Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401010/2/BP/Wb/Se

Linz, 19.05.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des P O, StA von Nigeria, derzeit in Schubhaft angehalten im PAZ Steyr, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 30. April 2009 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis, GZ. Sich41-146-2008, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 29. April 2009, GZ: Sich41-146-2008, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG – zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG und zur Abschiebung nach Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft) die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Steyr am 30. April 2009 vollzogen.

 

Die belangte Behörde geht dabei nach Darstellung der einschlägigen Rechts­grundlagen im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf sei nigerianischer Staatsbürger und somit Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG. Er sei im August 2003 über unbekannt, ohne Dokumente, illegal ins Bundesgebiet eingereist und habe Asyl beantragt. Dieser Antrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 26. August 2003, Zl.: 03 23.992-BAW, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen worden. Gleichzeitig sei die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 festgestellt worden. Die dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid des UBAS am 26. Juni 2007 rechtskräftig abgewiesen worden. Im Dezember 2008 habe der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt, welcher zunächst aufschiebende Wirkung erteilt worden sei. Damit sei die Aufenthalts­berechtigung nach dem AsylG endgültig erloschen.

 

Zuletzt sei der Bf am 2. August 2008 in Wien festgenommen worden. Über ihn scheinen in Österreich folgende rechtskräftige Verurteilungen auf:

 

1. LG für Strafsachen Wien vom 16. Februar 2004, 163 Hv 1/04 v, wegen § 27 Abs. 1 und 2/2 (1. Fall) SMG: 8 Monate Freiheitsstrafe, davon 6 Monate bedingt nachgesehen (rechtskräftig seit 16. Februar 2004);

2. LG für Strafsachen Wien vom 5. September 2008, 044 Hv 69/08 z, wegen § 27 Abs. 1 (8. Fall) und Abs. 3 SMG: 9 Monate Freiheitsstrafe, rechtskräftig seit 5. September 2008.

 

Am 28. Oktober 2008 sei der Bf im Stande der Strafhaft von der JA Wien-Josefstadt in die JA Ried überstellt worden. Das Strafende sei mit 30. April 2009 vorgemerkt worden.

 

Die BPD Wien habe gegen den Bf mit Bescheid vom 29. September 2008, Zl. III-1139522/FrB/08, ein unbefristetes Rückkehrverbot verhängt, welches am 16. Oktober 2008 in Rechtskraft erwachsen sei.

 

Die BPD Wien habe weiters mit Bescheid vom 25. März 2009, Zl. III-1139522/FrB/09, gemäß § 53 Abs. 1 FPG einen Ausweisungsbescheid erlassen und einer Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dagegen habe der Bf Berufung eingebracht.

 

Der Bf sei zuletzt seit 19. Juni 2006 an der Adresse 1... W, Y polizeilich gemeldet. Nach seinen Angaben handle es sich dabei um die Wohnung seiner Freundin E. Sie sei ca. 30 Jahre alt. Den Familiennamen wisse er nicht. Seit der Bf in Ried angehalten werde, habe er keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Freundin sei die einzige Bezugsperson in Österreich. Im Bundesgebiet habe der Bf keine Familienangehörigen. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. In Österreich sei der Bf diversen illegalen Gelegenheitsjobs nachgegangen. An Barmitteln besitze er aktuell 335, 17 Euro.

 

Im Rahmen der fremdenpolizeilichen Vernehmungen am 25. Februar 2009, 25. März 2009 und am 27. April 2009 habe der Bf sich gegen die Verhängung der Schubhaft und gegen die Abschiebung ausgesprochen. In Nigeria sei sein Leben in großer Gefahr. Diesbezüglich habe er auf die von ihm im Asylverfahren dargelegten Fluchtgründe verwiesen. Eine Rückkehr nach Nigeria könne sich der Bf nicht vorstellen.

 

Weiters werde festgestellt, dass der Bf am 30. Dezember 2008 die Abnahme von Fingerabdrücken zur Vorbereitung der Beschaffung eines Heimreisezertifikates verweigert habe.

 

Am 27. Februar 2009 habe die belangte Behörde ein Ersuchen an das BMI gerichtet, bei der nigerianischen Botschaft in Wien ein Heimreisezertifikat für den Bf zu besorgen.

