Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110917/12/Wim/Rd/Ps

Linz, 26.05.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des O O S, vertreten durch F Rechtsanwälte GmbH, H, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5.2.2009, BZ-VerkR-06078-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.3.2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte     Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf     50 Stunden herabgesetzt werden.

         Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der        Maßgabe bestätigt, dass im Spruch anstelle der Formulierung        "verantwortlicher Geschäftsführer" die Formulierung       "gewerberechtlicher Geschäftsführer" zu treten hat.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf    100 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines     Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 5, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5.2.2009, BZ-VerkR-06078-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er, wie anlässlich einer Kontrolle auf dem Amtsplatz der Zollstelle Wels Straße/Bahn im Gemeindegebiet von Wels festgestellt worden sei, als verantwortlicher Geschäftsführer und gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der B GmbH mit dem Sitz in  S, K, am 7.6.2006 gegen 11.00 Uhr mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen  und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen , deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: B GmbH,  S, K, Lenker: Y A, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (19.350,25 kg Sammelgut) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterverkehr) durchgeführt habe, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.     

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der erlassene Bescheid nicht den verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen gerecht werde, zumal der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden sei. Im Übrigen werde die Verpflichtung des Mitführens einer Fahrerbescheinigung in Abrede gestellt. Diesbezüglich wurde auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen C-317/01 und C-369/01, auf das Assoziationsabkommen sowie auf Art. 41 Abs.1 des Zusatzprotokolls, verwiesen. Aufgrund der Weigerung der deutschen Behörden auf Ausstellung von Fahrerbescheinigungen für Drittstaatsangehörige aus der Türkei könne der Berufungswerber in Österreich nicht strafsanktioniert werden.  Der Lenker habe seinen ordentlichen Wohnsitz  in der Türkei und sei auch dort beschäftigt und bestehe kein Dienstverhältnis zum Unternehmen des Berufungswerbers.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und für den 30.3.2009 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Eingangs ist zu bemerken, dass beim Oö. Verwaltungssenat ein weiteres Berufungsverfahren (VwSen-110916) betreffend O O S anhängig ist betreffend eines zweiten gemeinsam kontrollierten LKW´s. Die Sachverhalte wurden im Rahmen der am 30.3.2009 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Verhandlung mit abgehandelt.  Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat an der Verhandlung teilgenommen. Der Berufungswerber ist zur Verhandlung nicht erschienen, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen FOI A U (Meldungsleger) und Y A (Lenker) geladen und zeugenschaftlich einvernommen. Der ebenfalls geladene Zeuge U E ist nicht erschienen.

 

3.2. Anlässlich der Amtshandlung wurden den Kontrollbeamten durch den Lenker Y A eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. , ausgestellt auf B GmbH, K,  S, (gültig vom 27.3.2003 bis zum 26.3.2008), ein Frachtbrief (Absender: G, I, Empfänger: T GmbH, D, Frachtführer: B GmbH), ein Carnet TIR ausgestellt auf B GmbH (Abfahrt: Türkei, Ziel: Deutschland), eine Nebenbestimmung zum Visum Nr.  ausgestellt vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Istanbul vom 17.1.2006, eine Kopie des Reisepasses ausgestellt auf Y A,  sowie zwei Fahrzeugscheine, vorgewiesen. Eine für den Lenker Y A ausgestellte Fahrerbescheinigung konnte nicht vorgewiesen werden.

 

In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom Rechts­ver­treter ergänzend zu den schriftlichen Ausführungen in der Berufung vorgebracht, dass keine Feststellungen getroffen wurden, wo und wann die Fahrten aufgenommen und wie sie durchgeführt worden sind, ob es einen Fahrerwechsel gegeben hat und wo die Fahrer angestellt sind. Weiters sei unklar, ob es sich um einen grenzüberschreitenden Güterverkehr handle und ob der Berufungswerber als handelsrechtlicher oder gewerberechtlicher Geschäftsführer  in der B GmbH fungiere.

