Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400991/5/Gf/Mu

Linz, 23.03.2009

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des R S (geb. als: R M), vertreten durch RA Mag. A D, W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck seit dem 8. Februar 2009 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; unter einem wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Aufrechterhaltung der Schubhaft maßgeblichen Gründe derzeit weiterhin vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 83 FPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG; § 1 UVS-AufwandsersatzVO.

Entscheidungsgründe:

1.1. Gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Mazedonien (der seit dem Jahr 1997 wieder den Mädchennamen seiner Mutter als Familiennamen führt), wurde bereits mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Bludenz vom 25. Oktober 1994, Zl. III-3/A-940217, ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot für Österreich erlassen. Nach der darauf hin erfolgten Abschiebung in seinen Heimatstaat reiste er jedoch unter Umgehung der Grenzkontrolle wiederum in das Bundesgebiet ein; in der Folge wurde er am 22. August 1998 in Graz bei der Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit betreten und am 27. August 1998 neuerlich nach Mazedonien abgeschoben.

Am 9. September 2002 reiste er – nach seinen eigenen Angaben – wiederum unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne gültige Reisedokumente ins Bundesgebiet ein und stellte am nächsten Tag in Linz einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Jänner 2004, Zl. 225420, und die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Juli 2007, Zl. 246841/0/3E-VII/43/04, abgewiesen. Zuvor hat der Rechtsmittelwerber am 20. Jänner 2006 seine bundesbetreute Unterkunft verlassen, ohne sich in der Folge polizeilich zu melden; seinen Lebensunterhalt bestritt er seither – nach seinen eigenen Angaben – durch Schwarzarbeit im Baugewerbe in den verschiedensten Städten in Österreich (Bludenz, Innsbruck, Salzburg, Graz).

Am 8. Februar 2009 wurde er im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in Timelkam (Oberösterreich) betreten und festgenommen.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. Februar 2009, Zl. Sich40-1347-2009, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Über­stellung in das PAZ Wien-Hernals sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er bereits in der Vergangenheit durch mehrfache illegale Grenzübertritte zu erkennen gegeben habe, dass er nicht gewillt sei, die Rechtsordnung des Gastlandes zu respektieren. Ausserdem sei er alleinstehend und mangels sozialer Verpflichtungen in seiner Lebensgestaltung sehr flexibel. Zudem verfüge er weder über einen gemeldeten Aufenthalt oder ordentlichen Wohnsitz noch über die erforderlichen finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts, sodass zu befürchten sei, dass er sich – in Freiheit belassen – dem im Zuge der Abschiebung erforderlichen zwangsweisen behördlichen Zugriff zu entziehen und seinen Lebensunterhalt wiederum durch Schwarzarbeit zu bestreiten versuchen werde. Die Gesamtheit seiner Verhaltensweise (illegale Einreise, unsteter und nicht gemeldeter Aufenthalt, Schwarzarbeit, Mittellosigkeit) lasse sohin einen akuten Sicherungsbedarf erkennen, weshalb gelindere Mittel nicht zur Anwendung hätten kommen können.

1.3. Am 9. Februar 2009 hat der Beschwerdeführer bei der BPD Wien mündlich einen Asylantrag gestellt (vgl. die Verständigung der BPD Wien vom 9. Februar 2009, Zl. E1/56143/2009).

1.4. Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes vom 26. Februar 2009, Zl. 0901693-EASt-Ost, wurde dem Rechtsmittelwerber gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 des Asylgesetzes mitgeteilt, dass die Behörde beabsichtigt, seinen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

1.5. Mit Schriftsatz der BH Vöcklabruck vom 17. März 2009, Zl. Sich40-1347-2009, hat die belangte Behörde den Heimatstaat des Beschwerdeführers um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ersucht.

