Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164062/5/Br/RSt

Linz, 29.04.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P K, A, 47 A, vertreten durch WkG K Rechtsanwälte GmbH, Dr. H K, H, 47 A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13. März 2009, Zl. VerkR96-4806-2008, nach der am 29. April 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.            Die Berufung wird in beiden Punkten im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen.

Die Geldstrafe wird jedoch im Punkt 1.) auf € 50,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Stunden ermäßigt.

II.   Im Punkt 1.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf € 5,--. Für das Berufungsverfahren entfallen in diesem Punkt die Verfahrenskosten.

        Im Punkt 2.) werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten  € 16,-- auferlegt (20 % der verhängten Geldstrafe).

       

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008

Zu II. § 64 Abs.1 u. 2 u. § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen der Übertretung nach§ 9 Abs.1 u. § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 und 80 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einen Tag und fünfzehn Stunden verhängt, weil er am 16.9.2008 07.40 Uhr in St. Georgen bei Obernberg am Inn auf der B 148 in Fahrtrichtung Braunau gelenkt, als Lenker des Pkw mit Kennz. SD

1) bei km 8,500 die dort sichtbar angebracht Sperrlinie überfahren habe und

2) unmittelbar vor km 8,500 zu einem vor ihm fahrenden Pkw-Lenker keinen solchen Abstand einhalten habe, dass im Fall einer plötzlichen Bremsung des Vorderfahrzeuges, ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, weil bei einer von Geschwindigkeit mindestens 50 km/h der Abstand zum Vorderfahrzeug maximal 7 Meter betragen habe.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Die strafbaren Tatbestände sind durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nach einer eingelangten Privatanzeige als erwiesen anzusehen.

 

Rechtslage: §9(1)StVO:

Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) dürfen nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt. § 18 Abs. 1 StVO:

Der Lenker eines Fahrzeuges hat stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Sachlage:

Ing. C L erstattete Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Ried i. Innkreis. Er selbst lenkte am 16.9.2008 gegen 07.4o Uhr einen Pkw Richtung Braunau auf der B148. Im Bereich der Kreuzung L 510 Weilbacherstraße wurde er vom Pkw-Lenker mit Kennz. SD überholt trotz sichtbarer Sperrlinie. L erklärt, dass er zuvor beim nachfahrenden KFZ durch den knappen Abstand die vorderen Kennzeichen nicht mehr habe ablesen können. Dies habe er erst nach dem Überholvorgang tun können.

Es ergab sich Ihre Lenkerschaft.

Die erlassene Strafverfügung wurde beeinsprucht.

Zur Geschwindigkeit wurde nur eingewendet, dass das Ausmaß nicht angegeben sei. Der Inhalt des Einspruchs ist sehr dürftig gehalten. Die Strafverfügung müsse ein Mindestmaß aufweisen; was jedoch unrichtig sein soll, wird nicht dargetan. Ein "Eventualantrag" wurde zuletzt gestellt iS § 21 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

Der Anzeigeleger wurde bei der Behörde als Zeugen vernommen. Er hat bestätigt, dass Sie seinen Pkw im angeführten Kreuzungsbereich trotz Sperrlinie überholt hätten. Er sagte auch aus, dass er das vordere Kennzeichen Ihres Wagens erst nach dem Überholen habe ablesen können, da Sie ihm (dem Anzeigeleger) trotz 50 km/h Geschwindigkeit knapp nachgefahren wären. Der Sicherheitsabstand sei demnach nicht eingehalten worden.

 

Ing. L ist Verkehrstechniker des Landes OÖ. Er ist mit den diesbezüglichen Bestimmungen in punkto Verkehrssicherheit bestens vertraut. Es war ihm daher in diesem Fall auch aus behördlicher Sicht zuzubilligen, diese Übertretungen einwandfrei beobachten zu können. Es fanden sich keine Anhaltspunkte, dass er Sie mit unwahren Angaben belastet.

 

Die Sperrlinie ist laut behördlichen Unterlagen korrekt verordnet und kundgemacht. Bei km 8,5 der B 148 wurde dies von Ihnen überfahren. Im Grunde genommen wird dies auch nicht direkt von Ihnen selbst in Abrede gestellt.

 

Unmittelbar vor Ihrem Überholmanöver im Kreuzungsbereich hielten Sie einen Abstand zum Fahrzeug des Anzeigelegers von maximal 7 Meter ein. Bei einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h beträgt jedoch der Mindestabstand der des Reaktionsweges, das sind mindestens 15 Meter.

 

Am 12.3.2009 hat die Behörde mit Ing. H, Verkehrstechniker des Landes OÖ. zur eindeutigen Abklärung dieser Frage tel .Kontakt hergestellt. Dieser gab nach Mitteilung der Prämissen bekannt, dass bei Annahme zweier hintereinander fahrender Pkw's und bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h nur noch ein Abstand des nachfahrenden Fahrzeuglenkers von maximal 7 Meter gegeben sei, wenn der Lenker des Vorderfahrzeuges durch Blicke in den Innenspiegel das vordere Kennzeichen des nachfahrenden Fahrzeuglenkers durch den geringen Abstand nicht mehr ablesen könne.

 

Die Behörde nimmt dieses Ergebnis zum Anlass, davon auszugehen, dass auch im gegenständlichen Fall somit der Sicherheitsabstand zweifelsfrei von Ihnen nicht eingehalten wurde, weil dieser mindestens 15 Meter hätte betragen müssen.

 

Die Einstellung des Verfahrens zu diesen beiden Punkten war unzulässig.

 

Das angezeigte Geschwindigkeitsdelikt wird nach § 45 VStG eingestellt, weil die Grundlage einer Bestrafung mangels kundgemachter Verordnung nicht gegeben ist.

 

Mildernd war die Unbescholtenheit zu werten. Erschwerungsgründe fand die Behörde nicht. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden berücksichtigt: 1000 Euro monatlich netto, keine Sorgepflichten, kein Vermögen.

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zit. Gesetzesstelle begründet."

 

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Straferkenntnis mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In umseits rubrizierter Verwaltungsstrafsache erhebt der Einschreiter durch seine ausgewie­senen Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, VerkR96-4806-2008 vom 13. März 2009, zugestellt am 16. März 2009 innerhalb offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG:

 

2.

2.1.

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.2.

Als Berufungsgrund wird geltend gemacht: Unrichtige rechtliche Beurteilung

3.

3.1. I

 

Zum Berufungsrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

In der Begründung verweist die Bezirkshauptmannschaft Schärding diesbezüglich (Strafer­kenntnis Seite 2) einzig und allein auf die Aussagen des Zeugen Ing. L und verweist weiters darauf, dass der Zeuge Verkehrstechniker des Landes Oberösterreich ist und ihm aus behördlicher Sicht "zuzubilligen" ist, diese Übertretung einwandfrei beobachten zu können.

Faktum ist, dass sich allein aus dem beruflichen Stand des Zeugen für das Verwaltungs­strafverfahren zu Lasten des Beschuldigten Negatives nicht ergeben kann.

Es wäre vielmehr Aufgabe der Bezirkshauptmannschaft Schärding im Rahmen der Beweis­würdigung - unter Berücksichtigung dieses Umstandes - gewesen nachvollziehbar für den Einschreiter darzulegen, warum einzig und allein den Ausführungen des Zeugen gefolgt wird.

Der Verweis auf seinen beruflichen Stand (Verkehrstechniker des Landes Oberösterreich) ist jedenfalls nicht ausreichend.

 

3.2.

Wie von der Bezirkshauptmannschaft Schärding richtig dargestellt, wurde in der Eingabe vom 25. Februar 2009 ein Eventualantrag im Sinne des § 21 VStG gestellt.

Ausgenommen des vorab genannten Hinweises hat sich die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit der Anwendung dieses Tatbestandes überhaupt nicht auseinander gesetzt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Bestimmung anzu­wenden, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, der Behörde ist dabei kein Ermessens­spielraum eingeräumt.

Unverständlicherweise hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding auf diesen Tatbestand überhaupt nicht Bezug genommen.

Daraus ist ersichtlich, dass die Behörde einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterliegt.

 

4.

Der Einschreiter stellt sohin nachstehende

 

Anträge:

4.1.

Infolge Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis vom 13. März 2009, VerkR96-4806-2008 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG ein­zustellen;

 

4.2.

in eventu: eine Vorgangsweise nach § 21 VStG zu veranlassen.

 

A, am 30. März 2009                                                     P K"

 

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde der Anzeiger Ing. C L als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. 

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz der € 500,-- nicht übersteigenden Geldstrafen in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

 

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Der Berufungswerber lenkte am 16.9.2008 gegen 07:40 Uhr den o.a. Pkw auf der B148 in Richtung Altheim. Im Bereich der sogenannten St. Georgener Kreuzung lief er auf das, bedingt durch die damals wegen Reparaturarbeiten an den Beleuchtungseinrichtungen durch Verkehrszeichen indizierten 50 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung, mit knapp 60 km/h fahrende Dienstkraftfahrzeug des verkehrstechnischen Sachverständigen, Ing. C L auf. Der Sicherheitsabstand wurde dabei so verringert, dass für den Anzeiger im Rückspiegel das Kennzeichen nicht mehr sichtbar war. In Kreuzungsmitte überholte der Berufungswerber schließlich auf der dort befindlichen Sperrlinie das von Ing. L gelenkte Fahrzeug, wobei die Sperrlinie überfahren werden wurde bzw. überfahren werden musste.

 

4.1. Der im Rahmen der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommene Anzeiger legte nochmals seine Wahrnehmung schlüssig und nachvollziehbar dar. Nicht nur vor dem Hintergrund, dass der ständig mit der Kreuzungssicherheit und Unfallhäufungspunkten konfrontierte Sachverständige, als einem durchschnittlichen Straßenaufsichtsorgan in dieser Sachbeurteilung durchaus fachlich an Kompetenz sogar überlegen qualifiziert gelten kann, fand sich auch kein wie immer gearteter Grund für Zweifel an der Sachlichkeit seiner Motive für diese Anzeige. Warum sollte er den ihm unbekannten Fahrzeuglenker etwa leichtfertig mit einem Fehlverhalten im Straßenverkehr belasten? Er kannte weder das Fahrzeug des Berufungswerbers noch diesen selbst. Die Motivation präzisierte der Zeuge ganz plausibel darin, dass er das Fahrverhalten und das nachfolgende Überholen im Kreuzungsbereich trotz Sperrlinie einfach dreist und sanktionswürdig erachtete. Dies ist vor dem Hintergrund der täglichen Erfahrungen im Straßenverkehr nachvollziehbar, wobei Zeitdruck und Stress ein lebensnahes Motiv sein mag, einen sich an die Vorschriften haltenden Verkehrsteilnehmer möglichst rasch hinter sich bringen zu wollen. Dies entschuldigt aber keinesfalls sich in dieser Art über Ordnungsvorschriften – selbst wenn dahinter keine unmittelbaren Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer erkennbar gewesen sein mögen – so brüsk hinweg zu setzen.

Der Berufungswerber vermochte daher weder mit seinem Berufungsvorbringen noch mit seinen Darstellungen im Rahmen der Berufungsverhandlung den klaren Anzeigefakten und der erstinstanzlichen Beurteilung nicht entgegen treten.

 

 

4.1.1. In der Sache ist weiter auf die im erstinstanzlichen Verfahren von Ing. R. H fernmündlich eingeholte gutachterliche Stellungnahme zu verweisen. Diese wurde verlesen und anlässlich der Berufungsverhandlung erörtert. Sie sind auch rechnerisch logisch nachvollziehbar. Dies führt letztlich zum Ergebnis, dass im Falle der nicht mehr gegebenen Sichtbarkeit eines Kennzeichens am nachfahrenden durch den Rückspiegel des Vorderfahrzeuges von einem Tiefenabstand von maximal sieben Meter auszugehen ist. Diese Feststellung ist praxisnah und ist von jedem Fahrzeuglenker selbst nur unschwer nachvollziehbar. Ferner ist unter Hinweis auf diesbezüglich abgesicherter fachlicher Erkenntnisse davon auszugehen, dass in der Verkehrsrealität realistisch von keiner unter 0,7 Sekunden liegenden Reaktionszeit ausgegangen werden kann (s. unten vielen h. Erk. v. 26.2.2008, VwSen-162603/8/Fra/Sta u. vom 16.2.2004, VwSen-109509/7/Br/Be).

