Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163947/5/Bi/Se

Linz, 11.05.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau E P, L, vertreten durch RA Dr. K E P, L, vom 19. Februar 2009 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 3. Februar 2009, S-11.403/08-1, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 2. April 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt münd­­licher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. 

 

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 300 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 Euro (18 Tagen EFS) verhängt, weil sie am 29. März 2008 um ca. 19.35 Uhr in L, F bis B 2b, den Kombi     in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe, da bei einer Messung mittels Atemalkoholmessgerätes ein Alkohol­gehalt der Atemluft von 0,95 mg/l festgestellt werden habe können.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 150 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 2. April 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters RA Dr. K E P und des Vertreters der Erstinstanz Mag. J R durchgeführt. Die Bw war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe eine Reihe von Beweisan­trägen gestellt, denen – mit Ausnahme der Einvernahme des Zeugen P – nicht nachgekommen worden sei. Die Erstinstanz habe die Ansicht vertreten, dass nach der Rechtsprechung des VwGH ein Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit behauptet werden müsse. Der Zeitpunkt der Behauptung sei sicher ein wesentliches Beurteilungskriterium, aber aus der Judikatur könne nicht abge­lei­tet werden, dass die Erstinstanz ihr letztlich jeglichen Nachweis ihres Vor­bringens durch objektive Beweismittel versagen könne. Dass die Behauptung des Nachtrunks nicht sofort bei der Polizei erfolgt sei, habe sie mit ihrem akten­kundigen desolaten und psychisch beeinträchtigten Zustand begründet. Nach wie vor sei ihr Erinnerungsvermögen beeinträchtigt; auch ihre Aussagen bei der ersten Einvernahme seien nicht zutreffend gewesen. Es sei als amtsbekannt vor­aus­­zusetzen (und gutachterlich objektivierbar), dass ein Alkoholgehalt, wie er bei ihr festgestellt worden sei, geeignet ist, Erinnerungslücken hervorzurufen. Auch wenn die Erstinstanz meine, ihre Darstellung widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, rechtfertige dies keinesfalls, ihr jegliche Möglichkeit eines Ge­gen­be­weises zu verwehren.

Auch die Bezugnahme auf die Ergebnisse des – ebenfalls unter Verletzung von Verfahrensvorschriften – durchgeführten Verfahrens wegen Entziehung der Lenk­be­rechtigung des UVS, dessen Bescheid ebenfalls rechtswidrig und mangelhaft begründet sei, entbinde die Behörde nicht von verfahrensrechtlichen Pflichten oder ihrer Begründungspflicht. Die Behörde wäre zu geeigneten Beweisauf­nahmen verpflichtet gewesen dazu, welchen Alkoholgehalt sie zur Lenkzeit gehabt habe. Die Erbringung eines Gegenbeweises sei ein selbstverständliches Parteienrecht und dessen Verweigerung stelle einen wesentlichen Verfahrens­mangel dar.

Das Straferkenntnis leide an einem Subsumptionsirrtum, weil schon der Spruch nicht geeignet sei, die Beurteilung zu begründen, weil keine Feststellungen über einen Alkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt getroffen worden seien. Grundvoraus­setzung sei die Feststellung eines Sachverhalts und Sumsumierung unter einen strafrechtlichen Tatbestand. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung verbiete sich jeder Strafausspruch. Die StVO enthalte differenzierte Strafdrohungen nach dem Alkoholisierungsgrad, daher könne sich die Behörde nicht in vage Vermutungen und kryptische Umschreibungen flüchten, sondern habe einen angenommenen und nachgewiesenen Alkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt zugrundezulegen. Dass irgendwann einmal 0,95 mg/l gestellt worden wären – der Spruch enthalte dazu keinen Zeitpunkt – lasse nicht den Schluss zu, dass sie ihren Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hätte. Eine Subsumption verbiete sich daher.