1.6. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 18. März 2008 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

Darin wird vorgebracht, dass er in Österreich sozial integriert sei und seine beiden Brüder – von denen einer bereits österreichischer Staatsbürger sei – sowie seine Schwester in Österreich leben würden. Außerdem habe er inzwischen neuerlich einen Asylantrag gestellt. Dieser sei zwar zurückgewiesen worden, doch dagegen werde er eine Beschwerde an den Asylgerichtshof erheben, welcher nach der mit 1. April 2009 in Kraft tretenden Fremdenrechts-Novelle stattzugeben sein werde, weil ihm danach jedenfalls ein Bleiberecht – unabhängig davon, ob ihm Asyl gewährt wird oder nicht – zukomme.

Aus diesem Grund wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung und stattdessen die Anordnung gelinderer Mittel beantragt.

1.7. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Akt des fremdenpolizeilichen Verfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Darin wird ergänzend darauf hingewiesen, dass der Asylantrag vom 9. Februar 2009 mittlerweile mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. Februar 2009, Zl. 901693, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer unter einem nach Mazedonien ausgewiesen worden sei. Dieser Bescheid sei seit dem 16. März 2009 durchsetzbar gewesen, weshalb mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 17. März 2009 die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt worden sei (s.o., 1.5.).

Außerdem hielten sich die Gattin und die drei volljährigen Kinder des Rechtsmittelwerbers – also seine eigentliche Familie – nach seinen eigenen Angaben nicht in Österreich, sondern in Tschechien auf; und bei seinen Geschwistern habe er während seines langjährigen illegalen Aufenthalts in Österreich bislang tatsächlich nie Unterkunft bezogen.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. Sich40-1347-2009; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 4/2008 (im Folgenden: FPG), von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 82 Abs. 1 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat u.a. mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 und 3 FPG können auch Asylwerber u.a. zu dem Zweck festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, wenn gegen diese nach den Bestimmungen des AsylG bereits ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde – wobei nach § 29 Abs. 3 Z. 4 und 5 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 4/2008 (im Folgenden: AsylG), ein Ausweisungsverfahren ex lege als eingeleitet gilt, wenn dem Asylwerber (formlos) mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, seinen Asylantrag entweder zurück- oder abzuweisen – oder gegen ihn bereits zuvor eine durchsetzbare Ausweisung verhängt worden ist.

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt gemäß § 77 Abs. 3 FPG insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei einem bestimmten dem Fremden zuvor bekannt gegebenen Polizei­kommando zu melden.

3.2. Im gegenständlichen Fall lag während der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft, nämlich seit dem 8. Februar 2008, allseits unbestritten zunächst – aufgrund der den (ersten) Asylantrag vom 10. September 2002 abweisenden Berufungsentscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Juli 2007 i.V.m. § 10 Abs. 1 AsylG – eine durchsetzbare Ausweisung und in der Folge seit dem 26. Februar 2009 eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 5 AsylG (s.o., 1.4.) und somit ex lege ein eingeleitetes (neuerliches) Ausweisungsverfahren vor. Damit waren (und sind) die formalen Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z. 2 bzw. Z. 3 FPG gegeben.

3.3. Hinsichtlich der Frage, ob die Inschubhaftnahme auch in inhaltlicher Hinsicht rechtmäßig war, insbesondere, ob diese dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprach, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die von der belangten Behörde unter Berücksichtigung aller Begleitumstände gezogene Schlussfolgerung, dass es sich beim Rechtsmittelwerber in Wahrheit bloß um einen sog. "Wirtschaftsflüchtling" handelt, zumindest nicht völlig abwegig ist (siehe auch unten, 3.3.5.).

3.3.1. Da jedoch eine gesetzliche Regelung, die konkret jene Konstellation regelt, wie die Behörden mit bloßen Wirtschaftsflüchtlingen umzugehen haben, (zumindest bislang nach wie vor) fehlt, muss insoweit zur Lösung der damit verbundenen Rechtsprobleme auf die allgemeinen fremdenrechtlichen Grundsätze zurückgegriffen werden. Weil nun diesbezüglich nicht unterschieden wird, kann daher über Fremde, die formell – nämlich durch Stellung eines Asylantrages – als Asylwerber anzusehen sind, grundsätzlich auch dann die Schubhaft verhängt werden, wenn diese materiell betrachtet in erster Linie als Wirtschaftsflüchtlinge zu gelten haben.

