Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440111/23/SR/Sta

Linz, 03.05.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde der E S, S,  S. G, vertreten durch Mag. T T, Rechtsanwalt in  R, H, wegen Verletzung von Richtlinien iSd § 31 Sicherheitspolizeigesetzes durch dem Landespolizeikommando von Oberösterreich zurechenbare Organe bei Amtshandlungen am 19. Oktober 2008, in der Zeit von 18.00 bis 19.00 Uhr in  B M, im und vor dem Pensionistenheim B M Nr. und am 20. Oktober 2009, gegen 10.30 Uhr in der Polizeiinspektion O,  O, B, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung  zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien gemäß der Richtlinienverordnung durch Polizeibeamte der Polizeiinspektion O im Zuge der Amtshandlung in B M am 19. Oktober 2008 in der Zeit von 18.00 bis 19.00 Uhr wird als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass Richtlinien nicht verletzt worden sind.   

 

II.              Die Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien gemäß der Richtlinienverordnung durch Polizeibeamte der Polizeiinspektion O im Zuge der Amtshandlung in der Polizeiinspektion O am 20. Oktober 2008 um ca. 10.30 Uhr wird als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass Richtlinien nicht verletzt worden sind.

 

III.          Das Kostenbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 31 und 89 Sicherheitspolizeigesetz – SPG (BGBl. Nr. 566/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008) iVm den §§ 4,5 und 6 der Richtlinienverordnung – RLV (BGBl. Nr. 266/1993)  iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Schriftsatz vom 28. November 2008, am 2. Dezember 2008 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt, hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) die Verletzung von gemäß § 31 SPG festgelegten Richtlinien behauptet.

 

Da trotz der eindeutigen Beschwerdebezeichnung und der eindeutigen Antragsstellung in der Beschwerdebegründung unterschwellig auch die Verletzung subjektiver Rechte angesprochen wurde, ist die Bf zur Konkretisierung des Beschwerdevorbringens aufgefordert worden. Aufgrund dieses Ersuchens hat der Rechtsvertreter der Bf am 10. Dezember 2008 klärend ausgeführt, dass sich die Beschwerde ausschließlich auf die Verletzung von Richtlinien beziehe und dem Beschwerdeschriftsatz keinesfalls eine Maßnahmenbeschwerde zugrunde liege. Die Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde sei nicht beabsichtigt gewesen und es werde auch keine eingebracht werden.  

 

1.2. Mit Verfügung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 2. Dezember 2008, VwSen-440108/2/SR wurde die Beschwerde an das Landespolizeikommando für Oberösterreich als der zur Behandlung der Aufsichtsbeschwerde in der Sache zuständigen Behörde zugeleitet.

 

1.3. Im Anschluss an umfangreiche Erhebungen hat die belangte Behörde der Bf mit Schreiben vom 15. Jänner 2009, GZ 6500/59417-OEA/08 mitgeteilt, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden ist.

 

2.1. Mit der am 2. Februar 2009 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mittels Telefax übermittelten Eingabe hat die Bf Richtlinienbeschwerde wegen Verstoßes gegen Richtlinien erhoben und folgenden Antrag gestellt:

"Es wird daher beantragt,

1. die Amtshandlung(en) der Exekutivbeamten der Polizeiinspektion O am 19.10.2008 in der Zeit von 18:00 – 19:00 Uhr in B M in und vor dem Pensionistenheim sowie am 20.10.2008 vormittags in der Polizeiinspektion O jeweils gegen die Beschwerdeführerin wegen Verstoßes gegen die   §§ 4, 5 (1) und (2) und 6 (1) Z 1 und Z 2 RLV für rechtswidrig zu erklären,

2. eine Verhandlung unter Aufnahme der beantragten Beweise anzuberaumen und durchzuführen,

3. jedenfalls der Beschwerdeführerin den Kostenersatz im verzeichneten Umfang zuzusprechen."

 

Begründend führte die Bf aus, dass sie durch die Amtshandlungen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, nämlich in ihrem Recht auf persönliche Freiheit gemäß Art. 5 MRK und in ihrem Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden gemäß Art. 3 MRK sowie in ihrem einfach gesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer richtliniengemäßen Amtshandlung gemäß § 31 SPG bzw. den Bestimmungen der Richtlinienverordnung BGBl 1993/266 verletzt worden sei.

 

Die Amtshandlungen der Exekutivbeamten, die Beschwerden und der Verstoß gegen die §§ 4, 5 (1) und (2) und 6 (1) Z. 1 und Z. 2 RLV wurden wie folgt geschildert:

*     der am 19.10.2008 ca. gegen 18:00 Uhr in B M Pensionistenheim trotz Ersuchen der Beschwerdeführerin unterlassenen Mitteilung des Zwecks des Einschreitens und Mitteilung der Rechte der Beschwerdeführerin sowie der Bekanntgabe der Mitwirkungsverpflichtung der Beschwerdeführerin durch die bloße Anordnung eines Polizisten, den Arbeitsplatz zu verlassen und sofort zu einem Alkotest im Hofbereich bzw. Parkplatzbereich des Pensionistenheimes B M mitzugehen,

 

2.2. Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 wurde die belangte Behörde unter Fristsetzung zur Vorlage allenfalls vorhandener, die Amtshandlungen betreffende Verwaltungsakten aufgefordert und ihr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

Entsprechend dem Ersuchen legte die belangte Behörde mit Schreiben vom
23. Februar 2009 die Akten des Aufsichtsbeschwerdeverfahren und des bisherigen Verwaltungsstrafverfahrens vor. Von der Erstattung einer Stellungnahme wurde Abstand genommen.

