Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252036/8/Kü/Sta

Linz, 27.05.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Finanzamtes L, B, L, vom 26. Jänner 2009 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Jänner 2009, Gz.: 0019744/2006, mit welchem das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn H E S, S, S, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. April 2009 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Jänner 2009, Gz.: 0019744/2006, wie folgt geändert:

 

"Herr H E S, S, S, hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der M.R. G-GmbH mit dem Sitz in W, L, zu verantworten, dass von dieser im Nachtclub M R, W, L, von 25.7.2006 bis 27.7.2006 die slowakischen Staatsbürgerin M R, geb. , als Prostituierte beschäftigt wurde, ohne dass für diese Ausländerin eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungs­bewilligung – unbeschränkt“ (§ 8/2/3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

Herr H E S hat dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz BGBl. Nr. 218/1975 idF. BGBl. I Nr. 99/2006.

 

Über Herrn H E S wird gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungs­gesetz iVm § 20 Verwaltungsstrafgesetz eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt. "

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.9.2006 wurde gegen Herrn H E S ein Verwaltungsstraf­verfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eingeleitet. Herrn S wurde angelastet als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M.R. G-GmbH, L, W, dafür verantwortlich zu sein, dass in dem von der M.R. G-GmbH betriebenen Nachtclub M R in W, L, in der Zeit von 25.7.2006 bis 27.7.2006 die slowakische Staatsbürgerin M R, geb. , als Prostituierte und Animierdame in einem arbeitnehmer­ähnlichen Dienstverhältnis ohne entsprechende arbeitsmarkt­rechtliche Bewilligungen beschäftigt worden ist.

 

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen wurde dieses Verwaltungsstraf­verfahren mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16.1.2009, Gz.: 0019744/2006, eingestellt. In der Begründung führte die Erstinstanz zum Sachverhalt aus, dass die slowakische Staatsangehörige in dem offiziell zugelassenen Bordell als Prostituierte angetroffen wurde und sie aufgefordert wurde, ein Personenblatt auszufüllen. Folgerichtig habe sie angegeben, als Prostituierte tätig zu sein und nicht an irgendwelchen Umsätzen beteiligt zu sein. Als Arbeitszeit habe sie die Öffnungszeiten des Lokals angegeben. In der Stellungnahme des Beschuldigten wurde angeführt, dass es sich bei der Tätigkeit der Ausländerin um eine selbständige Tätigkeit handeln würde und auch keinerlei Verpflichtung gegenüber dem Lokal bestehen würde. Der von der Ausländerin angeführte Lohn sei handelsüblich und werde regional auch von allen Prostituierten eingehalten.

 

Aufgrund vorliegender Unklarheiten sei die Ausländerin von der Behörde unter Wahrheitspflicht einvernommen worden und habe sie dort angegeben, dass sie an keine fixten Arbeitszeiten gebunden gewesen sei. Lediglich die Öffnungszeiten des Bordells hätten einen Rahmen dafür gebildet. Die Kondome zu deren Verwendung sie aufgrund der sanitätspolizeilichen Untersuchung beim Gesundheitsamt Linz verpflichtet sei, würde sie sich im Gesundheitsamt anlässlich der verpflichtenden Untersuchung besorgen. Sie kassiere auch den Lohn vom Gast und zahle die Zimmermiete an den Bordellbetreiber. Sie sei auch an keinerlei Umsatz beteiligt. Dies sei auch vom Kellner bei dessen Einvernahme vor der Behörde bestätigt worden. Weiters habe die Ausländerin angegeben, dass sie kommen und gehen könne, wann immer sie wolle. Sie selbst würde bestimmen, wann sie ihrer Tätigkeit nachgehen wolle.

 

In rechtlicher Würdigung dieser Ausführungen kam die Behörde zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall weder eine organisatorische Eingliederung in die Betriebsabläufe des Bordells stattfinde, noch die Ausländerin wirtschaftlich von diesem Bordell abhängig sei, da sie jederzeit die Stätte zur Ausübung ihrer Tätigkeit wechseln könne. Auch sei ihr freigestellt, wann sie ihre Tätigkeit ausüben wolle, lediglich die Öffnungszeiten würden einen groben Rahmen bilden. Die Behörde komme daher zu dem Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliege.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Finanzamt L erhobene Berufung in der beantragt wird, das Verfahren mittels Berufungsvorentscheidung im Sinne des ursprünglichen Strafantrages vom 11.8.2006 durchzuführen oder gegebenenfalls an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorzulegen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass für die Anwendbarkeit des AuslBG der Nachweis reiche, dass es sich bei der beschäftigten Ausländerin um eine arbeitnehmerähnliche Person handle. Zur Charakterisierung einer solchen komme es auf die persönliche wirtschaftliche Abhängigkeit an. Arbeitnehmerähnlichkeit sei vor allem darin zu erblicken, dass die Arbeitnehmerähnliche in wirtschaftlicher Abhängigkeit und demnach unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig würde. Dem organisatorischen Aspekt dieser Abhängigkeit komme maßgebliche Bedeutung zu. Dabei sei, ohne, dass alle Kriterien vollständig in jedem konkreten Einzelfall auch verwirklicht sein müssten, in methodischer Hinsicht das Gesamtbild der Tätigkeit dahingehend zu prüfen, ob diese Person durch das konkrete Rechtsverhältnis gehindert sei, ihre Arbeitskraft auch anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen.

