Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100222/9/Weg/Ri

Linz, 13.01.1993

VwSen - 100222/9/Weg/Ri Linz, am 13.Jänner 1993 DVR.0690392 A W, G; Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 und des KFG 1967 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des A Wr vom 5. November 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. Oktober 1991, VerkR96/1918/1991/Stei/Ha, auf Grund des Ergebnisses der am 8. Jänner 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I.a) Hinsichtlich der Fakten 1. und 2. (§ 18 Abs.1 und § 16 Abs.2 lit. b StVO 1960) wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich das angfochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

b) Hinsichtlich des Faktums 2. (§ 102 Abs. 2 KFG 1967) wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Hinsichtlich der Fakten 1. und 2. entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge. Hinsichtlich des Faktums 3. hat der Berufungswerber binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 40 S zu entrichten. Rechtsgrundlage:

zu I.a: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) BGBl.Nr. 51/1991 i.V.m. §§ 24, 45 Abs. 1 Z.1, 51 Abs.1, 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

zu I.b: § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 Abs.1 und 51i VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. und II.:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber Geldstrafen von 1. 500 S, 2. 1.000 S und 3. 200 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1. 12 Stunden, 2. 24 Stunden und 3. 12 Stunden verhängt, weil dieser am 24.März 1991 um 12.50 Uhr den PKW auf der Bundesstraße 127 von L in Richtung O gelenkt und dabei 1. von Straßenkilometer 8,95 bis 9,46 keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten hat, da er trotz einer Geschwindigkeit von ca. 90 bis 100 km/h nur einen Abstand von 2 m einhielt, sowie 2. zwischen Straßenkilometer 9,46 und 9,65 vorschriftswidrig überholt hat, weil er vor bis in eine unübersichtliche Kurve hinein überholte, und letztlich 3. als Lenker nicht dafür gesorgt hat, daß die Kennzeichen vollständig lesbar sind, da die hintere Kennzeichentafel völlig verschmutzt war.

Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach 1. § 18 Abs.1 StVO 1960, 2. § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 und 3. gemäß § 102 Abs.2 KFG 1967 begangen. Außerdem wurde als Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ein Betrag von 170 S vorgeschrieben.

I.2. Diesem Straferkenntnis liegen eine Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Puchenau vom 27. März 1991 sowie nach Erlassen einer Strafverfügung die zeugenschaftlichen Aussagen der Meldungsleger vom 10. Mai 1991 und vom 21. Mai 1991 zugrunde.

I.3. Der Berufungswerber wendet in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung und in der weiteren Folge auch in der Berufung gegen das Straferkenntnis sinngemäß ein, daß er 1. einen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe, 2. nicht vorschriftswidrig überholt und sich weit genug vor der unübersichtlichen Kurve wieder eingeordnet habe und 3. das beanstandete Kennzeichen nicht so verschmutzt gewesen sei, wie dies die Gendarmeriebeamten angegeben hätten. Den Gendarmeriebeamten sei es im Zuge des Nachfahrmanövers nicht möglich gewesen, die ihm zur Last gelegten Übertretungen zweifelsfrei wahrzunehmen.

I.4. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist, der - weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da von den Parteien des Verfahrens kein Verzicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgegeben wurde, war eine solche anzuberaumen und durchzuführen.

I.5. Zu dieser Verhandlung erschienen neben dem Beschuldigten und dem Vertreter der belangten Behörde als Zeugen die beiden Meldungsleger, die Gendarmeriebeamte des Gendarmeriepostenkommandos Puchenau sind.

Anläßlich der zeugenschaftlichen Vernehmung trat hinsichtlich des Faktums 1. (ungenügender Sicherheitsabstand zwischen Kilometer 8,95 bis 9,46) zutage, daß Insp. Auer während des Nachfahrens auf den Berufungswerber erst aufmerksam wurde, als dieser zum Überholen ansetzte, aber keine verläßlichen Angaben über dieses vorschriftswidrige Hintereinanderfahren auf der angeführten Fahrstrecke geben konnte. Der andere Zeuge, nämlich Herr Insp. St, konnte über den Sicherheitsabstand und über die genaue Tatörtlichkeit auch keine ausreichenden Angaben machen, räumte jedoch ein, daß der zu geringe Sicherheitsabstand eher durch das Aufschließen des Beschuldigten auf das vor ihm fahrende Fahrzeug im Zuge des Überholmanövers beobachtbar gewesen sei. Die ihm im Straferkenntnis zum Vorwurf gemachte Tatörtlichkeit hinsichtlich des zu geringen Sicherheitsabstandes konnte durch die Zeugenaussagen nicht verifiziert werden. Auch der durchgeführte Lokalaugenschein ergab, daß infolge des eher geraden Fahrbahnverlaufes zwischen Kilometer 8,95 und 9,46 eine genaue Beobachtungsmöglichkeit aus dem Patrouillenfahrzeug nicht gegeben war, zumal zwischen Beschuldigtenfahrzeug und Patrouillenfahrzeug noch zumindest vier bis fünf andere Fahrzeuge in relativ hohem Tempo fuhren.