 

Im Zuge der anschließenden telefonischen Kontaktaufnahme wurde der Rechtsvertreter von der Aktenübermittlung in Kenntnis gesetzt, ihm die Möglichkeit zur Akteneinsicht eingeräumt und er um Bekanntgabe einer ladungsfähigen Adresse der namhaft gemachten Zeugin E B ersucht. Die Adresse der Zeugin wurde umgehend bekannt gegeben.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am
20. April 2009 (Tonbandprotokoll vom 20. April 2009) eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart der Bf und ihres Rechtsvertreters Mag. H L, Rechtsanwalt in R (in Vertretung von Rechtsanwalt Mag. T T) sowie des Behördenvertreters Oberst P durchgeführt und Beweis aufgenommen durch die Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, Parteienbefragung sowie Einvernahme der Zeugen Schwester Oberin S E, GrInsp J K, RvInsp K H, BezInsp G F und KI W E. Auf die Befragung der ordnungsgemäß geladenen Zeugin E B wurde auf Antrag des Rechtsvertreters verzichtet. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt.

 

Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsvertreter die Beschwerde präzisiert und vorgebracht, dass lediglich die Verletzung von Richtlinien behauptet werde und sich die Beschwerde ausschließlich darauf beziehe. Die Ausführungen unter Punkt 2 (Beschwerdegründe) der Beschwerdeschrift, die sich auf subjektive Rechtsverletzungen beziehen, seien als gegenstandlos zu betrachten.  

 

3.2. Aufgrund der Aktenlage und des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender wesentlicher Sachverhalt fest:

 

3.2.1. Amtshandlung am 19. Oktober 2008 in der Zeit von 18.00 bis ca. 19.00 Uhr:

 

Die Bf hat am 19. Oktober 2008, gegen 17.30 Uhr, den Pkw mit dem Kennzeichen  auf der B 127 gelenkt. Laut Angaben des Privatanzeigers und Unfallsbeteiligten M L habe die Bf im Kreuzungsbereich B 127 – Waldinger Landesstraße einen Auffahrunfall verursacht und sei in der Folge ohne anzuhalten nach B M zum Pensionistenheim weitergefahren. Kurz vor ihrem Eintreffen hat die Bf noch bei einem Zigarettenautomaten angehalten und Zigaretten gekauft.

 

Im Pensionistenheim in B M, B M, hielten die einschreitenden Polizeibeamten (GrInsp K, RvInsp H und RvInsp S) Nachschau und konnten nach entsprechenden Informationen des Heimpersonals die Bf im Dienstzimmer antreffen.

 

Zumindest ein Polizeibeamter hat die Bf im Dienstzimmer mit dem Grund des Einschreitens konfrontiert, von der Anzeige wegen des Verdachtes der Fahrerflucht in Kenntnis gesetzt und sie ersucht, auf den Parkplatz des Pensionistenheimes mitzukommen. Neben der gewünschten Konfrontation mit dem "Unfallgegner" und der beabsichtigten Schadensaufnahme, die ein Zurücksetzen des Pkw´s erforderlich machte, schien den einschreitenden Beamten die Anwesenheit der Bf am Abstellort des Pkw´s erforderlich. Da RvInsp H bei der Bf Alkoholisierungssymptome festgestellt hat, konfrontierte er sie damit und klärte sie über die Notwendigkeit einer Atemluftuntersuchung und die Rechtsfolgen einer allfälligen Verweigerung auf. Die Bf hat sich daraufhin freiwillig mit dem Zeugen RvInsp H zum Gebäudeausgang begeben. Kurz vor Verlassen des Pensionistenheims stieß GrInsp K zu ihnen und begab sich mit diesen zum abgestellten Fahrzeug bzw. zum Einsatzfahrzeug. Der von der Bf gelenkte Pkw war so abgestellt, dass die Frontpartie Sträucher, die den Abstellplatz begrenzten, berührte. Zum Zwecke der Begutachtung der behaupteten Anstoßstelle ersuchte GrInsp K die Bf um Ausfolgung des Fahrzeugschlüssels, damit der Pkw zurückgeschoben und auf mögliche Unfallsspuren untersucht werden könne. Die Bf erklärte sich damit einverstanden und folgte den Fahrzeugschlüssel aus. GrInsp K öffnete den zentral verriegelten Pkw, beseitigte die Lenkradsperre und schob den Pkw ein Stück zurück.

 

Während der "Unfallaufnahme" durch GrInsp K führte RvInsp H die Amtshandlung wegen des Verdachtes der Lenkung des angeführten Pkw´s durch die Bf in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Zu diesem Zweck führte RvInsp H mit der Bf einen Alkovortest durch. Da der Test ein Ergebnis von 0,75 mg/l ergab, wurde die Bf zum Alkotest aufgefordert. Über die Notwendigkeit der Vornahme der Atemluftuntersuchung und die Folgen der Verweigerung wurde die Bf aufgeklärt.