Gegen die Annahme der Erstinstanz sprächen auch aktenkundige Umstände, nämlich dass sie bei der letztlich festgestellten Alkoholisierung mit einer einschlä­gigen Vorstrafe das Fahrzeug gelenkt haben sollte und nicht der Zeuge P, der nach Aussage der Exekutivorgane ganz offenkundig einen wesent­lich geringeren alkoholisierten Eindruck gemacht habe. Die Feststellungen zum Umfang der Alkoholisierung zum Lenkzeitpunkt wären auch für die Strafhöhe von wesentlicher Relevanz gewesen. Beantragt wird allenfalls nach Durchführung der beantragten Beweise Bescheid­auf­hebung und Verfahrenseinstellung, in eventu Rückverweisung an die Erstins­tanz.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, und die im Zuge des bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Ent­ziehung der Lenkberechtigung VwSen-521976 bei Berufungsverhandlungen vor dem UVS am 8. Juli 2008, 11. August 2008 und 2. September 2008 aufge­nommenen Zeugenniederschriften von E P (P), Maldungsleger AI K G (Ml), Mag. T M (Mag.M), T V (V), GI J E (E), B P (BP) und F D (D), die unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB, der Zeuge P als Ehegatte der Bw auch unter ausdrücklicher Belehrung über sein Entschlagungsrecht, einver­nommen wurden, sowie die Eichbestätigung des Bun­des­amtes für Eich- und Vermessungswesen vom 7. November 2007 für das ver­wendete Atemluftalko­holmessgerät Alcotest 7110 MK III A, ARLL-0091, samt Überprüfungsbericht der Fa D vom 25. März 2008, und der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2008, 2008/11/0179-3, mit dem die Behandlung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des UVS vom 15.9.2008, VwSen-521976/24/Bi/Se, gemäß § 33a VwGG abgelehnt wurde, erörtert und in die Verhandlung (mit Übergabe je einer schriftlichen Ausfertigung dieser Unter­lagen an beide Parteien) miteinbezogen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Aufgefallen ist die Bw am Samstag, dem 29. März 2008 um ca. 19.30 Uhr erst­mals der Zeugin V in L, F, als sie mit dem Zeugen P in doch erkenn­­bar alkoholisiertem Zustand zum dort geparkten Pkw     ging und der Zeuge sie, aus ihren Worten, er solle sie in Ruhe lassen, zu schließen, offen­sichtlich gegen ihren Willen mit dem Arm um ihre Schulter fest­hielt. Auf den Zuruf der Zeugin V, ob sie Hilfe brauche, antwortete die Bw, das sei ihr Ehemann und das ginge sie überhaupt nichts an. Einer der zur Zeugin V gehörenden Jugend­­­lichen sprach den Zeugen P an, er solle die Bw in Ruhe lassen, worauf es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden kam. Der Zeuge P ließ dazu die Bw los, die zum Auto ging, sich daran anlehnte und dann auf den Fahrer­sitz setzte. Die Zeugin V rief über die Notrufnummer die Polizei und beobachtete dann, dass die Bw auf den Zeugen wartete und mit diesem dann im Auto weg­fuhr, das sie selbst nach den Beobachtungen der Zeugin in Schlangenlinien lenkte. Die Zeugin V beschrieb den Zustand der Bw in der Berufungsverhandlung nach ihrem damaligen persönlichen Eindruck auf einer Skala von "schwerstens", "schwer" bis "leicht" alkoholisiert als "leicht alkoho­lisiert".

 

Der Ml und der Zeuge E trafen gegen 19.35 Uhr in der F ein, als der Pkw L-bereits weggefahren war. Aufgrund der Beschreibung des Fahr­zeuges samt Kennzeichen durch die Zeugin V suchten die Beamten im Rahmen der Gefahren­erforschung zunächst die Umgebung ab, fanden das Fahrzeug aber nicht. Nach Bekannt­werden der Zulassungsadresse fuhren die Polizeibeamten zum Haus Bb, laut Ml ca 1 bis 2 Minuten Fahrzeit. Auf ihr Läuten wurde sofort geöffnet, auch die Wohnungstür im 3. Stock. Angetroffen wurden sowohl die Bw als auch der Zeuge P, die beide einen alkoholisierten Eindruck machten und den Vorfall in der F schilderten. Als der Ml den Zeugen P zum Alkotest aufforderte, wandte die offensichtlich stärker alkoholisierte Bw sofort ein, sie sei gefahren, und wurde daraufhin vom Ml ebenfalls zum Alkotest aufgefordert, der in der PI Hauptbahnhof durchgeführt werden sollte. Da die Bw nur leicht bekleidet war, wurde sie aufgefordert, sich anzuziehen und verschwand

dar­auf­hin in der Wohnung. Nach mehrmaligem Suchen wurde sie vom Ml zu­nächst auf dem Balkon angetroffen, später dann im Schlafzimmer, wo sie sich im Kleider­schrank versteckte. Schließlich kam sie – nachdem sie den Beamten gegen­­­über abgelehnt hatte, den Zeugen P mitzunehmen – allein mit zur PI Haupt­­bahnhof, wo sie nach mehreren Fehlversuchen um 20.41 Uhr und um 20.45 Uhr Atemalkoholmesswerte von 0,98 mg/l und 0,95 mg/l erzielte. Auf die Frage nach ihrem Alkoholkonsum schilderte sie diesen für die Zeitspanne ab 13.30 Uhr mit einem Glas Prosecco und vier Gespritzten. Außerdem erzählte sie nach Angaben der Beamten weitschweifig über ihre Probleme mit dem Zeugen P und verlangte schließlich, ins Wagner Jauregg-Krankenhaus gebracht zu werden, weil sie "nicht mehr könne", worauf schließlich die Amtsärztin geholt wurde. Schließlich wurde die Bw von ihrem Sohn abgeholt.

