Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-710007/2/Fi/Se

Linz, 26.05.2009

 

 

 

B e s c h l u s s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung von Herrn D P, geb. am    , E, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 3. Jänner 2008, Pol04-35-10-2007, betreffend Kostenersatz nach dem Tierschutzgesetz mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit „Kostenbescheid“ vom 3. Jänner 2008, Pol01-35-10-2007, wurde betreffend den Berufungswerber (Bw) folgendermaßen abgesprochen:

„Sehr geehrter Herr P !

Wir haben folgende Amtshandlung durchgeführt:

Behördliche Abnahme von 2 Hunden (1. Labrador-Schäfermix, weiblich, Rufname: Cora und 2. Labradormix, männlich, Rufname: Rocco) sowie anschließende Unterbringung bzw. tierärztliche Versorgung im Tierheim Linz

Dabei sind Kosten entstanden, die von Ihnen zu tragen sind:

zu 1) Labrador-Schäfermix, weiblich, 12 Jahre, Rufname – Cora:

Erstuntersuchung + 1. Impfung                                        € 60,00

08.10.2007 – 2. Impfung                                                € 60,00

Tagessatz von 30.08.2007 – 30.10.2007 á € 70,00       €420,00

zu 2) Labradormix, männlich, ca. 19 Monate, Rufnahme – Rocco:

Erstuntersuchung + 1. Impfung                                        € 60,00

Tagessatz von 30.08.2007 – 14.09.2007 á € 7,00        € 105,00

zusammen:                                                                   € 705,00

Rechtsgrundlagen:

§§ 30 iVm 37 Tierschutzgesetz (TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004 idgF. iVm §§ 76 bis 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

Der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land (belangte Behörde im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat) führte begründend aus, dass aufgrund der im Bescheid näher bezeichneten Umstände die Behörde davon ausgehe, dass der Bw aufgrund des Besitzes des Hundes „Cora“ sowie der von ihm übernommenen Obhut betreffend den Hund „Rocco“ für die Übertretungen nach dem TSchG und der daraus folgenden behördlichen Abnahme bzw. der Unterbringung im Tierheim Linz verantwortlich sei und deshalb auch die daraus entstandenen Kosten zu tragen habe. Die belangte Behörde dürfte mit den Begründungsausführungen darzulegen versuchen, warum sie sich hinsichtlich des Kostenersatzes an den Bw wendet – diesen somit als Tierhalter im Sinn der Legaldefinition des § 4 Abs.1 des TSchG qualifizierte.

Eine weitere Begründung hinsichtlich der hier relevanten Frage des Kostenersatzes erfolgte seitens der belangten Behörde nicht. So enthält etwa der bekämpfte Bescheid weder einen Hinweis dahingehend, aufgrund welcher Basis sich die einzelnen Kostenansätze, zu welchen der Bw mit dem bekämpften Bescheid verpflichtet wird, zusammensetzen, ob diese Kostenansätze auf eine vertragliche Vereinbarung im Sinn des § 30 Abs.2 des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, zurückgehen, noch dahingehend, ob diese Kosten einer Institution im Sinn des § 30 Abs.1 TSchG schon refundiert wurden.

1.2. Gegen diesen Bescheid, welcher dem Bw durch Hinterlegung am 10. Jänner 2008 zugestellt wurde, wendet sich nun der Bw mit dem von ihm verfassten und als „Einspruch“ titulierten Rechtsmittel vom 23. Jänner 2008, welches bei der belangten Behörde am selben Tag – und somit rechtzeitig – einlangte. Der Bw hält dem Kostenbescheid argumentativ entgegen:

„Ich möchte festhalten das weder der Hund Rocco noch der Hund Kora, meine Hunde sind.

Als Beweis übermittle Ich anbei 7 Seiten diverser Rechnungen und Urkunden !“

2.1. Die belangte Behörde hat die Berufung mit Schreiben vom 18. Februar 2008 dem Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz, welches mit Schreiben vom 12. Mai 2009 die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weiterleitete, wo diese am 14. Mai 2009 einlangte.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu GZ Pol01-35-10-2007. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären lies und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Mit dem nun bekämpften Kostenbescheid wurde der Bw erstmals mit den für die Anhaltung im Tierheim des Oö. Landestierschutzvereins und Vereins für Naturschutz entstandenen – konkreten - Kosten informiert. Dem im Akt befindlichen Aktenvermerk vom 13.11.2007 ist lediglich eine Information des Bw seitens der belangten Behörde dahingehend zu entnehmen, dass „er andererseits aufgrund des Umstandes, dass die behördliche Abnahme erfolgte, weil die Tiere in seiner Obhut nicht ordentlich gehalten wurden, somit voraussichtlich auch die Tierheimkosten tragen wird müssen.“

Die vom Oö. Landestierschutzverein und Verein für Naturschutz an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gerichtete Rechnung stammt vom 19. November 2009. Diesbezüglich wurde dem Bw keine Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen des Parteiengehörs zu äußern.

