Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550472/5/Kü/Rd/Ba VwSen-550473/6/Kü/Rd/Ba

Linz, 28.05.2009

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger  über die Anträge der S-S GmbH,  vertreten durch H/N & Partner Rechtsanwälte GmbH, A, W, vom 22.5.2009 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 15.5.2009 sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Auftraggeberin V M W & Co KEG betreffend das Vorhaben "Sanierung Hauptschule W - Turnhalleneinrichtung", zu Recht erkannt:

 

I.         Die Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung werden zurückgewiesen.

 

II.     Die V Marktgemeinde W & Co KEG wird verpflichtet, der S-S GmbH die geleistete Pauschalgebühr in Höhe von 3.750 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.               

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 1, 2 und 3 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG           2006, LGBl. Nr. 130/2006.

zu II.: §§ 22 Abs.2 und 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 22.5.2009 hat die S-S GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die vergebende Stelle trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht in der Lage gewesen sei, den Auftraggeber eindeutig und einheitlich zu benennen. Laut Informationen der Bekanntmachung sei Bauherr (gemeint wohl: Auftraggeber) die V der Marktgemeinde W & Co KG. Komplementär dieser Gesellschaft ist der V der Marktgemeinde W, Kommanditistin ist die Marktgemeinde W, die nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde W vom 7.9.2006 zu TOP 14 auch für die finanzielle Ausstattung dieser KG zu sorgen habe. Diese Gesellschaft sei daher ein der Marktgemeinde W zuzurechnender ausgegliederter Rechtsträger und sei mit Beschluss des Gemeinderates vom 19.6.2008 zu TOP 2 und 3 und mit Beschluss vom 25.9.2008 zu TOP 19 mit der Errichtung, Sanierung und Verwaltung der Gebäudeinfrastruktur des Hauptschulwesens betraut worden, wobei die Marktgemeinde die Kosten für das Bauvorhaben "Sanierung des Turnsaaltrakts der HS W" zunächst selbst zu übernehmen habe. Diese Gesellschaft sei daher ein öffentlicher Auftraggeber iSd BVergG 2006. In der Gemeinderatssitzung vom 19.2.2009 sei hinsichtlich zahlreicher Gewerke im Zuge der Sanierung der HS W vom Gemeinderat die Zustimmung zur Auftragsvergabe durch die Verein zur Förderung der Infrastruktur der Marktgemeinde W & Co KG erteilt worden. Daraus lasse sich wohl schließen, dass diese KG Bauherr und Auftraggeber auch der hier in Rede stehenden Leistungen sei. In Pos. 00 10 05 0 des LV sei als Bauherr die Marktgemeinde W angegeben worden; dies obwohl am 19.2.2009 im Gemeinderat der Marktgemeinde W beschlossen worden sei, diversen Auftragsvergaben für dieses Bauvorhaben durch den ausgegliederten Rechtsträger (KG) zuzustimmen, was doch eher darauf schließen lasse, dass nach den Intentionen der Marktgemeinde W dieser ausgegliederte Rechtsträger auch zivilrechtlicher Auftraggeber (und damit Vertragspartner auf Werkbestellerseite) dieser Leistungen sein soll. In diesem Zusammenhang sei wesentlich, dass der vergaberechtliche Auftraggeberbegriff des § 2 Z8 BVergG 2006 zivilrechtlich geprägt ist; es komme für die Bestimmung der Auftraggebereigenschaft darauf an, wer zivilrechtlicher Vertragspartner sein soll bzw sollte; eine Falschbezeichnung in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Bekanntmachung habe keine Auswirkungen auf die "wahre" Auftraggeber­eigenschaft.

In Pos. 00 10 06 A des LV sei die L als Auftraggeber bezeichnet worden, obwohl nicht nachvollziehbar sei, weshalb die L im eigenen Namen und auf eigene Rechnung den ausgeschriebenen Auftrag erteilen solle. Auf der Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses vom 26.6.2003 zu TOP 3 sei lediglich ein Planungsauftrag zwischen der Marktgemeinde W und der L erteilt worden (die Rechte und Pflichten der Gemeinde aus diesem Vertrag seien mit Beschluss des Gemeinderates vom 19.6.2008 zu TOP 3 allerdings auf die V der Marktgemeinde W & Co KG übertragen worden). Auszugehen sei wohl vielmehr davon, dass die L als Planerin damit als bloß vergebende Stelle iSd § 2 Z41 BVergG 2006 auftrete.

Eine Ungenauigkeit oder Widersprüchlichkeit in der Bekanntmachung oder Ausschreibungsunterlage könne nicht zum Nachteil eines Bieters führen. Eine gleiche Bezeichnung des Auftraggebers wie in der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen dürfe daher einem Antragsteller im Nachprüfungs­verfahren nicht zum Nachteil gereichen. Bei unklaren Formulierungen der Ausschreibung, die den wahren Auftraggeber nicht oder nur schwer erkennen lassen, sei es nach der Literatur daher zulässig, mit Parallel- oder Eventualanträgen vorzugehen. Daher müsse es zulässig sein, beide von der vergebenden Stelle genannten Bauherrn im gegenständlichen Nachprüfungs­antrag als Auftraggeber zu bezeichnen, ohne dass dadurch das Gebot des § 5 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG 2006 verletzt werden würde. Es werde daher am Auftraggeber bzw der vergebenden Stelle liegen, klarzustellen, wer nun tatsächlich der Auftraggeber sei. Erwähnt werde noch, dass es sich im Fall der unzutreffenden Bezeichnung mehrerer Rechtsträger als Auftraggeber  um einen verbesserungsfähigen Mangel handle.

 

Zum Sachverhalt führte die Antragstellerin aus, dass mit Bekanntmachung vom 5.2.2009 in der Amtlichen Linzer Zeitung die Vergabe der Turnhalleneinrichtung als Bauauftrag im Unterschwellenbereich im Rahmen der Sanierung der HS W bekanntgemacht worden sei. Die Angebotsabgabe sei mit 13.3.2009, 9.00 Uhr, festgesetzt worden.

 

In Pos. 61 16 04 des LV sei eine ME-Sportbodenkonstruktion ausgeschrieben worden. Dieser ausgeschriebene mischelastische Sportboden bestehe aus dem "Mischel. Sportboden – PUR" (Pos. 61 16 04 A) und einem sog. "Zusatzgewebe" (Pos. 61 16 04 G), das in die Lastverteilerschicht eingearbeitet werde. Die Nachweisführung für ein derartiges Bodensystem sei  - wie bei allen anderen Systemen – entsprechend den Bestimmungen der ÖISS-Richtlinie in Form einer Eignungsbeurteilung vorgegeben. Der Auftraggeber habe in der Ausschreibung festgelegt, dass das angebotene Produkt den Richtlinien der ÖISS für mischelastische Sportböden entsprechen und mit einem Prüfzeugnis einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt belegt werden müsse. Angebote ohne Prüfzeugnis würden ausnahmslos ausgeschieden werden. Damit habe der Auftraggeber klargestellt, dass der Qualitätsnachweis bei dieser Position für ihn besondere Priorität habe und durch ein Zeugnis einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt nach den Richtlinien des ÖISS erfolgen müsse, wobei dieses Prüfzeugnis bei sonstigem Ausscheiden schon dem Angebot beiliegen müsse. Das Fehlen eines solchen Prüfzeugnisses stelle einen unbehebbaren Mangel dar.

 

Die Ausschreibung erfolge nach dem Bestbieterprinzip und seien zwei Zuschlagskriterien festgelegt worden, nämlich einerseits der Preis (90%) und andererseits die Gewährleistungsfrist (10%).