 

Am 21. April 2009 habe der Bf im Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gestellt. Mit Schreiben vom 23. April 2009, Zl. 09 04.735, habe das BAA EASt West den Bf gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Diese Mitteilung sei dem Bf am 23. April 2009 nachweislich zugestellt worden.

 

Die belangte Behörde führt weiter aus, dass bei Gesamtbetrachtung des vorliegenden Sachverhaltes ernsthaft die Gefahr bestehe, dass sich der Bf mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die im Spruch angeführten Maßnahmen vereiteln oder wesentlich erschweren würde. Durch die ex-lege Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach § 27 Abs. 1 Z. 1 AsylG als Folge der Mitteilung des BAA nach § 29 Abs. 3 Z. 4 leg cit seien die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG zur Schubhaft­verhängung gegeben.

 

Ein konkreter Sicherungsbedarf liege vor, weil nach Würdigung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Bf in die Anonymität untertauchen und einer asylrechtlichen Ausweisung sowie der Abschiebung zu entgehen trachten würde.

 

Ein allfälliger Anspruch auf Grundversorgung im Rahmen des anhängigen zweiten Asylverfahrens und die Hauptwohnsitzmeldung in W vermögen die evidente Fluchtgefahr nicht zu entkräften, weil der Bf – unter Berücksichtigung seines bisherigen Verhaltens und seiner Aussagen – absolut rückkehrunwillig sei.

 

U.a. trachte der Bf danach, die Feststellung seiner Identität bzw. die Erlangung eines Heimreisezertifikates möglichst zu erschweren. Dazu komme, dass er dem Folgeasylantrag – nach Verhängung eines Rückkehrverbotes und der Ausweisung gemäß § 53  Abs. 1 FPG – am 21. April 2009 – also wenige Tage vor Strafende – gestellt habe, offensichtlich mit dem Ansinnen, die anstehenden fremden­polizeilichen Maßnahmen zu vereiteln.

 

Die gegen den Bf erlassenen Bescheide, sein rechtswidriger Aufenthalt und die beabsichtigte Zurückweisung des Folgeantrags wegen entschiedener Sache würden insgesamt einen erheblichen Fluchtanreiz darstellen. Der Bf müsse zeitnah mit einer Abschiebung rechnen.

 

Demgegenüber sei der Umstand, dass der Bf bei seiner Freundin E an der oa. Adresse gemeldet sei, eine eher untergeordnete Bedeutung beizumessen, da er nicht einmal den vollen Namen und das genaue Alter dieser Frau angeben könne.

 

Letztlich dürfe auch nicht übersehen werden, dass er während des Aufenthalts in Österreich auch über längere Zeiten obdachlos gewesen sei.

 

Im ggst. Fall stehe auch kein gelinderes Mittel im Sinn von § 77 FPG zur Verfügung um den Zweck der Schubhaft zu erreichen.

 

Eine mögliche Rückkehr an die frühere Adresse in Wien biete keine hinreichende Gewähr, dass der Bf dort jederzeit greifbar wäre. Viel mehr müsse angenommen werden, dass der Bf versuchen werde sich abzusetzen. Im konkreten Fall könne im speziellen auch das Suchtmittelmilieu ein untertauchen sehr wohl erleichtern. Schließlich sei bei der Abwägung mit einzubeziehen, dass der Bf wiederholt in Österreich Asyl beantragt habe. Allein daraus sei eine entsprechende Vereitelungsabsicht in Bezug auf fremdenpolizeiliche Maßnahmen abzuleiten.

 

Überdies sei die verhängte Maßnahme auch verhältnismäßig.

Die Abschiebung des Bf aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 1 FPG dringend geboten.

 

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft und den ihr zugrundeliegenden Bescheid erhob der Bf mit Schreiben vom 10. Mai 2009, implizit Beschwerde – eingebracht bei der Behörde erster Instanz.

 

Darin führt er zunächst aus, dass er sich an die Rechtsordnungen seines Gastlandes halten würde und seine Einstellung diesbezüglich nun geändert habe. Hinsichtlich der gegen ihn verhängten Strafe wegen der Suchtmitteldelikte verspricht der Bf, nicht wieder straffällig werden zu wollen.