Von einem Nachtrunk im Sinne eines Alkoholkonsums zu Hause nach dem Lenken des Pkw war zu keiner Zeit die Rede. Der Bw wurde am 29. März 2008 der Führerschein vorläufig abgenommen und ihr darüber eine Bescheinigung nach § 39 Abs.1 FSG ausgestellt. Bei ihrer Einvernahme schilderte sie dem Ml genau­estens die von ihr eingenommenen Medikamente, erwähnte aber nie einen Nachtrunk.

Nach dem Vorfall vom Samstag, dem 29. März 2008, erschien der Zeuge P am darauffolgenden Montag Vormittag bei der Erstinstanz und traf dort den Polizei­juristen Mag. M an, wobei allerdings, weil noch keine Anzeige vorlag, keine Niederschrift aufgenommen wurde. Mag. M. bestätigte in der Berufungsverhand­lung zeugenschaftlich, dass der Zeuge P ihm etwas von einem Nachtrunk erzählt habe und dass es bei dem Gespräch eher um die Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes bei späterer Gel­tend­machung eines Nachtrunks gegan­gen sei. Er habe dem Zeugen P erklärt, dass es schwierig werden würde, einen im Nach­hinein behaupteten Nachtrunk zu beweisen, zumal der Zeuge etwas von einer unbestimmten Menge Alkohol erzählt habe. Das wurde vom Zeugen P insofern bestätigt, als dieser auf seine Aussage von "5 bis 6" Stamperl verwies und die Antwort des Juristen, dass das eine (zu) ungenaue Angabe sei. 

Am 8. April 2008, also mehr als eine Woche nach dem Vorfall, erschien die Bw ladungsgemäß bei der Erstinstanz und schilderte bei ihre Einvernahme den Vor­fall so, dass sie im Lokal Max ab 15 Uhr die schon am 29. März 2008 angegebene Alkoholmenge getrunken habe, worauf es zum Streit mit dem Zeugen P gekommen sei. In der F sei ihr Mann deswegen von einem Jugend­lichen verbal "angeflogen" worden und sie habe den Pkw nach Hause gelenkt. In der Wohnung hätten sie neuerlich gestritten und sie habe anschlie­ßend in der Küche Alkohol konsumiert, nämlich zwei Stamperl Heidel­beerlikör und einen Schluck aus der Flasche. Sie wollte sich niederlegen und habe dazu die Hose ausgezogen gehabt, als die Polizisten gekommen seien. Sie könne nicht mehr sagen, ob sie den Beamten etwas vom Nachtrunk gesagt habe bzw warum sie nichts davon gesagt habe. Sie habe außer im Lokal M vor der Fahrt keinen Alkohol getrunken und könne sich nicht erklären, wie die Zeugin V von Schlan­gen­linien sprechen habe können. Diese Aussagen hat die Bw eigenhändig unter­schrieben.

Der Polizeijurist Dr. G, bei dem diese Einvernahme stattgefunden hatte, bestätigte am 8. Juli 2008 in der Berufungsverhandlung, er habe vor Aufnahme der Nieder­schrift am 8. April 2008 zunächst mit der Bw ein Gespräch geführt, um heraus­zufinden, was wirk­lich passiert sei. Sie habe etwas von einer Flasche "Vier­kanter" erwähnt; diesen Begriff habe er nicht zuordnen können. Nach ihren Angaben vom zu Hause getrunkenen Alkohol habe er der Bw nach Erklärung des Begriffes "Nachtrunk" Zeit zum Überlegen gegeben, was in der Niederschrift über einen tatsächlichen Nachtrunk stehen solle. Sie habe daraufhin den Nachtrunk mit "2 kleinen Stamperl" und einem Schluck aus der Flasche, vermutlich der Menge eines klei­nen Stamperls,  angegeben.  