 

Kurz nach Abschluss des Alkovortests kam die Leiterin des Pensionistenheims, die Oberin Schwester S E, und erkundigte sich bei den Polizeibeamten nach  dem Grund des Einschreitens. Auf Grund ihrer Frage nach dem Grad der Alkoholisierung wurde der Oberin das Ergebnis des Alkovortests mitgeteilt.

 

Während der Anwesenheit der Oberin wurde die Bf zum Alkotest aufgefordert. Trotz Darlegung der Rechtslage und der Folgen einer Verweigerung hat die Bf die Vornahme des Alkotests verweigert. Begründet hat sie dies damit, dass sie bereits einen Test mehrmals durchgeführt habe und vor dem Nachtdienst noch eine Zigarette rauchen wolle. Daran anschließend hat sich die Bf eine Zigarette angezündet. Nachdem die Bf kundgetan hatte, dass sie sich nach dem Rauchen entfernen werde, sah RvInsp H den Tatbestand der Verweigerung des Alkotests für erfüllt an und forderte die Bf auf, ihren Führerschein abzugeben.

 

In Kenntnis dieses Standes der Amtshandlung ging die Oberin in das Pensionistenheim zurück, um Ersatz für die Bf (Nachtdienstschwester) zu sorgen. 

 

Die Oberin hat die Amtshandlung als "ganz normal" empfunden und das Verhalten der einschreitenden Beamten als korrekt und bemüht beschrieben.       

 

Die Bf konnte vorerst nicht angeben, wo sich ihre Geldbörse mit den Dokumenten befinde und vermutete den Führerschein im Dienstzimmer. In Begleitung eines Polizeibeamten suchte sie das Zimmer auf. Der Führerschein konnte an dem vermuteten Ort nicht vorgefunden werden und daher kehrte sie mit dem Polizeibeamten wieder zu den abgestellten Fahrzeugen zurück. Über Ersuchen des Polizeibeamten wurde das Stiegenhaus und nicht der Lift benützt.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde der Bf der Grund für diese Vorgangsweise (u.a. Eigensicherung) vom Vertreter der belangten Behörde erläutert. Im Anschluss daran und nach Rücksprache mit ihrem Rechtsvertreter erblickte die Bf in der Vorgangsweise des Polizeibeamten und seinem Ersuchen keine Richtlinienverletzung. Der Teil des Beschwerdevorbringens wurde nicht mehr aufrecht erhalten.

 

Während der Abwesenheit der Bf hat der Zeuge GrInsp K den Pkw der Bf in die Ausgangsposition zurückgeschoben. Dabei entdeckte er die Geldbörse der Bf in der Mittelkonsole. Er öffnete die mit einem Druckknopf versehene Börse, sah den Führerschein aus einem Seitenfach herausragen und nahm diesen an sich. Eine Durchsuchung des Fahrzeuges wurde nicht vorgenommen. Der zurückkommenden Bf wurde von dem "Fund" berichtet und dieser in der Folge eine Abnahmebestätigung ausgefolgt.

 

Nach der Ausfolgung der Abnahmebestätigung wurde die Bf in Kenntnis gesetzt, dass für das abgestellte Fahrzeug keine Haftung übernommen werde, sie im Fahrzeug keine Wertsachen belassen solle und die ordnungsgemäße Absperrung überprüfen möge. GrInsp K hat im Anschluss daran das Fahrzeug mit dem einbehaltenen Fahrzeugschlüssel (durch Betätigung der Fernbedienung und Aktivierung der Zentralverriegelung) abgesperrt. Der Kofferraum, den die Bf bereits zuvor unversperrt gelassen hat, wurde von GrInsp K nicht kontrolliert.

 

Vor Beendigung der Amtshandlung wurde der Bf mitgeteilt, dass der Fahrzeugschlüssel "später" in der Polizeiinspektion O abgeholt werden könne.

 

3.2.2. Amtshandlung am 20. Oktober 2008 um ca. 10.30 Uhr:

 

Zur angeführten Zeit erschien die Bf in der Polizeiinspektion O und ersuchte um Ausfolgung des Fahrzeugschlüssels. Im Zuge der Vorsprache brachte die Bf auch die Amtshandlung vom Vortag zur Sprache und beschwerte sich über die Nachschau in ihrer Geldbörse und die Entnahme des Führerscheins in ihrer Abwesenheit. Da die Bf den Kofferraum des von ihr gelenkten Pkw´s absperren wollte, sie von einer Bekannten zum abgestellten Pkw gebracht werde, wurde der Bf trotz der deutlich wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome der Fahrzeugschlüssel ausgehändigt. 

 

Unzufrieden mit der Amtshandlung vom Vortag stellte die Bf in den Raum, dass eine solche Vorgangsweise auch nicht im Interesse der Polizei sein könne, da sie ja auch behaupten hätte können, dass ihr im Anschluss an die Eigenmächtigkeit des Polizeibeamten 20 Euro gefehlt haben. Tatsächlich konnte ihr kein Geld fehlen, da sie kein Bargeld mitgeführt hatte. Die Erstattung einer Anzeige sei auch nicht beabsichtigt gewesen.