Hinsichtlich des Faktums 2. bestätigten die Zeugen im wesentlichen die Angaben in der Anzeige, die schließlich auch Grundlage des Straferkenntnisses wurden. Demnach hätte der Berufungswerber bei Straßenkilometer 9,46 mit dem Überholmanöver begonnen. Dabei hätte er bei Straßenkilometer 9,46 den Fahrstreifen gewechselt, drei vor ihm mit einer ungefähren Geschwindigkeit von 90 km/h fahrende PKW's überholt und sich bei Straßenkilometer 9,65 schon wieder auf der rechten Fahrbahnseite befunden.

Der Lokalaugenschein ergab augenscheinlich und offenkundig, daß ein Überholen von drei hintereinanderfahrenden PKW's, die ihrerseits etwa mit 90 km/h fahren, auf einem Straßenstück in der Länge von 190 m nicht möglich sein kann, vor allem wenn man zum Überholmanöver (wie dies die Meldungsleger taten) den Fahrstreifenwechsel zählt. Daß dies auch rechnerisch nicht möglich ist, ergab folgende im kurzen Wege eingeholte Berechnung eines technischen Sachverständigen: Wenn man bei den angenommenen Verhältnissen (Beginn des Fahrstreifenwechsels und Überholmanövers bei einem Abstand von 2 m vom vorderen PKW, drei PKW's und zweimal 25 m Sicherheitsabstand, 90 km/h der überholten Fahrzeuge und ca. 10 m Abstand vom letzten überholten Fahrzeug nach dem Einordnen) eine Beschleunigung des überholenden Fahrzeuges von 2 m/sec2 (Sekundenquadarat) annimmt, ergibt sich eine Überholzeit von 9 sec. und eine Überholstrecke von 308 m. Dabei hätte der Überholende letztlich eine Endgeschwindigkeit von 155 km/h erreicht. Nimmt man eine noch größere Beschleunigung an, nämlich 3 m/sec2, so ergäbe sich eine Überholzeit von 7,4 sec. und ein Überholweg von 266 m. Letzterer Beschleunigungswert ist bereits ein astronomischer und von einem normalen, zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug, beginnend bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h, nicht erreichbar.

Es gilt also auf Grund obiger Ausführungen als erwiesen, daß zwischen Straßenkilometer 9,46 und 9,65 ein Überholmanöver, wie es von den Meldungslegern zur Anzeige gebracht wurde, nicht stattgefunden haben kann.

Daß das Kennzeichen verschmutzt und damit letztlich nicht ausreichend lesbar war, hat der Berufungswerber letztlich selbst eingestanden, sodaß hinsichtlich dieses Faktums das Geständnis als ausreichender Beweis angesehen wird.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu den Fakten 1. und 2.:

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Gemäß § 51i VStG ist bei der Fällung eines Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist.

Das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten bezüglich des ungenügenden Sicherheitsabstandes zwischen Straßenkilometer 8,95 und 9,46 sowie des Überholens zwischen 9,46 und 9,65 konnte im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht mit jener Sicherheit verifiziert werden, die für einen Schuldspruch in einem Verwaltungsstrafverfahren ausreichen würde. Dabei wird den Meldungslegern keinesfalls unterstellt, die angeführten Fakten nicht beobachtet zu haben, doch stimmen die Beobachtungen zumindest hinsichtlich der Tatörtlichkeit nicht mit den technisch nachvollziehbaren Daten überein. Es ist dem unabhängigen Verwaltungssenat jedoch in diesem Stadium des Verfahrens nicht mehr gestattet, die Tatörtlichkeit (Verlängerung der Überholstrecke und Verkürzung jener Strecke, auf der ein zu geringer Sicherheitsabstand eingehalten wurde) umzuändern.

Zum Faktum 3.: Gemäß § 102 Abs.2 KFG 1967 hat der Lenker eines Fahrzeuges dafür zu sorgen, daß die Kennzeichen nicht durch Verschmutzung usw. unlesbar sind.

Die eingestandene Verschmutzung und Unlesbarkeit der Kennzeichen läßt sich unschwer unter diese Gesetzesstelle subsumieren. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift stellt gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann in der Bestrafung wegen dieses Deliktes und in der Festsetzung der Strafhöhe (200 S) keine Rechtswidrigkeit erblicken und war diesbezüglich das Straferkenntnis zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum