Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522133/11/Fra/RSt

Linz, 05.05.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Hofrat Dr. J B, A, 4... L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. M W, H, 4... L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.11.2008, Zl. 2-FE-1299/2008, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben und dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen B und F befristet bis einschließlich 30. April 2010 unter folgenden Auflagen erteilt:

 

Der Berufungswerber hat im Abstand von sechs Monaten (jeweils bis längstens 30. Juni 2009, 30. August 2009 und 30. Oktober 2009) in der Folge im Abstand von drei Monaten (jeweils bis längstens 30. Jänner 2010 und 30. April 2010) an die Bundespolizeidirektion Linz folgende alkoholspezifische Laborparameter vorzulegen: MCV, GGT und CDT. Weiters hat der Bw beim Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klassen B und F vollkommen alkoholabstinent zu sein.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 24 Abs.1 Z2 und § 8 Abs.3 Z2 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, gerechnet ab Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens vom 13.11.2008 entzogen und, falls der Bw Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung ist, ihm gleichzeitig diese Lenkberechtigung aberkannt und das Lenken von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet von Österreich für den gleichen Zeitraum untersagt bzw. vom ausländischen Führerschein zum Nachweis der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen. Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dieser Bescheid stützt sich auf das amtsärztliche Gutachten vom 13.11.2008, wonach der Bw aufgrund einer Alkoholabhängigkeitserkrankung derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F gesundheitlich nicht geeignet ist.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Darin wird unter anderem bemängelt, dass die belangte Behörde nicht nachgewiesen habe, dass jene Vorfälle, welche zur Untersuchung des Bw geführt haben, im Zusammenhang mit einer Alkoholerkrankung des Beschwerdeführers stehen. Der Bw sei seit 1968 im Besitz einer Lenkberechtigung und wurde bis dato wegen keiner Verwaltungsübertretung im Zusammenhang mit Bestimmungen er StVO, des KFG oder des FSG belangt. Der Bw habe einen Laborbefund vom 12.11.2008 vorgelegt, wonach kein zwingender Rückschluss auf Alkoholabhängigkeit gegeben sei, insbesondere der GOT- und der GGT-Wert liegen im Normbereich. Der Bw sei seit 13.9.2008 absolut abstinent und nehme professionelle Hilfe betreffend einer möglichen Alkoholproblematik in Anspruch, wobei diesbezüglich auch eine Bestätigung vorgelegt wurde. Die Behörde stütze sich betreffend die Annahme einer Alkoholerkrankung offenkundig (wenn auch nicht erwähnt) auch auf ein amtsärztliches Gutachten von Dr. M P vom 16.10.2008 sowie auf ein Gutachten von Dr. H Z vom 13.11.2008. Diese Gutachten stützen sich offenbar auf Befunde des Krankenhauses Eisenstadt, welche dem Akt allerdings nicht angeschlossen sind. Aufgrund welcher Ergebnisse der Amtsarzt und somit auch die Behörde zum Schluss komme, beim Bw liege eine Alkoholabhängigkeitserkrankung vor, welche eine gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG ausschließe, bleibe offen. Eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme liege nicht vor. Offenkundig wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides versucht, Auflagen betreffend die Wiedererlangung der Lenkberechtigung zu machen (Vorlage von Laborparametern, stationäre Entwöhnungsbehandlung, Stellungnahme Facharzt für Psychiatrie). Dem Spruch eines Bescheides müssen alle die Sache bestimmenden Umstände, wozu auch Auflagen gehören, zu entnehmen sein, was konkret nicht der Fall sei, weshalb der Bescheid rechtswidrig sei. Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV (als leg specialis im Verhältnis zu § 5 Abs.2 FSG-GV) ist hinsichtlich Personen, bei denen der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit besteht, lediglich eine fachärztliche Stellungnahme zwingend einzuholen. Vor Einholung einer derartigen Stellungnahme hätte die Behörde die Lenkberechtigung des Bw aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes nicht entziehen dürfen. Ungeachtet all dieser Umstände und um jedwede Zweifel auszuräumen, habe der Bw bei der Landesnervenklinik S F in Graz betreffend eine Entwöhnungsbehandlung bereits vorgesprochen, wobei eine stationäre Behandlung über acht Wochen vereinbart wurde, welche am 29.1.2009 beginnen soll. Es wird daher abschließend der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Als relevanter Sachverhalt ist festzustellen, dass der Bw tatsächlich die von ihm in seinem Rechtsmittel angekündigte stationäre Entwöhnungsbehandlung wegen seiner Alkoholabhängigkeitserkrankung vom 29.1.2009 bis 25.3.2009 absolviert hat. Über Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates erstattete die Amtsärztin Frau Dr. W nach einer ärztlichen Untersuchung des Bw am 22. April 2009 ein medizinisches Gutachten gemäß § 8 FSG über die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F. Die Amtsärztin kommt in ihrem Gutachten vom 29. April 2009 zum Ergebnis, dass der Bw zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse A derzeit nicht geeignet, allerdings zum Lenken der Klassen B und F befristet auf ein Jahr unter folgenden Auflagen geeignet ist: Kontrolluntersuchung folgender Leberfunktionsparameter: MCV, GGt, CDT in den ersten sechs Monaten im Abstand von zwei Monaten, dann im Abstand von drei Monaten sowie vollkommene Alkoholabstinenz zum Lenken eines Kraftfahrzeuges.