Vom zeugenschaftlich einvernommenen Meldungsleger FOI A U wurde ausgesagt, dass er keine detaillierten Erinnerungen mehr an die Kontrolle vom 7.6.2006 habe. An diesem Tag wurden Schwerpunktkontrollen durchgeführt, wobei Fahrzeuge von der rollenden Landstraße, die vom Terminal Wels von der Bahn herunterfahren, als auch Fahrzeuge aus dem fließenden Verkehr kontrolliert wurden, und zwar wurde zunächst eine Zollkontrolle durchgeführt. Die beiden gegenständlichen Lkw waren im Carnet-TIR-Verfahren unterwegs, dies war durch die mitgeführten Tafeln ersichtlich. Generell werden die Fahrer bei der Anhaltung aufgefordert, sowohl Zollkontrolldokumente als auch sämtliche Dokumente vorzulegen, die bei grenzüberschreitenden Gütertransporten notwendig sind. Eine Verständigung mit den Fahrer sei insofern möglich, als die Fahrer in der Regel wissen, was vorzulegen sei und auch unterscheiden können, ob es sich um eine Polizei- oder Zollkontrolle handle. Aufgrund einer Nachschau im Einsatzplan könne er Wortgefechte oder Auseinandersetzungen mit den Fahrern während der Kontrolle ausschließen, zumal er sich solche vermerken würde. An die konkreten Fahrer könne er sich heute nicht mehr erinnern. Aufgrund der mitgeführten Fracht- und Zollpapieren sei ersichtlich gewesen, dass es sich gegenständlich um gewerbliche Gütertransporte gehandelt habe. Dass es sich dabei um einen grenzüber­schreitenden Güterverkehr gehandelt habe, war schon anhand der TIR-Tafeln ersichtlich. Bei einer vorgelegten EU-Lizenz werde der Fahrer auch hinsichtlich der Fahrerbescheinigung befragt und zur Vorlage aufgefordert. Aufgrund der vorgelegten Fracht- und Zolldokumente sowie der EU-Lizenz sei klar gewesen, dass es sich beim Berufungswerber um den Beschäftiger handle. Ob konkret nach dem Beschäftiger nachgefragt wurde, könne er sich nicht mehr erinnern. Wäre eine Fahrerbescheinigung mitgeführt worden, so wäre dies daraus ersichtlich gewesen. Über das Ziel und den Zweck der Fahrt könne er keine genauen Angaben machen. Aufgrund der vorgelegten Reisepässe war eine eindeutige Identifizierung der Fahrer möglich. Im Übrigen dürften die Fahrzeuge auch nicht von der rollenden Landstraße gekommen sein, zumal von den Fahrern angegeben wurde, dass sie in Nickelsdorf die Grenze passiert hätte und es dort keine rollende Landstraße mehr gibt.

Der ebenfalls zeugenschaftlich einvernommene Fahrer Y A sagte – mit Einverständnis des Rechtsvertreters - unter Zuhilfenahme des Herrn J D als Sprachhelfer aus, dass er sich sowohl an die Kontrolle am 7.6.2008 als auch an den Meldungsleger erinnern könne. Es wurde ein Transport von der Türkei nach Deutschland für die Firma B durchgeführt. Vor der gegenständlichen Kontrolle sei er für ca. sechs Monate für die Firma gefahren. Nach Erhalt einer Strafe sei er gekündigt worden. Der gegenständliche Transport sei durch ihn alleine durchgeführt worden. Gemeinsam mit dem Lenker U E sei der Transport im Konvoi durchgeführt worden. Es seien von ihm ein Papier wegen einer Arbeitsbewilligung für Deutschland sowie der Pass, Führerschein und die Papiere für die Ladung, verlangt worden. Er habe von der Firma B keine Arbeitsbescheinigung oder ein solches Papier bekommen. Entlohnt sei er von der B geworden, und zwar in bar. Für eine Tour Türkei-Deutschland habe er 600 Euro von der B bekommen. Er sei ca. zwei Mal pro Monat diese Tour gefahren. In der Zeit, wo er bei der Firma B gefahren sei, sei er nur für diese Firma gefahren. Für die gegenständliche Ladung sei ein Carnet-TIR verwendet worden. Er habe damals in der Türkei gewohnt und sei er kein selbständiger Lkw-Fahrer. In der Zeit für die er für die B gefahren sei, habe er keinen Kontakt mit einer türkischen Firma gehabt. B habe für eine türkische Firma geladen und Transporte durchgeführt. Ihm sei der Berufungswerber persönlich bekannt und sei er auch von ihm direkt entlohnt worden. In der Türkei habe er keine Arbeitserlaubnis und auch kein Haus. Er dürfe auch in der Türkei arbeiten. In der Türkei habe er einen Kurs gemacht, der ihn befähige, auch im Ausland zu arbeiten. Er besitze dazu eine Berechtigungskarte.

 

Vom Rechtsvertreter wurde mit Eingabe vom 14.4.2009 durch Vorlage der Gewerbeanmeldung vom 7.2.1995 mitgeteilt, dass der Berufungswerber tatsächlich gewerberechtlicher Geschäftsführer der B GmbH ist. Gleichzeitig wurde ein in türkischer Sprache verfasster Auszug von Sozialversicherungsdaten betreffend den Lenker Y A, versehen mit dem handschriftlichen Vermerk, dass dieser im Zeitraum vom 4.1.2006 bis 20.6.2006 bei der Firma C beschäftigt war, vorgelegt.

 

3.3. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Berufungswerber als verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der B GmbH mit dem Sitz in D  S, K, am 7.6.2006 gegen 11.00 Uhr den Lenker Y A mit dem näher angeführten Sattelkraftfahrzeug eine gewerbsmäßige – die Beförderung erfolgte ohne Zweifel im Rahmen des vom Berufungswerber ausgeübten Transportgewerbes und somit jedenfalls gewerbsmäßig – grenzüberschreitende Beförderung von Gütern, und zwar von der Türkei (Istanbul) durch Österreich nach Deutschland (Dachau), durchführen hat lassen, der Lenker bei der Anhaltung und Kontrolle keine gültige Fahrerbescheinigung mitgeführt und ausgehändigt – dieses Begehren des Kontrollbeamten ist sohin entgegen der Behauptung des Berufungswerbers im Rechtsmittel eindeutig belegt – hat. Dies geht aus der im vorgelegten Verwaltungsstrafakt einliegenden Anzeige angeschlossenen Kopien hervor. Da die Aussagen der einvernommenen Zeugen nachvollziehbar und glaubwürdig sind, waren die Ausführungen als erwiesen anzunehmen.

Zum Einwand des Berufungswerbers unter Hinweis auf eine im Berufungsverfahren vorgelegte türkische Sozialversicherungsauskunft, wonach der Lenker Y A vom 4.1.2006 bis 20.6.2006 bei einem türkischen Unternehmen (C) und nicht bei der B beschäftigt gewesen sei, ist zu bemerken, dass aufgrund der Widersprüche zwischen der vorgelegen Urkunde und den Aussagen des Lenker in der Verhandlung, dies nicht eindeutig festgestellt werden konnte.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.3 Abs.3 der zitierten Verordnung wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedstaat gemäß Art.6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geld­strafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschafts­lizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

Strafbar nach Abs.1 Z8 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel  der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

Gemäß § 23 Abs.4 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z8 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraft­verkehrs­markt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, ABl. L76 vom 19.3.002, S.1., ... anzuwenden.

 

4.2. Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes wurde der gewerbliche Güter­transport unter Verwendung einer gültigen Gemeinschaftslizenz – eine gültige beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz wurde mitgeführt und vorgewiesen – durchgeführt, allerdings wurde die Fahrt durch einen türkischen Staatsangehörigen als Lenker vorgenommen und bestand für diesen Lenker keine gültige Fahrerbescheinigung. Es wurde daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt, weil nach den obzitierten Bestimmungen bei Verwendung eines Fahrers, welcher Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt und sohin der Berufungswerber als Unternehmer bzw als gewerberechtlicher Geschäftsführer dafür zu sorgen gehabt hätte, dass vom eingesetzten Lenker eine gültige Fahrerbescheinigung mitgeführt wird. Entsprechend den einschlägigen Bestimmungen reicht es, wenn der Lenker eingesetzt und nicht unbedingt beschäftigt wurde. Dies ist durch das Durchführenlassen des Transportes auf jeden Fall erfüllt.

