Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-710008/2/Gf/Mu

Linz, 21.05.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der S D, T, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 25. Februar 2008, GZ Pol01-3—1-2008, wegen der Vorschreibung von Kosten für die Abnahme und anschließende Unterbringung von Tieren zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverwiesen wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 25. Februar 2008, GZ Pol01-35-1-2008, wurden der Beschwerdeführerin nach den „§§ 76 bis 78 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes“ für eine gemäß § 30 i.V.m. § 37 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 35/2008 (im Folgenden: TSchG), behördlich verfügte Abnahme von Tieren Kosten in Höhe von insgesamt 298 Euro vorgeschrieben.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsmittelwerberin in ihrem Schrebergarten zwei Kaninchen in einer rechtswidrigen Art und Weise gehalten habe, weshalb diese im Auftrag des Amtstierarztes in ein Tierheim zu verbringen gewesen seien. Dadurch sei dem Tierheim für die Erstuntersuchung und Versorgung der Tiere vom 30. November 2007 bis zum 31. Jänner 2008 ein Aufwand in einer Höhe von insgesamt 298 Euro entstanden, der nunmehr von der Beschwerdeführerin zu ersetzen sei.

1.2. Gegen diesen ihr am 28. Februar 2008 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 13. März 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufung, die dem Oö. Verwaltungssenat allerdings erst über ein Jahr später, nämlich mit Schreiben des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 12. Mai 2009, GZ TS(Pol)-150741/2-2009-Hum, vorgelegt wurde.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin primär (weitwendige) Einwendungen gegen die Abnahme der Tiere vor. Soweit sie sich letztlich auch gegen die Kostenvorschreibung selbst zur Wehr setzt, weist sie der Sache nach darauf hin, dass sie weder einen Befund über die Erstuntersuchung erhalten habe noch sonst objektiv nachvollziehbar sei, wie sich die Kostenhöhe zusammensetze. Außerdem wären jedenfalls dann überhaupt keine Kosten entstanden, wenn man ihr die Möglichkeit eingeräumt hätte, die Kaninchen zu verkaufen.

Daher wird beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu GZ Pol01-35-1-2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Da im gegenständlichen Fall eine materiengesetzliche Spezialvorschrift nicht zum Tragen kommt und sich die vorliegende Berufung auch nicht gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes, der Landesregierung oder einer Behörde, deren Sprengel das gesamte Gebiet des Landes umfasst, richtet, hatte der Oö. Verwaltungssenat sohin gemäß § 67a Abs. 1 AVG nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 37 Abs. 1 Z. 1 TSchG sind die Organe der Behörde einerseits verpflichtet, wahrgenommene Verstöße – u.a. solche gegen das in § 5 TSchG normierte Verbot der Tierquälerei – durch die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden und zudem andererseits berechtigt, in dieser Weise beeinträchtigte Tiere nach § 37 Abs. 1 Z. 2 und § 37 Abs. 2 TSchG dem Halter abzunehmen. Solche Tiere können gemäß § 30 Abs. 1 TSchG einer Person, einer Vereinigung oder einer Institution, die eine ordnungsgemäße Tierhaltung zu gewährleisten vermag, zur Verwahrung übergeben werden, wobei eine derartige Unterbringung nach § 30 Abs. 3 TSchG auf Kosten und Gefahr des Tierhalters erfolgt; die vom Land und vom Verwahrer zu erbringenden Leistungen sind vertraglich zu regeln.

Gemäß § 33 TSchG fungiert als Behörde i.S.d. TSchG grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde; über gegen deren Entscheidungen erhobene Berufungen entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat.

Nach § 76 Abs. 1 und 2 AVG hat dann, wenn der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen erwachsen, jene Partei dafür aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt oder die Amtshandlung verursacht hat.

3.2. Im gegenständlichen Fall steht – allseits unbestritten – fest, dass der Rechtsmittelwerberin die verfahrensgegenständlichen Tiere am 29. November 2007 unter Heranziehung des § 37 Abs. 1 und 2 TSchG zwangsweise abgenommen wurden. Dagegen hat sich die Beschwerdeführerin in der Folge rechtlich nicht – insbesondere nicht im Wege der Erbung einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG – zur Wehr gesetzt, sodass diese Vorgangsweise nunmehr als rechtskräftig und damit unangreifbar erscheint. Insbesondere kann daher auch die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sein.

3.3. Mit einem als „Rechnung“ bezeichneten Schreiben des Oö. Landestierschutzvereines vom 5. Februar 2008, GZ THL/Ju/7, wurde die belangte Behörde um Überweisung der Aufenthaltskosten für zwei Kaninchen vom 30. November 2007 bis zum 30. Jänner 2008 in Höhe von insgesamt 298 Euro ersucht. Diese Kosten wurden in der Folge der Beschwerdeführerin, und zwar mit dem hier angefochtenen Bescheid, zum Ersatz vorgeschrieben.

Wenngleich nun allseits unbestritten ist, dass die Amtshandlung im gegenständlichen Fall von der Rechtsmittelwerberin i.S.d. § 76 Abs. 2 AVG verursacht wurde, lässt sich andererseits dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass diese Kosten von der Behörde dem Oö. Tierschutzverein (vorerst) refundiert (überwiesen) worden wären; insbesondere findet sich auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides kein diesbezüglicher Hinweis.