 

Begründend führt die Amtsärztin in diesem Gutachten aus, dass aus fachärztlicher Sicht ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, festgestellt wurde. Die psychophysiologische Leistungsfähigkeit ist aus fachärztlicher Sicht zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 gegeben, aus verkehrspsychologischer Sicht wurde eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse A festgestellt, allerdings wurde eine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F unter medizinischen Kontrolluntersuchungen bestätigt, sodass aus ihrer Sicht unter Einhaltung der Alkoholkarenz und Kontrolluntersuchungen der Leberfunktionsparameter wie oben beschrieben, die gesundheitliche Eignung zeitlich befristet gegeben ist. Dieses aktuelle amtsärztliche Gutachten berücksichtigt die verkehrspsychologische Stellungnahme der INFAR vom 23.4.2009. Diese lautet – auszugsweise – wie folgt: "Aufgrund der unterdurchschnittlichen reaktiven Belastbarkeit und Reaktionssicherheit bei Mehrfachreaktionstests sowie der unterdurchschnittlichen Werte im Bereich Beobachtungsfähigkeit kann eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit nur im eingeschränkten Bereich angenommen werden. Es wird daher eine Einschränkung der Lenkberechtigung für die Führerscheinklasse B und F vorgeschlagen, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklasse A derzeit nicht geeignet. Insgesamt ist Herr Dr. B derzeit aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F mit der begleitenden medizinischen Kontrolle unter längerer zeitlicher Befristung geeignet."

 

Weiters berücksichtigt dieses Gutachten die fachärztliche Stellungnahme von DDr. P S, Facharzt für Psychiatrie, vom 20.4.2009 wie folgt: "Diagnose: Alkoholabhängigkeitssyndrom gegenwärtig abstinent F12.20, rezidivierende depressive Störung gegenwärtig remittiert F33.4. Bei Herrn Dr. B liegen derzeit keine relevanten krankhaften psychopathologischen Störungsbilder vor. Die psychophysiologische Leistungsfähigkeit zum Lenken eines KFZ der Gruppe 1 ist gegeben. Aussage über Verlauf und Verschlechterungs- oder Rezidivneigung der Krankheit: Um diese Frage erschöpfend zu beantworten, ist ein Befristungszeitraum erforderlich. Es wurde aus fachärztlicher Sicht vorgeschlagen, vorerst die Befristung auf 12 Monate zu erstrecken und in den ersten sechs Monaten zweimalig Laborwerte beizubringen."

 

4.2. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem im örtlichem Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Z4 lit.a FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund eine Person, bei der keine schwere psychische Erkrankung gemäß § 13 sowie Alkoholabhängigkeit festgestellt wurde. Gemäß § 5 Abs.2 zweiter Halbsatz FSG-GV ist bei Erkrankungen gemäß Abs.1 Z2, 3 und 4 eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme einzuholen, die die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen mitzubeurteilen hat. Bei Erkrankungen gemäß Abs.1 Z4 lit.a und b ist zusätzlich eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen.

 

Über die gesundheitliche Eignung des Bw liegt nun ein amtsärztliches Gutachten vor. In diesem Gutachten kommt die Amtsärztin zum Ergebnis, dass der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F unter den genannten Einschränkungen befristet geeignet ist. Das amtsärztliche Gutachten ist im Hinblick auf die genannten Stellungnahmen und Ergebnisse schlüssig. Es war daher der Entscheidung zugrunde zu legen. Dem Bw wurde dieses Gutachten zur Kenntnis gebracht. Er hat dazu keinen inhaltlichen Einwand vorgebracht.

 

Aufgrund der Ergebnisse des nunmehr durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Berufung des Bw mit den im Spruch angeführten Einschränkungen stattzugeben. Die Vorschreibung einer Nachuntersuchung erübrigte sich, weil mit einer derartigen Auflage dem Bw kein bei Ausübung der Lenkberechtigung zu befolgendes Verhalten vorgeschrieben würde. Eine derartige Auflage ist daher keine mit dem positiven Entscheidungsteil unmittelbar verbundene Nebenbestimmung, sondern dient ausschließlich der Vorbereitung der künftigen Entscheidung über die Erteilung der Lenkberechtigung für die Zeit nach dem 30. April 2010 (vgl. VwGH vom 20. April 2004, Zl. 2003/11/0315).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum