Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522278/2/Bi/Se

Linz, 26.05.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A R R, S, vertreten durch RA Mag. J W. Z, L, vom 5. Mai 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 15. April 2009, VerkR21-277-2008, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Befris­tung und Auflagenvorschreibung, zu Recht erkannt:

 

      Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Befristung zu entfallen hat und der Berufungswerber verpflichtet wird, bis 4. Dezember 2009 im Abstand von jeweils einem Monat (mit einer Toleranzfrist von einer Woche) aktuelle Drogen­harnbe­funde (Kokain, Cannabis) im Original der Erst­instanz vorzulegen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die dem Berufungswerber (Bw) von der BH Vöcklabruck am 12. Mai 2005, VerkR20-1680-2005/VB, für die Klassen A, B, C und F erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG und § 2 Abs.3 FSG-GV, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, auf ein Jahr befristet und als Auflage eine monatliche Kontrolluntersuchung des Harns auf Drogenparameter vorgeschrieben. Weiters wurde ihm gemäß § 13 Abs.5 2.Satz FSG aufgetragen, nach Bescheidzustellung den Führerschein zur Neuausstellung unverzüglich vor­zu­legen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 21. April 2009.

 

2. Gegen die Einschränkung wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz sei auf seine Stellung­nahmen nicht eingegangen und sei, wie die Amtsärztin, von einer hohen Rück­fall­gefahr ausgegangen. Sie habe damit ohne Begründung die Ergebnisse der fach­ärztlichen Unter­suchung übergangen, in denen ausdrücklich festgehalten werde, dass bei ihm aufgrund der sozialen Integration und des Problembewusst­seins das Rückfalls­risiko als gering einzustufen sei, obwohl die psychiatrische Stellungnahme, der eine eingehende körperliche Untersuchung samt Anamnese vorausgegangen sei,  als Entscheidungsgrundlage eingeholt worden sei. 

Es sei unverständlich, warum ein Fachgutachten eingeholt werde, wenn sich die Erstinstanz trotz mangelnder Fachkenntnisse nicht daran halte. Beantragt wird, die Kontrolluntersuchungen befristet auf ein Jahr ab FA-Untersuchung vorzu­sehen, wobei vierteljährliche Kontrollen genügen würden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ist ersichtlich, dass seitens der Erstinstanz gegen den Bw auf der Grund­lage der Anzeige des Landes­kriminal­amtes Linz vom 6. März 2008, wonach er 1) zwischen Jahresanfang 2006 und Ende 2007  in einem Lokal in Linz unbekannte Mengen Kokain weitergegeben habe, 2) zwischen Anfang August 2007 bis 11. September 2007 20 g und 3) zwischen Anfang August 2007 und Ende Dezember 2007 30g hochprozentiges Kokain (Reinheits­gehalt 83 bis 85 %) erworben und sowohl teilweise selbst konsumiert als auch teilweise weiterverkauft habe, ein Verfahren zur Prüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Gruppen 1 und 2 eingeleitet wurde. Im amtsärztlichen Gutachten D J von 8. September 2008 wurde festgehalten, dass der Bw keiner gesundheitsbezogenen Maßnahmen bedürfe.

 

Laut amtsärztlichem Gutachten D J vom 11. November 2008 ist der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B C und F befristet geeignet auf 1 Jahr unter der Auflage von Kontrolluntersuchungen monatlich auf Drogen­metha­­bolite aufgrund gehäuften Suchtgiftmissbrauchs über ca ein Jahr, wegen hoher Rückfallgefahr und hoher Lenkerverantwortung seien engmaschige Kontrollen erforderlich.

 

Vorgelegt wurde die internistische Stellungnahme Dris W, O, von 29. Oktober 2008, in der eine leichtgradige Hypertonie ohne Kontraindikation für das Lenken von Kraft­fahrzeugen bescheinigt wird, und die mit Bescheid (9.9. 2008) vorgeschriebene psychia­trische Stellungnahme D W, W, vom 4. Dezember 2008. Demnach hat der Bw etwa zum Jahreswechsel 2007/2008 diverse Bars in Linz besucht und über ca 3/4 Jahr am Wochenende maximal 1g Kokain konsumiert. Er habe vor ca 2-3 Jahren einmal Cannabis ausprobiert und sei hinsichtlich Kokain seit 2008 abstinent. Laut Facharzt ist der Bw neurologisch unauffällig, klinisch kein Hinweis auf einen fort­ge­führten Suchtmittelkonsum oder eine Abhängigkeit, negativer Drogenharnbefund.

Aufgrund der sozialen Integra­tion und seines Problembewusstseins sei das Rückfall­risiko als geringfügig einzu­stufen und er sei aus fachärztlicher Sicht bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2, wobei aber Drogenharnkontrollen für ein Jahr empfohlen werden. Bei negativem Ergebnis könne danach der Führerschein wieder unbefristet erteilt werden.

 

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 26. Jänner 2009, 24 Hv 51/08t, wurde das Verfahren gegen den Bw gemäß § 35 Abs.1 SMG iVm § 37 SMG für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig eingestellt.

Laut Stellungnahme der Amtsärztin Dr. J vom 12. März 2009 sind gesund­heits­bezogenen Maßnahmen gemäß SMG aufgrund der negativen Harnkon­trollen derzeit nicht unmittelbar erforderlich, wohl aber Harnkontrollen aufgrund des Zustandes nach gehäuftem Suchtmittelmissbrauch und der hohen Rückfall­gefahr laut FA-Befund und wegen der erhöhten Lenkerverantwortung bei der Gruppe 2. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1) die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2) die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sach­liche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die ua suchtmittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch betrieben haben, nach einer befürwortenden fach­ärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrollunter­such­ungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuer­teilen.

 

Wie der psychiatrischen Stellungnahme zu entnehmen ist, ist das Rückfallrisiko beim Bw als geringfügig einzustufen, die (vorher erfolgte) Annahme einer hohen Rückfallsgefahr durch die Amtsärztin ist damit nicht nachvollziehbar. Damit soll nicht das für den Bw zweifellos bestehende Risiko, unter bestimmten Umständen erneut in einen Kokainkonsum abzurutschen, als vernachlässig­bar herunterge­spielt werden, aber den Ausführungen des Facharztes ist diesbezüglich schon aufgrund der Anamnese und der derzeitigen Lebenssituation des Bw, bezogen auf den Untersuchungstag, nichts ent­ge­gen­zusetzen. Allerdings enthält die FA-Stellungnahme keine konkreten Empfehlungen zur Häufigkeit der Kontrollunter­suchungen und die Lebensumstände des Bw sind nicht unumstößlich.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist aufgrund der an die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraft­fahrzeugen der Gruppe 2 zu stellenden höheren Anforderungen eine eng­maschige Kontrolle unumgänglich, sodass für den Rest des Jahres, gerechnet ab 4. Dezember 2008 – die maßgebliche FA-Stellungnahme erging erst nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 11. November 2008; die Äußerung der Amtsärztin vom März 2009 ist als Begründung des bestehenden Gutachtens zu sehen – monatliche Kontrollunter­suchungen (Drogenharn­befunde auf Kokain und Canabis) erforderlich sind. 

 

Zur Befristung ist auszuführen, dass die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen nur dann gegeben ist, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Es bedarf da­her konkreter Sachver­halts­feststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschlie­ßenden oder ein­schränkenden Verschlech­ter­ung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121; ua).

 

Im konkreten Fall steht fest, dass der Bw nicht unter einer Krankheit leidet, bei der geradezu zu erwarten ist, dass sie sich in einem Jahr verschlechtern wird. Eine Befristung scheidet auf dieser Grundlage aus. Dabei ist zu betonen, dass die letztlich im Hinblick auf die VwGH-Judikatur nicht schlüssig begründete Empfehlung einer zeitlichen Befristung der Lenkberechtigung durch den Facharzt und die Amtsärztin der Erstinstanz nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates auch in diesem gesundheits­bezogenen Licht zu sehen ist, nämlich als dokumentierte Verlaufs­kontrolle in dem Sinn, dass durch die regel­mäßig vorzulegenden Drogenharnbefunde eventuelle (aber nicht von Vornherein zu erwartende) eignungs­aus­schließende oder -einschränkende Verschlechter­ungen der gesundheitlichen Eignung des Bw rechtzeitig verdeutlicht werden. Die kritiklose Übernahme des (Rechts-)Begriffs "Befristung" samt den damit ver­bundenen Folgen würde hier jedoch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichts­hofes eklatant wider­sprechen.

Klarzustellen war aber, dass bei Wegfall der Befristung die Anordnung der Vor­lage von Drogenharnbefunden auf die vom Bw konsumierten Drogen Kokain und Cannabis nach einem Jahr, gerechnet ab dem Datum der psychiatrischen Stellung­nahme, vor deren Erstellung ohnehin Drogenharnbefunde eingeholt wurden, endet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Ca. 1 Jahr Kokainkonsum – Befristung unzulässig, monatlich Drogenkonsum für 1 Jahr -> Bestätigung

 

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