Die Antragstellerin habe fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt und seien bei der Angebotsöffnung 5 Angebote verlesen worden, wobei ein Angebot der Fa. Z-P GmbH, L,  mit einer Angebotssumme von 267.341,03 Euro und einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist um 3 Jahre, verlesen worden sei. Das Angebot der Antragstellerin habe eine Angebotssumme von 297.926,60 Euro bei einer Verlängerung der Gewährleistung um 2 Jahre  aufgewiesen.

Am 14.5.2009 sei die Antragstellerin von Branchenkollegen darüber informiert worden, dass angeblich bereits eine Zuschlagsentscheidung getroffen und an die Bieter mitgeteilt worden sei. Die Antragstellerin habe weder eine Ausscheidens- noch eine Zuschlagsentscheidung bis dahin mitgeteilt bekommen. Daraufhin habe – nach erfolglosen Versuchen eines Mitarbeiters der Antragstellerin – der Rechtsvertreter der Antragstellerin Kontakt mit der vergebenden Stelle aufgenommen, und darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin bislang keine Mitteilung über eine Zuschlagsentscheidung erhalten habe und dieser Umstand daher vorläufig einer rechtswirksamen Zuschlagsentscheidung entgegenstehen würde. In der Folge wurde mit Telefax vom 15.5.2009 eine neuerliche Zuschlagsentscheidung zugunsten der Fa. Z P GmbH, S, mitgeteilt. Auffällig sei dabei die mit dieser Entscheidung mitgeteilte Stillhaltefrist bis zum 25.5.2009, die im Hinblick auf ein Verfahren im Unterschwellenbereich nicht nachvollziehbar sei. Ebenfalls falle auf, dass – zumindest nach dem von der vergebenden Stelle übermittelten Ergebnis der Angebotsöffnung ein Angebot der Fa. Z P GmbH, S, gar nicht verlesen worden sei, sondern nur ein solches der Fa. Z P GmbH, L. Eine Fa. Z P GmbH mit dem Firmensitz in L, existiere jedoch nicht; vielmehr bestehe nur eine Z P GmbH mit dem Sitz in W.

 

Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung wurde von der Antragstellerin weiters ausgeführt, dass die im Positionshinweis zu Pos. 61 16 04 G getroffenen Festlegungen nicht vor Ablauf der Angebotsfrist geändert oder von einem anderen Bieter bekämpft worden seien und daher bestandsfest geworden sind. Die Frage, ob ein Prüfzeugnis für ein angebotenes Produkt im Zuge der Mängelbehebung nachgereicht werden könne oder nicht, stelle sich im gegenständlichen Kontext nicht mehr, weil das Nichtbeilegen eines solchen Prüfzeugnisses schon beim Angebot in der Ausschreibung als unbehebbarer Mangel festgelegt worden sei. Der Auftraggeber sei daher an diesen Ausscheidungsgrund gebunden und müsse daher Angebote, die ohne beiliegendes Prüfzeugnis abgegeben wurden, ausscheiden.

Die Antragstellerin habe Grund zur Annahme, dass dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin kein gefordertes Prüfzeugnis beigelegen habe; auch sei davon auszugehen, dass für das angebotene Produkt ein solches gar nicht bestehe. Das Angebot wäre daher zwingend auszuscheiden gewesen. Überdies entspreche aber auch ein Produkt, das zum Zeitpunkt der Angebots­abgabe gar nicht über das geforderte Prüfzeugnis verfüge, nicht den Anforderungen der Ausschreibung in dieser Position. Im Ergebnis zeige sich daher, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 zwingend auszuscheiden sei.

In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass der Auftraggeber nach der ständigen Rechtsprechung zum Ausscheiden von Angeboten verpflichtet sei, wenn auch nur ein Ausscheidensgrund vorliege. Der Auftraggeber habe diesbezüglich kein Ermessen. Ungeachtet des Umstandes, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ohnehin zwingend auszuscheiden gewesen wäre, müsse es für die Zuschlagsentscheidung unberücksichtigt bleiben. § 118 Abs.5 BVergG 2006 normiere, welche Angaben aus den Angeboten bei der Angebotseröffnung im Zuge eines offenen Verfahrens zu verlesen sind. Darunter findet sich in Z1 auch der Name und Geschäftssitz des Bieters. Hintergrund dieser Bestimmung sei, dass schon zu diesem Zeitpunkt allen Bietern offengelegt werden müsse, welche Rechtspersonen konkret Angebote abgegeben haben; eine bloß teilweise Verlesung dieser Daten, etwa nur des Namens oder aber – wie hier geschehen – eines falschen Geschäftssitzes widerspreche dem Transparenzgebot, das wiederum Grundlage der Bestimmung des § 118 BVergG 2006 ist und sogar einen wesentlichen Grundsatz des Vergaberechts überhaupt darstelle. Die Angebotseröffnung in offenen und nicht offenen Verfahren sei auch ein nicht wiederholbarer Vorgang; eine neuerliche – nunmehr korrekte – Verlesung komme daher nicht in Frage.

Nach der Judikatur können Angebote, die nicht vollständig iSd § 118 Abs.5 bei der Angebotseröffnung verlesen worden sind, im weiteren Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Nachdem hier eine wesentliche Angabe falsch verlesen worden sei (als Geschäftssitz wurde L mitgeteilt, während sich ein anderer Sitz in der Zuschlagsentscheidung finde), müsse dieses Angebot bei der Auswahl des Bestbieters unberücksichtigt bleiben.

Sollte sich aber herausstellen, dass die Verlesung im Zuge der Angebotsöffnung korrekt gewesen sei und der richtige Firmensitz der präsumtiven Zuschlagsempfängerin tatsächlich L sein, so habe die vergebende Stelle neuerlich keine die Sperrfrist auslösende Zuschlagsentscheidung mitgeteilt bzw sei die Zuschlagsentscheidung alleine deshalb rechtswidrig, weil sie auf ein nie gelegtes Angebot laute.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

-        Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren,

-        vergaberechtskonforme Angebotsverlesung und Berücksichtigung nur von   korrekt verlesenen Angeboten im weiteren Vergabeverfahren,

-        vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung

-        Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens

-        Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung

-        Ausscheidung von gem. § 129 BVergG 2006 auszuscheidenden Angeboten,          insbesondere von unvollständigen Angeboten, Angeboten mit nicht     behebbaren Mängeln sowie der Ausschreibung widersprechende Angeboten

-        eine zu ihren Gunsten lautende Zuschlagsentscheidung mit nachfolgender    Zuschlagserteilung sowie

-        ordnungsgemäße und rechtskonforme Durchführung, Fortsetzung und         Beendigung des Vergabeverfahrens

verletzt.

 

Zum Schaden wurde vorgebracht, dass ein unwiederbringlicher Schaden durch den Entgang des Auftrages und damit des branchenüblichen Deckungsbeitrages von zumindest 40.000 Euro drohe. Weiters drohen 1.500 Euro (Ausarbeitung des Angebots) und ca. 4.500 Euro (Rechtsberatungs- und –vertretungskosten) frustriert zu werden. Überdies drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag und führt weiters aus, dass der Untersagung der Zuschlagserteilung keine schwerer wiegenden, möglicherweise geschädigten Interessen des anderen Bieters und der Auftraggeberin sowie kein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens entgegenstehen würden. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Auftragsvergabe sei nicht ersichtlich. Im gegenständlichen Fall überwiege daher das Interesse der Antragstellerin auf Beseitigung der im gegenständlichen Verfahren von der Auftraggeberin zu verantwortenden Vergabeverstöße bei weitem.               

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat sowohl die V der Marktgemeinde W & Co KG als auch die L G L für am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Vom V der Marktgemeinde W & Co KG wurden mit Schreiben vom 25.5.2009, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 26.5.2009, die Statuten des Vereins und der Gesellschaftsvertrag übermittelt.