Dieser Aspekt ist jedoch deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auf dem Standpunkt steht, dass eine Kostenersatzvorschreibung gemäß § 76 AVG nur dann und insoweit zulässig ist, als der Behörde auch tatsächlich bereits Barauslagen entstanden sind (vgl. z.B. VwGH v. 17. Dezember 2002, Zl. 2001/22/0159, m.w.N.).

Da der belangten Behörde solche Barauslagen im gegenständlichen Fall jedoch offenkundig bislang noch gar nicht entstanden sind, konnte die Kostenvorschreibung sohin (noch) nicht auf § 76 AVG gestützt werden.

3.4. Eine andere Rechtsgrundlage, die allenfalls dazu herangezogen werden könnte, den angefochtenen „Kostenbescheid“ zu tragen, könnte möglicherweise in § 30 Abs. 3 TSchG erblickt werden. Aber selbst wenn man diese Bestimmung nicht bloß als eine objektive Kostentragungsregel, sondern – z.B. in Analogie zu § 9 Abs. 7 VStG – zugleich auch als eine subjektive Haftungsnorm ansieht, die der Behörde gleichzeitig auch eine entsprechende individuelle Eingriffsermächtigung in fremdes Eigentum – nämlich in Form einer bescheidmäßigen Kostenvorschreibung – gewährt (die E zur RV [vgl. 446 BlgNR, 22. GP, S. 25 f] enthalten diesbezüglich allerdings keine näheren Ausführungen), dann hätte in diesem Fall der Verpflichtete allerdings im Zuge der Bescheiderlassung von Anfang als Partei beteiligt werden müssen (vgl. z.B. die bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1291, angeführte dementsprechende ständige Judikatur des VwGH zu § 9 Abs. 7 VStG).

Dies ist jedoch im gegenständlichen Fall offensichtlich nicht geschehen.

Da dem Oö. Verwaltungssenat von Verfassungs wegen (vgl. Art. 129 ff B-VG) nicht die Funktion zukommt, die Verwaltung selbst zu führen, sondern lediglich die Aufgabe, deren Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, ist es ihm sohin nach h. ständiger Rechtsprechung schon grundsätzlich – und damit auch im vorliegenden Fall – verwehrt, substantielle Mängel des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens aus eigenem zu substituieren; dadurch würde er nämlich die ihm verfassungsmäßig zugedachte Position des neutralen Richters verlassen und die Funktion der Behörde – also einer Partei seines Verfahrens – übernehmen, was jedoch mit Art. 6 Abs. 1 EMRK unvereinbar ist (vgl. auch VwSen-240349 v. 30. November 1999 u.a.).

3.4. Aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG an die Erstbehörde zurückzuverweisen war.

Ob, in welcher Form und in welchem Umfang das Verfahren weitergeführt wird, hat diese hingegen aus eigenem zu beurteilen.

3.5. Abschließend sieht sich der Oö. Verwaltungssenat dazu veranlasst, dezidiert darauf hinzuweisen, dass die lange Verzögerung der inhaltlichen Entscheidung über die vorliegenden Berufungen auf Gründe zurückzuführen ist, die nicht in seiner Sphäre lagen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-710008/2/Gf/Mu vom 21. Mai 2009

 

§ 30 Abs. 3 TSchG; § 76 AVG; Art. 129 ff B-VG; Art. 6 Abs. 1 EMRK

 

Ein bloßes, wenngleich als „Rechnung“ bezeichnetes Schreiben eines Tierschutzvereines, mit der um die Überweisung von Kosten, die für die Unterbringung und Verpflegung von zwangsweise abgenommenen Tieren entstanden sind, ersucht wird, bildet keine taugliche Grundlage für eine bescheidförmige Kostenvorschreibung gemäß § 76 Abs. 2 AVG, weil hiefür nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH erforderlich ist, dass der Behörde auch tatsächlich bereits Barauslagen entstanden sind;

– Wenn § 30 Abs. 3 TSchG nicht bloß als eine objektive Kostentragungsregel, sondern zugleich auch als eine subjektive Haftungsnorm, die der Behörde gleichzeitig auch eine entsprechende individuelle Eingriffsermächtigung in fremdes Eigentum – nämlich in Form einer bescheidmäßigen Kostenvorschreibung – gewährt, angesehen wird, dann müsste in diesem Fall der Verpflichtete im Zuge der Bescheiderlassung von Anfang als Partei beteiligt werden;

– Da dem Oö. Verwaltungssenat von Verfassungs wegen nicht die Funktion zukommt, die Verwaltung selbst zu führen, sondern lediglich die Aufgabe, deren Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, ist es ihm nach h. ständiger Rechtsprechung schon grundsätzlich verwehrt, substantielle Mängel des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens aus eigenem zu substituieren; dadurch würde er nämlich die ihm verfassungsmäßig zugedachte Position des neutralen Richters verlassen und die Funktion der Behörde – also einer Partei seines Verfahrens – übernehmen, was jedoch mit Art. 6 Abs. 1 EMRK unvereinbar ist.

 

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