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung schilderte die Bw den Vorfall so, dass sie erst nachher in Erfahrung gebracht habe, dass sie und der Zeuge P nach Ein­käufen erst gegen 15.00 Uhr des 29. März 2008 ins Lokal M gekommen seien und sie dort den geschilderten Prosecco und die vier Gespritzten getrunken habe. Als sie gegen 19.30 Uhr mit ihrem Gatten auf dem Weg zum Pkw ge­stritten habe, habe ein Mädchen sie gefragt, was los sei; sie habe geantwortet, es sei "eh alles in Ordnung". Ein junger Mann von der anderen Straßenseite habe sich dann mit ihrem Mann "angelegt". Dieser habe sie nur beim Arm genommen, aber keine Gewalt angewendet – es sei aber möglich, dass es so ausgesehen habe. Sie sei mit dem Zeugen P heimgefahren, habe in der Tiefgarage eingeparkt und sie hätten in der Wohnung weitergestritten. Sie habe ein Stamperl heraus­genommen und sich "Heidelbeerlikör" eingegossen, ein Getränk, das ein Be­kannter von ihnen mache, nämlich gebrannte Früchte mit 38 Vol% Alkohol. Sie habe davon insgesamt "sicher vier kleine" Stamperl getrunken und, als ihr Mann auf die Toilette gegangen sei, einen weiteren Schluck davon direkt aus der Flasche. In der Verhandlung hat die Bw anhand vorhandener Schnapsgläser ein "kleines" Stamperl mit 40 ml demonstriert. Ihr bei der Polizei mit 47 kg ange­gebenes Körper­gewicht hat sie ebenso bestätigt wie dass sie damals in sehr schlechter psychischer Verfassung gewesen sei und "große Wut" auf ihren Gatten gehabt habe. Sie habe, als die Polizei gekommen sei, gedacht, das sei ihr Sohn, deshalb sei auch gleich geöffnet worden. Sie habe nicht bemerkt, dass das Mädchen die Polizei gerufen habe; der Beamte habe gleich gefragt, ob ihr eh nichts passiert sei. Sie habe dezidiert bestätigt, dass sie den Pkw heimgelenkt habe, und habe bei der Amtshandlung in der Wohnung auch mitbekommen, dass sie einen Alko­test machen müsse. Sie wisse auch noch, dass sie sich versteckt habe. Sie sei mit den Polizisten mitgefahren, sie wisse gar nicht wo­hin. Sie wisse noch, dass sie ins Wagner Jauregg Krankenhaus gebracht wer­den wollte, dass dann eine Ärztin gekommen sei, aber sie wisse nicht, was sie mit der geredet habe; dann sei ihr Sohn gekommen. Beim Alkotest habe "es sie ziemlich gedreht" und der Polizist habe ihr gesagt, dass sie 1,9 %o habe. Den Führer­schein habe sie den Beamten geben müssen. Die Daten auf dem Alkoholerhe­bungsbogen stammten schon von ihr, aber sie wisse nicht, warum sie von einem Nachtrunk bei der Polizei nichts gesagt habe.  

 

Der Zeuge P hat in der Berufungsverhandlung bestätigt, dass die Bw und er nach dem Frühstück und dem Einkaufen in der Stadt ab 15.00 Uhr im Cafe M ge­wesen seien; er habe dort 3 oder 4 Seitel Bier getrunken. Sie hätten dann eine Meinungsverschiedenheit gehabt und er habe die Bw am Arm gehalten, worauf ein Mädchen sie gefragt habe, ob er ihr etwas tue. Er habe nicht mitbekommen, dass das Mädchen die Polizei verständigt habe, und habe dann mit einem jungen Mann gestritten, der ihn "anspringen" habe wollen, aber sein Ziel verfehlt habe; den habe er später angezeigt. Seine Frau habe den Pkw gelenkt, ohne dass davon gesprochen worden wäre, wer jetzt heimfahre. Zu Hause hätten sie Schnaps getrunken und weiterdiskutiert; er habe 5 Stamperl getrunken und glaube, dass die Bw die gleiche Menge getrunken habe. Auch er hat die Menge eines Stamperls mit 40 ml gezeigt. Die Polizisten hätten sofort seine Frau sehen wollen und sie gefragt, ob sie sich bedroht fühle. Der Nachtrunk habe in der Küche stattgefunden, vom Vorzimmer aus sehe man die Gläser aber nicht. Seine Frau habe sofort erklärt, sie sei gefahren, und sei zum Alkotest aufgefordert worden. Sie sei mit den Polizisten zum Wachzimmer gefahren, auf ihren aus­drück­lichen Wunsch ohne ihn. Er denke, dass man den gerade getrunkenen Alkohol schon gerochen habe, gefragt habe man sie dazu aber nicht und sie beide hätten nichts davon gesagt. Nach ihrer Rückkehr habe die Bw erzählt, dass sie einen sehr hohen Alkoholwert gehabt habe, und da sei gesprochen worden, dass der Alkohol ja in der Wohnung konsumiert worden sei. Er sei am folgenden Montag zur Polizei gefahren und er habe das dort beim Vertreter des zuständigen Juristen deponiert, aber ohne Niederschrift. Er habe den Nach­trunk mit "5 bis 6 Stamperl Schnaps" angegeben und dieser habe das mit "ja, wenn er das nicht einmal genau wüsste" kommentiert. Vor dem Besuch im Cafe M sei kein Alko­hol konsumiert worden; von ihrem Betreten der Wohnung bis zum Erscheinen der Polizei nach Beendigung des Nachtrunks seien ca 20 Minuten vergangen; da sei seine Frau schon im Schlafzimmer gewesen, weil sie von dort heraus­gekommen sei.