 

Hinsichtlich der Freundin E, mit der er an einer gemeinsamen Adresse gemeldet ist, führt er nun aus, dass der Nachname seiner Freundin M sei und das die beiden ein gemeinsames Leben planen würden. Nachdem er selbst keine Familienangehörigen mehr besitze, wolle er die Gelegenheit eine Familie zu gründen nicht vorübergehen lassen.

 

Abschließend beantragt der Bf seine umgehende Freilassung und ersucht um die Gewährung einer zweiten Chance, die ihm eine entsprechende Integration in die österreichische Gesellschaft ermöglichen soll.

 

 

2. Mit Schreiben vom 15. Mai 2009, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 18. Mai 2009, legte die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde sowie den bezughabenden Verwaltungsakt vor, und beantragte, die gegenständliche Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

2.1. Sie erstattete eine umfassende  Gegenschrift und führte darin u.a. aus, dass der zweite Asylantrag des Bf mit Bescheid vom 8. Mai 2009 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Bf am 11. Mai 2009 der nigerianischen Botschaft zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates vorgeführt worden sei.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus. Insbesondere ist festzuhalten, dass der Bf keinerlei Argumente vorbringt, die diesen Sachverhalt in Abrede stellen würden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 29/2009, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 29. April 2009, Zl. Sich41-146-2008, seit 30. April 2009 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung und des ihr zu Grunde liegenden Bescheides vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.     gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.     gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.     gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.     aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Nachdem der Bf wegen seiner Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz 9 Monate in Strafhaft angehalten wurde, war dem Schubhaftbescheid dass – von der belangten Behörde durchgeführte – umfassende Ermittlungsverfahren zu Grunde zu legen.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn 1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird; 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Ein Ausweisungsverfahren nach diesem Bundesgesetz gilt gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als eingeleitet, wenn im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

Nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen hat die Behörde gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 je nach Stand des Ermittlungsverfahrens dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs. 2 AVG) mitzuteilen, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und § 68 Abs. 1 AVG).

 

3.4. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf, ein nigerianischer Staatsangehöriger, am 21. April 2009 erneut einen Asylantrag stellte und somit zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft Asylwerber war. Weiters ist unbestritten, dass mit Schreiben vom 23. April 2009, das BAA EASt West den Bf mitteilte, dass beabsichtigt sei, seinen zweiten Asylantrag gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG iVm. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

In der Zusammenschau mit § 27 Abs. 1 AsylG ist somit die Alternative des § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gegeben.

 

Während seiner Anhaltung in Schubhaft verdichteten sich die asylrechtlichen Entwicklungen dahin, dass nunmehr auch eine negative erstinstanzliche asylrechtliche Entscheidung vorliegt.

 

Grundsätzlich konnte die belangte Behörde die Schubhaft somit zu Recht auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG stützen.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Im vorliegenden Fall steht zunächst außer Zweifel, dass der Bf beinahe völlig mittellos und in Österreich nicht sozial oder sonstig integriert ist. Der erste Asylantrag wurde rechtskräftig abgewiesen, eine dagegen erhobene Beschwerde an den VwGH von diesem abgelehnt. Gegen den Bf wurden ein unbefristetes Rückkehrverbot als auch eine Ausweisung nach § 53 FPG erlassen. Der zweite Asylantrag wurde erstinstanzlich wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Der Bf wurde mehrmals straffällig und diesbezüglich auch verurteilt, was zeigt, dass ihn – entgegen seiner nunmehrigen Darstellungen – ein rechtskonformes Verhalten seinerseits kein besonderes Anliegen ist. Als Folge einer drohenden Abschiebung stellte der Bf einen weiteren Asylantrag, dies wohl nur deshalb um die fremdenpolizeilichen Maßnahmen hintanzuhalten.

 

Schon davor hatte er die Abgabe von Fingerabdrücken verweigert, um wiederum seine Rückführung in seinen Heimatstaat erheblich zu erschweren.

 

Überdies hat er in den verschiedensten, im Akt vorliegenden, Aussagen eine freiwillige Rückkehr nach Nigeria ausgeschlossen.

 

Seit Jahren ging der Bf in Österreich illegalen Beschäftigungen nach und hat aufgrund seiner Kontakte zum Suchtgiftmilieu wohl auch die entsprechenden Möglichkeiten sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen.