 

Während der Beschwerdeführung kam der Inspektionskommandant KI W E in den Journaldienstraum. Als er merkte, dass die Bf – seiner Ansicht nach – haltlose Beschuldigungen vorbrachte, die sich auf die Amtshandlung vom 19. Oktober 2008 bezogen haben und deren Verlauf ihm umfassend geschildert worden war, und darüber hinaus feststellen musste, dass die Bf deutliche Alkoholisierungsmerkmale ("extreme Fahne und Sprachschwierigkeiten) aufwies, forderte er die Bf höflich und in bestimmten Ton auf, die Polizeiinspektion zu verlassen. Abschließend teilte der Inspektionskommandant der Bf mit, dass er jederzeit zu Gesprächen bereit sei, er sich jedoch nicht mit alkoholisierten Personen unterhalte, die inhaltslose Beschwerden vorbringen würden. Der Vorwurf der Bf, dass der Inspektionskommandant gesagt habe, sie "solle sich schleichen, da sie ohnedies wieder so eine Fahne habe" wurde vom Zeugen schon deshalb in Abrede gestellt, weil es "einen solchen Wortlaut auf der Dienststelle nicht gebe".

  

3.3.1. Amtshandlung am 19. Oktober 2008 in der Zeit von 18.00 bis ca. 19.00 Uhr:

 

Die Aussagen der einschreitenden Polizeibeamten in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat waren schlüssig und nachvollziehbar. Sie decken sich im Wesentlichen mit den Angaben in der Anzeige vom
21. Oktober 2008 an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung und den Aussagen gegenüber der belangten Behörde. Während des Beweisverfahrens haben sich keine Hinweise ergeben, die ein von der Bf geschildertes Verhalten vermuten lassen würden. Die Aussagen der Polizeibeamten werden durch die Leiterin des Pensionistenheimes bestätigt. Diese hat die Amtshandlung am Parkplatz vor dem Pensionistenheim als "normal" und das Verhalten der Polizeibeamten gegenüber der Bf als korrekt bezeichnet. Diese Zeugin hat auch glaubwürdig vorgebracht, dass die Polizeibeamten erst auf ihre Anfrage hin von der Alkoholisierung der Bf gesprochen haben und die Aussage, dass die Bf nicht arbeiten könne, nicht gefallen sei. Zu diesem Zeitpunkt (versuchte Vornahme des Alkotests) sei für die Zeugin bereits festgestanden, dass die Bf aufgrund ihres emotionalen Zustandes den schweren und anspruchsvollen Nachtdienst nicht ableisten hätte können und sie sich um einen Ersatz umsehen müsse. Schon aus diesem Grund hätte es einer derartigen Äußerung nicht bedurft.

 

Unstrittig ist, dass kein Alkotest sondern lediglich ein Alkovortest durchgeführt worden ist. Ob dieser wiederholt wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden.

 

Unbestritten ist, dass die Geldbörse ohne Erlaubnis der Bf geöffnet und der Führerschein ohne ihre Einwilligung herausgenommen wurde. Die Durchsuchung des Fahrzeuges wurde in der mündlichen Verhandlung nicht mehr behauptet und der Vorwurf nicht mehr aufrecht erhalten. Der einschreitende Polizeibeamte hat glaubwürdig dargelegt, dass ihm die Geldbörse erst beim Zurückschieben des Fahrzeuges in die Ausgangsposition aufgefallen ist, da er im Zuge der Amtshandlung mitbekommen hat, dass die Bf den Aufbewahrungsort der Geldbörse nicht angeben konnte.

 

Übereinstimmend wurde vorgebracht, dass das von der Bf verwendete Fahrzeug wieder so verschlossen worden ist, wie es der einschreitende Polizeibeamte vorgefunden hat. Dieser hat glaubwürdig dargelegt, dass die Bf vor der endgültigen Einbehaltung des Fahrzeugschlüssels aufgefordert wurde, das Fahrzeug abzusperren und keine Wertgegenstände im Inneren zu belassen, da keine Haftung dafür übernommen werde.

 

Unbestritten steht fest, dass der Fahrzeugschlüssel der Bf nicht mehr ausgefolgt, im Anschluss an die Amtshandlung in der Polizeiinspektion O verwahrt und die Bf auf die Ausfolgemodalitäten hingewiesen worden ist.

 

3.3.2. Amtshandlung am 20. Oktober 2008 um ca. 10.30 Uhr:

 

Übereinstimmend haben die Polizeibeamten glaubwürdig vorgebracht, dass sie bei der Bf deutliche Alkoholisierungsmerkmale festgestellt haben. Lediglich die Sprachschwierigkeiten der Bf könnten auf die starke emotionale Belastung der Bf zurückgeführt werden. Die Bf hat die Wahrnehmungen der beiden Polizeibeamten ohne weitergehende Ausführungen in Abrede gestellt und die Alkoholisierung bestritten. Abstellend auf die langjährige Berufserfahrung ist den Polizeibeamten zuzumuten, dass sie in der Lage sind, Alkoholisierungssymptome wahrzunehmen und noch dazu, wenn diese derart deutlich zu Tage treten.

 

Die teilweisen Erinnerungslücken des Zeugen BezInsp G F betrafen im Wesentlichen Randbereiche der gegenständlichen Amtshandlung, die mit der behaupteten Richtlinienverletzung kaum zu tun hatten. Dass sich der Zeuge nach Darstellung des Ablaufes der Amtshandlung durch die Bf wieder an weitere Teile der Amtshandlung erinnern konnte, weist auf seine Glaubwürdigkeit hin. So konnte auch aufgeklärt werden, dass die Ausfolgung der Fahrzeugschlüssel trotz der wahrgenommen Alkoholisierungsmerkmale vorgenommen wurde, da die Bf den Kofferraum des von ihr gelenkten Fahrzeuges absperren wollte und zu diesem Zweck von einer Bekannten zur Polizeiinspektion gebracht worden war.

 

Es war daher den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Ausführungen der beiden Zeugen zu folgen und davon auszugehen, dass der Inspektionskommandant die Bf förmlich und bestimmt aus der Polizeiinspektion O gewiesen hat.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 89 Abs. 2 SPG haben Menschen, die in einer binnen sechs Wochen, wenn auch beim unabhängigen Verwaltungssenat (Abs. 1), eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 erlassene Richtlinie verletzt worden, Anspruch darauf, dass ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr schließlich in diesem Punkte als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.

 

Nach § 89 Abs. 4 hat jeder, dem gemäß Abs. 2 mitgeteilt wurde, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen
14 Tagen die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs. 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 SPG hat der Bundesminister für Inneres zur Sicherstellung wirkungsvollen einheitlichen Vorgehens und zur Minderung der Gefahr eines Konfliktes mit Betroffenen durch Verordnung Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erlassen.

 

§ 4 RLV (Freiwillige Mitwirkung oder Duldung) lautet:

Soll ein Mensch an einer Amtshandlung freiwillig mitwirken oder sie freiwillig dulden, so dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes diese Freiwilligkeit nur in Anspruch nehmen, wenn nach den Umständen des Falles kein Zweifel daran besteht, dass der Betroffene sich der Freiwilligkeit bewusst ist.

 

§ 5. RLV (Achtung der Menschenwürde) lautet:

Abs. 1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes, der Rasse oder Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung empfunden zu werden.

Abs. 2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben alle Menschen, bei denen dies dem üblichen Umgang entspricht oder die es verlangen, mit „Sie'' anzusprechen.

Abs. 3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben dafür zu sorgen, dass die Durchsuchung eines Menschen (Durchsuchung der Kleidung und Besichtigung des Körpers) nur von jemandem desselben Geschlechtes oder von einem Arzt vorgenommen wird; dies gilt nicht, soweit ein hiezu erforderlicher Aufschub der Durchsuchung deren Zweck gefährden würde. Hievon ist die Durchsuchung von Kleidungsstücken ausgenommen, die nach den Umständen ohne Verletzung des Anstandes und ohne Verletzung anderer schutzwürdiger Interessen des Betroffenen abgelegt werden können.

 

§ 6 RLV (Umgang mit Betroffenen) lautet auszugsweise:

Abs. 1) Wird ein Mensch von der Amtshandlung eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes betroffen, so gelten hiefür, sofern gesetzlich nicht anderes vorgesehen ist, folgende Richtlinien:

         1.      Dem Betroffenen ist bei der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt auf Verlangen mitzuteilen, welche Rechte ihm in dieser Eigenschaft jeweils zukommen; dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. Soll eine Mitwirkungsverpflichtung des Betroffenen in Anspruch genommen werden, so ist er von deren Bestehen in Kenntnis zu setzen.

         2.      Dem Betroffenen ist der Zweck des Einschreitens bekanntzugeben, es sei denn, dieser wäre offensichtlich oder die Bekanntgabe würde die Aufgabenerfüllung gefährden.

 

4.2. § 89 SPG legt ein besonderes Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung von Richtlinien vor der Dienstaufsichtsbehörde und in weiterer Folge vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat fest.  

 

Schon das Verständnis der Richtlinienverordnung als "Berufspflichtkodex" und die gesetzliche Determinierung derselben als Katalog "zur Sicherstellung wirkungsvollen einheitlichen Vorgehens" lassen erkennen, dass sie nicht jede Rechtsverletzung erfassen soll. Davon abgesehen liegt dem SPG das Konzept zugrunde, dass durch die Richtlinien keine subjektiven Rechte der von einem behördlichen Einschreiten Betroffenen eingeräumt werden, sondern bloß objektiv-rechtliche Anordnungen an die Exekutivorgane erlassen werden, wie sie sich bislang in verwaltungsinternen Erlässen befanden. Wollte man jede Anordnung an das Verhalten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes über § 1 Abs. 1 als von der Richtlinienverordnung umfasst ansehen, so würde dieses System insoweit konterkariert, als in einer Vielzahl von Fällen gerade derartige subjektiv-öffentliche Rechte Gegenstand der Richtlinienverordnung wären. Es käme im Bereich des SPG zu einer generellen Verdoppelung des Rechtsschutzes dergestalt, dass die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte immer die Erhebung einer Beschwerde sowohl nach § 88 SPG als auch nach § 89 SPG ermöglichte. Eine solche durchgehende Doppelgleisigkeit – die freilich partiell besteht – kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden (siehe VwGH vom 7. September 2000, 99/01/0429).

