Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100235/2/Sch/Kf

Linz, 20.11.1991

VwSen - 100235/2/Sch/Kf Linz, am 20.November 1991 DVR.0690392 Dkfm. O R, L; Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des Dkfm. O R vom 9. September 1991 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. August 1991, Cst 9597/90-F, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben und von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 19 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Strafverfügung vom 16. April 1991, Cst 9597/LZ/90, über den Beschuldigten wegen der Übertretung des § 52 Z.10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er am 6. November 1990 um 8.42 Uhr in L, W.straße gegenüber Nr. 101 in Richtung stadtauswärts mit dem Kraftfahrzeug die durch das Verbotszeichen gemäß § 52 Z.10a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten hat, weil die Fahrgeschwindigkeit 51 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Meßgerät festgestellt worden ist.

2. Gegen diese Strafverfügung hat der Beschuldigte rechtzeitig Einspruch gegen die Strafhöhe eingebracht.

3. Dem Einspruch wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. August 1991, Cst 9597/90-F, gemäß § 49 Abs.2 VStG keine Folge gegeben und die mit der Strafverfügung verhängte Strafe bestätigt.

Weiters wurde dem Beschuldigten gemäß § 64 VStG als Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren ein Betrag von 100 S vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung eingebracht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Einleitend ist der Ordnung halber darauf hinzuweisen, daß sich im Tatortbereich kein Vorschriftszeichen gemäß § 52 Z.10a StVO 1960, sondern ein solches gemäß § 52 Z.11a leg.cit. befindet.

Bei der Begründung des angefochtenen Bescheides handelt es sich um eine reine formularmäßige Erledigung, die mit keinem Wort auf den konkreten Fall eingeht. In allgemein gehaltener Form wird behauptet, daß auf die Bestimmungen des § 19 Bedacht genommen worden sei.

Im einzelnen ist aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates folgendes zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Es stellt sich aus diesem Zusammenhang die Frage nach dem Schutzzweck der von der zuständigen Behörde der Stadt Linz häufig angeordneten "30 km/h Zonen". Wenn für derartige Maßnahmen Fragen der Verkehrssicherheit ausschlaggebend sein sollen, so ist für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die Auswahl der entsprechenden Straßenzüge erfolgt. Geht man davon aus, daß die W.straße im Tatortbereich ein relativ breites, gerades und übersichtliches Straßenstück darstellt, ist nicht nachvollziehbar, warum die Verkehrssicherheit eine Beschränkung der Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h erforderlich gemacht hat. Hiebei dürfte die Stadt Linz von anderen Erwägungen, möglicherweise auch im Hinblick auf die Nachahmung ausländischer Vorbilder, geleitet worden sein. Sollte die Beschränkung ihre Ursache in Umweltschutzgründen haben, bleibt die Frage offen, inwieweit ein Kraftfahrzeug, das im zweiten Gang mit 30 km/h gefahren wird, tatsächlich weniger Emissionen produziert, als ein solches, mit dem eine Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h im dritten Gang eingehalten wird.

Es kann sohin zusammenfassend aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates bei derartigen Verkehrsbeschränkungen im Hinblick auf den Unrechtsgehalt einer Übertretung de facto nichts ausgesagt werden, da insbesonders die Auswahlkriterien für die Beschränkungen, zumindest im konkreten Fall, völlig im Dunkeln liegen. Es kann daher dem § 19 Abs.1 VStG bei der Überprüfung der grundlegenden Strafbemessungsgründe nicht entsprochen werden, sodaß eine wesentliche Voraussetzung für die Bemessung einer konkreten Strafe fehlt.

Unabhängig davon ist aber festzustellen, daß einem Fahrzeuglenker Erwägungen im Hinblick auf die Sinnhaftigkeit einer Verordnung nicht zustehen, vielmehr sind Verkehrsbeschränkungen einzuhalten. Die obigen Erwägungen beziehen sich ausschließlich auf die Frage der Strafbemessung.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist zu der Ansicht gelangt, daß die aufgezeigte Problematik eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG fast zwingend gebietet. Die Erteilung einer Ermahnung erscheint im konkreten Fall nicht notwendig, da der Berufungswerber sich der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens durchaus bewußt ist. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Berufungswerber bereits eine Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 aus dem Jahr 1989 zu verantworten hat.

zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n 6

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