 

Da im gegenständlichen Fall Arbeits- bzw. Öffnungszeiten von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr angegeben seien und dies an sechs Tagen pro Woche, scheine die verfügbare übrige Arbeitszeit von Frau R mit ihrer wöchentlich – maximal – 54-stündigen Tätigkeit in diesem Lokal ausgeschöpft zu sein. Die Tatsache, dass die Prostitution unter Ausnutzung der Kundenfrequenz im Lokal angebahnt worden sei, weise nach Ansicht der Abgabenbehörde ebenfalls auf eine starke Abhängigkeit hin. Weiters sei die Aussage, dass die Stundenpreise durch Konkurrenz zustande gekommen wären, für das Finanzamt nicht schlüssig, sondern würde dies als Schutzbehauptung qualifiziert. Im gegenständlichen Fall dürfte hinsichtlich des Preises eine Vorgabe vorliegen, zumal ja bei der Kontrolle per se ebenfalls angegeben worden sei, dass der Preis durch den Chef vorgegeben würde. Die Unterbringung unter der gleichen Anschrift (Wohnort und Lokal hätten die gleiche Adresse) würde ebenfalls als ein Indiz für eine enge Bindung an den Betrieb gewertet.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat diese Berufung mit Schreiben vom 29.1.2009, eingelangt am 9.2.2009, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Gemäß § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat die Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu treffen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.4.2009, an welcher Herr H E S persönlich teilgenommen hat. Zur mündlichen Verhandlung ist kein Vertreter des Finanzamtes L erschienen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Herr H E S war im Juli 2006 handelsrechtlicher Geschäftsführer der M.R. G-GmbH mit dem Sitz in W, L. Von der M.R. G-GmbH wurde am gleichen Standort das Nachtlokal M R betrieben. Das Lokal verfügt über einen Barbetrieb sowie Zimmer, in denen die Prostitution ausgeübt wird.

 

Die slowakische Staatsbürgerin M R ist in der Zeit von 25. bis 27.7.2006 im Lokal M R der Prostitution nachgegangen.

 

Sämtliche Damen, die im M R der Prostitution nachgehen, so auch Frau R, sind an Herrn S herangetreten und haben diesen gefragt, ob sie ihm Lokal der Prostitution nachgehen können. Den Damen, die auf Herrn S zugekommen sind, wurde das Umfeld geschildert und erklärt wie das Lokal funktioniert. Schriftliche Vereinbarungen mit den Damen werden nicht getroffen. Bei diesem ersten Gespräch wird auch über den Richtpreis für die Ausübung der Prostitution gesprochen bzw. werden den Damen die Zimmerpreise offen gelegt, welche sie für die Benützung zu bezahlen haben. Auch bei Frau M R ist das so gewesen.

 

Zu den Richtpreisen ist festzuhalten, dass diese örtlich vorgegeben sind. Die Damen, die ins Lokal gekommen sind, haben schon ungefähr gewusst, was sie zu verlangen haben.

 

Im M R existieren ca. acht bis neun Zimmer, in denen die Prostitution ausgeübt werden kann. Vom Kunden wird entsprechend dem Geldbetrag, den er zu zahlen bereit ist, das Zimmer gewählt. Die Prostituierten sind somit immer in unterschiedlichen Zimmern tätig.

 

Grundsätzlich kassierten die Prostituierten das Geld vom Kunden selbst. Die Zimmermiete bezahlten die Damen an Herrn S als Betreiber des M R. Für den Fall, dass die Prostituierten aus irgendwelchen Gründen beim Kunden selbst nicht kassieren konnten, wurde der Gesamtpreis vom Kunden an der Bar bezahlt. Die Damen sagten in diesem Fall an der Bar, dass ihr Preis mitzukassieren ist, dies kam etwa dann vor, wenn die Kunden schon stark betrunken gewesen sind. Es ist auch vorkommen, dass das Geld der Prostituierten vom Kellner bei der Bar verwahrt wurde, da die Damen nicht die Möglichkeit hatten, das Geld zu versperren.

 

Die Öffnungszeiten des M R waren von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr in der Früh. In dieser Zeit hatten die Damen die Möglichkeit die Prostitution auszuüben. Über die Anwesenheit der einzelnen Prostituierten während dieser Zeit hat es keinen Plan gegeben. Die Prostituierten konnten grundsätzlich kommen und gehen, wann sie wollten. Wenn sie schon vor 6.00 Uhr das Lokal verlassen haben, wurde zu diesem Zeitpunkt die Miete mit ihnen abgerechnet.

 

Im Barbetrieb hatten die Damen auch die Möglichkeit die Kunden zum Getränkekonsum zu animieren. Für diese Tätigkeit haben sie keine Getränkeprovision ausbezahlt erhalten. Die Damen selbst haben alkoholfreie Getränke gratis bekommen. Auch wenn sie einmal ein Bier oder ein Glas Rotwein wollten, haben sie dies gratis bekommen.

 

Die Verwendung von Kondomen wurde den Damen vom Gesundheitsamt vorgegeben. Herr S hat die Damen nicht darauf hingewiesen, dass sie Kondome zu verwenden haben.

 

Frau R nützte auch die gebotene Wohnmöglichkeit im Haus. Sie hat dafür 10 Euro Miete an die Hausbesitzerin bezahlt.

 

Am 27.7.2006 wurde das Lokal M R von Organen des Zollamtes L gemeinsam mit Polizeibeamten kontrolliert. Bei dieser Kontrolle wurde Frau R angetroffen. Sie hat im Zuge der Kontrolle ein Personenblatt in tschechischer Sprache ausgefüllt und hat angegeben, dass sie im M R als Prostituierte seit 25.7.2006 tätig ist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen des Herrn S im Zuge der mündlichen Verhandlung und ist insofern unbestritten geblieben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungs­bewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Herr S verantwortet sich damit, dass aus seiner Sicht die Mädchen im Bordell M R, so eben auch Frau M R, selbständig tätig gewesen sind. Zu diesem Vorbringen genügt der Hinweis auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt z.B. 26.2.2009, Zl. 2007/09/0316), wonach eine Tätigkeit als "Prostituierte und Animierdame" in einem Barbetrieb oder Nachtclub - wie im Beschwerdefall - in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird, wie in einem Arbeitsverhältnis (wie dies etwa schon hinsichtlich der Tätigkeiten einer Kellnerin, einer Animierdame oder einer sog. "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb ausgesprochen wurde; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157, mwN). In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Angesichts der planmäßigen Eingliederung der betreffenden Ausländerinnen in die (hier: vom Beschwerdeführer zu verantwortende) Betriebsorganisation ist ihre Tätigkeit diesem Unternehmen zuzurechnen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2007/09/0368).

 

Im durchgeführten Berufungsverfahren sind von Herrn S nicht jene atypischen Umstände dargelegt worden, die den vorliegenden Sachverhalt in einem gänzlich anderen Licht erscheinen lassen würden. Die Betriebsweise des Bordells M R stellt in Anlehnung an die Ausführungen des Herrn S jenen Betriebsablauf dar, der in derartigen Lokalen üblich ist. Der Umstand, dass die Prostituierten von sich aus auf den Bordellbetreiber zukommen, keiner Anwesenheitspflicht unterliegen und auch die Möglichkeit haben, in anderen Lokalen zu arbeiten, die vorgegebene Zimmermiete bezahlen und die Möglichkeit haben, Kunden zu Getränken zu animieren, stellen jedenfalls Vorgangsweisen dar, die in diesen Nachtlokalen – wie gesagt – der üblichen Praxis entsprechen. Die festgestellte Tätigkeit der Ausländerin stellt in ihrer Gesamtheit angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Herrn S - von der Beistellung der zur Ausübung der Prostitution erforderlichen Räumlichkeiten bis zur angestrebten, durch die Tätigkeit der Ausländerinnen als Animierdamen und Prostituierte erreichten Steigerung der Attraktivität des vom ihm betriebenen Lokals - eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar.

 

Da nachweislich keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere für die Beschäftigung vorgelegen sind, ist diese entgegen § 3 Abs.1 AuslBG erfolgt.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Herr S verantwortet sich mit der Beschreibung des Betriebsablaufes in seinem Nachtlokal und gibt zu bedenken, dass seiner Meinung nach die Prostituierten selbständig tätig sind und diese auch die vom Finanzamt vorgegebene Abschlagsteuer ordnungsgemäß bezahlt haben. Von Herrn S wurde allerdings nicht vorgebracht, im Hinblick auf die Frage der Einstufung der Prostituierten als selbständig oder nicht mit dem Arbeitsmarktservice Kontakt gehalten zu haben. Er hat von sich aus aufgrund der von ihm dargestellten Umstände die Prostituierten als selbständig eingeschätzt. Mit diesem Vorbringen kann sich Herr S allerdings nicht entlasten und sein mangelndes Verschulden aufzeigen, weshalb ihm jedenfalls fahrlässige Vorgehensweise anzulasten ist. Somit ist Herrn S die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Vorliegend ist die Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z1 AuslBG zu bemessen, wonach bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro vorzugehen ist. Im gegenständlichen Fall ist von einem Wiederholungsfall auszugehen, da Herr H E S bereits mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 15.2.2008, VwSen-251545/20, wegen Übertretung des AuslBG rechtskräftig bestraft wurde.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Als mildernd sind die zweitägige Beschäftigungsdauer und im besonderen die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung beinahe 3 Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht es daher im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die seit der Tatbegehung vergangene Zeit als vertretbar an, die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe um die Hälfte zu reduzieren. Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

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