Mit (laut beiliegendem Inhaltsverzeichnis der belangte Behörde rechtskräftigen) Strafverfügung vom 13. November 2007 wurde über Frau S P verwaltungsstrafrechtlich dahingehend abgesprochen, dass sie es „als faktische Hundehalterin des über 12 Wochen alten Labradormischlings mit dem Rufnamen „Rocco“ strafrechtlich zu verantworten [hat], dass dieser Hund zumindest bis zur behördlichen Abnahme am 30.08.2007 nicht bei der zuständigen Gemeinde angemeldet wurde, obwohl eine Person, die einen über 12 Wochen alten Hund hält, dies dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz hat, binnen drei Tagen zu melden hat.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da im gegenständlichen Fall eine materiengesetzliche Spezialvorschrift nicht zum Tragen kommt und sich die vorliegende Berufung auch nicht gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes, der Landesregierung oder einer Behörde, deren Sprengel das gesamte Gebiet des Landes umfasst, richtet, hat der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 67a Abs.1 AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 33 Tierschutzgesetz, BGBl I Nr. 118/2004, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 35/2008 (TSchG) fungiert als Behörde im Sinn des TSchG grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde. Über Berufungen gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat.

3.3. Gemäß § 37 Abs.1 Z1 TSchG sind die Organe der Behörde einerseits verpflichtet, wahrgenommene Verstöße – u.a. solche gegen das in § 5 TSchG normierte Verbot der Tierquälerei – durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden und zudem andererseits berechtigt, in dieser Weise beeinträchtigte Tiere nach § 37 Abs.1 Z2 und § 37 Abs.2 TSchG dem Halter abzunehmen. Solche Tiere können gemäß § 30 Abs.1 TSchG einer Person, einer Vereinigung oder einer Institution, die eine ordnungsgemäße Tierhaltung zu gewährleisten vermag, zur Verwahrung übergeben werden, wobei eine derartige Unterbringung nach § 30 Abs.3 TSchG auf Kosten und Gefahr des Tierhalters erfolgt. Gemäß § 30 Abs.3 TSchG sind die vom Land und vom Verwahrer (also jenen Personen[vereinigungen] oder Institutionen, die eine Tierhaltung im Sinn des TSchG gewährleisten können) zu erbringenden Leistungen und das dafür zu entrichtende Entgelt vertraglich zu regeln.

Gemäß § 4 Z1 TSchG ist unter Halter jene Person zu verstehen, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat.

Nach § 76 Abs.1 AVG hat, wenn der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen erwachsen, jene Partei dafür aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat; für den Fall, dass die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet wurde, belasten nach § 76 Abs. 2 AVG die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

3.4. Gemäß § 66 Abs.2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich scheint. Wie der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen angenommen hat, ist es für die Anwendbarkeit des § 66 Abs.2 AVG unerheblich, ob die Feststellung des Sachverhalts eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erfordert (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht³ [2005] Rz. 523 und die dort verwiesene Judikatur).

Da dem Bw nicht einmal Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen gegeben wurde und damit ein wesentlicher Grundsatz des Verwaltungsverfahrens, nämlich die Wahrung des Parteiengehörs (§ 37 AVG) verletzt wurde, besteht insofern unzweifelhaft Nachholbedarf (siehe VwGH vom 27. Juni 2002, 2002/07/005).

Ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist – angesichts des mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens – letztendlich der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unabhängigen Verwaltungssenat (als Rechtsschutzeinrichtung) selbst keine Ersparnis von Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs.3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebietet es die Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und die Kostenersparnis (vgl. § 39 Abs.2 letzter Satz AVG) die notwendigen ergänzenden Beweise durch die – mit dem vorliegenden Fall umfassend vertraute – belangte Behörde vornehmen zu lassen. Dies nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt, als die belangte Behörde in ihrem – nunmehr bekämpften – „Kostenbescheid“ davon aufgegangen ist, dass der Bw "Halter" beider Hunde ist und insofern eine Kostenersatzpflicht angenommen hat, andererseits jedoch in einem vor der selben Behörde geführten Verwaltungsstrafverfahren betreffend Frau S. P. diese bis zur behördlichen Abnahme am 30. August 2007 als „faktische“ Hundehalterin angesehen wurde.

In dem ergänzenden Ermittlungsverfahren wird zudem zu klären sein, ob die in Rechnung gestellten Kostenansätze auch der in § 30 Abs.2 TSchG angesprochenen vertraglichen Vereinbarung entsprechen bzw. diese den Kostenansätzen zugrunde liegt. Letztendlich wird auch zu prüfen sein, ob die vom Oö. Landestierschutzverein mit Schreiben vom 19. November 2007 in Rechnung gestellten – und nunmehr dem Bw weiter verrechneten – Kosten seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bzw. dem Land Oö. bereits refundiert wurden (vgl. VwGH 2007/02/0206 v. 25. April 2008).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

Beschlagwortung:

Mangelndes Ermittlungsverfahren

 

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