 

Spätestens seit der Mitteilung über die beabsichtigte Zurückweisung seines zweiten Asylantrages war dem Bf die drohende Abschiebung bewusst, weshalb schon bei Entlassung aus der Strafhaft ein besonders hoher Sicherungsbedarf bestand.

 

Im Übrigen kann zur Begründung dieses Sicherungsbedarfs auf die eingehende und zutreffende Darstellung der belangten Behörde im bekämpften Schubhaft­bescheid verwiesen werden.

 

Dieser folgend muss auch festgestellt werden, dass das bloße Bestehen einer Wohnadresse keine Gewähr bietet, den Bf von einem untertauchen abzuhalten, wenn er jetzt auch den Nachnamen seiner "Freundin" zu kennen angibt.

 

Nachdem keinerlei tatsächliche Asylgründe vorliegen, ist offenbar, dass es dem Bf darauf ankommt, auf welche Art und Weise auch immer und der Anwendung welcher Mittel auch immer, seinen illegalen Aufenthalt in einem für ihn wirtschaftlich attraktiven Land zu verlängern.

 

3.6. Aufgrund einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Bf muss somit von einem besonders akuten und hohen Sicherungsbedarf ausgegangen werden, da wohl mit Sicherheit angenommen werden kann, dass er auf freiem Fuß belassen sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren in Österreich ohne viel Zeit zu verlieren entzogen haben würde.

 

Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus.

 

Auch hiezu ist auf die Begründung im bekämpften Bescheid zu verweisen.

 

3.7. Die Verhängung der Schubhaft ist zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden.

 

Er ist jedoch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit auch besonders im Hinblick auf Art. 8 EMRK und dem dort normierten Grundrecht auf Privat- und Familienleben zu beurteilen.

 

Der Bf weist darauf hin, dass die Frau, mit der er in einer gemeinsamen Wohnung zu leben beabsichtige, auch deren Wunsch nach zukünftig seine Lebensgefährtin sein werde. Nicht außer Acht lassend, dass der Bf bislang nicht einmal in der Lage war, den Nachnamen der "Lebensgefährtin" anzugeben, muss jedenfalls festgestellt werden, dass die angeführte Beziehung derzeit nicht von besonders hoher Intensität sein dürfte. Dennoch ist – im Hinblick auf das Rechtsschutzinteresse - die Anhaltung im Hinblick auf das nun in Aussicht gestellte Privat- und Familienleben zu überprüfen. 

 

Unbestritten ist, dass Art. 8 Abs. 2 EMRK unter gewissen Voraussetzungen Schranken dieses Grundrechts z. B. zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung strafbarer Handlungen setzt. Entgegen der Absichtserklärung des Bf ist durch sein bisheriges Verhalten sehr wohl die öffentliche Ordnung und Sicherheit betroffen, denn die Einhaltung fremden- und aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen ist – auch nach ständiger Judikatur der Höchstgerichte – zweifellos unter das Schutzgut der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu subsumieren. Dies gilt um so mehr zur Verhinderung von Suchtgiftdelikten, von denen eindeutig eine besonders hohe Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen und ein massives Grundinteresse der Gesellschaft berührt ist. Mangels legaler Erwerbsmöglichkeiten ist aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates keinesfalls die Gewähr für ein zukünftig rechtskonformes Verhalten des Bf gegeben.

 

Eine Abwägung der Interessen fällt hier eindeutig zugunsten des öffentlichen Interesses aus. Es war somit der belangten Behörde zu folgen und das Recht des Bf auf Privat- und Familienleben sowie das seiner potentiellen Lebensgefährtin dem Gemeinwohl unterzuordnen.

 

3.8. § 80 Abs. 2 FPG normiert, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für ihre Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier eine zweimonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig erst seit rund drei Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte zweimonatige Frist noch nicht ausgeschöpft ist.

 

§ 80 Abs. 5 FPG bringt überdies eindeutig zum Ausdruck, dass die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, wenn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 leg.cit. verhängt wurde.

 

Diese Bestimmung ist auch im konkreten Fall anwendbar. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates liegt noch nicht einmal eine Berufung, geschweige denn eine Entscheidung des Asylgerichtshofes vor.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Nigeria, ist zum Entscheidungszeitpunkt durchaus erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung des Bf sprechen.

 

3.9. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom 10. Mai 2009 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen ist, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

 

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