 

Die beiden Polizeibeamten bestätigten zeugenschaftlich getrennt, aber inhaltlich übereinstimmend, sie seien nach dem Notruf der Zeugin V um 19.33 Uhr gegen 19.35 Uhr beim Haus F eingetroffen. Wann die Beamten genau in der Wohnung eingetroffen sind, konnte in der Verhandlung nicht geklärt werden: Die Fahrzeit von der F bis zum Haus B gaben die Zeugen mit 1 bis 2 Minuten an. Der Zeuge P habe sich geärgert, weil er von Jugendlichen angegriffen worden sei; er sei wegen seines alkoholisierten Eindrucks vom Ml zum Alkotest aufgefordert worden, worauf die Bw, die einen stärker alkoholi­sierten Eindruck gemacht habe, sofort betont habe, sie sei gefahren. Daraufhin sei vom Ml die Bw zum Alkotest aufgefordert worden. Beide Zeugen legten in der Berufungs­verhandlung dar, die Ehegatten P hätten sehr viel gespro­chen, was mit der Sache überhaupt nichts zu tun gehabt habe, aber nichts davon, dass sie gerade Alkohol getrunken hätten. Sie hätten auch keine Gläser oder Flaschen herumstehen gesehen, obwohl sie bei der Suche der Bw in vielen Räumen der Wohnung gewesen seien. Laut Anzeige wurde die Bw aufgefordert, sich etwas anzuziehen, worauf sie verschwunden sei. Nach einiger Zeit habe der Ml sie auf dem Balkon weinend gefunden und erneut aufgefordert, sich anzuziehen. Sie sei ins Schlafzimmer gegangen und kurz darauf am Boden des Kleiderschranks ge­funden worden, wo sie sich versteckt habe. Sie habe immer wieder gesagt, sie könne nicht mehr, sie wolle ins Wagner Jauregg Krankenhaus. Die insgesamt 5 Fehl­versuche beim Alkotest seien auf den schlechten nervlichen Zustand der Bw zurückzuführen.

Die Bw gab dazu in der Berufungsverhandlung befragt an, sie habe bei ihrer Ein­vernahme wegen der Anzeige ihres Gatten zur Ranglerei mit dem Jugendlichen bei der Polizei nicht mehr davon anfangen wollen, das sei ihr peinlich gewesen. Warum sie vom Nachtrunk nicht gleich in der Wohnung etwas gesagt habe, wisse sie nicht. Die Richtigkeit des beim Alkotest um 20.45 Uhr erzielten günstigsten Wertes von 0,95 mg/l AAG – zum technischen Zustand des verwendeten Atem­luftalkoholuntersuch­ungs­gerätes wurden von den Beamten das Prüfprotokoll der Fa Dräger vom 25. März 2008 und der am 29. März 2008 gültige Eichschein des BEV vom 7. November 2007 vorgelegt – wurde nicht bestritten.

 

Beide Polizeibeamten haben bestätigt, von einem Nachtrunk sei in der Wohnung und bei der PI Hauptbahnhof keine Rede gewesen, obwohl so viel geredet wor­den sei, dass anzunehmen sei, dass hätte tatsächlich ein Nachtrunk statt­ge­funden, dieser sicher erwähnt worden wäre. Es habe in der Wohnung keine Anzeichen von einem gerade konsumierten Alkohol gegeben und laut Bestäti­gung des Ml ist diesem auch kein typischer Geruch beim Gesprächsabstand zur Bw aufgefallen. Die Bw und der Zeuge P haben den Alkoholkonsum in der Küche geschildert; man sehe vom Vorzimmer aus dort nicht um die Ecke. Beide Zeugen bestätigten, die Bw habe bei der PI sofort die von ihr eingenommenen Medika­mente genau benannt; einen tatsächlich stattgefunden habenden Nachtrunk hätte sie sicher auch erwähnt. Dass sie sich genau daran kurz darauf nicht erinnern hätte können, sei unglaubwürdig. Die Bw sei während der gesamten Amts­handlung aufgeregt gewesen und habe immer wieder geweint und über ihren Mann geschimpft, aber sie habe sich an den am Nachmittag getrunkenen Alkohol erinnert. Sie habe auch verstanden, worum es ging, sonst wäre nicht die Frage gekommen, was gewesen wäre, wenn sie nicht aufgemacht hätten. 