 

Die auf Basis von § 31 SPG erlassene RLV stellt einen Berufspflichtenkodex der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dar und bezweckt, eine wirkungsvolle einheitliche Vorgangsweise der Sicherheitsexekutive sicherzustellen und die Gefahr von Konflikten mit den Betroffenen zu mindern (Wiederin, Sicherheitspolizeirecht Rz 397). Sie legt jedoch nicht die Modalitäten fest, auf deren Einhaltung der Betroffene bei Ausübung bestimmter Befugnisse durch Exekutivbeamte einen Rechtsanspruch hat (VwGH vom 24. August 2004, 2003/01/0041).

 

Gegenstand des Verfahrens ist das Einschreitens eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes und Prüfungsmaßstab sind die Richtlinien nach § 31 SPG.

 

4.3. Spruchpunkt I:

 

4.3.1. Verlassen des Arbeitsplatzes – sofortiges Mitgehen zum Alkotest

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der im Anfangsstadium der Amtshandlung tätige Polizeibeamte nachvollziehbar und glaubwürdig vorgebracht, dass die Bf über den Grund des Einschreitens ausführlich und umfassend informiert worden ist. Infolge der Kontaktaufnahme durch den "Unfallbeteiligten" beim Zigarettenautomaten wusste die Bf vom Vorwurf des Privatanzeigers Bescheid. Das Ersuchen des Polizeibeamten konnte die Bf daher nicht einmal unvorbereitet treffen, diente ausschließlich der Klärung der "näheren Unfallumstände" und war auch im Interesse der Bf gelegen, allfällige unzutreffende Vorwürfe des "Unfallgegners" zu entkräften. Die deutlichen Alkoholisierungssymptome nahm der Polizeibeamte erst im Zuge des Gesprächs im Dienstzimmer wahr. Auch diesbezüglich ist von einer entsprechenden Aufklärung der Bf auszugehen. Wie der weitere Verlauf der Amtshandlung zeigt, hat sich die Bf freiwillig einem Alkovortest unterzogen und diesen zumindest zweimal durchgeführt. Die zur Amtshandlung hinzukommende Leiterin des Pensionistenheims hat das umsichtige Verhalten der einschreitenden Beamten gewürdigt und jedenfalls die während ihrer Anwesenheit wahrgenommen Versuche, der Bf die Rechtslage und die Folgen einer Verweigerung nahezubringen, bestätigt.

 

Aus den Schilderungen der Polizeibeamten und der Leiterin des Pensionistenheims kann nicht abgeleitet werden, dass sich die Bf der Freiwilligkeit ihrer Mitwirkung an der Amtshandlung nicht bewusst war. Eine Verletzung der angeführten Richtlinie kann daher nicht festgestellt werden.

  

4.3.2. Mitteilung an die Leiterin des Pensionistenheims (1,8 Promille und Arbeitsunfähigkeit)

 

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, haben die Polizeibeamten der Leiterin das Ergebnis des Alkovortests nicht von sich aus bekannt gegeben. Die Mitteilung, dass der Alkovortest positiv verlaufen ist sowie die Einschätzung, dass eine Verwendung der Bf im Nachtdienst nicht ratsam sei, erfolgten sachlich und erst nach entsprechenden Fragen der Leiterin des Pensionistenheims.  

 

Weder aus der Aktenlage noch aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens in der mündlichen Berufungsverhandlung ist hervorgekommen, dass sich die einschreitenden Beamten aggressiv, rüpelhaft, herrisch, streitsüchtig oder provokant verhalten haben. Gerade die Ausführungen der Leiterin des Seniorenheims zeigen auf, dass die Amtshandlung sachlich korrekt vorgenommen wurde und die einschreitenden Polizeibeamten bemüht vorgegangen sind. Das Ergebnis des Alkovortests wurde nicht in einer herabwürdigenden Art und Weise einem zufällig anwesenden oder vorbeikommenden Personenkreis kundgetan sondern ausschließlich der Leiterin des Pensionistenheims - auf Grund ihrer Anfrage - ohne Vornahme einer Wertung mitgeteilt.

 

Somit kann von keiner unsachlichen Vorgangsweise bei der Amtshandlung gesprochen werden und es ist davon auszugehen, dass die Polizeibeamten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles unterlassen haben, was geeignet wäre, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken.

 

In der angeführten Vorgangsweise kann durch die einschreitenden Polizeibeamten eine Verletzung des § 5 Abs. 1 RLV nicht festgestellt werden.

 

 

 

4.3.3. Öffnen der Geldbörse und Entnahme des Führerscheins

 

Zweifelhaft ist, ob das schlichte Öffnen der zufällig vorgefundenen, in der Mittelkonsole des verwendeten Fahrzeuges abgelegten Geldbörse und die Entnahme des Führerscheins, der aus dem Seitenfach der Börse deutlich sichtbar herausgeragt hat, als Durchsuchung zu betrachten ist. Wertet man diesen Vorgang als Durchsuchung einer Tasche, dann stellt diese zweifellos einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

 

Selbst wenn die Bf die Durchsuchung ihrer Geldbörse als Akt unmittelbarer Befehl- und Zwangsgewalt bekämpft hätte, stünde dies der Einbringung einer Beschwerde gemäß § 89 SPG wegen desselben Handelns nicht entgegen.