 

4.3. Diese Übertretung hat der Berufungswerber aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsams­delikten und reicht daher fahrlässige Tatbegehung, die vermutet wird, für eine Strafbarkeit aus. Eine Entlastung ist dem Berufungswerber hingegen nicht  gelungen; ein entsprechendes entlastendes Vorbringen hat der Berufungswerber nicht gemacht.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Dem Vorbringen des Berufungswerbers, wonach der türkische Lenker aufgrund des Assoziationsabkommens keiner Fahrerbescheinigung bedürfe, wird die bereits ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.3.2008, Zl. 2007/03/0221 und vom 26.3.2008, Zl. 2005/03/0217-8, entgegengehalten, wonach bei einer Güterbeförderung von einem Mitgliedstaat in die Türkei und umgekehrt jedenfalls hinsichtlich der innerhalb Österreichs (als dem Mitglieds­staat, in dem eine Be- oder Entladung nicht stattfindet) zurückgelegten Wegstrecke "grenzüberschreitender Verkehr" im Sinne von Art.2 der EU-VO mit der Konsequenz vorliegt, dass bei Einsatz eines drittstaatsangehörigen Fahrer eine Fahrerbescheinigung mitzuführen und den Kontrollberechtigten bei Verlangen vorzuzeigen ist, und steht dem Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls sowie Art.13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates nicht entgegen.

 

Im Übrigen wird der Berufungswerber auch auf das Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.9.2007, BVerwG 3 C 49.06, VGH 2 UE 2037/05, hingewiesen, welches ebenfalls die nunmehr vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsmeinung ausgesprochen hat, nämlich dass Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerbescheinigung ist, dass der Fahrer rechtmäßig beschäftigt ist oder rechtmäßig eingesetzt wird, wobei letzteres heißt, dass er gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt wird, die in Deutschland für die Beschäftigung solcher Fahrer durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt wurden. Unter anderem wird darin auch dargelegt, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor der Stillhalteklausel des Zusatzprotokolls in Kraft getreten ist.

 

4.4. Zur Strafbemessung ist Nachstehendes zu bemerken:

Gemäß  § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß  der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß  anzuwenden.

Die  Einkommens-,  Vermögens-  und  Familienverhältnisse  des Beschuldigten  sind  bei  der Bemessung  von  Geldstrafen  zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes für erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 1.453 Euro bei einem Strafrahmen von 1.453 Euro bis 7.267 Euro, sohin die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Dieser Annahme wurde in der Berufung nicht entgegengetreten.

 

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe durchaus tat- und schuldangemessen erscheint und geboten ist, um den Berufungswerber künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes zu bewegen.

Dennoch war der Oö. Verwaltungssenat aufgrund der relativ langen Verfahrensdauer und der laut Ausführungen der Erstbehörde beim Berufungswerber vorliegenden Unbescholtenheit gehalten, die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichts­hof im Erkenntnis vom 26.6.2008, B304/07, ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Dies besonderen Umstände  des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis staatlicher Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Fall sind seit der Tatbegehung im Juni 2006 und der Erlassung des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Wels zwei Jahre und acht Monate vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 34 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Eine gänzliche Ausschöpfung der außerordentlichen Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht.

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck  kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb auch von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG Abstand zu nehmen war.

 

4.5. Die Spruchänderung bezüglich des gewerberechtlichen Geschäftsführers diente lediglich der Klarstellung und konnte diese Änderung vom Oö. Verwaltungssenat jederzeit vorgenommen werden.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 23.06.2010, Zl.: 2009/03/0086 bis 0087-5

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