 

Die Zeugen BP und D haben in der Verhandlung am 2. September 2008 die Aussagen der Bw (erwartungsgemäß) genauestens bestätigt, von einem Streit zwischen den Ehegatten jedoch angeblich überhaupt nichts bemerkt und den augen­schein­lichen Zustand der Bw als völlig normal im Sinne von "nicht alkoho­lisiert" beschrieben – was mit den Aussagen der Zeugin V, die ihr völlig unbe­kannte Bw sei ihrem persön­lichen Eindruck nach "leicht alkoho­lisiert" gewesen, habe einen bei Alkoholisierung typischen Gesichtsausdruck gehabt und sei in Schlan­­gen­­linien weggefahren, nicht über­ein­stimmt; die Zeugin V hat am 11. August 2008 angegeben, der Zeuge P habe die Bw sehr wohl gewaltsam festge­halten, an den Haaren gezogen und nur wegen des Streits mit dem Jugendlichen losgelassen, worauf diese schnell zum Pkw gegangen sei, sich angelehnt und dann hineingesetzt habe. Die Anhör­ung der Notrufauf­zeichnungen ergab keine Aufklärung zur fehlenden konkreten Erinner­ung der Zeugin V in der Verhand­lung, ob sich die Bw tatsächlich auf den Lenkersitz gesetzt habe; die von ihr auch bei der Amtshandlung sofort von sich aus zuge­standene Lenkeigenschaft hat die Bw im Verfahren nie abgestritten.

 

Zur Beweiswürdigung im Hinblick auf die von der Bw gemachten Nachtrunkan­gaben im Berufungsvorbringen bzw der Berufungsverhandlung ist seitens des UVS zu sagen, dass diese nicht nur erheblich von ihren eigenen Trinkangaben vom Vor­falls­tag abweichen, sondern auch von ihren Angaben vom 8. April 2008 vor der Erstinstanz. Dabei ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass die Bw tatsäch­lich zu Hause Alkohol zu sich genommen hat, aber es ist ihr zweifelsfrei nicht gelungen, eine konkrete Menge an nach Beendigung des Lenkens konsumiertem Alkohol zu behaupten und zu beweisen, sodass die beantragte Rückrechnung auf den Lenk­zeitpunkt nicht möglich ist. Die Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens dazu erübrigte sich daher und war der entsprechende Beweisantrag abzuweisen. Der Rechtsvertreter hat geltend gemacht, die Bw leide an einer Erinnerungslücke bzw sei in so schlechter psychischer Verfassung gewesen, dass ihre Angaben vor der Polizei am 29. März 2008 nicht heranzuziehen seien. Dem vermag sich der UVS schon aufgrund der dezidierten und glaubwürdigen Schil­der­ungen der beiden Beamten nicht anzuschließen. Beide bestätigten die schlech­te psychische Verfassung der Bw, allerdings bezogen auf den von ihr geäußerten Ärger über den Zeugen P. Dass die Bw bei all ihren Angaben vom im Lokal M getrunkenen Alkohol, den von ihr an diesem Tag eingenommenen Medikamenten und der Schilderung des Vorfalls in der F situations­bezogene Antworten gab und nur den angeblichen "Nachtrunk" ausließ, erweckt auch bei der 47 kg wiegenden Bw mit einem AAG von 0,95 mg/l nicht den Eindruck von Zurechnungsunfähigkeit. Abgesehen davon ist lebensfremd, dass die Bw innerhalb von 20 Minuten 6 große Stamperl Heidelbeerlikör auf einmal getrunken hätte.

Zum Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Alkoholgehalt der Bw zur Lenkzeit unter Annahme der Richtigkeit ihrer nunmehrigen Angaben ist zu sagen, dass 6 "Stamperl" Heidelbeerwein zu je 40 ml mit 38 Vol% Alkohol, ds 240 ml, den AAG von 20.45 Uhr zu erklären in der Lage sind. Allerdings taucht die diesbezügliche Verantwortung erstmals im Rahmen der schriftlichen Stellung­nahme des Rechtsvertreter vom 28. April 2008 auf. Was bei der Bw als "Filmriss" anzusehen ist, ist insofern unklar, als die Bw bei der Amtshandlung bei der PI Hauptbahnhof offenbar situationsbezogene Antworten gab, auch wenn es ihr psychisch offensichtlich schlecht ging,  und sich an den Alkoholkonsum ab 13.30 Uhr und die Medikamente erinnern konnte.     