 

Grundsätzlich kann diese Vorgangsweise des Polizeibeamten sowohl mit einer Beschwerde gemäß § 88 SPG als auch mit einer "Richtlinienbeschwerde" gemäß § 89 SPG bekämpft werden.

 

Da die Bf die Verletzung subjektiver Rechte nicht behauptet hat und ihr Rechtsvertreter sowohl am 10. Dezember 2008 als auch zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 20. April 2009 dezidiert ausgeführt hat, dass keinesfalls eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht werden sollte und auch keine eingebracht worden ist, stellt sich ausschließlich die Frage, ob das Verhalten des Polizeibeamten eine Richtlinienverletzung darstellt.

 

Nachdem eine Durchsuchung der Kleidung der Bf nicht stattgefunden hat, ist eine Verletzung des § 5 Abs. 3 RLV schon begrifflich nicht möglich.

 

Als der Polizeibeamte die Geldbörse im vom der Bf gelenkten Pkw wahrgenommen, geöffnet und den Führerschein entnommen hat, waren weder die Bf noch Dritte in unmittelbarer Nähe. Durch das (unbeobachtete) Öffnen der Geldbörse und der Entnahme des Führerscheins hat das ausführende Organ weder den Eindruck der Voreingenommenheit erweckt noch kann diese Vorgangsweise als diskriminierend angesehen werden. Zum Zeitpunkt der "Abnahme" des Führerscheins stand für den einschreitenden Polizeibeamten fest, dass die Bf die Vornahme des Alkotests verweigert hatte und gemäß § 39 Abs. 1 Führerscheingesetz (FSG) der Führerschein abzunehmen war. Das Handeln des Polizeibeamten in Abwesenheit der Bf ist nicht unbedingt als optimal zu betrachten, geschah jedoch in Vollziehung des § 39 Abs. 1 FSG und lässt keine Rückschlüsse auf eine Voreingenommenheit gegenüber der Bf aufkommen.   

 

 

Das vorliegende Verhalten des Polizeibeamten stellt keine Richtlinienverletzung dar.

 

Nachvollziehbar hat der Vertreter der Bf von der Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde ("Abnahme des Führerscheins") Abstand genommen, da der zu beurteilende Sachverhalt eine Verletzung subjektiver Rechte nicht erahnen ließ. Wie bereits ausgeführt, hatten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im vorliegenden Fall den Führerschein gemäß § 39 Abs. 1 FSG vorläufig abzunehmen. Aus der Regierungsvorlage zur 5. Führer­scheingesetznovelle geht hervor, dass der Gesetzgeber die vorläufige Abnahme des Führerscheins in Abkehr vom bisherigen Verständnis als vorbeugende Sicherungsmaßnahme auch dann ermöglichen wollte, wenn kein Lenken im alkoholbeeinträchtigten Zustand mehr droht. Die vorläufige Abnahme des Führerscheins dient dann der Vollstreckung der Sicherstellung der künftigen Ablieferungspflicht gemäß § 29 Abs. 3 FSG nach Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides. Sie soll also in jedem Fall sicherstellen, dass der Führerschein der Behörde abgeliefert wird, die ein Entziehungsverfahren einleitet und die Lenkberechtigung entzieht (vgl. ausführlich dazu VwSen-420529/8/WEI/Ga vom 14. Mai 2008).       

 

4.3.4. Abnahme der Fahrzeugschlüssel

 

Wie bereits unter Punkt 4.3.3. ausgeführt, beziehen sich die Beschwerden ausschließlich auf Richtlinienverletzungen. Durch die Abnahme der Fahrzeugschlüssel soll daher nur gerügt werden, dass der Kofferraum des von der Bf gelenkten Fahrzeuges offen gelassen wurde und daher das Fahrzeug in der Folge unversperrt blieb.

 

Das Beweisverfahren hat eindeutig erbracht, dass das Fahrzeug vom Polizeibeamten wieder in den Zustand versetzt wurde, in dem es sich vor der Amtshandlung befunden hat. Obwohl die Bf mehrmals daraufhin gewiesen wurde, dass für das abgestellte Fahrzeug keine Haftung übernommen werde und die Bf die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen habe, hat diese den Kofferraum nicht versperrt. Sie hat den Polizeibeamten auch nicht darauf aufmerksam gemacht, dass mit dem Betätigen der Zentralverriegelung lediglich die Fahrzeugtüren, nicht jedoch der Kofferraum, versperrt werden. In der mündlichen Verhandlung ist auch nicht hervorgekommen, dass die Bf nicht entsprechend den Ausführungen des Polizeibeamten informiert worden ist. 

 

Inwiefern der Polizeibeamte mit dieser Vorgangsweise eine Richtlinienverletzung begehen hätte sollen, kann nicht einmal ansatzweise erkannt werden. 