Daraus folgt, dass im Falle einer plötzlichen Bremsnotwendigkeit des Vorderfahrzeuges, was an dieser als gefährlich geltenden Kreuzung durchaus jederzeit möglich sein kann und was von einem Nachfahrenden nicht oder nicht immer rechtzeitig erkennbar ist, bei einem Nachfahrabstand von nur sieben Meter eine unfallvermeidende Abwehrhandlung objektiv nicht mehr zu erwarten ist.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 9 Abs.1 StVO dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs.2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

Letzteres trifft auf den gegenständlichen Fall nicht zu.

Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass der hier der als erwiesen anzunehmende Sicherheitsabstand bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h  von sieben Metern einer Wegzeit von 0.50 m pro Sekunden zur Folge hat. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Ausgangssituation immer noch doch hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringst möglichen Reaktionszeit auf ein solches Manöver nicht mehr rechtzeitig und wirkungsvoll reagiert werden könnte (s. unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443).

Beim Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs.1 StVO genügt "in der Regel" ein dem mit einer Sekunde anzunehmenden Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand; dies aber nur wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen. Der Reaktionsweg beträgt in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 5.5.2006, 2003/03/0299 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1986, 86/02/0081). Bei höherer Verkehrsdichte ist dieser Mindestsicherheitsabstand sogar zu erhöhen (VwGH 9.11.1984, 84/02B/0064 mit Hinweis auf OGH 16.3.1967,11 Os 5/67 = ZVR 1968/50).

Nach der o.a. Formel hätte hier der Sicherheitsabstand zumindest 16,6 m zu betragen gehabt.

Im Übrigen kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Diesbezüglich ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass betreffend den Sicherheitsabstand angesichts des dahinterstehenden hohen abstrakten Gefährdungspotenzials und mit Blick auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen durchaus maßvoll geübt wurde.

In Deutschland wurden etwa wegen eines unfallskausalen Drängens iVm anderen gefährlichen Verhaltensmustern im Straßenverkehr bereits Freiheitsstrafen von 1 ½ Jahren ausgesprochen.

Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für auf unfallträchtige und den Schluss auf negative Emotionalität schließen lassende Fahrweisen ist auch hier  insbesondere aus präventiven Überlegungen indiziert. Im Verhältnis zur Verkürzung des Sicherheitsabstandes ist das Überfahren der Sperrlinie an der dort gegebenen Übersichtlichkeit des Verkehrsraumes als reines Ungehorsamsdelikt mit deutlich geringerem objektiven Tatunwert zu qualifizieren. Demgemäß scheint es geboten die im Punkt 1.) ausgesprochene Strafe in ein sachgerechtes Verhältnis zu inhaltlich schweren Regelverstoß im Punkt 2.) zu setzen.

Die Geldstrafe zu Punkt 2.) ist demnach unter Grundlegung eines Monatseinkommens in Höhe von 1.300 Euro noch als durchaus milde und jedenfalls nicht überhöht zu bezeichnen.

Das hier für das Überfahren der Sperrlinie die Geldstrafe höher festgesetzte wurde mag auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen sein, was jedenfalls der Sachlichkeit wegen von der Berufungsbehörde mit einer entsprechenden Korrektur aufzugreifen war.

Ein Abstehen von der Bestrafung kommt in diesem Fall ex lege – mangels bloß unbedeutender Tatfolgen kumulativ mit geringem Verschulden iSd § 21 VStG - nicht in Betracht.

Im Schuldspruch musste der Berufung jedoch zu beiden Punkten der Erfolg versagt werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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