Für den UVS bestand im Rahmen der Beweiswürdigung kein  Anhaltspunkt für die Annahme, der Bw könnten ihre eigenen Äußerungen nicht zurechenbar sein, oder für Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit der Bw bei der Amtshandlung am 29. März 2008. Dafür dass der behauptete "Filmriss" im Sinne einer ab diesem Zeitpunkt anzunehmenden Zurechnungsunfähig­keit nach dem Dafürhalten des Rechtvertre­ters in der Berufungsverhandlung am 2. April 2009 exakt nach der behaupteten Konsumation des Likörs eingesetzt habe, spricht nach dem festge­stellten Sach­ver­halt nichts. Abgesehen davon war der schätzungsweise doppelt so schwere Zeuge P bei der Amtshandlung in der Wohnung gegen 20.00 Uhr des 29. März 2008 anwesend und erwähnte ebenfalls nichts von einem Nachtrunk, obwohl bei ihm von einem "Filmriss" nicht die Rede sein kann und auch nicht behauptet wurde.

      

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­gehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt sei­ner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Ohne jeden Zweifel und von ihr auch gar nicht bestritten steht fest, dass die Bw am 29. März 2008 um ca 19.30 Uhr in Linz, F, ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, wobei zum einen aufgrund ihrer eigenen Angaben, sie habe zuvor im Lokal M Alkohol getrunken, und zum anderen aufgrund der von der Zeugin V glaubhaft beschriebenen "leichten Alkoholisierung" (Gesichtsausdruck, Schlan­gen­linien) die Vermutung bestand, dass sich dabei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Unbestritten ist auch der um 20.45 Uhr des 29. März 2008 erzielte günstigste Atemalkoholgehalt von 0,95 mg/l.

Die Aufforderung zum Alkotest durch den dafür geschulten und behördlich ermächtigten Ml war zulässig und auch beim verwendeten geeichten Atem­alkohol­untersu­chungs­gerät ergab sich kein Hinweis auf technische Fehler oder Funk­tions­män­gel. Der Atemalkoholwert von 20.45 Uhr des 29. März 2008 war daher zweifellos heranzuziehen und dem Tatvorwurf zugrundezulegen.

 

Problematisch ist die Verantwortung der Bw im Hinblick auf einen angeblich statt­­gefunden habenden Nachtrunk von "Heidelbeerlikör" zum einen aufgrund ihrer Trinkverantwortung bei der Amtshandlung am 29. März 2008, zum anderen aufgrund ihrer nachfolgenden Aussagen bei der Erstinstanz und in der Berufungs­verhandlung, die sich von ihrer Erstaussage erheblich unterschieden haben, ohne dass die Bw dafür einen nachvollziehbaren Grund angeben hätte können.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hat derjenige, der sich auf einen Nach­trunk beruft, die Menge des so konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen (vgl E 26.1.1996, 95/02/0289; 27.2.2007, 2007/02/0029; 16.2.2007, 2006/02/0090; 30.1.2006, 2005/02/0315; uva).

Hat der Beschuldigte sämtliche an ihn gestellte Fragen, wie etwa nach dem vor dem Lenken genossenen Alkohol oder eingenommenen Medikamenten detailge­treu beantwortet und war er in der Lage, in der niederschriftlichen Einvernahme kurz nach der Messung eine Schilderung des Unfallhergangs zu geben, so kann auf­grund dieses situationsbezogenen Verhaltens (vgl E 5.11.1997, 95/03/0037, 0044) keine eingeschränkte "Wahrnehmungs- und Denkleistung" ausgerechnet bei der Frage nach einem Nachtrunk angenommen werden (vgl E 7.9.2007, 2006/02/0221).

Hat der Beschuldigte im Zusammenhang mit der konsumierten Alkoholmenge seine Verantwortung mehrfach geändert, so kann die Behörde schon aufgrund der im Verfahren wechselnden Angaben des Beschuldigten die spätere Nach­trunk­be­haup­tung zu Recht als unglaubwürdig erachten (vgl E 7.9.2007, 2006/02/0274 und Hinweis auf E 30.10.2006, 2005/02/0315).