 

4.3.5. Benutzung des Stiegenhauses

 

Eine Prüfung der "Anordnung" das Stiegenhaus und nicht den Lift zu benützen hatte zu unterbleiben, da die Bf nach erfolgter Aufklärung durch den Vertreter der belangten Behörde eine Richtlinienverletzung nicht mehr als gegeben erachtete und die Beschwerde aus diesem Grund eingeschränkt wurde. Anzumerken ist, dass diese "Anordnung", die sachlich und bestimmt an die Bf gerichtet worden ist, keine Richtlinienverletzung darstellt. Allenfalls hätte die Aufforderung an die Bf als "Befehl" des einschreitenden Polizeibeamten gewertet werden können, dem ein Befolgungsanspruch innegewohnt hat. In diesem Fall wäre in subjektive Rechte der Bf eingegriffen worden und sie hätte diesen Vorgang mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfen können. Die Beschwerdemöglichkeit für sich allein bedeutet jedoch noch nicht, dass das Verhalten des Polizeibeamten auch als rechtwidrig zu werten gewesen wäre. Der Rechtsvertreter scheint zu Recht von einer derartigen Beschwerde Abstand genommen zu haben, da u.a. aus Gründen der Eigensicherung die gewählte Vorgangsweise (Benützung des Stiegenhauses) als rechtmäßig zu werten gewesen wäre.

 

4.4. Spruchpunkt II

 

Weder aus der Aktenlage noch aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens in der mündlichen Berufungsverhandlung ist hervorgekommen, dass sich die einschreitenden Beamten während der Amtshandlung in der Polizeiinspektion O aggressiv, rüpelhaft, herrisch, streitsüchtig oder provokant verhalten haben.

 

Der Inspektionskommandant hat in der mündlichen Berufungsverhandlung eindrucksvoll die Amtshandlung aus seiner Sicht geschildert. Wie bereits in der Beweiswürdigung festgehalten, ist davon auszugehen, dass er deutliche Alkoholisierungsmerkmale bei der Bf wahrgenommen und diese zum Anlass genommen hat, sich mit einem allfälligen Beschwerdevorbringen der Bf zu diesem Zeitpunkt nicht auseinanderzusetzen. Das bestimmt vorgetragene Ersuchen, die Polizeiinspektion zu verlassen und zu einem späteren Zeitpunkt in   - nüchternem -  Zustand vorzusprechen, mag von der Bf zwar als aggressiv empfunden worden sein, ist jedoch nicht als so gravierend anzusehen, dass hieraus eine Verletzung des § 5 Abs. 1 RLV resultieren würde. Beide Polizeibeamten haben glaubwürdig ausgeführt, dass der von der Bf behauptete Satz "Schleichen Sie sich aus dem Posten O, da Sie schon wieder so eine Fahne haben" nicht gesagt worden ist. Auch wenn der im Journaldienstzimmer anwesende Polizeibeamte sich an Teile der Amtshandlung anfangs nicht mehr erinnern konnte, ist er sich nach den Ausführungen der Bf wiederum wesentlicher Ausführungen bewusst geworden. Danach ist davon auszugehen, dass die Bf trotz der wahrgenommenen Alkoholisierungsmerkmale nicht unverzüglich aus der Polizeiinspektion gewiesen und ihr im Zuge der Vorsprache der Fahrzeugschlüssel ausgefolgt worden ist, damit sie von einer Freundin zum abgestellten Fahrzeug gebracht werden konnte um den Kofferraum zu versperren. Erst die hypothetische Beschwerde – "was wäre gewesen wenn 20 Euro aus der Geldbörse gefehlt hätten" – und der vorgebrachte Unmut über die aus der Sicht der Bf ungerechtfertigten Abnahme des Führerscheins führten, bedingt durch die wahrgenommenen starken Alkoholisierungsmerkmale, zum Verweis aus der Polizeiinspektion.

 

Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters sind die Polizeibeamten nicht verpflichtet, hypothetische Beschwerdevorbringen entgegenzunehmen, sich damit auseinander zu setzen und vage Beschwerdevorbringen aufzunehmen. Der Ablauf der Amtshandlung zeigt auf, dass sich der Journaldienst versehende Beamte sehr wohl mit dem Anliegen der Bf auseinandergesetzt und den von ihr geforderten Fahrzeugschlüssel ausgefolgt hat. Dass beide Polizeibeamten in der Folge nicht mehr gewillt waren, sich mit Geschehensabläufen zu beschäftigen, die so nicht abgelaufen sind, jedoch – aus Sicht der Bf – möglich gewesen wären, ist – bezogen auf die besonderen Umstände dieses Falles – verständlich. Anzumerken ist, dass die Bf selbst ausgeführt hat, dass sie keine Anzeige bei der Polizeiinspektion einbringen wollte. Der Inspektionskommandant hat die Amtshandlung zu Recht beendet.

 

Die behauptete Richtlinienverletzung kann daher nicht festgestellt werden.    

 

4.5. Da weder bei der Amtshandlung am 19. Oktober 2008 noch bei jener am
20. Oktober 2008 Richtlinien im Sinne der RLV verletzt worden sind, waren die Beschwerden spruchgemäß abzuweisen.

 

4.6. Bei diesem Ergebnis war das Kostenbegehren der Bf abzuweisen.

 

5. Eine Kostenentscheidung zu Gunsten der obsiegenden Partei war nicht zu treffen, da zum Entscheidungszeitpunkt kein Antrag auf Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes vorgelegen ist.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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