Andererseits unterliegt aber eine derartige Anhaltung – wiederum mangels bestehender Sondervorschriften – denselben Regelungen, wie sie generell für fremden­polizeiliche aufenthaltsbeendende Maßnahmen gelten. Dies bedeutet zum einen, dass zunächst sämtliche formellen Voraussetzungen für die konkret in Aussicht genommene aufenthaltsbeendende Maßnahme (hier: der Schubhaftgrund des §  76 Abs. 2 Z. 2 bzw. Z. 3 FPG – siehe dazu oben, 3.2.) vorliegen müssen (vgl. zur "finalen Determinierung" der Schubhaft, d.h. dass diese nur aus den in § 76 Abs. 1 und 2 FPG taxativ genannten Gründen verhängt werden darf, z.B. VwGH vom 20. Dezember 2007, Zl. 2006/21/0359, und vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0067). Darüber hinaus darf sich die Anhaltung – was in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen ist – nicht als eine unverhältnismäßige Maßnahme erweisen und nur im Sinne einer ultima-ratio-Maßnahme zum Einsatz gebracht werden (vgl. VfGH v. 15. Juni 2007, B 1330/06), d.h. dass die alternative Heranziehung gelinderer Mittel nur dann nicht zum Tragen kommt, wenn das Sicherungsbedürfnis anders nicht erreichbar ist (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0370). Diesbezüglich hat der Verwaltungs­gerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2004/21/0003, einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Recht­sprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeenden­den Maßnahme sowie von strafgerichtlichen Verur­teilungen (weil die Inschubhaftnahme nicht der Aufdeckung, Verhinderung oder Sanktionierung von Straftaten dienen darf; vgl. VfSlg 13715/1994 und VwGH v. 22. November 2007, 2006/21/0189) und einer fehlenden Ausreise­willigkeit (insbesondere, solange noch nicht feststeht, ob die Abschiebung zulässig und die Ausreise zu überwachen ist sowie ein konkreter Sicherungsbedarf besteht) für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremden­polizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattge­geben.

3.3.2. Insgesamt besehen bewirkt so das Fehlen gesonderter, auf Wirtschafts­flüchtlinge bezogener gesetzlicher Bestimmungen in der Praxis gerade in jenen aus rechtlicher Sicht in aller Regel unproblematischen Fällen, wo die Fremden bereits in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben, dass diese faktisch i.d.R. nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand wieder außer Landes geschafft werden können, weil die Behörden dazu verpflichtet und gleichzeitig darauf angewiesen sind, Rechtsvorschriften anwenden zu müssen, die nicht sachadäquat sind. Denn das auf der Genfer Flüchtlingskonvention fußende Asylrecht hat nur die Regelung der Rechtsstellung von aus politischen, rassischen, religiösen o.ä. Gründen verfolgten Personen zum Gegenstand, nicht aber von solchen, die ihren Heimatstaat in der Absicht verlassen, in einem anderen Staat bessere ökonomische Bedingungen vorzufinden und zu diesem Zweck auch eine Umgehung von formellen Einreisebestimmungen, einen Missbrauch des Asylrechts u.a. in Kauf nehmen.

Mangels (bislang) anders lautender Rechtsvorschriften ist jedoch allein der Umstand, dass sich ein Fremder in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich verhält, diesem nur dann und selbst in jenem Fall nur insoweit „anlastbar“, als dies entsprechend gesetzlich vorgesehen ist. So kann z.B. wegen illegaler Einreise ins Bundesgebiet eine Verwaltungsstrafe verhängt, ein Ausweisungsverfahren eingeleitet, ein Asylantrag mangels Zuständigkeit eines anderen Staates zurückgewiesen, etc. werden – es vermögen also Einzelmaßnahmen gesetzt werden, die jedoch seitens der Fremdenbehörde stets nur situationsangepasst zum Einsatz gebracht werden können und damit auch keine Gewähr dafür bieten, dass sie (isoliert oder in ihrem Zusammenwirken) das beabsichtigte Ziel auch tatsächlich erreichen; insbesondere darf die Schubhaftverhängung nicht als eine "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0239) oder als eine präventive Vorbereitungshandlung zur erfolgreichen Durchführung der Abschiebung (vgl. VwGH vom 26. September 2007, Zl. 2004/21/0150) zum Einsatz gebracht werden.

3.3.3. Diese dargestellte – zudem unter der Kautel des Art. 18 Abs. 1 B-VG, wonach die Handlungen der Behörde bei sonst drohendem Grundrechtseingriff stets einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, stehende – Rechtslage bedingt zunächst, dass, wie sich aus den zuvor angesprochenen Entscheidungen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ergibt, eine generalisierende Betrachtungsweise von vornherein unzulässig ist. So darf z.B. aus dem Nichtvorhandensein von Bargeld nicht ausschließlich „unter Zugrundelegung allgemeiner Erfahrungssätze“ (vgl. nochmals VwGH vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0067) a priori darauf geschlossen werden, dass sich der Fremde, würde er in Freiheit belassen, die erforderlichen finanziellen Mittel durch illegale Arbeit beschaffen wird; und aus dem Nichtvorhandensein eines ordnungsgemäßen Wohnsitzes nicht darauf, dass er sich (allein deshalb) dem behördlichen Zugriff entziehen wird; und aus einer Einreise ohne die hiefür erforderlichen Dokumente darauf, dass er eine gegenüber der Rechtsordnung des Aufnahmestaates generell ablehnende oder zumindest gleichgültige Haltung einnimmt; etc.

Vielmehr muss die Fremdenpolizeibehörde, wenn sie – wie gegenständlich – als eine von mehreren Maßnahmen zur Außerlandesschaffung eines Fremden die Schubhaft anordnet, in jedem Einzelfall das Vorliegen der Voraussetzungen für diese gewählte aufenthaltsbeendende Maßnahme, sodann den aktuellen Sicherungsbedarf und schließlich noch konkret begründen, weshalb keine gelindere, in gleicher Weise zur Zielerreichung geeignete Maßnahme zum Tragen kommen konnte. Dabei sind beispielsweise die Fragen nach einer allfälligen beruflichen Tätigkeit und/oder einer – allenfalls auch wechselnden – Wohnmöglichkeit im Inland (bei Verwandten oder Bekannten) als Aspekte der sozialen Integration des Fremden jeweils von Amts wegen zu ermitteln (vgl. VwGH vom 26. September 2007, Zl. 2004/21/0150).

3.3.4. Davon ausgehend ist zunächst der zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung der Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung konkret erforderliche Sicherungsbedarf zu prüfen.

Ein solcher ist offenkundig generell umso größer, je weiter fortgeschritten dieses Verfahren bereits ist und dabei einem negativen Ausgang zustrebt: Ein Sicherungsbedarf wird daher regelmäßig – d.h. aber, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die eine gegenteilige Annahme rechtfertigen (wie z.B. eine amtsbekannt langdauernde Übermittlung von Heimreisezertifikaten durch bestimmte Staaten) – dann zu bejahen sein, wenn dem Fremden ein Ausweisungsbescheid zugestellt wird, mit dem gleichzeitig die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen wurde, weil ihm dann jedenfalls klar sein muss, dass er regelmäßig in kurzer Zeit zwangsweise außer Landes geschafft werden wird, wenn er das Bundesgebiet nicht freiwillig verlässt (bzw. verlassen kann). Aus dieser Zwangslage könnte er sich dann i.d.R. eben nur dadurch befreien, dass er sich dem behördlichen Zugriff faktisch zu entziehen versucht, was gerade durch die Verhängung der Schubhaft verhindert werden soll.