Im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit des behaupteten Nachtrunks ist dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Be­haup­tung aufgestellt hat. In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes ist davon auszugehen, dass auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit (von sich aus) hingewiesen wird (vgl E 19.12.2005, 2002/03/0287; 12.10.1970, 133/70; 12.11.1987, 87/02/0134).

Auf das Motiv, weshalb der Betroffene den "Nachtrunk" gegenüber den einschrei­tenden Beamten nicht unverzüglich erwähnt hat, kommt es nicht an (vgl E 21.12.2001, 99/02/0097).

 

Wie bereits oben beweiswürdigend ausgeführt, vermag die wechselnde Ver­antwortung der Bw nicht zu überzeugen, zumal sie im Rahmen der Amts­hand­lung am 29. März 2008 von einem Nachtrunk – noch dazu einer derart großen Menge Alkohol – absolut nichts erwähnt hat, obwohl sie gleichzeitig genaueste Trink- und Medikamentenangaben machte und den Vorfall in der F zu schildern in der Lage war, sodass von einer Erinnerungslücke, kurzfristiger Ver­wirrt­heit oder wie immer gelagerter psychischer Verdrängung nicht die Rede sein kann. Die Bw war bereits im Oktober 2006 mit einer massiven Alkoholbeein­trächtigung (ebenfalls 0,95 mg/l AAG) beim Lenken eines Pkw angehalten wor­den, sodass ihr die Bedeutung einer nach dem Lenken getrunkenen Alkohol­menge im Rahmen einer Beanstandung bewusst sein musste. Abgesehen davon variieren ihre "Nachtrunkmengen" auch nach dem Vorfall; laut Protokoll vom 8. April 2008 waren es noch 2 kleine Stamperl und ein undefinierbarer Schluck aus der Flasche; laut Berufung waren es bereits 5 bis 6 Stamperl und ein Schluck aus der Flasche, allerdings hatten die "kleinen Stamperl" bereits eine Größenordnung von je 40 ml angenommen. Die Aussage des damals ebenfalls erheblich alkoho­lisierten Zeugen P, der bei der Beanstandung in der Wohnung ebenfalls keinen Nachtrunk erwähnte, ist als objektiver Beweis ungeeignet, auch wenn er zumin­dest ver­sucht hat, der Bw durch sein Erscheinen bei der Erstinstanz wenigstens nachträglich nützlich zu sein. Woher die Alkoholisierung der Bw zum Zeitpunkt des Alkotests stammt, wenn sie zum Lenkzeitpunkt Laien gegenüber nur einen leicht alkoholisierten Eindruck machte, ist im Ergebnis irrelevant, weil die Bw im Hinblick auf den behaupteten Nachtrunk beweispflichtig ist und nicht die Behörde zu beweisen hat, wann und wie genau die Bw zu ihrem Zustand kam. 

 

Der UVS gelangt daher im Rahmen der Beweiswürdigung zur Auffassung, dass die Bw den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten hat, zumal ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

Zu den Einwendungen in der Berufung zum Spruch des Straferkenntnisses ist zu sagen, dass kein Zweifel am festgestellten AAG von 0,95 mg/l besteht, wobei diese Atemalkoholmessung um 20.45 Uhr stattfand, also mehr als eine Stunde nach dem Lenken des Pkw, was im Fall einer Rückrechnung unter Zugrunde­legung eines stündlichen Abbauwertes zu einer Erhöhung des AAG führen würde. Die vom Rechtsvertreter geäußerten Bedenken im Hinblick auf die Spruchkon­kre­tisierung zum für die Lenkzeit bei der Bw ange­nommenen AAG und daraus folgend der Subsumption unter § 99 Abs.1 lit.a StVO, was die Zugrundelegung eines AAG über 0,8 mg/l impliziert, vermag der UVS nicht zu teilen.   

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 von 1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe, für den Fall der Unein­bring­lichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat – zutreffend – eine einschlägige Vormerkung der Bw vom  Jahr 2006 als erschwerend gewertet und die Schätzung ihrer finanziellen Verhält­nisse (1.200 Euro netto monatlich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen) wurde von der Bw nicht angefochten und war daher auch im Rechtsmittelverfahren zugrundezulegen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Ein Ansatz für eine Strafherabsetzung war nicht zu finden und wurde auch nicht explizit geltend gemacht. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Lenkzeit 19.35 Uhr Alkotest 20.45 Uhr 0,95 mg/l AAG, Nachtrunkbehauptung mehrfach wechselnd + letzte Fahrt 1 Monat danach -> 1 einschließlicher VM -> 1.500 € / 18 Tage Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 21. September 2012, Zl.: 2009/02/0227-5

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