abzustellen – der Ml betonte, er selbst habe nicht in das Fahrzeug gegriffen – und anschließend aufgrund des starken Alkoholgeruchs die Aufforderung zum Vortest erfolgte, bei dem der Ml dem Bw das Vortestgerät hinhielt und ihn bei jedem der insgesamt 10 Versuche auffor­derte, länger und mehr Luft hineinzublasen, was aber schließlich misslang, wobei der Ml auch dieses Misslingen dezidiert aus dem Verhalten des Bw begründete.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht auf dieser Grundlage kein Anlass, an der ordnungsgemäßen Durchführung der Amtshand­lung zu zweifeln. Selbst wenn der Bw zum Zeitpunkt seiner Weigerung mitzu­fahren wusste, dass er den Pkw nach dem Alkoholkonsum nicht mehr gelenkt hat, stand ihm eine Verweigerung des Mitfahrens zum Zweck der Absolvierung eines Alkotests mit dieser Begründung nicht zu, weil der Sicherung des Atem­alkoholgehalts Vorrang vor der auch erst später möglichen Klärung der Frage, ob das Fahrzeug tatsächlich gelenkt wurde, eingeräumt ist.

 

Der Zeuge K hat in der Verhandlung glaubwürdig bestätigt, er sei, nachdem der Bw sein Haus verlassen habe, schlafen gegangen und habe vom späteren Vorfall daher nichts mitbe­kommen. Am nächsten Morgen habe er den Pkw des Bw so abge­stellt vorge­funden, wie ihn dieser vor seinem Besuch abgestellt habe, dh der Bw könne den Pkw in der Nacht nicht gelenkt haben.    

 

Aus all diesen Überlegungen war davon auszugehen, dass der Bw den ihm nun­mehr – abgeändert gemäß § 44a Z1 VStG hinsichtlich des Verdachts des Lenkens und aus sprachlichen Überlegungen – zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verant­worten hat, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 von 1162 Euro bis 5813 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. 

Der Bw weist eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 2006 auf, die von der Erstinstanz – zutreffend – als erschwerend berücksichtigt wurde; zugrunde gelegt wurde ein geschätztes Einkommen von 1000 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist aber im Sinne der oben zitierten Judikatur als mildernd zu werten, dass sich im Nachhinein auf der Grund­lage der unbedenklichen Aussage des Zeugen K ergeben hat, dass der Bw den Pkw tatsächlich nicht gelenkt, sondern nur den Motor gestartet hat und dann eingeschlafen ist. Deshalb war die Strafe wesentlich zu reduzieren, wobei auch zu bedenken ist, dass sich der Bw nunmehr in Strafhaft befindet und in nächster Zeit kein Einkommen haben wird.

Die nunmehr verhängte Strafe stellt die gesetzliche Mindeststrafe dar, entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Verweigerung des Alkotests erfüllt, auch wenn Pkw tatsächlich nicht gelenkt wurde und Verdacht des Lenkens gegeben war -> Strafherabsetzung trotz einschlägiger Vormerkung wegen Nichtlenken + Strafhaft (ohne Einkommen)

 

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