Mit Eingabe vom 27.5.2009 teilte die L mit, dass sie auf Grund eines Baubetreuungsvertrages im Auftrag des V der Marktgemeinde W & Co KG betreffend die Bauarbeiten zur Sanierung der Hauptschule W fungiere. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die Zuschlagsentscheidung vom 15.5.2009 zurückgenommen wurde und davon bereits sämtliche beteiligten Bieter verständigt worden sind.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 Abs.3 und Art. 127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art. 127a Abs.3 überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 B-VG letzter Satz gelten Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z1 lit.b und c und der Z2 lit.b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

Aufgrund des vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Kommanditerwerbs­gesellschaft "V der Marktgemeinde W  & Co KEG" ist persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der V der Marktgemeinde W. Dieser Verein bringt in die Gesellschaft lediglich seine Arbeitskraft ein. Kommanditist der Gesellschaft ist die Marktgemeinde W, die zur Leistung einer Geldeinlage in Höhe von 1.000 Euro verpflichtet ist.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen des B-VG ist ein Unternehmen, an dem eine Gemeinde, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl mit mindestens 50 % am jeweiligen Unternehmenskapital beteiligt ist, öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG. Die Marktgemeinde W leistet die gesamte finanzielle Einlage in der KEG und wird diese auch inhaltlich von der Gemeinde beherrscht. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Verein zur Förderung der Infrastruktur der Marktgemeinde W & Co KEG öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist und daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 unterliegt.

  

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn

1.      er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,

2.      er nicht innerhalb der Fristen des § 4 gestellt wird oder

3.      er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt    wurde. 

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

Die Zuschlagsentscheidung ist unter Zugrundelegung der Definition in § 2 Z48 BVergG 2006 als vorläufige Wissenserklärung iSe Nachricht über die Tatsache zu werten, an welchen Bieter die Erteilung des Zuschlags vorgesehen ist und enthält diese keine auf den Eintritt von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung. Eine solche entfaltet somit keine Bindungswirkung und sind aus dieser auch keine zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar. Eine Änderung oder Richtigstellung dieser Wissenserklärung durch den Auftraggeber ist daher bis zum Vertragsabschluss und damit bis zur Zuschlagserteilung zulässig (vgl. Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2002 – Kommentar, RZ 79 zu § 166).

 

Der gegenständliche Antrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung. Diese Entscheidung wurde von der vergebenden Stelle mit Schreiben vom 27.5.2009 – zulässiger Weise – zurückgenommen. Die Zurücknahme bewirkt, dass im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren die Entscheidung weggefallen ist und daher im Sinne des § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 keinen Anfechtungsgegenstand mehr bildet. Die gegenständlichen Anträge sind im Laufe des Nachprüfungsverfahrens durch die Zurücknahme der Zuschlagsentscheidung vom 15.5.2009 unzulässig geworden, weshalb diese zurückzuweisen waren.

 

4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw die Antragstellerin, der bzw die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

 

Nach § 22 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 hat die Landesregierung durch Verordnung die Höhe der Gebühren, differenziert nach dem vom Auftraggeber bzw. von der Auftraggeberin durchgeführten Verfahren, allfällige Ausnahmen von der Gebührenpflicht und die Modalitäten der Gebührenentrichtung zu bestimmen. Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert für den Oberschwellenbereich nicht erreicht, so ist lediglich die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten.

 

Von der Antragstellerin wurden für die gegenständlichen Anträge Pauschalgebühren in der Gesamthöhe von 3.750 Euro entrichtet.

 

Durch die Zurücknahme der angefochtenen Entscheidung im laufenden Nachprüfungsverfahren durch die vergebende Stelle wurde die Antragstellerin insofern klaglos gestellt. Im Sinne der Bestimmung des § 23 Abs.1 zweiter Satz Oö. VergRSG 2006 war daher der Antragstellerin der Ersatz der zu entrichtenden Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro (2.500 Euro für den Nachprüfungsantrag und 1.250 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) zuzuerkennen.

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 98,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger 

 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

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