Umgekehrt ist aber – gleichsam am gegenüberliegenden Pol – ein derartiges Sicherungsbedürfnis beispielsweise regelmäßig dann nicht gegeben, wenn ein Aufenthalts- oder Ausweisungsverfahren noch nicht über das Stadium der persönlichen Einvernahme eines Fremden, der sich etwa bisher legal in Österreich aufgehalten und hier über einen Wohnsitz und ein regelmäßiges Einkommen verfügt hat, hinausgekommen ist. Bei einer im Lichte des Art. 5 MRK und des PersFrSchG gebotenen verfassungskonformen Interpretation kann daher ein Bedürfnis zu „Sicherung des Verfahrens“ in § 76 Abs. 2 FPG nicht allein schon deshalb, weil ein solches Verfahren zumindest bereits formell eingeleitet worden ist, angenommen werden, sondern es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Notwendigkeit der Sicherung eines derartigen Verfahrens durch eine freiheitsentziehende Maßnahme umso größer ist, je näher sich dieses einem negativen Abschluss nähert bzw. umgekehrt aus grundrechtlicher Sicht stets umso weniger gerechtfertigt erscheint, je weiter es von einem derartigen Ergebnis noch entfernt bzw. dessen Ausgang überhaupt offen ist.

3.3.5. Im gegenständlichen Fall bestand gegen den Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft eine seit Juli 2007 vollstreckbare Ausweisung, der er sich aber schon ca. 1½ Jahre vor deren Erlassung durch ein Untertauchen in die Anonymität entzogen hat, indem er die ihm zugewiesene bundesbetreute Unterkunft ohne Angabe von Gründen und ohne jegliche nachfolgende polizeiliche Meldung verließ (s.o., 1.1.).

Außerdem sprach zu diesem Zeitpunkt bereits Vieles für die Annahme, dass es sich beim Beschwerdeführer in Wahrheit nicht um einen Asylwerber, sondern um einen bloßen Wirtschaftsflüchtling handelt, nämlich insbesondere, dass er trotz Abweisung seines ersten Asylantrages, rechtskräftiger Ausweisung und zweimaliger Abschiebung in seinen Heimatstaat jeweils wieder illegal nach Österreich zurückkehrte, ohne dass sich seither an der von ihm behaupteten Verfolgungssituation etwas Entscheidungsrelevantes geändert hätte, und er sich hier seinen Lebensunterhalt jahrelang durch Schwarzarbeit bei verschiedenen Baufirmen verdiente. Dazu kommt, dass seine Gattin und seine drei Kinder (also sein engster bzw. eigentlicher Familienkreis) nicht hier, sondern vielmehr in Tschechien (und somit unter dem Aspekt der „Infrastrukturkosten“ besehen wesentlich günstiger) leben und er auch mit seinen hier gemeldeten Geschwistern offenbar nie einen regelmäßigen Kontakt hatte; Derartiges wurde insbesondere auch von ihm selbst während des gesamten Verfahrens und auch mit der gegenständlichen Beschwerde gar nicht vorgebracht, geschweige denn entsprechend nachgewiesen. Und schließlich musste er – weil sich in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zwischenzeitlich keinerlei entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben hatten – auch von vornherein damit rechnen, dass sein neuerlicher Asylantrag zurückgewiesen werden wird, da er ja schon früher einen Asylantrag gestellt hatte, der erst vor knapp zwei Jahren unter Zugrundelegung der damals aktuellen Sachlage endgültig abgewiesen worden war.

Somit stellte sich die Situation für den Rechtsmittelwerber schon zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft am 8. Februar 2009 so dar, dass er – der in der Vergangenheit durch seine jeweils entgegen einem bestehenden Aufenhaltsverbot erfolgte Rückkehr schon mehrfach demonstriert hat, dass er keinesfalls dazu bereit ist, Österreich freiwillig zu verlassen – bereits in Kürze wiederum mit einer faktischen zwangsweisen Außerlandesschaffung zu rechnen hatte (wie sie ihm zuvor ohnehin schon bereits zwei Mal tatsächlich widerfahren ist). In Gestalt dieser nun unmittelbar bevorstehenden Zwangsmaßnahme bestand sohin auch aus dessen subjektiver Sicht aber ganz offenbar ein äußerst triftiger Grund dafür, sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen, um diese zwangsweise Abschiebung zu verhindern oder sie zumindest zu erschweren, falls er in Freiheit belassen worden wäre, weil ihm die Konsequenzen einer Abschiebung schon aus früheren einschlägigen Erfahrungen unmittelbar selbst nur allzugut bekannt waren.

3.3.6. In objektiver Hinsicht wurden von der Fremdenpolizeibehörde weiters die Illegalität der Einreise und des Aufenthalts, die Mittellosigkeit und die fehlende Unterkunftsmöglichkeit als einen Sicherungsbedarf begründende Argumente ins Treffen geführt.

In diesem Zusammenhang trifft sowohl unbestritten zu, dass der Beschwerdeführer wiederum illegal nach Österreich eingereist ist und über keine gültigen Aufenthaltsdokumente verfügt als auch, dass er sich über Jahre hinweg im Untergrund verborgen gehalten hat. Denn er hat sich während des laufenden (ersten) Asylverfahrens aus seiner bundesbetreuten Unterkunft entfernt und sich in der Folge nach seinen eigenen Angaben über Jahre hinweg nicht bei seinen Verwandten, sondern bei verschiedenen Arbeitskollegen aufgehalten, ohne sich während dieses Zeitraumes jemals polizeilich anzumelden. Da er während dieser Zeit seinen Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit bestritt und bei seiner Festnahme lediglich über einen Geldbetrag von ca. 40 Euro verfügte, konnte die belangte Behörde sohin offenkundig jedenfalls in vertretbarer Weise auch eine Mittellosigkeit und eine fehlende Unterkunftsmöglichkeit annehmen.

3.3.7. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers dahin, dass er infolge seines langjährigen – wenngleich illegalen – Aufenthalts in Österreich in gewisser Weise als sozial integriert ist, kann seitens der belangten Behörde zwar nicht grundsätzlich entgegengetreten werden. Denn es liegt auf der Hand, dass er sich durch seine Tätigkeit bei verschiedenen Baufirmen zumindest in diesem Umfeld einen gewissen Kollegen- und Freundeskreis aufgebaut haben muss.

Allerdings hat das Verfahren keinerlei Hinweise darauf ergeben – und insbesondere wurde Derartiges auch vom Rechtsmittelwerber selbst gar nicht vorgebracht –, dass auch sein Privat- und Familienleben seinen Mittelpunkt in Österreich hat. Denn seine engsten Familienangehörigen, nämlich seine Gattin und seine drei Kinder, leben in Tschechien; und seine Geschwister wohnen zwar in Österreich, doch hat der Beschwerdeführer diesbezüglich nicht einmal selbst behauptet, dass er mit diesen ständig oder zumindest fallweise auch tatsächlich in persönlichem Kontakt stehen würde.

Vor diesem Hintergrund kann es daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde im Zuge der gemäß Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung im konkret vorliegenden Fall die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber den dadurch beeinträchtigten privaten Interessen des Beschwerdeführers als höher stehend bewertet hat. Denn die beabsichtigte, im Wege der Schubhaftanordnung zu sichernde faktische Abschiebung des Rechtsmittelwerbers in seinen Heimatstaat verunmöglicht es diesem in der Folge ja keineswegs völlig, auch in Zukunft – wenngleich im Ausland – weiterhin mit seiner Familie und seinen Geschwistern in persönlichen Kontakt zu treten.

3.3.8. Schließlich trifft auch das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Argument, dass ihm die in Aussicht genommene Änderung des Fremdenrechts ab dem 1. April 2009 auf Grund seines langedauernden faktischen Aufenthalts in Österreich hier ex lege ein Bleiberecht garantieren würde, in dieser Allgemeinheit nicht zu.

Denn dem Begutachtungsentwurf des Bundesministeriums für Inneres über ein „Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenhaltsgesetz geändert werden .....“ (abrufbar unter www.bmi.gv.at/begutachtungen) kann – abgesehen davon, dass derzeit noch völlig offen ist, ob und inwieweit der darin vorgeschlagene Text später auch tatsächlich Verbindlichkeit erlangt – keineswegs entnommen werden, dass die Dauer eines illegalen jener eines legalen Aufenthalts jedenfalls und unter allen Umständen gleichzuhalten wäre (vgl. z.B. § 10 Abs. 2 Z. 2 AsylG und § 66 Abs. 2 FPG i.d.F. dieses Entwurfes, die jeweils explizit auf die „Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts“ abstellen).

3.3.9. Als gelinderes Mittel sieht § 77 Abs. 3 FPG insbesondere vor, dem Fremden aufzutragen, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und/oder sich in periodischen Abständen bei einem ihm bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

In diesem Zusammenhang ist jedoch der Einwand der belangten Behörde, dass sich der Rechtsmittelwerber bereits zu einem früheren Zeitpunkt während eines damals noch laufenden Asylverfahrens aus der ihm zur Verfügung gestellten bundesbetreuten Unterkunft entfernt hat und in der Folge spurlos (d.h. insbesondere ohne polizeiliche Meldung) in der Anonymität untergetaucht ist, sodass eine solche Maßnahme hier offenbar keine Gewähr dafür bietet, dass der mit der Schubhaftanordnung verfolgte Zweck – nämlich die persönliche Verfügbarkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der tatsächlichen Durchführung der zwangsweisen Abschiebung – dadurch in gleicher Weise erreichbar wäre, nicht von der Hand zu weisen.

Insbesondere die trotz mehrfacher Abschiebung erfolgte illegale Rückkehr des Rechtsmittelwerbers nach Österreich zeigt in diesem Zusammenhang auch nachdrücklich, dass dieser ganz offensichtlich nicht gewillt ist, seine Außerlandesschaffung zu akzeptieren, sondern dass er diese konsequenter Weise auch in seiner gegenwärtigen Situation allem Anschein nach mit allen ihm möglichen Mitteln zu verhindern versuchen würde, und zwar ganz besonders dann, wenn er in Freiheit belassen würde.

3.3.10. Im Ergebnis überwiegen daher im konkret vorliegenden Fall aus den zuvor genannten Gründen die für die Anordnung der Schubhaft streitenden öffentlichen Interessen deutlich jene privaten Interessen des Rechtsmittelwerbers, in deren Schutzbereich durch diese Maßnahme eingegriffen wird, sodass die daraus von der belangten Behörde aus dieser Interessenabwägung gezogene Konsequenz – nämlich die Schubhaftverhängung anstelle der bloßen Anordnung gelinderer Mittel – letztlich auch nicht als unverhältnismäßig angesehen werden kann.

3.4. Daher hatte der Oö. Verwaltungssenat die gegenständliche Beschwerde gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen und unter einem festzustellen, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft rechtmäßig ist und zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für deren Aufrechterhaltung maßgeblichen Gründe weiterhin vorliegen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 456/2008, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro; Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1.             Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.             Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13,20 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-400991/5/Gf/Mu vom 23. März 2009

 

§§ 76 und 77 FPG

 

§ 76 Abs. 2 FPG: Eine explizite gesetzliche Regelung betreffend der Verhängung von Schubhaft über bloße sog. Wirtschaftsflüchtlinge existiert derzeit nicht, sodass für solche Fremde diesbezüglich die allgemeinen Vorschriften des FPG bzw. des AsylG gelten;

§ 77 FPG: Insbesondere ist daher nicht anhand allgemeiner Erfahrungssätze, sondern vielmehr auf Grund der jeweiligen konkreten Umstände zu prüfen, ob anstelle der Anordnung gelinderer Mittel ausnahmsweise auch die Verhängung von Schubhaft zulässig ist; Schubhaftverhängung über einen Fremden, der zuvor bereits zwei Mal zwangsweise abgeschoben und dessen erster Asylantrag abgewiesen und dessen neuerlicher Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, nicht unverhältnismäßig, wenn sich dieser zudem – nach eigenen Angaben – jahrelang illegal und ohne polizeiliche Meldung in Österreich aufgehalten und die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts durch Schwarzarbeit erworben hat, wobei seine Gattin und seine Kinder in Tschechien leben und er auch selbst gar nicht behauptet hat, zu seinen hier in Österreich lebenden Geschwistern einen persönlichen Kontakt gehabt zu haben.

 

 

 

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